Freitag, 24. März 2017

Änderung von Vorschriften im Bereich des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts

Im Internationalen Zivilverfahrensrecht (einschließlich der Rechtshilfe und des Internationalen Familienverfahrensrechts) hat sich nach Auffassung der Bundesregierung in mehrfacher Hinsicht Klarstellungs- und Änderungsbedarf ergeben, der auf Anregungen aus der Rechtsprechung und Rechtspraxis zurückgeht. Dar- über hinaus habe die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu Rechtsunsicherheiten für die Rechtspraxis geführt. Zudem diene der Entwurf der Anpassung zivilprozessualer Vorschriften an die Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist. Zugleich soll es den Ländern durch eine Ermächtigungsklausel ermöglicht werden, die Angelegenheiten in den benannten Verfahren bei spezialisierten Gerichten zu konzentrieren. Im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) fehlt nach Auffassung der Bundesregierung bislang eine Vorschrift zur gewillkürten Stellvertretung. Das anwendbare Recht beruhe insoweit auf Richterrecht und müsse in jedem Einzelfall eruiert werden. Der Entwurf soll diese Gesetzeslücke schließen.

Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen Dem § 8 des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen und des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 1977 (BGBl. I S. 3105), das zuletzt durch Artikel 162 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, werden die folgenden Sätze angefügt: „Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Zuständigkeit durch Rechtsverordnung einem anderen Amtsgericht des Oberlandesgerichtsbezirks oder, wenn in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, einem Amtsgerichtsbezirk für die Bezirke aller oder mehrerer Oberlandesgerichte zuzuweisen. Die Zuweisung kann auch nur für einzelne Arten der Beweisaufnahme erfolgen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.“

Die in Artikel 3 vorgesehene Änderung von § 14 des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen und des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 1977 entfällt. Eine Öffnung der Zivilrechtshilfe für Verfahren der Dokumentenvorlage („pre-trail discovery of documents“) soll nach Auffassung des Ausschusses nicht vorgenommen werden. Ausforschungsbeweise entsprechend US-amerikanischem Prozessrecht sind nach deutschem Zivilprozessrecht ungeachtet der im Jahr 2001 geänderten Regelung des § 142 ZPO grundsätzlich unzulässig. Sie bergen für die betroffene Partei und gegebenenfalls für Dritte erhebliche Risiken, etwa im Hinblick auf die mit der Dokumentenherausgabe verbundenen Kosten, den zeitlichen Aufwand sowie datenschutz- und arbeitsrechtliche Probleme.

Der Ausschuss erkennt zwar die von der Bundesregierung verfolgte Zielsetzung an, US-amerikanische Gerichte durch eine begrenzte Zulassung der Dokumentenvorlage dazu anzuhalten, bei grenzüberschreitenden Beweisaufnahmen nicht nationales US-amerikanisches Zivilprozessrecht, sondern vorrangig das Haager Beweisübereinkommen (HBÜ) anzuwenden. Er zweifelt aber daran, dass die vorgeschlagene Änderung den gewünschten Erfolg herbeiführen würde. In jedem Fall wäre es erforderlich, die Auswirkungen der von anderen Vertragsstaaten des HBÜ vorgenommenen Änderungen auf die Praxis US-amerikanischer Gerichte näher zu untersuchen. Vor diesem Hintergrund ist von einer begrenzten Zulassung der Dokumentenherausgabe im Ausführungsgesetz und auch von einer Änderung der deutschen Erklärung zu Artikel 23 des HBÜ abzusehen. Als Folge ist die in dieser Vorschrift vorgesehene Nummerierung zu streichen. Außerdem ist in der vorgeschlagenen Änderung von § 8 der Hinweis auf eine Beweisaufnahme zu streichen, die das in Artikel 23 des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen genannte Verfahren betrifft.



©  Marc Husmann   Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.