Mittwoch, 15. März 2017

Brennstoffzellen


Obwohl Brennstoffzellen erst seit wenigen Jahren in aller Munde sind, begann ihre Entwicklungsgeschichte schon vor dem Einsatz der Verbrennungskraftmaschinen.
Sir Humphry Davy (1778-1829) experimentierte um 1802 mit galvanischen Elementen und
spürte nach dem Experiment einen elektrischen Schlag, ohne diesen Effekt einordnen zu können.
Die ersten reproduzierbaren Versuche führte in Basel der deutschstämmige Forscher
Christian Friedrich Schönbein (1799-1868) und fast gleichzeitig in London Sir William Robert
Grove (1811-1896) durch, denen 1838/39 die gezielte Umkehr der H2/O2-Elektrolyse gelang.

Erst mit Beginn der Raumfahrt wurden wieder Anforderungen an eine Stromquelle gestellt, die
mit Batterien oder Wärmekraftmaschinen nicht zu erfüllen waren. Dies führte zur Wiederaufnahme der industriellen Brennstoffzellenentwicklung und dann ab 1963 zum Einsatz bei den Gemini- und Apollo-Raumkapseln  und bis jetzt beim Spaceshuttle-Programm.

Der nächste wesentliche Entwicklungsanstoß kam mit der durch die kalifornische Gesetzgebung Anfang der 90er Jahre geforderten Verkaufsquote von ULEV- und ZEV-Fahrzeugen (Ultra-Low-Emission- bzw. Zero-Emission-Vehicles), die jeder Fahrzeughersteller zu erfüllen hat. Dies war der Anstoß für ein amerikanisches Brennstoffzellenentwicklungsprogramm. Seitdem macht die Brennstoffzellenentwicklung international große Fortschritte sowohl für mobile wie auch für stationäre Anwendungen. Für bestimmte Anwendungen werden einige Brennstoffzellentypen heute schon kommerziell angeboten; die meisten Typen befinden sich jedoch noch im z. T. fortgeschrittenen Entwicklungsstadium.

Zur Beschreibung der Qualität einer Brennstoffzelle sind mehrere Wirkungsgraddefinitionen
üblich, die teils einen Vergleich mit Wärmekraftmaschinen ermöglichen, teils auf die Besonderheiten der Brennstoffzelle Rücksicht nehmen.
Während der maximale Wirkungsgrad von Wärmekraftmaschinen durch den Carnot-Faktor
begrenzt ist, entfällt diese Beschränkung bei der direkten Energieumwandlung.


Das Funktionsprinzip einer Brennstoffzelle ist die direkte Umwandlung der im Brennstoff
gespeicherten chemischen Energie in elektrische Energie, indem der Brennstoff an den Elektroden mit oder ohne Zusatz eines Katalysators in Ionen umgewandelt wird, die den dazwischen liegenden Elektrolyten (Ionenleiter) durchdringen . Die leichter beweglichen
Elektronen werden über die Elektroden ab- bzw. zugeführt und können wegen der bei der
Ionisation entstehenden Spannungsdifferenz einen elektrischen Verbraucher antreiben.

Die Elektroden müssen porös und elektrisch leitend sein, um einerseits die Zufuhr und Abfuhr
der Reaktanden und Reaktionsprodukte von den Gaskanälen zu den Reaktionsflächen zu ermöglichen und andererseits den Transport der erzeugten Elektronen von bzw. zur nächsten
Zelle und letztendlich zum Verbraucher zu gewährleisten. Durch die Porosität wird gleichzeitig
eine erhebliche Vergrößerung der Reaktionsoberfläche erreicht.

Der Elektrolyt muss gasdicht sein, kann aber eine Flüssigkeit, eine Schmelze oder ein Festkörper  sein. Der verwendete Elektrolyt bestimmt die notwendige Zelltemperatur, was als Hauptmerkmal bei der Klassifizierung von Brennstoffzellen verwendet wird: 

  •  Niedertemperaturbrennstoffzellen bis ca. 100 °C
  •  Mitteltemperaturbrennstoffzellen um ca. 200 °C
  •  Hochtemperaturbrennstoffzellen oberhalb ca. 600 °C.

Daneben werden Brennstoffzellen nach dem verwendeten Elektrolyten in fünf Typen unterteilt, die jeweils unterschiedliche Systeme erfordern.  

Einer der wesentlichen Vorteile von Brennstoffzellen im Vergleich mit Verbrennungskraftmaschinen ist neben der Geräusch- und Emissionsarmut der hohe Wirkungsgrad schon bei kleinen und kleinsten Leistungen und ebenso das gute Teillastverhalten. Dieses gute Teillastverhalten eines Brennstoffzellensystems ist dadurch bedingt, dass der Wirkungsgrad der elektrochemischen Zelle bei sinkender Last steigt.  

Für Brennstoffzellen sind vielfältige Anwendungsmöglichkeiten  denkbar und in
Prototypen schon als Ladegerät für Handys mit wenigen Watt (ISE, Freiburg, 1998, Typ
PEFC), Fahrradantrieb, Motorradantrieb (Prof. Kordesch, 1967) bis zu Kraftwerken im Megawatt- Bereich (1983, Ichihara, bei Tokyo, Typ PAFC) realisiert worden. Ausgereifte Technik zeigten Brennstoffzellen bei den Gemini-Missionen (1963, Typ PEFC), bei den Apollo-Mondflügen (1968, Typ AFC) und zzt. beim Spaceshuttle-Programm (seit 1981, Typ AFC) und als erdgasbetriebenes Blockheizkraftwerk (seit 1995, Typ PAFC). Die U-Boote der neuen Klasse 212A der deutschen Marine werden nach der Erprobungsphase seit Herbst 2004 serienmäßig mit Brennstoffzellen-Antrieben vom Typ PEFC indienstgestellt.  


Brennstoffzellen werden neben dem Temperaturbereich vor allem nach dem Elektrolyten unterschieden.
Zurzeit werden fünf Elektrolyte eingesetzt, wofür sich folgende Bezeichnungen
durchgesetzt haben:

  •  Kalilauge AFC, Alkaline Fuel Cell
  •  Kunststoff-Folien PEFC, Polymer Electrolyte Fuel Cell
  •  Phosphorsäure PAFC, Phosphoric Acid Fuel Cell
  •  Karbonatschmelzen MCFC, Molten Carbonate Fuel Cell
  •  dotierte Keramik SOFC, Solid Oxide Fuel Cell

Die PAFC ist der erste  Brennstoffzellentyp, der die Grenze zum wirtschaftlichen Einsatz
annähernd erreicht hat. Die Firma ONSI (South Windsor, USA) hat von ihren Typ PC2517
weltweit schon über 260 Prototypen im Einsatz mit einer Leistung von 200 kWel und 220 kWth
und einem elektrischen Wirkungsgrad von ca. 40 % .
Die Kosten werden mit ca. 3.000 $/kWel angegeben, die Verfügbarkeit der neueren Generation
übertrifft mit ca. 95 % die motorischer BHKW's deutlich. Ebenso gibt es neben mehreren anderen Prototypen eine tragbare 1 kW Anlage von Sanyo als Notstromaggregat, das sechs Stunden lang aus einem Hydridspeicher versorgt werden kann.
Da die Betriebstemperatur der PAFC mit ca. 200 °C schon relativ hoch liegt, kann die Abwärme nicht nur für Heizzwecke, sondern auch für Prozessdampf genutzt werden und wurde auch schon als Antrieb einer Absorptionskältemaschine für einen Kraft-Wärme-Kälte-Verbund
realisiert.
 
Die PAFC hat schon einen relativ hohen Entwicklungsstand erreicht. Dennoch wird sie
möglicherweise von den anderen Typen verdrängt werden, die aufgrund ihrer deutlich niedrigeren bzw. deutlich höheren Temperatur jeweils spezifische konstruktive oder betriebsbedingte Vorteile aufweisen. 

Im Vergleich zu Nieder- und Mitteltemperaturbrennstoffzellen hat die MCFC den Vorteil, dass
sie neben der Stromproduktion auch zur Erzeugung von hochwertigem Prozessdampf eingesetzt werden kann. 

Da die MCFC auch CO verarbeitet, kann auf den bei Niedertemperatur- und Mitteltemperaturbrennstoffzellen notwendigen Shift-Konverter verzichtet werden. Allerdings ist weiterhin noch vor Eintritt in die Zelle eine teilweise Reformierung des Erdgases bzw. dessen Anteilen an höheren Kohlenwasserstoffen mit Wasserdampf zu Kohlenmonoxid notwendig. 

Durch die eher geringe Leistungsdichte der MCFC und ihr hohes Gewicht kommt ihr Einsatz
für mobile Anwendungszwecke kaum in Betracht. Es ist zu erwarten, dass die MCFC wegen
ihres hohen Gesamtwirkungsgrades bis zu 90% (davon ca. 50% elektrisch) hauptsächlich als
BHKW eine Marktchance finden wird. 

©  Marc Husmann   Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.