Neu
in das BGB aufgenommen werden spezielle Vorschriften zum
Architektenvertrag und Ingenieurvertrag.
Die
Einordnung der Architekten- und Ingenieurverträge in das
Vertragsrecht ist aufgrund der Vielgestaltigkeit der Aufgaben
des Architekten nicht einfach, da diese Verträge typischerweise
viele verschiedene Aufgaben enthalten.
Bei
einigen Aufgaben des Architekten und Ingenieurs wäre auch eine
Zuordnung zum Dienstvertragsrecht vorstellbar.
Der BGH hat sich in seiner Rechtsprechung jedoch durchgängig für
eine Unterstellung des Architektenvertrags
und des Ingenieurvertrags unter das Werkvertragsrecht entschieden und
diese Bewertung zum einen damit
begründet, dass die Tätigkeit des Architekten der Herbeiführung
eines „Erfolges (§ 631 BGB)“ diene, nämlich der
„Herstellung eines Bauwerks“ und zum anderen festgestellt, dass
die Anwendung des Werkvertragsrechts auf der
Rechtsfolgenseite zu sachgerechteren Ergebnissen führe. Eine
Qualifizierung des Architektenvertrags als „gemischter
Vertrag“ würde zu einer nicht mehr zu beherrschenden Anwendung
unterschiedlicher Regelungen der einzelnen
Vertragstypen und damit in der Rechtsanwendung zu erheblichen
Unsicherheiten führen. Da die Anwendung
des Werkvertragsrechts für Architekten und Ingenieure andererseits
in einigen Punkten erhebliche, teilweise
unverhältnismäßig belastende Konsequenzen hat, sollen die
Regelungen des Werkvertragsrechts nicht un-
eingeschränkt
auf Architekten- und Ingenieurverträge Anwendung finden, sondern den
Besonderheiten dieses Vertragstyps
durch spezielle Regelungen Rechnung getragen werden.
Um den
besonderen Charakter der Architekten-
und Ingenieurverträge deutlich zu machen, werden diese Vorschriften
in Titel 9 – Werkvertrag und ähnli-
che
Verträge – in einem eigenen Untertitel zusammengefasst.
Zu
§ 650o BGB-E (Vertragstypische Pflichten aus Architekten- und Ingenieurverträgen)
Die
Vorschrift definiert die vertragstypischen Pflichten aus Architekten-
und Ingenieurverträgen.
Nach
Absatz 1 ist der Unternehmer verpflichtet, die Leistungen zu
erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung
und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind,
um die vereinbarten Planungs-
und
Überwachungsziele zu erreichen. Mit dieser Formulierung wird zum
Ausdruck gebracht, dass Architekten-und
Ingenieurverträge typischerweise eine Reihe verschiedener Pflichten
umfassen und zwischen dem Planungs-
erfolg
und den Planungs- und Leistungsschritten zu unterscheiden ist.
Die
Definition umfasst sowohl Architekten- und Ingenieurleistungen zur
Herstellung von Bauwerken als auch zur Herstellung
von Außenanlagen. Der Begriff der „Außenanlage“ ist ebenso zu
verstehen wie in § 648a BGB. Nach
der
Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 24. Februar 2005 – VII ZR 86/04,
NJW-RR 2005, 750) sind als Arbeiten
an einer Außenanlage solche gemeint, die mit Arbeiten an einem
Bauwerk im weitesten Sinne vergleichbar
sind.
Es sind nicht sämtliche Arbeiten an einem Grundstück erfasst,
sondern es muss sich um gestalterische Arbeiten
handeln, die der Errichtung der Anlage oder deren Bestand dienen.
Dies entspricht auch der Verwendung des
Begriffs der Außenanlage in § 650a BGB-E. Dort ist auch nicht jede
Vereinbarung über Arbeiten an einem
Grundstück
als Bauvertrag anzusehen, sondern nur die Herstellung, die
Wiederherstellung, die Beseitigung oder der
Umbau einer Anlage. Für die Einordnung von Leistungen der
Architekten oder Ingenieure bedeutet dies, dass
nicht
jede Vereinbarung über Leistungen in Bezug auf Arbeiten an einem
Grundstück als Architekten- oder Ingenieurvertrag
anzusehen ist.
Es muss sich vielmehr um Leistungen handeln, die auf
gestalterische Arbeiten gerichtet
sind. Dies ist etwa bei der Planung für die Einrichtung oder
Umgestaltung eines Gartens, eines Parks, eines Teichs
oder eines Dammes der Fall. Darauf, ob die Anlage in einen
Zusammenhang mit einem Bauwerk steht oder
nicht, kommt es dabei nicht an. Planungs- und Überwachungsleistungen
zur Einrichtung oder Umgestaltung
von
„Freianlagen“ im Sinne des § 39 HOAI dürften daher regelmäßig
als Architekten- oder Ingenieurverträge anzusehen
sein.
Sowohl
bei einem auf ein Bauwerk als auch bei einem auf eine Außenanlage
gerichteten Architekten oder Ingenieurvertrag
sind regelmäßig umfangreiche und komplexe Tätigkeiten geschuldet,
auf die die Regelungen dieses Untertitels
zugeschnitten sind.
Zu
Absatz 2
Soweit
wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart
sind, hat der Unternehmer nach Absatz
2 zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu
erstellen. Er legt dem Besteller die Planungsgrundlage
zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur
Zustimmung vor.
Mit
dieser Vorschrift soll Fällen Rechnung getragen werden, in denen
sich der Besteller mit noch vagen Vorstellungen
von dem zu planenden Bauvorhaben oder der Außenanlage an den
Architekten oder Ingenieur wendet, und
daher bei Vertragsschluss noch keine Einigung über alle wesentlichen
Planungs- und Überwachungsziele vorliegt.
Dies kann etwa der Fall sein, wenn zwar fest steht, welchen Zweck das
zu planende Gebäude haben soll, jedoch
noch wesentliche Fragen, wie etwa die Art des Daches, die Zahl der
Geschosse oder ähnliche für die
Planung
grundlegende Fragen offen sind. In solchen Fällen soll der Architekt
oder Ingenieur die Wünsche und Vorstellungen
des Bestellers erfragen und unter deren Berücksichtigung eine
Planungsgrundlage zur Ermittlung der
noch offenen Planungs- und Überwachungsziele erstellen. Das Gesetz verwendet bewusst das Wort „Pla-
nungsgrundlage“,
um deutlich zu machen, dass es noch nicht um die eigentliche Planung
geht.
Es ist in dieser Phase
lediglich eine Grundlage, etwa eine erste Skizze oder eine
Beschreibung des zu planenden Vorhabens, geschuldet,
auf der dann die Planung aufbauen kann.
Nach
Absatz 2 Satz 2 ist der Architekt oder Ingenieur verpflichtet dem
Besteller die Planungsgrundlage zusammen
mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur Zustimmung
vorzulegen. Die Kosteneinschätzung soll dem
Besteller eine grobe Einschätzung der zu erwartenden Kosten für
seine Finanzierungsplanung geben. Pla-
nungsgrundlage
und Kosteneinschätzung zusammen sollen den Besteller in die Lage
versetzen, eine fundierte Entscheidung
zu treffen, ob er dieses Bauprojekt oder die Außenanlage mit diesem
Planer realisieren oder von dem
in § 650q BGB-E vorgesehenen Kündigungsrecht Gebrauch machen
möchte.
Die
Absätze 1 und 2 beschreiben die Pflichten des Architekten und
Ingenieurs präziser als der bisher einschlägige §
631 Absatz 1, wonach der Unternehmer die „Herstellung des
versprochenen Werks“ schuldet. Ferner soll die Definition
dazu beitragen, die im Laufe der Planentwicklung notwendige
Konkretisierung des Erfolgs von der eine
Mehr- oder Mindervergütung auslösenden Änderungsanordnung
abzugrenzen. Änderungswünsche des Bestellers,
die bereits getroffene Festlegungen betreffen, bedürfen entweder
einer vertraglichen Änderungsvereinbarung
oder können über das Anordnungsrecht nach § 650b BGB-E geltend
gemacht werden.
Mit
der Neuregelung soll zugleich einer in der Praxis vielfach zu
weitgehenden Ausdehnung der unentgeltlichen Akquise
zu Lasten des Architekten entgegengewirkt werden. Durch die
Einführung einer vertraglichen Pflicht
des
Architekten oder Ingenieurs; an der Ermittlung von Planungs- und
Überwachungszielen mitzuwirken, stellt der
Gesetzgeber klar, dass zum Zeitpunkt der grundlegenden Konzeption des
Bauprojekts durchaus bereits ein Vertrag
geschlossen sein kann. Alternativ war erwogen worden, eine
verpflichtende Schrift-/Textform für den Architekten-
oder Ingenieurvertrag einzuführen, um die bestehenden Probleme beim
Übergang von der (nicht zu vergütenden)
Akquise zum (honorarpflichtigen) Vertrag zu lösen.
Letztlich wurden
diese Überlegungen nicht weiterverfolgt,
da sich die Abgrenzungsprobleme durch eine Formvorgabe nicht lösen
lassen, stattdessen aber
eine
Reihe neuer Fragen entstehen, wenn die Formvorschrift von den
Parteien nicht beachtet wird.
Auf
eine Bezugnahme auf die HOAI, in der die beim Architekten- und
Ingenieurvertrag in der Regel zu erbringenden
Leistungsbilder und Leistungsphasen definiert sind, wurde bei der
Formulierung der vertragstypischen
Pflichten
aus rechtssystematischen Gründen verzichtet, da es sich bei der HOAI
um eine Gebührenordnung handelt.
Diese muss im Übrigen nicht zwingend alle Leistungen abdecken, die
der Architekt oder der Ingenieur im Einzelfall
vertraglich schuldet.
Die
Pflicht des Bestellers zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung
ergibt sich aus den allgemeinen werkvertraglichen
Vorschriften (§ 650p BGB-E in Verbindung mit § 631 Absatz 1 und §
632 Absatz 1). Für die Höhe der
Vergütung
sind außerdem die Regelungen der HOAI zu beachten, wenn das
geschuldete Werk durch die dort beschriebenen
Leistungsbilder geprägt ist.
Zu
§ 650p (Anwendbare Vorschriften)
Zu
Absatz 1
Die
Vorschrift bestimmt, dass – wie in den einleitenden Ausführungen
zu Untertitel 2 näher begründet – auf den Architekten-
und Ingenieurvertrag die Vorschriften des Kapitels 1 des Untertitels
1 – Werkvertragsrecht – grundsätzlich
entsprechend Anwendung finden sollen.
Zudem
sollen einzelne Vorschriften des Kapitels 2 des Untertitels 1 – im
Einzelnen handelt es sich um die §§
650b, 650d bis 650g BGB-E – entsprechend anwendbar sein:
– Das
in § 650b BGB-E geregelte Anordnungsrecht des Bestellers soll auch
im Rahmen von Architekten- oder Ingenieurverträgen
gelten. Gerade im Rahmen dieser Verträge besteht oft ein praktisches
Bedürfnis nachträglicher
Änderungen. Für die sich an eine solche Anordnung anschließende
Vergütungsanpassung ist in
Absatz
2 eine spezielle Regelung für Architekten- und Ingenieurverträge
vorgesehen.
– Die
bisher in den §§ 648 und 648a enthaltenen und nach dem Entwurf in
die §§ 650d, 650e BGB-E zu verschiebenden
Regelungen zur Sicherungshypothek des Unternehmers und zur
Bauhandwerkersicherung sind
schon
nach bisheriger Rechtsprechung auch auf die Sicherung des
Honoraranspruchs des Architekten oder Ingenieurs
anwendbar. Dies soll nunmehr ausdrücklich festgeschrieben werden.
Die Konturierung, die die Anwendbarkeit
der beiden Absicherungsvorschriften auf Architekten- und
Ingenieurverträge durch die bis-
her
dazu ergangene Rechtsprechung erhalten hat, dürfte infolge der
lediglich entsprechenden Anwendbarkeit aufrechterhalten
werden können.
– Ein
Bedürfnis für eine Zustandsfeststellung nach § 650f BGB-E, wenn
der Besteller die Abnahme verweigert,
kann sich auch bei Architekten- und Ingenieurverträgen ergeben.
– Die
zu § 650g BGB-E ausgeführten Erwägungen für ein
Schriftformerfordernis bei Kündigungen treffen auch
bei Architekten- und Ingenieurverträgen zu. Auch insoweit spricht
das Interesse an Beweissicherung und
Rechtssicherheit dafür, ein solches Erfordernis aufzustellen. Zudem
kann auch hier der Zweck des Formerfordernisses
relevant werden, die Vertragsparteien von einer übereilten
Kündigungserklärung abzuhalten.
Zu
Absatz 2
Für
die Vergütungsanpassung bei Anordnungen nach § 650b sollen
vorrangig die Entgeltberechnungsregeln der Honorarordnung
für Architekten und Ingenieure in der jeweils geltenden Fassung
Anwendung finden. Soweit infolge
der Anordnung zu erbringende oder entfallende Leistungen vom
Anwendungsbereich der Honorarordnung erfasst
werden, ist sie für die Vergütungsanpassung heranzuziehen. Dies
wird insbesondere dann der Fall sein, wenn
es sich bei den infolge der Anordnung zu erbringenden oder
entfallenden Leistungen um „Grundleistungen“
im
Sinne der HOAI handelt. Ob darüber hinaus auch die Grundsätze des §
10 HOAI herangezogen werden können,
wenn sich infolge der Anordnung der Umfang der beauftragten Leistung
ändert oder Grundleistungen zu wiederholen
sind, erscheint zumindest zweifelhaft; denn § 10 HOAI setzt nach
seinem Wortlaut sowohl hinsicht-
lich
der Änderung als auch hinsichtlich der Vergütungsanpassung eine
Vereinbarung der Parteien voraus. Diese Frage
kann der Rechtsprechung überlassen werden.
Lässt
sich § 10 HOAI nicht entsprechend heranziehen oder ergibt sich aus
anderen Gründen eine nicht von der HOAI
erfasste Konstellation, gilt Absatz 2 Satz 2 und 3. Danach ist die
Vergütungsanpassung für den vermehrten
oder
verminderten Aufwand aufgrund der angeordneten Leistung frei
vereinbar.
Soweit die Parteien keine Vereinbarung
treffen, gilt § 650c BGB-E entsprechend. Der Entwurf stellt insoweit
vorrangig auf eine Vereinbarung der
Parteien ab, weil eine Berechnung des Mehr- oder Minderaufwands
anhand der tatsächlichen Kosten gemäß
§
650c BGB-E beim Architekten- und Ingenieurvertrag wegen fehlender
Bezugspunkte Schwierigkeiten aufwerfen
kann. So wird ein Mehraufwand in der Regel aus zusätzlich
aufgewendeter Arbeitszeit des Architekten oder
Ingenieurs
selbst oder eines Subplaners bestehen. Erfahrungswerte, wieviel
Sunden regelmäßig für eine bestimmte
Planungsaufgabe benötigt werden, gibt es ebenso wenig wie eine Taxe
für die Höhe der Vergütung pro Stunde.
Anders als beim Bauvertrag wird beim Architekten- und
Ingenieurvertrag regelmäßig auch keine Urkalkulation
hinterlegt, die als Bezugspunkt dienen könnte. Es soll daher für
die Vergütungsanpassung nach Anordnung
außerhalb der HOAI-Tatbestände in erster Linie auf eine
vertragliche Vereinbarung abgestellt werden. Nur
wenn
die Parteien keine Vereinbarung treffen soll – ebenso wie es § 632
Absatz 2 für den Auffangmaßstab der üblichen
Vergütung regelt – der Maßstab der tatsächlich erforderlichen
Kosten gemäß § 650c BGB-E gelten.
Zu
§ 650q (Sonderkündigungsrecht)
Die
Vorschrift gewährt dem Besteller und unter bestimmten Umständen
auch dem Unternehmer bei einem Architekten-
oder Ingenieurvertrag, bei dem der Planungs- und Überwachungserfolg
bei Vertragsabschluss noch nicht festgelegt
worden ist, ein besonderes Kündigungsrecht.
Das
Kündigungsrecht soll insbesondere Verbraucher vor den Rechtsfolgen
eines häufig übereilt abgeschlossenen umfassenden
Architektenvertrags schützen, der alle neun Leistungsphasen des § 3
HOAI beinhaltet.
Das
besondere Kündigungsrecht erstreckt sich auch auf Ingenieurverträge
sowie auf Verträge zwischen Unternehmern
(B2B-Verträge). Auch bei Ingenieurleistungen gibt es Verträge, die
hinsichtlich der Planungs- und Überwachungsziele
noch konkretisierungsbedürftig sind und bei denen der Besteller im
weiteren Verlauf zu der Erkenntnis
kommt, dass er die Gesamtkosten des Vorhabens unterschätzt hat und
er von seiner Durchführung absehen
will. Dass in der Praxis ein Bedürfnis zur vorzeitigen Lösung vom
Vertrag auch im B2B-Bereich besteht,
zeigt
sich daran, dass im Unternehmerbereich häufig „gestufte Verträge“
abgeschlossen werden, die beiden Vertragspartnern
diese Lösungsmöglichkeit eröffnen.
Absatz
1 regelt, dass der Besteller den Vertrag nach Vorlage der Unterlagen
nach § 650o Absatz 2, also Planungsgrundlage
und der Kosteneinschätzung kündigen kann. Das Kündigungsrecht
erlischt nach Absatz 1 Satz 2 innerhalb
von zwei Wochen. Zum Schutz des Verbrauchers ist der Architekt oder
Ingenieur verpflichtet, ihn über das
besondere
Kündigungsrecht, die Frist, in der dieses ausgeübt werden kann, und
die Rechtsfolgen dieser Kündigung
im Gegensatz zu denen des allgemeinen Kündigungsrechts nach § 648
BGB-E (bisher § 649) zu unterrichten.
Unterbleibt die Unterrichtung, besteht das Kündigungsrecht des
Verbrauchers weiter. Eine Möglichkeit, die Unterrichtung
später nachzuholen, sieht das Gesetz nicht vor. Diese „scharfe“
Rechtsfolge soll sicherstellen, dass
die Belehrungspflicht von Seiten des Unternehmers ernst genommen
wird.
Absatz
2 gibt dem Architekten oder Ingenieur unter bestimmten Umständen
ebenfalls das Recht, sich vom Vertrag zu
lösen. Das Gesetz sieht vor, dass der Unternehmer dem Besteller
eine angemessene Frist für die Zustimmung nach
§ 650o Absatz 2 Satz 2 BGB-E setzen kann. Wirkt der Besteller
daraufhin nicht an der Fortführung der
Planung
mit, indem er die Zustimmung zu der übermittelten Planungsgrundlage
und der Kosteneinschätzung verweigert
oder dazu innerhalb der ihm vom Unternehmer gesetzten angemessenen
Frist keine Erklärung abgibt, soll auch
dem Architekten/Ingenieur ein Kündigungsrecht zustehen.
Die
Einführung eines Kündigungsrechts des Unternehmers ohne
rechtfertigende Gründe erscheint dagegen nicht gerechtfertigt.
Der Besteller muss sich grundsätzlich auf die Erfüllung des
Vertrags verlassen können. Muss er den
Architekten- oder Ingenieur auswechseln, ist dies für den Besteller
mit erheblichen Mehrkosten verbunden.
Zudem
dürfte es für ihn in der Regel auch schwierig sein, kurzfristig
einen anderen Fachplaner zu finden, der das Bauprojekt
zu Ende führt.
Absatz
3 legt fest, dass bei einer Kündigung nach Absatz 1 oder Absatz 2,
unabhängig davon welcher Vertragspartner
sie ausgesprochen hat, der Architekt oder Ingenieur nur einen
Anspruch auf Vergütung der bis dahin von ihnen
erbrachten Leistungen hat.
Zu
§ 650r BGB-E (Teilabnahme)
Die
Vorschrift eröffnet dem Architekten oder Ingenieur das Recht, ab der
Abnahme der letzten Leistung des bauausführenden
Unternehmers oder der bauausführenden Unternehmer eine Teilabnahme
der bis dahin erbrachten
Architekten- oder Ingenieurleistungen zu verlangen. Damit wird
hinsichtlich des überwiegenden Teils der Leistungen
des Architekten oder Ingenieurs ein Gleichlauf der Verjährungsfrist
der Mängelhaftung mit der des bauausführenden
Unternehmers erreicht.
Mit
der Regelung soll die ungleiche Belastung von Architekten und
Ingenieuren im Rahmen ihrer gesamtschuldnerischen
Haftung für Baumängel zusammen mit dem Bauunternehmer reduziert
werden. Diese ungleiche Belastung
entsteht unter anderem dadurch, dass die in Architekten- und
Ingenieurverträgen gebündelten unterschiedli-
chen
Leistungen bei einem umfassenden Vertrag beispielsweise auch die
Objektbetreuung (Leistungsphase 9 nach §
3 HOAI) beinhalten und damit über die eigentliche Bauphase
hinausgehen. Dies führt nach geltendem Recht zu
einem
späteren Beginn der Verjährungsfrist für Architekten- und
Ingenieurleistungen als beim bauausführenden Unternehmer
und in der Folge auch zu einem entsprechend späteren Ende der Frist.
Nach dem Ende der Verjährungsfrist
für den bauausführenden Unternehmer haften Architekt und Ingenieur
weiterhin für in dieser Phase noch
vom Bauherrn geltend gemachte Baumängel, auch wenn diese ggf.
überwiegend vom Bauunternehmer zu verantworten
sind. Ein Rückgriff des in Anspruch Genommenen auf den
Bauunternehmer ist wegen der für diesen
Unternehmer
dann bereits abgelaufenen Mängelgewährleistungsfrist jedoch nicht
mehr möglich.
Durch die Einführung
eines Rechts auf Teilabnahme wird erreicht, dass die
Verjährungsfristen von bauausführendem Unternehmer
und Architekten und Ingenieurs für ihre bis zur Bauabnahme
erbrachten Leistungen nahezu parallel laufen
und
der Planer nach einer Inanspruchnahme noch die Möglichkeit hat, auf
den bauausführenden Unternehmer zurückzugreifen.
Das
neue Recht des Architekten oder Ingenieurs, parallel zu der Abnahme
der Leistungen des bauausführenden Unternehmers
eine Teilabnahme zu verlangen, hat keine praktische Bedeutung, wenn
der Architekt oder Ingenieur
nicht
mit über die Planungs- und Bauüberwachungsphase hinausgehenden
Tätigkeiten beauftragt ist. Wenn ein Architekt
oder Ingenieur beispielsweise nur mit der Planung des Vorhabens
beauftragt war, kann er nach dem
Ende
seiner Tätigkeiten bereits die (Gesamt-)Abnahme nach § 640 Absatz 1
verlangen. Für diese Fälle ändert sich durch
das neue Recht auf Teilabnahme nichts.
Hat
der Architekt oder Ingenieur von seinem Recht auf Teilabnahme
Gebrauch gemacht, schließt sich nach Erfüllung
aller geschuldeten Leistungen die Schlussabnahme an.
Zu
§ 650s BGB-E (Gesamtschuldnerische Haftung mit dem bauausführenden
Unternehmer)
§
650s BGB-E sieht vor, dass ein Unternehmer, der vom Besteller wegen
eines Überwachungsfehlers, der zu einem
Mangel an dem Bauwerk oder der Außenanlage geführt hat, in Anspruch
genommen wird, die Leistung verweigern
kann, wenn auch der bauausführende Unternehmer für den Mangel
haftet und der Besteller diesem
noch
nicht erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt
hat. Mit dieser Vorschrift soll ein „Vorrang
der Nacherfüllung“ im Verhältnis zwischen Architekt/Ingenieur,
ausführendem Bauunternehmer und Besteller
eingeführt werden. Dem vom Besteller auf Schadensersatz nach den §§
634 Nummer 4, 280, 281 in Anspruch genommenen
Architekten/Ingenieur steht ein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn
nicht der Besteller dem bauausführenden
Unternehmer bereits erfolglos eine angemessene Frist zur
Nacherfüllung nach § 634 Nummer 1 bestimmt
hat.
Ziel
der Regelung ist es, die überproportionale Belastung der Architekten
und Ingenieure im Rahmen der gesamtschuldnerischen
Haftung mit dem bauausführenden Unternehmer zu reduzieren. Auch wenn
die Verjährungsfrist
für
Baumängel gegenüber dem bauausführenden Unternehmer noch nicht
abgelaufen ist, nehmen Bauherren bei Mängeln,
die sowohl der Bauunternehmer als auch der Architekt oder Ingenieur
zu verantworten haben, vorrangig letztere
in Anspruch, da Architekten und Ingenieure aufgrund ihrer
Berufsordnung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung
verpflichtet sind und damit die Realisierung von
Schadensersatzansprüchen gesichert ist.
Ist
die Realisierung des Regressanspruchs des Architekten oder Ingenieurs
bzw. seiner Versicherung gegenüber dem
bauausführenden Unternehmer nicht mehr möglich, etwa weil das
bauausführende Unternehmen zwischenzeitlich
insolvent ist, führt dies zu einer wirtschaftlich stärkeren
Belastung der Architekten und Ingenieure als dies ihrem
Beitrag zum Mangel entspricht.
Dieses
Ungleichgewicht soll durch gesetzgeberische Maßnahmen beseitigt,
zumindest aber reduziert und so ein Interessenausgleich
zwischen Architekten und Ingenieuren einerseits und Bauunternehmern
andererseits erreicht
werden.
Hierzu wurden verschiedene Lösungsmöglichkeiten geprüft, etwa die
Abschaffung der auf die Rechtsprechung
des BGH zurückgehenden gesamtschuldnerischen Haftung der am Bau
Beteiligten oder die Einschrän-
kung
der gesamtschuldnerischen Haftung durch Regelung der Rangfolge der
Inanspruchnahme.
Der
Entwurf sieht nunmehr ein Leistungsverweigerungsrecht des
Architekten/Ingenieurs vor, wenn der Besteller nicht
zuvor den ausführenden Bauunternehmer erfolglos zur Nacherfüllung
aufgefordert hat. Damit wird zumin-
dest
bei kleineren – leicht zu behebenden – Baumängeln eine
vorschnelle Inanspruchnahme des Architekten oder Ingenieurs
verhindert. Gleichzeitig wird einer erfolgversprechenden
Nachbesserung der Vorrang vor der Geltend-
machung
eines Schadensersatzanspruchs auch in dem durch die Gesamtschuld
entstehenden Mehrpersonenverhältnis
zwischen Bauherr, Architekt bzw. Ingenieur und bauausführendem
Unternehmer eingeräumt wie dies bereits
im Verhältnis zwischen Besteller und bauausführenden Unternehmer
der Fall ist. Das werkvertragliche Mängelhaftungsrecht
(§§ 634 ff.) sieht vor, dass dem Unternehmer zunächst das Recht
auf Nachbesserung eingeräumt werden
muss, bevor der Besteller andere Mängelhaftungsrechte geltend machen
kann, etwa Schadensersatz ver-
langen,
den Vergütungsanspruch mindern oder den Schaden selbst beseitigen.
Dieses Recht zur „zweiten Andienung“
ist dem bauausführenden Unternehmer verwehrt, wenn der Besteller im
Rahmen der gesamtschuldnerischen
Haftung von Planer und bauausführendem Unternehmer sofort den Planer
in Anspruch nimmt. Der solvente
Unternehmer
hat in der Regel jedoch ein Interesse sein Recht zur Nacherfüllung
wahrzunehmen.
Zum einen ist es
eine Möglichkeit, die „Zufriedenheit“ seiner Kunden
wiederherzustellen, zum anderen ist eine Nacherfüllung
regelmäßig
kostengünstiger als die Erfüllung des Regressanspruchs des Planers.
Der
Architekt oder Ingenieur kann das Leistungsverweigerungsrecht nur im
Fall von Überwachungsfehlern, die zu
Mängeln an dem Bauwerk oder der Außenanlage geführt haben,
erheben. Diese Beschränkung, die Planungsmängel
nicht in den Anwendungsbereich des Leistungsverweigerungsrechts
einbezieht, ist dadurch gerechtfertigt, dass
der Architekt oder Ingenieur in diesen Fällen die Hauptursache für
den Mangel gesetzt hat. Es wäre in dieser Konstellation
nicht angemessen, den Besteller zunächst auf eine Inanspruchnahme
des Bauunternehmers auf
Nacherfüllung
zu verweisen.
Nicht
erforderlich ist, dass der Besteller gegen den bauausführenden
Unternehmer erfolglos geklagt hat. Es genügt,
dass er diesem erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung
gesetzt hat, wie das auch das Mängelgewährleistungsrecht
als Voraussetzung für die Geltendmachung anderer
Mängelgewährleistungsansprüche vorsieht
(vgl. § 637). Weitergehende Voraussetzungen würden die
Geltendmachung seiner Mängelhaftungsansprüche
erschweren und wären – gerade bei größeren Mängeln – mit
einem nicht hinnehmbaren Zeitverlust verbunden.
Eine
Abschaffung der gesamtschuldnerischen Haftung ist abzulehnen, da
diese Lösung ausschließlich zu Lasten des
Bestellers und hier insbesondere der Verbraucher ginge, die eine
anderweitige Absicherung ihrer Ansprüche
vertraglich
im Zweifel nicht durchsetzen können. Der Besteller würde beim
Wegfall der gesamtschuldnerischen Haftung
außerdem prozessual benachteiligt, da er dann eine
Schadensaufteilung zwischen den am Bau Beteiligten vorzunehmen
hätte, um diese einzeln zu verklagen. Eine solche Schadensaufteilung
korrekt vorzunehmen, dürfte dem
Besteller selbst mit sachverständiger Unterstützung nicht immer
gelingen.
© Marc Husmann Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.