Dienstag, 9. Januar 2018

Hinweispflicht eines mit der Planung der Sanitärinstallation für ein Bauvorhaben beauftragten Architekten

Brandenburgisches Oberlandesgericht 11. Zivilsenat

11 U 101/07


Architektenvertrag: Hinweispflicht eines mit der Planung der Sanitärinstallation für ein Bauvorhaben beauftragten Architekten auf mögliche Haftungsansprüche gegen ihn selbst

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12. April 2007 verkündete Urteils der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus, Az.: 6 O 293/05, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Die Klägerin beauftragte den Beklagten durch den Architekten- und Ingenieurvertrag aus dem Jahre 1997 (Bl. 376 d. A.) mit der Planung der Sanitärinstallation für das Bauvorhaben Markthalle B.. Vier Jahre nach Inbetriebnahme des Objektes traten Undichtigkeiten der Kaltwasserleitungen auf. Die Auftraggeberin der Klägerin verlangte von dieser Mängelbeseitigung. Die Kosten der von ihr selbst durchgeführten Arbeiten macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage gegen den Beklagten geltend, weil seine Planung fehlerhaft gewesen sei: Er habe die Querschnitte der Leitungen und die Fließgeschwindigkeit nicht hinreichend berücksichtigt. Sie ist der Auffassung, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, auf seinen Planungsfehler selbst aufmerksam zu machen. Der Beklagte hat sich auf Verjährung berufen.
2
Wegen der näheren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Kammer hat im Wesentlichen ausgeführt:
4
Ein möglicherweise der Klägerin zustehender Schadensersatzanspruch gem. § 635 BGB als einzig in Betracht kommender Anspruchsgrundlage sei verjährt. Auch hafte der Beklagte nicht wegen arglistigen Verschweigens von Mängeln. Der Klägerin stehe auch kein Anspruch wegen Verletzung vertraglicher Beratungs- und Aufklärungspflichten zu. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
5
Hiergegen wendet sich die Klägerin unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie macht im Wesentlichen noch geltend:
6
Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch sei nicht verjährt. Jedenfalls könne sich der Beklagte nicht auf den Eintritt der Verjährung berufen. Der planende Architekt schulde im Rahmen seines jeweils übernommenen Aufgabengebietes die unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sichtbar gewordener Baumängel, wobei er von sich aus tätig werden müsse. Weiter sei er verpflichtet, seinen Auftraggeber vom Ergebnis der Untersuchung und von der sich daraus ergebenden Rechtslage zu unterrichten.
7
Der aus der ursächlichen Verletzung der Pflicht folgende Schadensersatzanspruch gehe dahin, dass die Verjährung der gegen den Architekten gerichteten Gewährleistungsansprüche als nicht eingetreten gelte.
8
Der Beklagte sei nach dem Inhalt des Architekten- und Ingenieurvertrages zur Planung sämtlicher Grundleistungen des § 73 HOAI, also auch zur Objektbetreuung und Dokumentation, verpflichtet gewesen. Bestandteil der Leistungsphase § 73 Abs. 3 Nr. 9 HOAI sei insbesondere das Überwachen der Beseitigung von Mängeln und die Dokumentation des Gesamtergebnisses.
9
Das Landgericht habe ihr Vorbringen übergangen, wonach der Beklagte bereits bei Planungserstellung im Jahre 1998 positiv gewusst habe, dass der nach der DIN erforderliche 1 ½-fache Wasseraustausch pro Woche nicht gewährleistet werden könne, weil dies aufgrund der Anzahl der Entnahmestellen nicht möglich gewesen sei.
10
Nicht zutreffend sei die Vermutung des Landgerichts, sie habe von vornherein davon ausgehen müssen, die gerügten Mängel seien auf Planungsfehler des Beklagten zurückzuführen. Für die gerügten Mängel (Undichtigkeiten der Leitungen) seien verschiedene Ursachen in Betracht gekommen, die weder auf die Planungs- noch auf ihre Montageleistungen zurückzuführen gewesen seien (z. B.: Materialfehler, unsachgemäßes Betreiberverhalten).
11
Der Beklagte hätte seiner Pflicht zur Überwachung von Mängelbeseitigungen und zur Dokumentation des Gesamtergebnisses bereits nach den ersten Hinweisen im Jahr 2002, spätestens jedoch nach Erhalt des Schreibens vom 30.01.2003 (vgl. Anlage K 13, Bl. 164 d. A.) von sich aus nachkommen müssen. Mit dem letztgenannten Schreiben habe sie ihm die Mängelrüge ihrer Auftraggeberin vom 28.01.2003 übergeben, in der ausdrücklich auf wiederholte Lochfraßschäden hingewiesen worden sei. Dies hätte der Beklagte zwingend zum Anlass nehmen müssen, die Ursachen unverzüglich und umfassend aufzuklären. Dabei hätte er wie der Sachverständige L. in seinem Gutachten zu dem Schluss kommen müssen, dass seine eigene Planungsleistung für die Mangelerscheinung ursächlich gewesen sei. Hiervon hätte er sie in Kenntnis setzen müssen.
12
Die Annahme des Landgerichts, sie sei ein Fachunternehmen, das über die erforderliche Sach- und Fachkunde verfüge, sei unzutreffend. Gerade weil dies nicht der Fall sei, habe sie den Beklagten als Planer eingeschaltet.
13
Sie habe die Stichleitung, wie vom Beklagten geplant, ausgeführt. Die abweichenden Angaben des Sachverständigen beruhten nicht auf dessen eigenen Feststellungen an Ort und Stelle; sie seien unzutreffend. Die Vorlage des vor ihr nicht in Auftrag gegebenen Gutachtens im anhängigen Rechtsstreit sei zur Sachverhaltsdarstellung erforderlich gewesen. Sie habe sich den Inhalt des Gutachtens damit jedoch nicht zu Eigen gemacht. Die Planung der Leitung als Stichleitung sei fehlerhaft gewesen.
14
Die Materialprüfungsanstalt habe in ihrer Stellungnahme eine Teilbefüllung lediglich vermutet, ohne den eigentlichen Schadenshergang zu kennen. Die mikrobiologisch induzierte Korrosion habe auf der fehlerhaften Dimensionierung der Leitung (Stichleitung, zu geringe Anzahl der Abnahmestellen) beruht, was der Beklagte hätte erkennen können und müssen.
15
Allerdings sei der Beklagte auch ihr Sachwalter gewesen.
16
Die Klägerin beantragt,
17
unter Abänderung des am 12.April 2007 verkündeten Urteils der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - Az: 6 O 293/05 - den Beklagten zu verurteilen, an sie 65.417,41 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2006 zu zahlen.
18
Sie regt an, den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Verfahrens an das Landgericht Cottbus zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
19
Der Beklagte beantragt,
20
die Berufung zurückzuweisen.
21
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Er führt noch aus:
22
Die angeblichen Schadensersatzansprüche der Klägerin seien jedenfalls verjährt. Es sei nicht richtig, dass er bereits bei der Erstellung seiner Planung 1998 positiv gewusst habe, dass der nach der DIN erforderliche 1 ½-fache Wasseraustausch pro Woche nicht gewährleistet sei.
23
Abgesehen davon beruhten die Schäden (Lochfraß) nach dem von der Klägerin selbst vorgelegten Gutachten L. auf einer Teilbefüllung der Leitungsrohre und nicht auf dem angeblich zu geringen Wasseraustausch, sodass insgesamt auch ein arglistiges Verschweigen eines Mangels ausscheide.
24
Die Voraussetzungen einer Sekundärhaftung lägen weder für eine vertragliche Haftung noch für eine Sachwalterhaftung vor. Die vorliegende Fallkonstellationen, bei der ein Ingenieur lediglich als Spezialplaner für einen Subunternehmer und nicht als sachwaltender Architekt tätig geworden sei, habe der Bundesgerichtshof bereits entschieden und dabei die Anwendung der Grundsätze der Sekundärhaftung abgelehnt (BGH, Urteil vom 27.09.2001, VII ZR 320/00). Seine (des Beklagten) Aufgaben hätten sich auf bestimmte Segmente der Planung und der Überwachung des Bauvorhabens beschränkt. Hierfür sei es unerheblich, ob auch die Leistungen der Leistungsphase 9 beauftragt worden seien. Er sei unabhängig von den vereinbarten Leistungsphasen weder bei der Durchführung noch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens der primäre Ansprechpartner des Bauherren oder des Generalunternehmers gewesen.
25
Die Klägerin betreibe selbst ein Heizungs- und Sanitärunternehmen, das über die grundlegenden Haftungskonstellationen und denkbaren Mängel auf Grund ihrer geschäftlichen Erfahrungen im Bilde sei und sein müsse, was sie von dem Bauherrn eines Einfamilienhauses unterscheide.
26
Auch wenn unterstellt werde, dass er eine Sachwalterstellung innegehabt habe, könne ihm keine kausale Pflichtverletzung zur Last gelegt werden: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes müsse gerade die Pflichtverletzung des Architekten - hier also die angeblich fehlende Aufklärung durch ihn als fachplanenden Ingenieur über denkbar eigene Planungsmängel - zu einem Rechtsverlust der Klägerin geführt haben. Dies sei nicht der Fall, weil die Klägerin nach eigenem Vortrag davon ausgegangen sei, mangelfrei gearbeitet zu haben und mithin nur noch er (Beklagter) als Verursacher in Betracht gekommen sei.
27
Auch habe er nicht Ursachen der gerügten Mängel untersuchen müssen. Die Klägerin lasse außer Acht, dass sie keinen Mangel gerügt, sondern mit Schreiben vom 30.01.2003 lediglich eine Mängelrüge der F. vorgelegt und insoweit um seine Hilfe gebeten habe. Er habe diesem Schreiben gerade nicht entnehmen können, dass ein eigener Planungsfehler vorliegen könne bzw. Mängel überhaupt bestünden. Wenn kein Mangel gerügt werde, bestehe keine Nachforschungsverpflichtung.
28
Die Klägerin habe, wie das Gutachten des Sachverständigen L. belege, die Bauleistung in erheblicher Weise abweichend von seiner Planung ausgeführt (Ringleitung anstelle einer Stichleitung), was seine Haftung entfallen lasse.
29
Dem Gutachten lasse sich zudem entnehmen, dass eine Teilbefüllung der Leitung ursächlich für die Lochfraß-Erscheinungen gewesen sei.
30
In der mündlichen Verhandlung am 06.11.2007 hat sich herausgestellt, dass die Parteien unterschiedliche Auffassungen dazu haben, was Gegenstand des erteilten Planungsauftrages war. Der Beklagte behauptet, ihm sei nur ein reiner Planungsauftrag bis Leistungsphase 5 erteilt worden, während die Klägerin davon ausgeht, sie habe ausweislich des Vertragstextes einen Auftrag einschließlich der Leistungsphase 9 erteilt. Der Senat hat den Parteien Gelegenheit gegeben, zum Umfang des erteilten Planungsauftrages Stellung zu nehmen. Mit Rücksicht auf die nach dem Termin vom 06.11.2007 eingegangenen, nachgelassenen Schriftsätze hat der Senat die mündliche Verhandlung wiedereröffnet.
31
Die Klägerin führt insoweit noch aus:
32
Der Beklagte sei umfassend mit den Leistungen nach § 73 HOAI beauftragt worden. Er habe auch die Objektbetreuung und Dokumentation (Leistungsphase 9), also die „Überwachung der Beseitigung von Mängeln und Dokumentation des Gesamtergebnisses“ geschuldet. Dem stehe nicht entgegen, dass die Leistung im Vertrag als „Planung technische Ausrüstung“ bezeichnet werde. Dabei handele es sich lediglich um eine Überschrift ohne eigenen Erklärungsinhalt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Tatbestand des von ihr angefochtenen Urteils. Der Beklagte habe bereits bei der Erstellung ihres Angebots und bei den Vertragsverhandlungen mitgewirkt. Auch während der Bauausführung habe er (selbst oder durch seinen Mitarbeiter W.) an Bauberatungen teilgenommen und die Ausführung der Leistungen überwacht. Insbesondere habe er an der Bauabnahme teilgenommen.
33
Erstinstanzlich habe sie nicht vorgetragen, der Umfang der Leistungspflicht des Beklagten sei auf die Leistungsphasen 1 bis 5 beschränkt gewesen. Sie sei zur selbstständigen Erstellung des Angebotes entsprechend der funktionalen Ausschreibung nicht in der Lage gewesen und habe für die Ausführung der Leistungen der Mitwirkung des Beklagten sowohl bei der Vorbereitung der Vergabe als auch bei der Vergabe selbst bedurft. Der Beklagte habe für sie einzelne Leistungsverzeichnisse erstellt, die sie ihren Lieferanten zur Abgabe von Angeboten habe vorlegen können.
34
Es treffe nicht zu, wenn der Beklagte behaupte, nach Ablieferung seiner Pläne nur noch an zwei Besprechungsterminen teilgenommen zu haben. Richtig sei vielmehr, dass er an den Baubesprechungen bis zur Abnahme teilgenommen und auch die Protokolle der Besprechungen erhalten habe. Wegen der näheren Einzelheiten in diesem Zusammenhang wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 03.12.2007 (Bl. 437 ff) Bezug genommen.
35
Ob und in welchem Umfang Leistungen abgerechnet worden seien, lasse keinen Rückschluss auf den Auftragsumfang zu, sondern stelle allenfalls ein Indiz dar. Die unterlassene Abrechnung könne auch darauf beruhen, dass der Beklagte die Mangelhaftigkeit seiner Überwachungsleistung erkannt und deshalb von einer Berechnung der Leistung 6 bis 9 abgesehen habe.
36
Im Übrigen habe der Beklagte ihr Vorbringen, er sei mit der Leistungsphase 9 beauftragt worden, erstmals in der Berufungsverhandlung bestritten.
37
Der Beklagte macht in diesem Zusammenhang noch geltend:
38
Er sei nicht mit der Erbringung der Leistungsphasen 6 bis 9 des § 73 HOAI beauftragt worden. Dies stehe nach den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils fest. Die nunmehrige Behauptung der Klägerin widerspreche ihrem mehrfachen Sachvortrag in erster Instanz. Die Auslegung des Planungsvertrages anhand des Wortlauts und der gelebten Vertragswirk-lichkeit belege seine Behauptung.
39
Auch aus der im Ingenieurvertrag vereinbarten Vergütung in Höhe von 61.298 DM ergebe sich, dass nur die Leistungsphasen 1 bis 5 vereinbart worden seien. Die erstmals in der Berufungsbegründung vom 21.06.2007 erhobene Behauptung der Klägerin, er sei mit sämtlichen Leistungsphasen beauftragt worden, habe er bereits in der Berufungserwiderung vom 17.08.2007, Seite 4 (= Bl. 366 d. A.) bestritten. Dort habe er vorgetragen: „…der Beklagte unzweifelhaft nicht Architekt, sondern lediglich Ingenieur, der mit der technischen Planung beauftragt“. Weiter habe er auf S. 5 (= Bl. 367 d. A.) des genanten Schriftsatzes ausgeführt: „Die Klägerin hat schließlich den Beklagten als Inhaber eines Ingenieurbüros mit der Erbringung der Fachplanungsleistung für die Sanitärinstallation beauftragt.“ Damit habe er mehrfach vorgetragen, kein Sachwalter gewesen zu sein, weil die Klägerin ihn lediglich mit einem Teil der Leistungen beauftragt habe.
40
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
41
1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519,520 ZPO).
42
2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
43
Soweit das Landgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten gem. § 635 BGB als verjährt angesehen hat, erweisen sich die Ausführungen des Landgerichts als zutreffend. Gleiches gilt, soweit das Landgericht ausgeführt hat, der Beklagte hafte nicht wegen arglistigen Verschweigens von Mängeln.
44
Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung von 65.417,41 € nebst Zinsen gegen den Beklagten wegen Verletzung vertraglicher Beratungs- und Aufklärungspflichten zu. Den Ausführungen des Landgerichts ist auch insoweit zu folgen. Die Berufungsangriffe rechtfertigen kein anderes, der Klägerin günstigeres Ergebnis. Im Einzelnen gilt Folgendes:
45
Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur so genannten Sekundärhaftung des Architekten, die allein dazu führten, dass eine entsprechende Forderung als nicht verjährt anzusehen wäre, sind auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
46
Der Senat vermag der Auffassung der Klägerin, die Fallkonstellation, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 27.09.2001 (VII ZR 320/00) zugrunde gelegen habe, sei mit der vorliegenden nicht vergleichbar, nicht zu folgen. Die Klägerin argumentiert wie folgt: Der Beklagte hafte nach den Grundsätzen der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (VII ZR 133/04, Urteil vom 26.10.2006). Dabei handele es sich nicht um eine Fortsetzung der Sachwalterrechtsprechung, sondern um eine eigenständige Weiterentwicklung höchstrichterlicher Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof habe seine Rechtsprechung zur Verjährung von Schadensersatzleistungen gegen Planer und Architekten erweitert: Danach schulde der Planer im Rahmen des jeweils übernommenen Aufgabengebietes die unverzügliche und umfassende Untersuchung von Mängeln seiner Werkleistung, die innerhalb der Gewährleistungszeit aufträten. Weiter sei er seinem Auftraggeber verpflichtet, die Ergebnisse der Untersuchung mitzuteilen. Erforderlich sei ein Tätigwerden des Planers von sich aus. Komme er dieser Verpflichtung nicht nach, habe er seinem Auftraggeber auch den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstehe, dass die Ersatzforderung gegen den Planer verjährt sei. Die Auftraggeber sei also weder auf eine Sekundärhaftung beschränkt noch auf die so genannte Sachwalterhaftung.
47
Demgegenüber verweist der Beklagte zu Recht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.09.2001, VII ZR 320/00, in der der 7. Zivilsenat entschieden hat, die zur Sekundärhaftung des Architekten entwickelten Grundsätze seien auf den zur Erstellung der Statik und Bewehrungskontrolle verpflichteten Tragwerksplaner nicht anwendbar, wenn dieser keine besonderen Betreuungs- und Aufklärungspflichten übernommen habe.
48
Nach der Rechtsprechung zur Sekundärhaftung obliegt es dem umfassend beauftragten Architekten im Rahmen seiner Betreuungsaufgaben nicht nur die Wahrung der Auftraggeberrechte gegenüber den Bauunternehmern, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der Architekt möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeigeführt hat, begründet - nicht anders als eine falsche Beratung - einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt (BGH a.a.O. m.w.N.).
49
Anknüpfungspunkt für die so genannte Sekundärhaftung des Architekten ist der übernommene Aufgabenkreis. Der Bundesgerichtshof hat demgemäß stets darauf abgestellt, dass eine Pflicht zur Aufklärung über eigene Fehler sich aus den übernommenen Betreuungsaufgaben ergeben muss (BGH a.a.O. m.w.N.). Derartige Betreuungspflichten folgen für den umfassend beauftragten Architekten daraus, dass er die Objektüberwachung und die Objektbetreuung übernommen hat. Er ist verpflichtet, für die Mängelfreiheit des Bauwerks zu sorgen und dem Besteller auch nach Fertigstellung des Bauwerks bei der Untersuchung und Behebung des Baumangels zur Seite zu stehen (BGH a.a.O. m.w.N.). Mit der umfassenden Beauftragung eines Architekten räumt der Besteller diesem eine zentrale Stellung bei der Planung und Durchführung des Bauwerks ein. Er ist der primäre Ansprechpartner des Bestellers, wenn es zu Problemen bei der Bauabwicklung kommt. Das setzt sich auch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens fort. Deshalb ist der Architekt auch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens Sachwalter des Bestellers, der ihm bei der Durchsetzung der Ansprüche gegen die anderen Bau- und Planungsbeteiligten behilflich sein muss. Eine derartige Sachwalterstellung kann allerdings auch dann bestehen, wenn der Architekten nicht mit allen Leistungen, die zur einwandfreien Herstellung eines Bauwerks notwendig sind, beauftragt ist. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Fall angenommen, in dem der für ein Fertighausunternehmen tätige Architekten die technische Oberleitung für die Errichtung des Fertighauses übernommen hat (BGH, Urteil vom 11.01.1996, VII ZR 85/95). Im Hinblick auf einen Tragwerksplaner hat der BGH ausgeführt, eine vergleichbare zentrale Stellung erlange dieser nicht. Der übernommene Aufgabenkreis räume dem Tragwerksplaner keine Position ein, die derjenigen eines Sachwalters des Bauherrn bei der Errichtung des Bauvorhabens entspreche. Seine Aufgaben seien auf bestimmte Segmente der Planung und Überwachung beschränkt. Er habe keine Aufgaben, die die gesamte Koordinierung und Überwachung sowie Betreuung des Bauvorhabens beträfen. Er sei weder bei der Durchführung noch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens der primäre Ansprechpartner des Bauherrn. Ihm fehle die zentrale Stellung des umfassend beauftragten Architekten, die das Vertrauen des Bauherrn erzeuge, er werde auch eine umfassende Aufklärung über eigene Mängel erhalten.
50
Allerdings - so der BGH - stehe es den Parteien frei, besondere Betreuungs- und Aufklärungspflichten vertraglich zu vereinbaren. In eine Sachwalterstellung könne der Tragwerksplaner auch durch konkludente Vereinbarungen rücken, die sich insbesondere aus den Umständen des Vertragsschlusses oder der Durchführung des Vertrages herleiten ließe.
51
Der vorstehend dargestellte, vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall weist zu dem vom Senat zu entscheidenden Fall deutliche Parallelen auf. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Landgerichts an, so dass eine Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der so genannten Sekundärhaftung ausscheidet.
52
Aus dem vom Beklagten vertraglich übernommenen Aufgabengebiet ergibt sich nicht, dass eine Interessenwahrnehmung für den Vertrag prägend ist und im Vordergrund steht.
53
Eine umfassende Beauftragung des Beklagten auch mit den Leistungsphasen 6 - 9, mit der die Klägerin als Bestellerin diesem eine zentrale Stellung bei der Planung und Durchführung des Bauwerks eingeräumt hätte, vermag der Senat nicht festzustellen.
54
Die Behauptung der Klägern, der Beklagte sei über die Leistungsphasen 1 - 5 hinaus mit den Leistungsphase 6 - 9 beauftragt worden, ist als neues Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.
55
Zutreffend weist der Beklagte auf verschiedene Passagen in seinen erstinstanzlichen Schriftsätzen hin, aus denen sich ergibt, dass er vorgetragen hat, von der Klägerin lediglich mit Planungsleistungen beauftragt worden zu sein. Dem hat die Klägerin erstinstanzlich nicht nur nicht widersprochen, sondern u. a. ausgeführt, „… An diesem Ergebnis ändere sich … nichts dadurch, dass der Architekt vorliegend nicht für einen Bauherrn mit Planungs- und Überwachungsaufgaben beauftragt war, sondern mit der Planung einer im Rahmen des Vertragsverhältnisses von der Kl. selbst geschuldeten Leistung. …“(vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 16.03.2007, S. 2/3 = Bl. 300/301 d. A).
56
Soweit die Klägerin erstmals in zweiter Instanz die Behauptung aufstellt, der Beklagte sei auch mit den Leistungsphasen 6 - 9 beauftragt worden, ist dieses neue Angriffsmittel gemäß § 531 Abs. 2 ZPO damit nicht zuzulassen.
57
Der Vortrag der Klägerin kann auch nicht etwa deshalb vom Senat berücksichtigt werden, weil er als unstreitig anzusehen ist: Der Beklagte bestreitet nachdrücklich, mit sämtlichen Leistungsphasen beauftragt worden zu sein. Dieses Bestreiten ist auch nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag eine so eindeutige Regelung zu Gunsten der Klägerin entnehmen ließe, dass vor diesem Hintergrund das Bestreiten des Beklagten als prozessual unbeachtlich erscheinen müsste. Der Hinweis der Klägerin auf die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde hilft ihr in diesem Zusammenhang gerade nicht weiter, weil der Wortlaut zwanglos beide von den Parteien vertretene Deutungen zulässt. Vor diesem Hintergrund ist das Bestreiten des Beklagten prozessual nicht unbeachtlich, so dass der neue Vortrag der Klägerin nicht zuzulassen ist. Gründe gemäß § 531 Abs. 2 ZPO, die ausnahmsweise eine Zulassung des neuen Vorbringens ermöglichen könnten, hat die Klägerin nicht dargetan.
58
Selbst wenn man den Vortrag der Klägerin aber noch zulassen wollte, kann diesem - ohne dass es hierauf noch entscheidend ankäme - nicht entnommen werden, dass die Klägerin den Beklagten mit sämtlichen Leistungsphasen beauftragt hat. Insoweit folgt der Senat der dargestellten Argumentation des Beklagten in diesem Zusammenhang:
59
Dem Vortrag des Beklagten, soweit er im geringsten Umfang nach Fertigstellung der Planung Leistungen erbracht habe, die man auch den Leistungsphasen 6 - 9 zuordnen könne, sei dies aus reiner Kulanz und ohne Auftrag oder Entgelt geschehen, hat die Klägerin nicht mehr in beachtlicher Weise widersprochen.
60
Die Klägerin trägt im Übrigen keine konkreten Tatsachen vor, aus denen sich klar ergibt, dass der Beklagte Arbeiten erbracht hat, die der maßgeblichen Leistungsphase 9 zuzuordnen sind. Auch ist das Vorbringen des Beklagten, die Klägerin habe ihn nicht bei den Mängelbegehungen mit dem Bauherren zu den streitgegenständlichen Mängeln an den Rohren hinzugezogen, unstreitig geblieben.
61
Auch vermag der Vortrag der Klägerin, der Beklagte sei an der Leistungsphase 8 (Bauausführung und Bauüberwachung) beteiligt gewesen, nicht zu überzeugen. Den nachvollziehbaren Ausführungen Beklagten, diese Tätigkeit sei üblicherweise durch regelmäßige Baubegehungen eines Ingenieurs gekennzeichnet, bei einem Objekt dieser Größe müsse man in der Regel von einer zwei- bis dreimal wöchentlich durchzuführenden Begehung ausgehen, damit die Arbeitsschritte bewertet und ggf. entsprechend reagiert werden könne, ist die Klägerin ebenfalls nicht in beachtlicher Weise entgegen getreten. Auch der weiteren Darlegung des Beklagten, diese Begehung werde, wenn die Leistungsphase 8 beauftragt worden sei, immer durch ein entsprechendes Bauprotokoll dokumentiert und den ausführenden Firmen zur Beachtung und Umsetzung zugestellt, hat die Klägerin nicht widersprochen, ohne zu erklären, warum sie diese wesentlichen Dokumente nie gefordert und gerichtlich deren Fehlen nicht gerügt hat. Letzteres steht zwischen den Parteien ebenfalls nicht im Streit.
62
Der Beklagte hat ferner dargelegt, dass er an den von der Klägerin angegebenen Baubegehungen nur auf gesonderte und nachträgliche Bitte der Klägerin teilgenommen hat, da Z. (verantwortlicher Haustechniker der D.) seine (des Beklagten) Ausführungspläne bei technischen Vorabnahmen und Abnahmen habe prüfen wollen, seine Teilnahme habe sich darauf beschränkt, technische Fragen zur Planung beantworten zu können, nur zu deren Erläuterung sei er anwesend gewesen. Soweit er Materialauszüge übergeben habe, seien diese „Abfallprodukte“ seiner Berechnungen aus der Planung gewesen, die nicht ansatzweise den Charakter von Leistungsverzeichnissen gehabt hätten oder im Sinne verwertbar gewesen wären. Auch diesem Vorbringen ist die Klägerin nicht in der gebotenen Weise entgegengetreten, um es als streitig anzusehen.
63
Insgesamt belegen die von der Klägerin mit dem in Bezug genommen Schriftsatz vom 03.12.2007 (Bl. 437 ff) vorgelegten Unterlagen weder einzeln noch bei einer Gesamtwürdigung, dass der Beklagte mit den Leistungsphasen 6 - 9 beauftragt war.
64
Damit ist der Beklagte gerade nicht Sachwalter der Klägerin auf Grund des von ihm übernommenen Aufgabengebietes geworden. Die vom Bundesgerichtshof in seinem Tragwerksplaner - Urteil entwickelten Grundsätze gelten daher auch in diesem Fall.
65
Eine derartige Sachwalterstellung kann allerdings - wie ausgeführt - auch dann bestehen, wenn der Architekt nicht mit allen Leistungen, die zur einwandfreien Herstellung eines Bauwerks notwendig sind, beauftragt ist (BGH a.a.O.). Der übernommene Aufgabenkreis räumt dem Beklagten jedoch keine Position ein, die derjenigen eines Sachwalters des Bauherrn bei der Errichtung des Bauvorhabens entspricht. Die Aufgaben des Beklagten sind auf die Planung beschränkt. Die Klägerin hat ihm keine Aufgaben übertragen, die die gesamte Koordinierung und Überwachung sowie Betreuung des Bauvorhabens betrafen. Er war weder bei der Durchführung noch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens der primäre Ansprechpartner des Bauherrn. Ihm fehlte die zentrale Stellung des umfassend beauftragten Architekten, die das Vertrauen des Bauherrn erzeuge, er werde auch eine umfassende Aufklärung über eigene Mängel erhalten.
66
Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte besondere Betreuungs- und Aufklärungspflichten vertraglich übernommen haben könnte, ergeben sich weder aus dem Vertrag noch aus sonstigen Umständen.
67
Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass besondere Betreuungs- und Aufklärungspflichten vertraglich zwischen den Parteien vereinbart waren. Es ist auch nicht feststellbar, dass der Beklagte durch konkludente Vereinbarungen in eine Sachwalterstellung gerückt wäre. Dies ist weder vorgetragen noch lässt sich dies aus den Umständen des Vertragsschlusses oder der Durchführung des Vertrages herleiten.
68
Zutreffend weist der Beklagte daraufhin, dass die Aufklärungspflicht über denkbare eigene Fehler eine eng begrenzte Ausnahme darstellt, die von der Rechtsprechung nur bei wenigen Berufsgruppen mit einer besonderen Vertrauensstellung angewandt wird. Entscheidend ist, ob eine Interessenwahrnehmung für den Vertrag prägend ist und im Vordergrund steht. Dies ergibt sich bei einem Architekten nur in dem Umfang, wie diese Pflicht und deren Bedeutung für den Bauherrn bestehen. Der Bundesgerichtshof führt in seiner Entscheidung vom 26.10.2006 (VII ZR 133/04), auf die die Klägerin ihre Rechtsauffassung stützt, ausdrücklich aus, es gehöre zu den Pflichten des Architekten, dem Bauherrn im Rahmen seines jeweils übernommenen Aufgabengebietes bei der Untersuchung und Behebung von Baumängeln zur Seite zu stehen. Die Voraussetzungen für einen solchen Ausnahmefall vermag der Senat aber - wie ausgeführt - gerade nicht festzustellen
III.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
70
Der Rechtsstreit berührt grundsätzliche Fragen nicht, sodass für eine Zulassung der Revision kein Raum ist (§ 543 Abs.2 ZPO).
71
Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Klägerin: 65.417,41 €

Donnerstag, 4. Januar 2018

Verjährung von Gewährleistungsansprüchen wegen Mängeln an Solaranlagen

OLG Stuttgart Urteil vom 5.4.2016, 1 U 83/15

Vertrag über Kauf und Einbau einer Solaranlage: Rechtliche Einordnung; Verjährung von Gewährleistungsansprüchen wegen Mängeln einer auf dem Dach montierten thermischen Solaranlage; Verjährungsfristbeginn
Leitsätze
Zweijährige Verjährung beim Kauf einer thermischen Solaranlage.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 11.06.2015, Az. 7 O 345/14, wird
zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteils des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert der Berufung: 30.818,28 EUR.
Gründe
A.
I.
Der Kläger macht Ersatzansprüche wegen der mangelhaften Montage einer thermischen Solaranlage geltend.
Der Kläger erwarb 2006 ein Mehrfamilienhaus, das er in den folgenden Jahren ausbaute. Der Beklagte - mit dem der Kläger damals noch befreundet war - erstellte am 25.11.2006 ein Angebot für eine thermische Solaranlage zur Warmwassererzeugung über 6.211,91 EUR brutto (Anlage K 1, Bl. 4); in einem Förderantrag des Klägers ist eine Bruttokollektorfläche von 10,1 m² genannt (Bl. 117). Am 07.12.2006 stellte der Beklagte eine Rechnung über 5.679,86 EUR brutto (Anlage B 1). Im Jahr 2007 montierte er die Anlage. In Fachunternehmererklärungen des Beklagten gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vom 22.05.2008 (Bl. 119) und vom 03.03.2010 (Beiakte Bl. 7) ist von einer Inbetriebnahme des ebenfalls neu montierten Brennwertkessels am 12.11.2007 die Rede und von einer Inbetriebnahme der thermischen Solaranlage am 20.02.2008.
Im Februar 2009 (Bl. 29, 60) zog der Kläger in seine Immobilie ein, und zwar ins 1. OG.
Im September 2009 tauschte der Beklagte einen gesprungenen Kollektor aus. Dabei stellte er fest, dass in dem gesprungenen Kollektor die Verrohrung aufgeplatzt und dass dies bei den anderen Kollektoren auch der Fall war (Bl. 18). Er reparierte deshalb die Verrohrung der anderen Kollektoren (Bl. 72). Im September 2009 nahm der Kläger die Arbeiten des Beklagten bezüglich Austausch des gesprungenen Kollektors und Reparatur der übrigen Kollektoren ab (Bl. 51). Gegenüber der Gebäudeversicherung des Klägers rechnete der Beklagte wegen des gesprungenen Kollektors, der aussah wie von außen beschädigt, am 15.11.2009 einen Betrag 2.780,44 EUR ab (Anlage K 6, Bl. 32 = Anlage B 3, Bl. 74).
Am 30.11.2011 übersandte der Kläger dem Beklagten per Mail mit dem Datum „01.10.2010“ eine „Mängelliste“ (Anlage B 2, Bl. 22; Bl. 107). Am 17.05.2012 zeigte der Kläger dem Beklagten schriftlich erneut Mängel der thermischen Solaranlage an. Am 08.06.2012 bat er den Beklagten schriftlich um Mängelbeseitigung innerhalb von 6 Wochen, am 03.07.2012 nochmals mit einer Frist bis 30.07.2012 (Anlage K 7, Bl. 64). Am 16.08.2012 setzte der vom Kläger eingeschaltete Rechtsanwalt dem Beklagten eine Frist zur Mängelbeseitigung bis 24.08.2012. Der Beklagte wies werkvertragliche Gewährleistungsansprüche am 05.09.2012 und nochmals am 27.09.2012 zurück, weil er die Anlage nur geliefert habe, und berief sich auf Verjährung.
Am 12.11.2012 leitete der Kläger ein selbständiges Beweisverfahren ein zu dem Beweisthema, dass die Anlage nicht ordnungsgemäß installiert sei und permanent Luft ziehe, was zu einem Druckabfall und mangelnder Heizleistung führe (LG Tübingen, 7 OH 25/12). Der Sachverständige stellte mit Gutachten vom 13.09.2013 fest, dass die Anlage am Verbinder zwischen drittem und viertem Kollektor eine Undichtigkeit (“Leckage“) aufweise, durch die Flüssigkeit aus- und Luft eintrete. Als mögliche Gründe für die Undichtigkeit benennt der Sachverständige: zu geringes Anschraubmoment bei Montage; beschädigte Dichtung; Schmutz auf Dichtung; Frosteinwirkung. Die Instandsetzungskosten betrügen 565,25 EUR.
Die vom Sachverständigen vorgeschlagenen Instandsetzungsarbeiten ließ der Kläger am 02.10.2013 (Bl. 61) von der Firma Sa... durchführen, die am 14.10.2013 und 17.12.2013 zwei Rechnungen über 371,28 EUR und 83 EUR stellte (Anlage K 2, Bl. 6). Ab 01.12.2013 vermietete der Kläger- der zuvor ins 2. OG gezogen war - die Wohnung im 1. OG. Am 03.07.2014 machte der Kläger außergerichtlich die streitgegenständlichen Ansprüche - im Wesentlichen ein „Mietausfallschaden“ bzw. „Nutzungsausfall“ von 29.000 EUR - geltend (Anlage K 4, Bl. 8) und erhob dann die vorliegende, am 11.09.2014 eingegangene Klage.
II.
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen.
Im Jahre 2006 sei nur ein Kaufvertrag über die Anlage geschlossen worden, kein Werkvertrag über deren Errichtung. Soweit der Beklagte die Anlage 2007 montiert habe, sei dies im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses geschehen, bei dem umgekehrt der Kläger für den Beklagten Elektroarbeiten erledigt habe. Im Jahre 2009 sei ein Werkvertrag nur über den Austausch des gesprungenen Kollektors geschlossen worden, für den der Beklagte vom Versicherer des Klägers bezahlt worden sei. Soweit der Beklagte die anderen Kollektoren repariert habe, habe er ebenfalls im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses gehandelt.
10 
Bezüglich des Werkvertrages über den Austausch des gesprungenen Kollektors seien Ansprüche verjährt. Die Frist betrage zwei und nicht fünf Jahre, da der Austausch eines Kollektors nicht ein „Bauwerk“ iSd § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB sei. Sie habe mit Abnahme im September 2009 zu laufen begonnen und im September 2011 geendet, mithin vor einer Hemmung durch das Beweisverfahren.
III.
11 
Mit seiner am 17.07.2015 eingelegten Berufung gegen das ihm am 17.06.2015 zugestellte Urteil des Landgerichts - die er am 17.08.2015 begründet hat - verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter.
12 
Der Beklagte habe sowohl bei der Installation der Anlage im Jahre 2007 als auch bei dem Austausch des gesprungen Kollektors und der Reparatur der übrigen Kollektoren im Jahre 2009 fehlerhaft gearbeitet (Bl. 107). Das habe die vom Sachverständigen festgestellte Leckage verursacht. Diese hätte der Beklagte bei einem probeweisen Befüllen der Anlage erkennen müssen (Bl. 111). Es werde bestritten, dass der Beklagte eine solche Probe erfolgreich durchgeführt habe (Bl. 134). Der Kläger habe deshalb einen Ersatzanspruch aus §§ 631, 634 Nr. 4, 280 ff. BGB. Es seien jeweils Werkverträge geschlossen worden. Die Forderung sei nicht verjährt. Es gelte eine Frist von fünf Jahren nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB, sowohl für die Installation der Anlage 2007 auch für den Austausch des gesprungenen Kollektors und die Reparatur der übrigen im Jahre 2009.
13 
Der Kläger beantragt deshalb:
14 
Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 11.06.2015 wird abgeändert.
15 
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.818,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 15.07.2014 zu zahlen.
16 
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Kosten von 1.474,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 15.07.2014 zu zahlen.
17 
Der Beklagte beantragt die
18 
Zurückweisung der Berufung.
19 
Er verteidigt das Urteil des Landgerichts.
20 
Auf die zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze wird Bezug genommen. Der Senat hat im Termin am 26.01.2016 die Parteien ergänzend angehört.
B.
21 
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
22 
Das streitgegenständliche Vertragsverhältnis beurteilt sich nach Kaufrecht.
23 
I. Der Beklagte hat dem Kläger eine handelsübliche thermische Solaranlage mit sechs Kollektoren und einer Bruttokollektorfläche von 10,1 m² verkauft und geliefert.
24 
a) Der Bundesgerichtshof hat sowohl für Photovoltaikanlagen (BGH NJW 2014, 845) als auch für Solaranlagen (BGH NJW-RR 2004, 850) Kaufverträge mit Montageverpflichtung angenommen (vgl. auch OLG Naumburg IBR 2014, 441; Scherzer, jurisPR-PrivBauR 11/2014 Anm. 6; Praun, jurisPR-PrivBauR 8/2014 Anm. 3). Etwaige Montage-, Anschluss- und Inbetriebnahmepflichten des Verkäufers können für den Käufer zwar von erheblicher Bedeutung sein. Sie stehen aber der Anwendung von Kaufrecht nach § 434 Abs. 2 BGB nicht entgegen, jedenfalls wenn sie nicht den Schwerpunkt der vertraglichen Leistung darstellen.
25 
b) Letzteres ist hier der Fall. Die Montage stand schon wertmäßig nicht im Vordergrund, nachdem der Kläger die gelieferte Anlage in Geld bezahlt, hinsichtlich der Montage aber vereinbart hat, dass er sich mit Elektroarbeiten beim Beklagten revanchiere (Bl. 51). Auch darüber hinaus war die Bauleistung nicht prägendes Element des Vertrags (vgl. Schneidewindt NJW 2013, 3751, 3756). Soweit in der Literatur in Einzelfällen bei sog. In-Dach-Anlagen eine Einordnung als einheitlicher Werkvertrag in Betracht gezogen wird (der Kläger hat im Senatstermin behauptet, es liege eine ins Dach integrierte Anlage vor, vgl. Protokoll S. 4 = Bl. 148; vgl. auch Bl. 174: „Anlage im Dach“), gilt das ausschließlich dann, wenn der „Verkäufer“ besonders anspruchsvolle Arbeiten bei der Integration der Anlage in die Dachkonstruktion, etwa in Bezug auf Wasser- und Luftdichtigkeit, Hinterlüftung etc. selbst durchführen muss (Schneidewindt NJW 2013, 3751, 3755). Entsprechendes ist im Streitfall nicht vorgetragen oder ersichtlich. Im Gegenteil geschah jedenfalls die Demontage und Neumontage 2009 unter laienhafter Mithilfe - in streitigem Umfang - von Bekannten des Klägers bzw. des Klägers selbst (Bl. 151). Auch der Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom 09.12.2013, wonach Werklieferungen von Photovoltaikanlagen als Auf-Dach-Anlagen Bauleistungen im Sinne von § 13b Abs. 5 Satz 2, § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG sind, belegt keinen Werkvertrag. Bauleistungen werden im Umsatzsteuerrecht weit verstanden. Sie umfassen auch Lieferungen von Gegenständen, die sog. "Werklieferungen" im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG (Rodemann IBR 2014, 441).
26 
I. Die Mischlösung des Landgerichts, das annimmt, die Parteien hätten teilweise bindende Verträge geschlossen (Kaufvertrag über die thermische Solaranlage 2006 und Werkvertrag über den Austausch des gesprungenen Kollektors 2009), teils aber nur aus Gefälligkeit gehandelt (Installation der Anlage 2007 und Reparatur der übrigen Kollektoren 2009), erscheint dagegen zufällig bzw. die Annahme einer nur für manche Arbeiten konkludent vereinbarten Haftungsbegrenzung nicht interessengerecht. Eine vertragliche Bindung liegt insbesondere dann nahe, wenn sich - wie hier - der Begünstigte erkennbar auf die Zusage verlässt und für ihn erhebliche Werte auf dem Spiel stehen (OLG Koblenz NJW-RR 2013, 967, juris Rn. 13). Dass der Beklagte für die Installation der Anlage 2007 und die Reparatur der übrigen Kollektoren 2009 nicht gesondert Geld verlangt hat, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Bei allen BGB-Verträgen können auch sog. atypische Gegenleistungen vereinbart werden. Exemplarisch nennt die Literatur die Wohnungsüberlassung mit der Pflicht des Mieters zu Dienst- oder Werkleistungen, die an der Rechtsnatur des Mietvertrages nichts ändere (MüKoBGB/Häublein, 6. Aufl., Vor § 535 Rn. 23); entsprechend haben die Parteien im Streitfall vereinbart, dass der Kläger beim Beklagten Elektroarbeiten durchführt.
II.
27 
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz ist demnach ein solcher nach § 437 Nr. 3 BGB und nicht nach § 634 Nr. 4 BGB. Der Anspruch ist aber verjährt.
28 
II. Die Verjährungsfrist beträgt zwar fünf Jahre „bei einem Bauwerk“ oder „bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat“ (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 a, b BGB), sonst aber nur zwei Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Im Streitfall ist die letztgenannte Frist einschlägig.
29 
a) Die auf dem Dach montierte thermische Solaranlage mit sechs Kollektoren und einer Bruttokollektorfläche von 10,1 m² ist kein „Bauwerk“ im Sinne von § 438 Abs. 1 Nr. 2 a BGB. Bauwerk ist allein dasjenige, auf dessen Dach die Anlage montiert wird. Das ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt (BGH NJW 2014, 845, Rn. 21; ebenso OLG München NJW 2015, 3314, Rn. 48; OLG Köln, Urteil vom 28.05.2014 - 2 U 107/13 - juris Rn. 43; OLG Schleswig IBR 2015, 548; Pammler in jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 438 Rn. 51). Eine andere Betrachtung ist nur in Ausnahmefällen geboten (vgl. OLG München NJW 2014, 867, juris Rn. 25 ff. nur für den Fall einer aus 335 Solarmodulen bestehenden Großanlage auf einer Tennishalle mit aufwändig verbauter Verkabelung im Haus und außerhalb im Erdboden mit erheblichen Grabungsarbeiten; „die feste Verbindung der Anlage mit dem Bauwerk, die Innenraumnutzung wesentlicher Teile der Anlage und die bauliche Bedeutung der Anlage für den Gebäudebestand und seine Nutzung als Tennishalle machen die Anlage selbst zu einem Bauwerk“; vgl. OLG Bamberg MDR 2012, 904 nur für den Fall einer Freiland-Photovoltaikanlage mit 606 Modulen [zustimmend Bock, jurisPR-PrivBauR 11/2012 Anm. 4]; Pammler in jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 438 Rn. 52; Stritter IBR 2015, 1047 [nur online]).
30 
b) Die Anlage ist auch keine „Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist“. Erforderlich ist insoweit, dass die Sache für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung ist und die Sache mit dem Gebäude fest verbunden wird. Auch das hat der Bundesgerichtshof bei der Montage einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Gebäudes grundsätzlich verneint (BGH NJW 2014, 845, Rn 21 f.; ebenso OLG München NJW 2015, 3314, juris Rn. 49 ff.; OLG Oldenburg BauR 2013, 1900, juris Rn. 34). Entsprechendes gilt im Streitfall. Die Anlage ist für die Benutzbarkeit des Gebäudes nicht von wesentlicher Bedeutung. Der Kläger ist in das Gebäude 2009 eingezogen, also zu einem Zeitpunkt, in dem die Anlage nach seinem Vortrag immer noch nicht richtig funktionierte. Insoweit hat der Kläger dem Senat im Termin unter Vorlage der „Fachunternehmererklärung für thermische Solaranlagen und Biomasseanlagen“ (Anlage zum Schriftsatz vom 24.08.2015) erläutert, dass mit der Anlage gleichzeitig ein Brennwertkessel installiert wurde, der Heizung wie Warmwasserbereitung vollständig übernehmen kann. Dass es sich um eine ins Dach integrierte Anlage handelt, rechtfertigt unter den Umständen des Streitfalles keine andere Betrachtung. Der Beklagte konnte die Anlage 2009 vom Dach holen und reparieren, ohne dass dadurch die Benutzbarkeit des Gebäudes, in das der Kläger mittlerweile eingezogen war, erkennbar in Frage gestellt war. Auch der Umstand, dass die Gebäudeversicherung des Klägers Schäden an der Anlage ersetzt, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
31 
c) Hilfsweise: Wäre die thermische Solaranlage eine „Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist“, so würde nur dann die fünfjährige Verjährungsfrist gelten, wenn die Mangelhaftigkeit der Sache eine Mangelhaftigkeit des Bauwerks verursacht hat. Daran fehlt es u.a., wenn der Mangel in der Einbauleistung und nicht im Material begründet ist (RegE, BT-Drucks. 14/6040 S. 227; vgl. Faust in BeckOK BGB, Ed. 37, § 438 Rn. 27). Im Streitfall moniert der Kläger indes gerade die mangelhafte Einbauleistung des Beklagten (vgl. Klage S. 2: “... dass die Leckage zwischen einem Kollektorstutzen und dessen Wellrohrverbindung auf mangelhafte Installationsarbeiten des Beklagten zurückzuführen ist“). Deshalb greift die fünfjährige Verjährungsfrist auch aus diesem Grund nicht ein (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 11.11.2015 - 1 U 51/15 - juris Rn. 44 ff.; Bock, jurisPR-PrivBauR 11/2012 Anm. 4: „Montagefehler unterfallen damit nicht § 438 Abs. 1 Nr. 2 b BGB“).
32 
II. Die mithin zweijährige Verjährungsfrist ist abgelaufen.
33 
a) Die Frist beginnt mit der Ablieferung der Sache zu laufen, § 438 Abs. 2 BGB. Bei einer Montagepflicht ist mit deren Vollzug abgeliefert (Palandt/Weidenkaff aaO; § 438 Rn. 15). Diese war spätestens vollzogen mit Inbetriebnahme der Anlage, die nach den Angaben im Termin im November 2007 erfolgt ist (Protokoll S. 5/6; entsprechend Klägervortrag Bl. 50, 59; Beklagtenvortrag Bl. 18). Würde man rechtlich unterstellen (tatsächlich ist das streitig), die Anlage sei von Anfang an mangelhaft montiert und der Austausch des einen Kollektors sowie die Reparatur der übrigen im Jahre 2009 sei eine „Gewährleistungsarbeit“ bzw. Nacherfüllung im Sinne von § 439 BGB gewesen, könnte diese zwar zu einem Neubeginn der Verjährung führen, wenn man unterstellt, der (selbe) Mangel habe fortbestanden und sei von der Nacherfüllung nicht beseitigt worden (vgl. Palandt/Weidenkaff aaO, § 438 Rn. 16a). Wäre das der Fall, hätte die Verjährung mit „Abnahme“ der Arbeiten im September 2009 neu begonnen. Sie wäre dann aber spätestens im September 2011 abgelaufen.
34 
b) Hemmungstatbestände sind in diesem Zeitraum weder vorgetragen noch ersichtlich.
35 
1) Das selbständige Beweisverfahren (§ 204 Nr. 7 BGB) wurde erst am 12.11.2012 eingeleitet und konnte die bereits abgelaufene Frist nicht mehr hemmen
36 
2) Das gilt auch für die vom Kläger am 30.11.2011 per Mail übersandte Mängelliste (Anlage B 2) . Darüber hinaus wäre auch nicht ersichtlich, dass die Mail zu einer Hemmung der Verjährung durch „Verhandeln“ geführt hätte (§ 203 BGB). Denn ein Verhandeln in diesem Sinne liegt nur vor, wenn ein Meinungsaustausch über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände stattfindet und der Gläubiger davon ausgehen kann, der Schuldner lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein; dazu reicht aber etwa eine bloße Besichtigung des Mangels nicht aus (vgl. BGH NJW 2002, 288, juris Rn. 15; OLG Saarbrücken aaO, juris Rn. 51).
37 
3) Dass nach September 2009, aber bereits vor dem 30.11.2011 konkrete Verhandlungen oder gar weitere Nacherfüllungsarbeiten mit einem abermaligen Neubeginn der Verjährung erfolgt wären, ist nicht vorgetragen, weder in der Berufungsbegründung (Bl. 107) noch nach dem Hinweis des Senats am 09.02.2016. Dass der Beklagte dem Kläger ab Oktober 2009 ein Entlüftungsgerät überlassen hatte, das der Kläger bis Mai 2012 benutzte (wofür er 1.360 EUR Aufwandsentschädigung geltend macht; Bl. 3), stellt kein Verhandeln und keine Nacherfüllung dar.
III.
38 
Auf den Hinweis vom 09.02.2016 nimmt der Senat auch im Übrigen Bezug. Daraus ergibt sich u.a., dass sich auch bei Anwendung von Werkvertragsrecht kein anderes Ergebnis ergäbe und auch ein werkvertraglicher Schadensersatzanspruch verjährt wäre. Insbesondere würde auch dort die zweijährige Verjährungsfrist gelten. Denn die Anlage ist kein „Bauwerk“ im Sinne von § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB. Zwar gilt nach der Regierungsbegründung die fünfjährige werkvertragliche Verjährung auch für Arbeiten, die dazu dienen, ein Bauwerk für den vorgesehenen Verwendungszweck zu vervollständigen. Dazu zählt es aber nicht, wenn die Anlage zur Verwirklichung der Zweckbestimmung und damit zur Herstellung dieses Gebäudes nicht erforderlich ist (vgl. Voit in BeckOK BGB aaO, § 634 a Rn. 8). Entsprechend liegt der Fall regelmäßig bei Photovoltaikanlagen (vgl. Voit in BeckOK BGB aaO, § 634 Rn. 8; Taplan/Baumgartner NZBau 2014, 540, 542 unter lit. b) und allgemein bei Anlagen, die für die Benutzbarkeit des Gebäudes nicht von „wesentlicher Bedeutung“ sind (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rn. 2849). Das gilt - aus den oben genannten Gründen - auch vorliegend. Es bestand auch kein Bedürfnis nach einer langen Verjährungsfrist wegen der Gefahr, dass der Mangel erst nach Jahren erkannt wird (vgl. Werner/Pastor aaO, Rn. 2850); der Kläger hat dem Senat im Termin vielmehr erläutert, dass er den Beklagten schon unmittelbar ab der Inbetriebnahme 2007 bis zu den Arbeiten 2009 mehrfach auf das Mangelsymptom „Druckabfall“ angesprochen habe (Protokoll S. 6).
IV.
39 
Die Kosten seiner erfolglosen Berufung trägt der Kläger, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Streitwert wurde wie erstinstanzlich festgesetzt.
V.
40 
Gründe, welche die beantragte Zulassung der Revision rechtfertigen, liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Ob eine Solarthermieanlage „wesentlicher Bestandteil des Gebäudes“ ist (Bl. 172), richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die dafür maßgeblichen Kriterien sind in der Rechtsprechung geklärt, sodass eine Revisionszulassung weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.

Kaufvertrag zwischen Unternehmen: Kosten für Ein- und Ausbau einer mangelhaften Kaufsache

LG Waldshut-Tiengen Urteil vom 7.9.2012, 3 O 11/10 KfH

Kaufvertrag zwischen Unternehmen: Kosten für Ein- und Ausbau einer mangelhaften Kaufsache
Leitsätze
Gemäß § 439 BGB werden auch bei Kaufverträgen zwsiche Unternehmen die Kosten für den Ausbau der mangelhaften Sache udn Einbau der mangelfreien Sache geschuldet.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, EUR 557.650,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Mai 2010 zu zahlen an die My... GmbH.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, EUR 88.695,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. August 2011 zu zahlen an die My... GmbH Zug um Zug gegen die Rückabtretung der mit Vertrag vom 04./09. Dezember 2009 vereinbarten Abtretung sämtlicher Ansprüche der Beklagten gegen die Streithelferin Ziffer 1 aus einem Vertrag der Streithelferin Ziffer 1 und der Beklagten über die Lieferung von Armaturen vom 17. September 2008.
3. Schließlich wird die Beklagte verurteilt, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 4.694,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2010 zu zahlen an die My... GmbH.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Klägerin trägt drei Viertel der Kosten des Rechtsstreits, die Beklagte trägt ein Viertel der Kosten des Rechtsstreits.
Die Klägerin trägt drei Viertel der Kosten der Nebeninterventionen. Im Übrigen tragen die Streithelferinnen die Kosten der Nebeninterventionen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
Die Klägerin macht Schadensersatz geltend wegen der Lieferung von Armaturen durch die Beklagte, von denen einige unstreitig mangelhaft waren, und die nach der Behauptung der Klägerin insgesamt mangelhaft waren.
Die Klägerin betrieb eine zur „My...-Gruppe“ gehörende Papierfabrik mit rund 570 Mitarbeitern, drei Papiermaschinen und einer Jahresproduktion von etwa 320.000 Tonnen Druckpapier. Die Fabrik wurde während des Rechtstreits geschlossen. Soweit ersichtlich steht das jedoch in keinem Zusammenhang mit dem Rechtstreit.
Die Beklagte stellt sich auf ihrer Webseite im Internet als „Hersteller von Hochdruckarmaturen“ vor und bietet Absperrarmaturen, Regelventile, Dampfumformventile und Turbinen-Umleitstationen an, die in Kraftwerken, industriellen Dampfanlagen und in der Verfahrenstechnik zum Einsatz kommen.
Im Jahr 2008 beabsichtigte die Klägerin, ihre Kapazität an selbsterzeugtem Strom zu erhöhen. Hierzu wurde eine vorhandene Turbine generalüberholt und eine neue Turbine im Gesamtwert von etwa EUR 17 Mio. erworben und installiert. In einem vorhandenen Dampfkessel („Kessel 6“) wurde durch die Verbrennung von Rente, Klärschlamm und Kohle der erforderliche Dampf für die Turbinen zur Eigenstromerzeugung und zur Papierproduktion für die klägerische Fabrik erzeugt; der Dampf ist zur Trocknung des Papiers erforderlich. Um die neue Turbine an das bestehende System anschließen zu können, benötigte die Klägerin verschiedene Armaturen. Diese sollten dazu dienen, den Dampfzufluss aus dem Dampfkessel unterbrechen zu können, wenn das System oder einzelne Bereiche gewartet oder aus sonstigen Gründen vorübergehend stillgelegt werden müssen.
Mit E-Mail vom 19. April 2008 (Anlage K2, Anlagenheft der Klägerin S. 9) wurde im Auftrag der Klägerin eine entsprechende Anfrage an die Beklagte gerichtet. Die Beklagte erstellte hierauf zunächst ein Angebot, woraufhin die Anfrage nochmals präzisiert wurde (Anlage K3, Anlagenheft der Klägerin S. 11). Dies führte zu einem weiteren Angebot der Beklagten vom 25. Juli 2008 (Anlage K4, Anlagenheft der Klägerin S. 15). Auf der Grundlage dieses Angebots fand am 06. August 2008 ein abschließendes Gespräch zwischen den Parteien statt, bei dem es zu einer Einigung über die Konditionen kam, die in einem Gesprächsprotokoll (Anlage K5, Anlagenheft der Klägerin S. 21) festgehalten wurde. Vereinbart wurde die Lieferung von Armaturen, wie sie in einer Anlage zum Protokoll aufgezählt wurden, zu einem Gesamtpreis von EUR 169.950,00 netto. Der Auftrag wurde in der Folgezeit nochmals schriftlich von den Parteien bestätigt (Anlage K7, Anlagenheft der Klägerin S. 35); nach Auffassung der Beklagten ist der Vertrag erst dadurch zustande gekommen.
Die Beklagte hat die bestellten Armaturen von der Streithelferin Ziffer 1 bezogen, die sie ihrerseits von einem weiteren Unternehmen in China bezogen hat.
Die von der Beklagten gelieferten Armaturen sollten im Auftrag der Klägerin durch die Fa. B... GmbH in der klägerischen Fabrik eingebaut werden. Die Mitarbeiter des Unternehmens stellten fest, dass er drei der Armaturen Materialfehler aufwiesen, die erst bei der schweißtechnischen Verarbeitung äußerlich sichtbar wurden. Die Beklagte wurde hiervon verständigt. Eine der Armaturen wurde zur Untersuchung an die Beklagte zurückgeschickt. Anschließend wurde die Fa. B... von der Beklagten beauftragt, die beim Einbau erkannten Fehlers durch Reparaturschweißungen zu beseitigen. Sämtliche Armaturen wurden schließlich eingebaut und funktionierten zunächst beanstandungsfrei.
Im Mai 2009 kündigte die Beklagte an, „rein prophylaktisch alle Schrauben und Bolzen an den Hochdruckarmaturen“ durch eigenes Personal austauschen zu lassen, was dann auch alsbald geschah.
Nachdem der Austausch der Schrauben und Bolzen und der Einbau der Armaturen abgeschlossen waren, nahm die Klägerin die neuen Teile der Anlage am 29. Juli 2009 in Betrieb.
10 
Anfang September 2009 stellten Mitarbeiter der Klägerin fest, dass ein Absperrventil, das zum Abschluss des 72 bar Verteilers der neuen Turbine eingebaut worden war, nicht richtig abschloss und deshalb abgedichtet werden musste, was in der Zeit zwischen dem 31. August und dem 11. September 2009 geschah. Darüber hinaus schloss das 72 bar Ventil, welches als Notablassventil des Kessels 6 diente, nicht dicht ab und musste herausgetrennt und komplett überholt werden. Das war darauf zurückzuführen, dass die Trennung der Keilplatte unsauber und unvollständig ausgeführt worden war. Am 12. Oktober 2009 wurde an einem weiteren Ventil, nämlich am Frischdampf-Absperrschieber, welcher am 72 bar Verteiler der neuen Turbine eingebaut worden war, eine weitere massive Leckage festgestellt, durch die Heißdampf mit 525°C und 72 bar austrat.
11 
Am 12. Oktober 2009 kam es deshalb zu einer Besprechung zwischen den Parteien, bei der vereinbart wurde, dass die Fa. Hy... im Auftrag und auf Kosten der Beklagten die aufgetretenen Schäden beheben sollte.
12 
Am nächsten Tag kam es infolge von Mängeln der Armaturen zu einem Totalausfall bei den Turbinen und des angeschlossenen Kessels, was zu einem Ausfall sämtlicher Papiermaschinen in der Fabrik führte. Am 14. Oktober 2009 trat aus der Isolierung des 72 bar Verteilers Kondensat aus. Nachdem der Vorfall unter Beteiligung von Vertretern beider Parteien in Augenschein genommen worden war, wurden Reservekessel und eine andere Turbine in Betrieb genommen und der zuvor betriebene Kessel abgeschaltet. Zwischen den Parteien wurde vereinbart, dass sämtliche Armaturen auf dem 72 bar Verteiler auf Undichtigkeiten untersucht werden sollten.
13 
Die Beklagte versuchte am 16. Oktober 2009 die Armaturen durch Austausch der Dichtungen abzudichten. Es traten jedoch erneut Leckagen auf, die von der Beklagten nicht behoben werden konnten.
14 
Daraufhin fanden am 17., 18., 20. und 27. Oktober 2009 Gespräche zwischen den Parteien statt über die Mängel, bei denen die Probleme und die hierdurch entstandenen Schäden bei der Klägerin erörtert wurden.
15 
Im weiteren Verlauf lieferte die Beklagte Ersatz für sämtliche Armaturen, nachdem die Klägerin geltend gemacht hatte, dass sie sämtlich als mangelhaft anzusehen seien. Wegen der Eilbedürftigkeit musste die Klägerin Armaturen aus (teuererem) Schmiedestahl statt, wie ursprünglich vereinbart geliefert, (günstigerem) Gussstahl beschaffen, da Armaturen aus Schmiedestahl nicht kurzfristig verfügbar waren.
16 
Die Klägerin macht mit der Klage unter anderem die Kosten für den Ausbau der zunächst gelieferten Armaturen und den Einbau der als Ersatz gelieferten Armaturen geltend. Die streitgegenständlichen Armaturen bestanden zum Teil aus so genannten Hochdruckarmaturen, im Übrigen aus so genannten Niederdruckarmaturen. Die Kosten des Ausbaus der Hochdruckarmaturen (EUR 103.695,00) sind Gegenstand des Klagantrags Ziffer 2, der an späterer Stelle noch näher erläutert werden soll. Die Kosten für den Einbau der neuen Hochdruckarmaturen betrugen EUR 436.305,00 (netto). Darin enthalten sind EUR 33.655,00 für die Einrichtung von Umfahrungen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Kosten Teil der für den Austausch der Armaturen notwendigen Aufwendungen waren. Inzwischen hat die Klägerin erklärt, dass sie diesen Betrag nicht mehr geltend mache, und die Klage insoweit zurückgenommen. Im Übrigen werden die Kosten für den Einbau der Hochdruckarmaturen weiterhin mit der Klage geltend gemacht. Außerdem geltend gemacht werden die Kosten für den Austausch der Niederdruckarmaturen in Höhe von EUR 170.000,00.
17 
Auf Druck der Klägerin beauftragte die Beklagte die Fa. St... mit dem Ausbau der Hochdruckarmaturen bei der Klägerin. Da die Beklagte befürchtete, den Rechnungsbetrag nicht erbringen zu können wurde vereinbart, dass die Klägerin sich gegenüber der Fa. St... hinsichtlich der in Rede stehenden Kosten von EUR 103.695,00 zuzüglich Mehrwertsteuer verbürgt. Im Zusammenhang damit wurden der Klägerin auch etwaige Ansprüche der Beklagten gegen die Streithelferin Ziffer 1 als Sicherheit abgetreten. Bei diesem Vorgang wurde vereinbart, dass die gegenseitigen Standpunkte darüber, wer die Kosten letztlich zu tragen hat, offen bleiben und durch diese Regelung nicht präjudiziert werden.
18 
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe sich während der Vertragsverhandlungen und auch nach Vertragsschluss als Herstellerin der Armaturen ausgegeben. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, dass sie nicht beabsichtige, die Armaturen selbst herzustellen, sondern von einem dritten Unternehmen beziehen wolle. Die für die Klägerin an den Verhandlungen beteiligten Personen hätten daher auch keinen Anlass gehabt, daran zu zweifeln, dass die Beklagte Herstellerin der Armaturen sein sollte. Erst nachdem die Armaturen im Werk der Klägerin eingebaut worden waren und sich die gravierenden Mängel gezeigt hätten, sei der Klägerin bei der Besprechung am 27. Oktober 2009 mitgeteilt worden, dass die Beklagte die Armaturen nicht selbst hergestellt, sondern bei Dritten bezogen habe. Die Klägerin ist deshalb der Auffassung, die Beklagte habe nicht nur die Lieferung, sondern auch die Herstellung der Armaturen geschuldet, und müsse sich daher schuldhafter Fehler bei der Herstellung gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Die Beklagte müsse sich zumindest als „Quasi-Herstellerin“ behandeln lassen.
19 
Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass die Beklagten unabhängig von ihrer Eigenschaft als Herstellerin oder Quasi-Herstellerin auch deshalb für die Folgen der Mängel der Armaturen hafte, weil sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet habe. Man müsse davon ausgehen, dass sie qualitative Probleme bei den Armaturen zumindest für möglich gehalten habe, weil sie den Austausch der Schrauben und Bolzen angeordnet habe, ohne jedoch ihre Kenntnis von einer möglichen Fehlerhaftigkeit der Armaturen der Klägerin offen zu legen. Bereits die von der Fa. B... festgestellten, äußerlich sichtbaren Mängel hätten der Beklagten Anlass zu weiterer Untersuchung geben müssen. Diese offensichtlichen Mängel zeigten zudem, dass die Beklagte ihrer Untersuchungspflicht nach nicht nachgekommen sei. Außerdem habe die Beklagte pflichtwidrig eine eigene Untersuchung vorgespiegelt, in dem sie – unstreitig – der Klägerin Prüfzeugnisse über die Armaturen vorgelegt habe, die zwar von der Beklagten ausgestellt waren, aber Untersuchungen bescheinigten, die von der Beklagten nicht selbst ausgeführt worden waren. Klägerin ist weiter der Auffassung, dass die Beklagte ihre Vertragspflichten verletzt habe, indem sie nicht darauf hingewiesen habe, die Armaturen nicht selbst untersucht zu haben.
20 
Neben den Kosten für den Austausch der streitgegenständlichen Armaturen macht die Klägerin Ersatz geltend für Schäden, die ihr in Folge der Mängel entstanden seien.
21 
Sie behauptet, wegen einer Leckage an der Frischdampfarmatur sei Dampf ausgetreten und habe mehrere Kabel verschmort. Hierdurch seien im Einzelnen näher dargestellte Aufwendungen in Höhe von insgesamt EUR 7.824,82 entstanden.
22 
Infolge der Mängel habe sie Mehrkosten für Brennstoffe in Höhe von EUR 197.174,00 gehabt. Sie habe nämlich während der Untersuchung der Mängel einen Reservekessel einsetzen müssen, in dem nur Heizöl statt der sonst eingesetzten günstigeren Brennstoffe habe benutzt werden können.
23 
Wegen des Kesselausfalls sei die Produktion von Eigenstrom deutlich zurückgegangen, weshalb Mehrkosten für Fremdstrom in Höhe von EUR 52.861,25 entstanden seien.
24 
Außerdem habe sie wegen Überschreitung der Netzreservekapazität zusätzlich EUR 17.579,00 an ihren Stromlieferanten zahlen müssen.
25 
Weil der Klärschlamm vorübergehend nicht im Kessel 6 habe verbrannt werden können, habe er entsorgt werden müssen, wofür EUR 11. 278,68 angefallen seien.
26 
Wegen des unerwarteten Ausfalls des Kessels 6 infolge der Mängel der Apparaturen, habe sie die in diesem Kessel normalerweise verfeuerte Kohle nicht einsetzen können. Sie habe aber auch wegen der notwendigen Vorlaufzeit bereits bestellte Kohle nicht mehr abstellen können. Zur Lagerung der Kohle seien deswegen die Eisenbahnwaggons eingesetzt worden, wofür Standgelder in Höhe von insgesamt EUR 4.757,00 angefallen sein.
27 
Außerdem beansprucht die Klägerin Ersatz für mangelbedingte Einnahmeausfälle.
28 
Infolge des plötzlichen Ausfalls der beiden Turbinen und des Kessels 6 sei es zu einem Ausfall aller Papiermaschinen gekommen, was zu einem im Einzelnen näher aufgeschlüsselten Ausfall von Deckungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 77.665,00 geführt habe.
29 
Der Austausch der Hochdruckarmaturen habe dazu geführt, dass der Betrieb in der Fabrik nach dem Jahreswechsel 2009/2010 erst mit dreitägiger Verspätung am 08. Januar 2010 wieder habe aufgenommen werden können. Das habe zu einem Ausfall von Deckungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 513.648,00 geführt, was im Einzelnen näher aufgeschlüsselt wird.
30 
Der Austausch der Niederdruckarmaturen im April 2010 habe erneut zu einer außerplanmäßigen Stilllegung des Werks geführt mit der Folge entgangener Deckungsbeiträge in Höhe von insgesamt EUR 967.604,00, was ebenfalls näher aufgeschlüsselt wird.
31 
Wegen des Ausfalls der renovierten und der neuen Turbine, die besonders energieeffizient gewesen seien, seien der Klägerin im Einzelnen näher dargelegte öffentliche Fördermittel in Höhe von insgesamt EUR 49.779,00 entgangen.
32 
Auf Druck der Klägerin beauftragte die Beklagte – unstreitig – die Fa. St... mit dem Ausbau der Hochdruckarmaturen bei der Klägerin. Da die Beklagte befürchtete, den Rechnungsbetrag nicht erbringen zu können, wurde vereinbart, dass die Klägerin sich gegenüber der Fa. St... hinsichtlich der in Rede stehenden Kosten von EUR 103.695,00 zuzüglich Mehrwertsteuer verbürgt. Im Zusammenhang damit wurden der Klägerin auch etwaige Ansprüche der Beklagten gegen die Streithelferin Ziffer 1 als Sicherheit abgetreten. Bei diesem Vorgang wurde vereinbart, dass die gegenseitigen Standpunkte darüber, wer die Kosten letztlich zu tragen hat, offen bleiben und durch diese Regelung nicht präjudiziert werden. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte auch diese Kosten zu tragen habe und hat mit der Klage zunächst die Befreiung von der Bürgschaftsverbindlichkeit verlangt. Nach dem die Klägerin aufgrund der Bürgschaft von der Fa. St... in Anspruch genommen wurde und die Kosten für den Ausbau der Hochdruckarmaturen gezahlt hat, als sie ihren Klageantrag insoweit auf einen Zahlungsantrag umgestellt, wobei Sie im Gegenzug die Rückabtretung der abgetretenen Ansprüche gegen die Streithelferin Ziffer 1 in Aussicht stellt.
33 
Im Zusammenhang mit dem Austausch der Armaturen sind auch Kosten in Höhe von EUR 30.000,00 angefallen für ein so genanntes Expediting. Im Laufe des Rechtstreits ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass diese Kosten von den Parteien je zur Hälfte zu tragen sind. Die Klägerin hat ihren Anteil zusätzlich zu den vorstehend geltend gemachten Kosten gezahlt. Die Beklagte hat im Hinblick auf ihre anteilige Verpflichtung einen Teilbetrag von EUR 15.000,00 aus dem Klagantrag Ziffer 2 anerkannt, weswegen am 28. Februar 2011 ein entsprechendes Teilanerkenntnisurteil erging.
34 
Die Klägerin hatte im Laufe des Rechtstreits einige verhältnismäßig geringe Änderungen an der Höhe ihrer Forderung vorgenommen (vor den nachfolgend näher dargestellten Änderungen). Den Betrag des Teilanerkenntnisurteils hatte sie zunächst vom Klagantrag Ziffer 1 abgezogen, dann aber auf entsprechenden Hinweis in der mündlichen Verhandlung erklärt, ihre Anträge in der Weise umzustellen, dass der Betrag des Anerkenntnisses vom Klagantrag Ziffer 2 abgezogen wird. Außerdem hat sie die Klage hinsichtlich der Kosten für die Umfahrungen (EUR 33.655,00) zurückgenommen. Schließlich hat sie kurz vor der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2012 ihre Ansprüche an die My... Corporation GmbH abgetreten, weshalb sie nunmehr auf Zahlung an diese klagt.
35 
Die Klägerin beantragt zuletzt:
36 
1.
Die Beklagte wird verurteilt, EUR 2.473.475,13 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 2.471.949,23 seit dem 18. Mai 2010 und aus weiteren EUR 1.525,90 zu zahlen an die My... Corporation GmbH.
37 
2.
Die Beklagte wird verurteilt, weitere EUR 88.695,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. August 2011 zu zahlen an die My... Corporation GmbH Zug um Zug gegen die Rückabtretung der mit Vertrag vom 04./09. Dezember 2009 vereinbarten Abtretung sämtlicher Ansprüche der Beklagten gegen die Streithelferin Ziffer 1 aus einem Vertrag der Streithelferin Ziffer 1 und der Beklagten über die Lieferung von Armaturen vom 17. September 2008.
38 
3.
Die Beklagte wird verurteilt, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 12.229,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2010 zu zahlen an die My... Corporation GmbH.
39 
Die Beklagte beantragt
40 
Klagabweisung.
41 
Die Beklagte behauptet, Gegenstand ihrer vertraglichen Verpflichtung sei lediglich die Lieferung, nicht aber die Herstellung der Armaturen gewesen. Dass sie sich im Internet als Herstellerin bezeichne, obwohl sie keine eigenen Fertigungsbetriebe unterhalte, entspreche modernen Gepflogenheiten in der arbeitsteiligen Wirtschaft, bei denen häufig Unternehmen sich als Hersteller bezeichnet, obwohl sie die eigentliche Herstellung auf andere Unternehmen auslagerten. Der Klägerin sei es bei den Vertragsverhandlungen auch gar nicht darauf angekommen, dass die Beklagte die Armaturen selbst herstelle. Sie habe diesbezüglich keinerlei Erkundigungen eingezogen. Vielmehr habe die Beklagte von sich aus darauf hingewiesen, dass sie keine eigenen Fertigungsbetriebe unterhalte, dass sie nur planungs- und konstruktionstechnische Leistungen mit eigenen Mitarbeitern erbringen. Das gehe nach Auffassung der Beklagten auch aus der Homepage hervor. Die Beklagte ist deshalb der Auffassung, dass sie nur die Lieferung und nicht die Herstellung der Armaturen geschuldet habe, und deshalb auch ein etwaiges Verschulden des Herstellers nicht zu vertreten habe.
42 
Lediglich einige der Hochdruckarmaturen seien mangelhaft gewesen, keineswegs alle. Die Beklagte habe sich zur Ersatzlieferung entschlossen wegen der Gefahr, die von undichten Hochdruckarmaturen ausgingen, und weil sowohl bei den Hochdruckarmaturen als auch bei den Niederdruckarmaturen die Aufwendungen für eine sorgfältige Untersuchung auf Mängel unverhältnismäßig hoch gewesen wären. Sie habe insgesamt etwa EUR 350.000,00 für die Ersatzbeschaffung aufwenden müssen.
43 
Ein eigenes Verschulden der Beklagten hinsichtlich der Mängel sei nicht gegeben. Die Beklagte habe alles Notwendige zu Sicherung der Qualität getan, indem sie ihre Lieferantin zusätzlich für EUR 14.000,00 mit umfangreichen zusätzlichen Materialprüfungen und Röntgenuntersuchungen beauftragt habe. Eine eigene eingehende Untersuchung der Armaturen sei weder geschuldet noch möglich. Mit dem Öffnen der Armaturen drohten erhebliche Schäden. Es seien besondere Gerätschaften erforderlich, über die die Beklagte nicht verfüge.
44 
Bei den Materialfehlern, die von der Fa. B... beim Einbau festgestellt worden waren, habe es sich um Lunker gehandelt, die bei Gussstahl häufig vorkämen und bei Schweißarbeiten bisweilen an die Oberfläche schwimmen würden. Diese Lunker könnten dann zu Leckagen bei den Schweißnähten entführen, würden das Material aber ansonsten nicht schwächen. Die Firma B... habe zwar zu Recht die Beseitigung dieser Mängel verlangt. Das sei dann auch aber auch in technisch anerkannten Verfahren geschehen.
45 
Die Schrauben und Bolzen sein aus eigenem Antrieb der Beklagten gegen hochwertigere mit einer längeren Lebensdauer ersetzt worden. Die vom Hersteller der Armaturen eingesetzten Schrauben und Bolzen hätten nach dem Eindruck der Beklagten keine ausreichende Lebensdauer gehabt in Hinblick auf die außergewöhnlich lange Gewährleistungsfrist, die die Beklagte der Klägerin gewährt habe. Anhaltspunkte für einen Mangel habe es in diesem Zusammenhang nicht gegeben.
46 
Die Beklagte bestreitet die von der Klägerin geltend gemachten Schäden (mit Ausnahme der Höhe der geltend gemachten Kosten für Aus- und Einbau der neu gelieferten Armaturen). Der geltend gemachte Totalausfall des Werkes sei in mehreren Fällen nicht plausibel. Teilweise sei die klägerische Darstellung in sich widersprüchlich. Die Klägerin habe selber Einrichtungen zur Verfügung gehabt, durch die ein Ausfall hätte vermieden werden können. Dies wird alles im Einzelnen näher ausgeführt. Die Beklagte setzt sich auch im Einzelnen mit den verschiedenen Schadenspositionen auseinander und beanstandet diese als nicht nachvollziehbar, nicht plausibel und/oder falsch berechnet. Die im Zusammenhang mit dem Austausch der Armaturen geltend gemachten außerplanmäßigen Stillstandzeiten sein tatsächlich teilweise unabhängig vom Austausch geplant gewesen. Teilweise wäre der Stillstand auch nicht nötig gewesen.
47 
Die Streithelferinnen sind dem Streit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Bei der Streithelferin Ziffer 1 handelt es sich um die Lieferantin der Beklagten, bei der Streithelferin Ziffer 2 um die Haftpflichtversicherung der Beklagten. Die Streithelferinnen haben keine Anträge gestellt und keinen eigenen Tatsachenvortrag vorgebracht.
48 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die protokollierten Erklärungen der Parteivertreter Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Ba... gemäß Beweisbeschluss vom 09. Dezember 2011 (AS 999). Auf die Vernehmung der übrigen Zeugen gemäß dem Beweisbeschluss wurde von den Parteivertretern verzichtet. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 24. Februar 2012 (AS 1041) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
49 
Die Klage ist zulässig, hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg.
50 
I. Hinsichtlich der Zulässigkeit ist lediglich der Antrag Ziffer 2 zu erörtern. Die Gegenleistung bei der Leistung Zug um Zug nimmt Bezug auf außerhalb des Urteils liegende Urkunden, was die Frage der hinreichenden Bestimmtheit für die Zwangsvollstreckung aufwirft. Der Inhalt der Gegenleistung ergibt sich jedoch deshalb mit hinreichender Bestimmtheit allein aus dem Urteil, weil es bei der Abtretung letztlich um die Abgabe einer Willenserklärung geht. Der Inhalt der Willenserklärung ist in der Entscheidungsformel vollständig wiedergegeben; lediglich die abzugebende Willenserklärung nimmt auf die weiteren Urkunden Bezug.
51 
II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 651, 439 Abs. 1, 2. Alt. BGB einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Aus- und Einbau der Armaturen, die von der Beklagten als Ersatz für die ursprünglich gelieferten Armaturen geliefert wurden, in Höhe der Beträge, die unter Ziffern 1 und 2 der Entscheidungsformel zugesprochen wurden.
52 
1. Zwischen den Parteien kam ein Vertrag über die Lieferung noch herzustellender Sachen zu Stande. Auf diesen Vertrag finden gemäß § 651 S. 1 BGB die Vorschriften über den Kauf, und damit auch § 439 BGB Anwendung. Dies entspricht der übereinstimmenden Vorstellung der Parteien.
53 
2. Die von der Beklagten an die Klägerin gelieferten Armaturen waren mangelhaft. Im Rechtssinne ist davon auszugehen, dass sämtliche Armaturen mangelhaft waren.
54 
a) Das gilt zunächst für die Hochdruckarmaturen. So zeigten sich bei zehn von 15 gelieferten Armaturen Leckagen. Alle drei vom Sachverständigen Dr. F... untersuchten Hochdruckarmaturen zeigten deutliche konstruktive Mängel und waren aus Sicht des Sachverständigen nicht reparaturwürdig. Angesichts der hohen Risiken, die mit der Verwendung mangelhafter Armaturen verbunden sind im Hinblick auf den hohen Druck und die hohe Temperatur des Dampfes, des hohen Risikos einer Beschädigung im Falle einer Öffnung zur Untersuchung und des hohen Aufwandes für eine solche Untersuchung müssen sämtliche aus derselben Lieferung stammenden Hochdruckarmaturen als zur vertraglich vorgesehenen Verwendung ungeeignet (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB) angesehen werden, auch soweit beim einzelnen Exemplar ein konkreter Herstellungsfehler nicht festgestellt wurde, da die hinreichender Zuverlässigkeit der Armaturen nicht gewährleistet ist und auch nicht in zumutbarer Weise festgestellt werden kann. Da die Leckagen sich erst nach mehreren Monaten Einsatz zeigten, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Armaturen, bei denen sich noch keine Leckagen gezeigt hatten, mangelfrei waren.
55 
Der Sachverständige Dr. F... hat die Armaturen als Privatgutachter im Auftrag der Klägerin untersucht. Seine Gutachten sind daher als qualifizierter Parteivortrag und nicht als Gegenstand einer gerichtlichen Beweiserhebung anzusehen. Die Gutachten genügen dennoch für die entsprechende Überzeugungsbildung der Kammer. Der Sachverständige hat seine Feststellungen nachvollziehbar dargestellt. Es handelt sich bei den Mängeln um eindeutig physikalisch feststellbare Abweichungen, bei denen eine Fehleinschätzung schwer vorstellbar ist. Der Geschäftsführer der Beklagten hat auf Frage des Gerichts auch erklärt, dass er an der Fachkunde und Objektivität dieses Sachverständigen nicht zweifle. Durch die Aussage des Zeugen B... steht fest, dass die vom Sachverständigen untersuchten Armaturen sämtlich aus der streitgegenständlichen Lieferung der Beklagten stammten.
56 
b) Entsprechendes gilt im Ergebnis aber auch für die Niederdruckarmaturen.
57 
Bei diesen Armaturen sind zwar die Temperatur- und Druckverhältnisse weniger extrem als bei den Hochdruckarmaturen. Bei Betriebsdrücken bis 19 bar und Temperaturen bis 360° C sind die mit Mängeln verbundenen Risiken ebenfalls erheblich und dürften sich im praktischen Ergebnis nicht wesentlich von den Risiken bei den Hochdruckarmaturen unterscheiden. Bei den Niederdruckarmaturen wurden bisher Leckagen nur an drei Stück festgestellt und nur drei von 13 vom Sachverständigen untersucht (davon zwei, an denen Leckagen aufgetreten waren). Auch hier wurden aber alle untersuchten Armaturen als deutlich konstruktiv mangelhaft eingeschätzt, und zwar auch diejenige untersuchte, bei der eine Leckage nicht festgestellt worden war. Auch wenn es hier nur um gut ein Viertel der Armaturen geht, bei denen konkret ein Mangel festgestellt wurde, ist im Hinblick auf das mit der Verwendung verbundene Risiko, das Risiko einer Beschädigung bei einer Untersuchung und des Aufwands für eine Untersuchung, sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass diese Armaturen aus derselben Bestellung stammten wie die Hochdruckarmaturen, davon auszugehen, dass auch diese sämtlich nicht zur vertraglich vorgesehenen Verwendung geeignet sind.
58 
c) Die Armaturen gelten auch nicht gemäß § 377 HGB als genehmigt. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin nach Anlieferung der Armaturen ihrer Untersuchungsobliegenheit vollständig nachgekommen ist. Die hier maßgeblichen Mängel wären nämlich bei Untersuchungsmaßnahmen, die der Klägerin möglich und zumutbar gewesen wären, nicht feststellbar gewesen. Nachdem die Leckagen aufgetreten waren, wurde die Beklagte unverzüglich informiert. Dies entspricht nicht nur der Darstellung der Beklagten, sondern ergibt sich auch aus den Feststellungen des von der Klägerin beauftragten Sachverständigen, der äußerlich nicht feststellbare Mängel konstatiert hat.
59 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der klägerischen Darstellung, wonach es sich bei den anlässlich der Montage festgestellten Materialfehlern, die die Beklagte als Lunker darstellt, um schon bei äußerlicher Betrachtung erkennbare Mängel handelte. Ein innerer Zusammenhang zwischen diesen Materialfehlern und den für den Austausch der Armaturen maßgeblichen Fehlern ist nicht ersichtlich. Ein solcher Zusammenhang wurde von der Beklagten dezidiert und nachvollziehbar in Abrede gestellt. Aus dem klägerischen Vorbringen ergibt sich kein konkreter Anhaltspunkt für einen solchen Zusammenhang.
60 
3. Da die gelieferten Motoren mangelhaft waren, konnte die Klägerin gemäß § 439 Abs. 1, 2. Alt BGB nicht nur Ersatzlieferung im engeren Sinne verlangen, was bereits erfolgt und nicht Gegenstand der Klage ist, sondern auch Ersatz der Kosten für Aus- und Einbau der Armaturen.
61 
Herkömmlich war die Auffassung im deutschen Recht herrschend, dass die Kosten für Aus- und Einbau einer mangelhaften Kaufsache nicht im Rahmen des § 439 Abs. 1 BGB geschuldet waren, sondern nur im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs, wie er im vorliegenden Fall nicht gegebenen, was späterer Stelle noch näher darzulegen sein wird. Mit Urteil vom 20. Dezember 2011 – VIII ZR 70/08 – NJW 2012, 1073, hat der Bundesgerichtshof jedoch entschieden, dass § 439 Abs. 1, 2. Alt. BGB im Hinblick auf Richtlinien der EU richtlinienkonform dahingehend auszulegen ist, dass auch Ersatz der Kosten für Aus- und Einbau der Kaufsache verlangt werden kann. Europarechtlich zwingend ist diese Auslegung allerdings im Hinblick auf eine vorangegangene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nur im Fall des Verbrauchsgüterkaufs, wie er vorliegend nicht gegeben ist. Der Bundesgerichtshof hat insoweit jedoch bei der Auslegung des § 439 Abs. 1 BGB nicht zwischen einem Verbrauchsgüterkauf und Kaufverträgen zwischen Unternehmen unterschieden, also keine "gespaltene Auslegung" vorgenommen.
62 
Das kann nicht ohne Weiteres damit erklärt werden, dass der Entscheidung ein Verbrauchsgüterkauf zu Grunde lag, weshalb der Bundesgerichtshof keinen Anlass gesehen habe, sich zu einem Vertrag zwischen Unternehmen zu äußern. Der Bundesgerichtshof hat nämlich bei der teleologischen Reduktion des § 439 Abs. 3 BGB, die er in derselben Entscheidung befürwortet hat, das Ergebnis ausdrücklich auf den Fall des Verbrauchsgüterkaufs beschränkt, eben ohne eine solche Einschränkung auch bei der Auslegung des § 439 Abs. 1 BGB zu machen. Das ist aus der Sicht der Kammer ein sehr starkes, fast schon zwingendes Indiz dafür, dass der Bundesgerichtshof der Auffassung war, dass die Auslegung des § 439 Abs. 1 BGB einheitlich, also auch im Falle von Verträgen zwischen Unternehmen, gelten solle. Dabei ist zu beachten, dass der Bundesgerichtshof hier nicht nur beiläufig über eine im gegenständlichen Fall nur periphere Frage entschieden hatte, sondern über eine ganz zentrale Frage des Falls, die große Aufmerksamkeit in der Fachöffentlichkeit auf sich gezogen hatte, und bei dem der Bundesgerichtshof nicht in Zweifel über die weit reichenden Folgen seiner Entscheidung sein konnte. Der Bundesgerichtshof hätte seine Aussagen zur Auslegung ohne Weiteres mit Einschränkungen versehen können, wie „zumindest im Falle des Verbrauchsverkaufs“, was häufig geschieht, wenn der Bundesgerichtshof sich in einer Frage nicht über die jeweils gegebene Fallkonstellation hinaus festlegen will. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass der Bundesgerichtshof seine Formulierungen zu dieser Frage ohne sorgfältige Überlegungen zu den Folgen getroffen hat.
63 
Der Bundesgerichtshof ist nicht der Gesetzgeber und das deutsche Recht kennt auch keine rechtliche Bindung der unteren Gerichte an die Rechtsauffassung höherer Gerichte (mit gewissen, vorliegend nicht bedeutsamen Ausnahmen). Andererseits hält die Kammer es im Hinblick auf die Qualifikation und die Bedeutung des höchsten Zivilgerichts für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung Deutschland für geboten, sich der Auffassung des Bundesgerichtshofs anzuschließen, sofern nicht im Einzelfall gewichtige Gründe dagegen sprechen. Solche gewichtige Gründe sieht die Kammer bei der hier in Rede stehenden Frage nicht. Vielmehr sprechen nach Auffassung der Kammer die besseren Gründe für die oben dargestellte Auslegung.
64 
Der Bundesgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass die nun gefundene Auslegung nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht die nächstliegende ist, mit dem Wortlaut aber durchaus vereinbar ist. Eine unterschiedliche Auslegung derselben Vorschrift in unterschiedlichen Fällen ist nach Auffassung der Kammer bedenklich und sollte auf Fälle beschränkt bleiben, in denen gewichtige Gründe dafür sprechen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich der Bundesgerichtshof aus zwingenden Gründen des Europäischen Rechts veranlasst sieht, bei der Auslegung des § 439 Abs. 3 BGB vom Wortlaut der Vorschrift abzuweichen; hier wird die Abweichung dann auf die Fälle beschränkt in denen das zwingend geboten ist. Solche zwingenden Gründe sind beim Absatz 1 nicht ersichtlich.
65 
Bei der Auslegung ist auch zu berücksichtigen, dass der Verkäufer beim Verbrauchsgüterkauf durch die §§ 478, 479 BGB bessere Rückgriffsmöglichkeiten gegen seinen Verkäufer hat wegen der Aufwendungen, die er bei einer mangelhaften Ware seinem Käufer erstatten muss, als er sie im Falle eines Verkaufs an einen Unternehmer hat. Das spricht in der Tat kennt indiziell für eine gespaltene Auslegung des § 439 Abs. 1, 2. Alt. BGB. Dieser Gesichtspunkt erscheint jedoch nicht von ausreichendem Gewicht, um im Ergebnis eine solche gespaltene Auslegung zu rechtfertigen. Der Verkäufer hatte nämlich in jenem Fall auch die Möglichkeit, sich wegen der von Käufern geltend gemachten Aufwendungen zu versichern. Dies hat die Beklagte im vorliegenden Fall offenbar auch getan. Eine solche Versicherung ist auch nicht erst im Hinblick auf die neuerliche Auslegung dieser Vorschrift geboten, sondern war schon früher im Hinblick auf ein mögliches schuldhaftes Verhalten veranlasst. Beim Kauf an einen Unternehmer ist der Verkäufer durch § 439 Abs. 3 BGB deutlich besser als beim Verbrauchsgüterkauf gegen unverhältnismäßige Aufwendungen geschützt; gerade durch diese Vorschrift kann der Verkäufer vor im Einzelfall unangemessen Belastungen geschützt werden. Durch § 377 HGB wird dem Verkäufer beim Verkauf an einen Unternehmer regelmäßig (wenn auch nicht in jedem Fall) ein baldiges Bekanntwerden etwaiger Mängel gewährleistet.
66 
4. Die Kosten für den Einbau der Hochdruckarmaturen betrugen insgesamt EUR 436.305,00. Hiervon abzuziehen sind EUR 33.655,00 für die Umfahrungen; insoweit wurde die Klage zurückgenommen. Außerdem sind abzusetzen die nach der eigenen Darstellung der Klägerin enthaltenen Kosten für das Expediting in Höhe von EUR 15.000,00, da inzwischen unstreitig ist, dass die Parteien vereinbart haben, die Kosten für das Expediting in Höhe von insgesamt EUR 30.000,00 je zur Hälfte zu tragen.
67 
Hinzu kommen die Kosten für den Austausch der Niederdruckarmaturen, die inzwischen in Höhe von EUR 170.000,00 betragsmäßig unstreitig sind.
68 
Mehrwertsteuer war nicht hinzuzurechnen, da es sich im Verhältnis der Parteien nicht um einen steuerbaren Umsatz handelt. Die Klägerin ist infolge der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs auch nicht mit Mehrwertsteuer belastet. Dementsprechend hat sie auch keine Mehrwertsteuer geltend gemacht.
69 
Die Summe der vorgenannten Beträge ergibt den in Ziffer 1 der Entscheidungsformel zugesprochenen Betrag.
70 
Unter Ziffer 2 der Entscheidungsformel wurden die Kosten für den Ausbau der Hochdruckarmaturen zugesprochen. Abzuziehen war der bereits durch das Teilanerkenntnisurteil vom 28. Februar 2011 ausgeurteilte Betrag.
71 
Die der Klägerin insgesamt zugesprochenen Beträge liegen knapp unter dem vierfachen des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises. Sie stellen für ein mittelständisches Unternehmen wie die Beklagte sicher eine erhebliche Belastung dar. Die Kammer hält die Belastung jedoch im Hinblick auf die Bedeutung der Armaturen und der Mängel für den (vormaligen) Betrieb der Klägerin nicht für unverhältnismäßig im Sinne des § 439 Abs. 3 BGB. Das gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass die Aufwendungen für die Beschaffung neuer Armaturen hinzukamen, und dass diese (nach der Darstellung der Beklagten) wegen der Eilbedürftigkeit rund das Doppelte des ursprünglichen Kaufpreises betrugen.
72 
III. Auf den unter Ziffer 1 der Entscheidungsformel zugesprochenen Betrag kann die Klägerin Verzugszinsen beanspruchen gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
73 
Soweit die Klägerin in späteren Fassungen ihres Antrags Ziffer 1 einen Betrag von EUR 654,38 für Verzugszinsen aus dem anerkannten Betrag berechnet, hat sie die Berechnung dieses Zinsbetrages nicht nachvollziehbar dargelegt.
74 
IV. Als Schadensersatz wegen Verzugs kann auch Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten beansprucht werden, allerdings nur berechnet aus dem Streitwert der begründeten Klageforderung.
75 
V. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin gegen die Beklagte nicht zu.
76 
1. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 S. 1 BGB) wegen Lieferung mangelhafter Armaturen besteht nicht, weil die Beklagte die (objektive) Pflichtverletzung nicht zu vertreten hatte (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).
77 
a) Die Beklagte hat die Armaturen nicht im eigenen Betrieb hergestellt. Sie hat auch nicht die Fehler bei der Herstellung wie eigenes Verschulden gemäß § 278 BGB zu vertreten, da sie nur die Lieferung und nicht die Herstellung der Armaturen schuldete.
78 
Allgemein schuldet der Verkäufer eine Sache nicht die Herstellung sondern nur die Lieferung, so dass der Hersteller grundsätzlich nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers ist (Palandt, BGB, 71. Aufl., § 278 Rdnr. 13 m.w.N.). Anders ist es allerdings dann, wenn zwischen den Parteien ausdrücklich oder konkludent vereinbart ist, dass der Verkäufer auch die Herstellung der Sache schulden soll. Das ist jedoch, entgegen der Auffassung der Klägerin und zahlreicher Stimmen in der Literatur, nicht ohne Weiteres schon dann der Fall, wenn sich der Verkäufer auch als Hersteller darstellt, wie es die Beklagte vorliegend durchaus getan hat.
79 
Heutzutage ist es häufige Praxis und allgemein bekannt, dass Unternehmen im Rechtsverkehr als Hersteller auftreten, obwohl sie einen erheblichen Teil oder alle ihrer Produkte von dritten Unternehmen herstellen lassen. Bei der Beklagten ist es offenbar so, dass die von ihr verkauften Produkte sämtlich bei anderen Unternehmen hergestellt werden. Bei manchen Unternehmen ist es so, dass ein erheblicher Teil der Produktpalette von dritter Seite hergestellt wird und/oder das Produkte nur noch mit einer vergleichsweise geringen Fertigungstiefe aus Teilen erzeugt werden, die Dritte liefern. Wenn sich der Verkäufer in dem so geprägten Geschäftsleben als Hersteller geriert, erwartet der Vertragspartner nach Auffassung der Kammer zumindest in der heutigen Zeit nicht mehr, dass der Verkäufer eine eigene Herstellung zusichern will, oder die vertragliche Verbindlichkeit eigen Herstellung abgeben will. Der Vertragspartner oder eine konkretere Absprachen Einzelfall kann oft gar nicht genau abschätzen, inwieweit der sich als Hersteller bezeichnet der Verkäufer tatsächlich für die Herstellung vertraglich einstehen und entsprechen haften würde.
80 
Es lässt sich beispielhaft illustrieren anhand der Automobilindustrie. Die sich als Hersteller gerierenden Unternehmen vertreiben die Fahrzeuge teils durch eigene Niederlassungen, teils durch selbstständige Unternehmen als Händler. Die Fahrzeuge werden teilweise in eigenen Fabriken, teilweise von fremden Unternehmen hergestellt. Der typische Abnehmer, insbesondere bei Verbrauchern, vielfach aber auch im gewerblichen Bereich, wird sich keine vertieften Gedanken über die rechtlichen Verhältnisse im Einzelfall machen und keine unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen hinsichtlich des Pflichtenkatalog seines Vertragspartners haben, je nachdem ob es sich um Händler oder Hersteller handelt, oder um ein Produkt das im eigenen oder in einem fremden Betrieb hergestellt wurde.
81 
Bezeichnend ist im vorliegenden Fall in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte auf ihrer Webseite, die von der Klägerin als wichtiges Indiz für die Herstellereigenschaft angeführt wird, hinsichtlich der Fertigung ausschließlich auf eine Fremdfertigung hinweist. Zwar wird nicht ausdrücklich verdeutlicht, dass sie keine eigene Fertigung habe. Der Interessent, der Wert auf eine eigene Fertigung legt, hat aufgrund dieser Darstellung jedoch allen Anlass, sich (und gegebenenfalls die Beklagte) zu fragen, ob überhaupt eine eigene Fertigung besteht.
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Die Klägerin hat im Laufe des Rechtsstreits allerdings zutreffend darauf hingewiesen, dass es eigentlich nicht in erster Linie darauf ankommt, ob die geschuldeten Erzeugnisse tatsächlich in einem eigenen Betrieb hergestellt wurden, sondern darauf, dass die Verkäuferin haftet, wie wenn die Herstellung im eigenen Betrieb erfolgt wäre. Aber gerade von einer solchen Bereitschaft, die Haftung zu übernehmen, kann der Käufer nicht ohne Weiteres ausgehen. Der Käufer eines Kraftfahrzeugs, der dieses bei einer Niederlassung eines Herstellers erwirbt, rechnet nicht damit, dass der Hersteller gewillt ist, in weiterem Umfang auf Schadensersatz zu haften als ein Händler.
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Die Klägerin konnte also nicht aus dem Auftreten der Beklagten schließen, dass diese die Pflicht nicht nur zur Lieferung, sondern auch zur Herstellung der Armaturen übernehmen wollte.
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Die Klägerin hat zwar ausführlich und eindrücklich dargestellt, wie sehr ihr daran gelegen sei, dass die Armaturen von der Beklagten hergestellt würden. Sie hat jedoch nichts dafür vorgetragen, dass sie dies auch gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht hat, dass es also nicht nur eine einseitige Erwartung (Hoffnung), sondern auch Vertragsinhalt geworden wäre.
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Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die Beklagte sich in verschiedentlicher Weise gegenüber der Streithelferin Ziffer 1 bemüht hat, für eine Herstellung in Deutschland und für die Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards zu sorgen, besagt das nichts über den konkreten Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Parteien. Unstreitig schuldete die Beklagte ordnungsgemäße Ware. Soweit sie sich in besonderer Weise bemüht, das zu gewährleisten, lässt das nicht darauf schließen, dass sie mit der Klägerin vereinbart hätte, auch die Herstellung zu schulden.
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Schließlich ist es für die Beurteilung der Frage, welche Art der Pflichten sich für die Beklagte aus dem Kaufvertrag ergeben, über die – im vorliegenden Fall auch zwischen den Parteien nicht in Streit stehende – Pflicht zur Lieferung funktionstüchtiger, zuverlässiger und gefahrlos zu betreibender Armaturen hinaus unergiebig, wie der Herstellerbegriff im Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, in der Druckgeräterichtlinie und den dazu erlassenen Ausführungsvorschriften bestimmt ist.. Bei diesen Vorschriften geht es nämlich darum, einen verantwortlichen zu bestimmen für die Einhaltung bestimmter Vorschriften zur Sicherung von Rechtsgütern anderer (nicht nur Vertragspartner). Vorliegend geht es jedoch darum, inwieweit der Vertrag so zu verstehen ist, dass die Beklagte auch für das Verschulden Dritter einzustehen hat.
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b) Eine schuldhafte Pflichtverletzung im Betrieb der Beklagten als Ursache für die mit der Klage geltend gemachten Schäden lässt sich nicht feststellen.
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i) Es lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte Mängel der Armaturen vermutete, aber der Klägerin verschwiegen hat.
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Soweit die Klägerin einen entsprechenden Verdacht darauf stützt, dass ohne einen für sie erkennbaren Anlass sämtliche Schrauben und Bolzen erneuert worden sind, ist das nicht nachvollziehbar. Man mag an der Plausibilität der von der Beklagten hierfür gegebenen Erklärung zweifeln. Es ist aber nicht aufgezeigt worden, und auch nicht sonst ersichtlich, welche andere Mängel hinter dieser Maßnahme gesteckt haben sollten. Etwaige Mängel der Schrauben und Bolzen selbst wurden durch deren Erneuerung beseitigt.
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Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass bei der Montage bestimmte Materialfehler festgestellt worden sind, ist angesichts der Erläuterung der Beklagten, der die Klägerin trotz gewisser einschlägiger Sachkunde nicht substantiiert widersprochen hat, davon auszugehen, dass diese Mängel (Lunker) nicht schon bei einer reinen optischen Untersuchung, sondern erst bei Schweißvorgängen sichtbar waren. Wäre dem nicht so gewesen wäre, dann stünde entsprechenden Einwänden der Klägerin bereits § 377 HGB entgegen. Im Übrigen ist weder substantiiert bestritten, dass diese Materialfehler ordnungsgemäß behoben wurden, noch ist ersichtlich, dass diese Materialfehler mit dem schadensursächlichen Mängeln zusammenhängen.
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Soweit die Klägerin behauptet, ihr sei zu Ohren gekommen, dass Mitarbeiter der Beklagte die Auslieferung der Armaturen im Hinblick auf Qualitätsmängel hätten verhindern wollen, handelt es sich um Angaben vom Hörensagen, zu denen keinerlei Quelle angegeben ist.
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ii) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte gebotene Untersuchungen versäumt hätte.
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Die Klägerin hat umfangreicher Untersuchungen der Armaturen in Auftrag gegeben und entsprechende Prüfzeugnisse vorgelegt. Dass sie Grund hatte, an der Richtigkeit dieser Zeugnisse zu Zweifeln, ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich.
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Unstreitig ist, dass eine Untersuchung der Armaturen durch Öffnung nicht geboten oder zweckmäßig war wegen der Gefahr der Beschädigung der Dichtung.
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Dass eine intensivere Druckprüfung möglich und geeignet gewesen wäre, die streitgegenständlichen Schäden zu verhindern, ist nicht nachvollziehbar. Die Schäden sind erst nach längerer Zeit unter extremen Druck- und Reparaturbedingungen aufgetreten, wie sie in einem Prüfverfahren nicht ohne Weiteres hätten reproduziert werden können.
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Dass die Klägerin in der Korrespondenz mit der Streithelferin Ziffer 1 teilweise Anderes behauptet hat, ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtstreits unergiebig, nachdem die Beklagte im Rechtsstreit daran nicht festgehalten hat. Es ist ganz normal, dass die Beklagte im Rahmen der Auseinandersetzung mit ihrer Verkäuferin Vermutungen aufstellt, über die sie keine eigene sichere Erkenntnis hat. Dass sie diese Vermutungen aufstellt ist im Verhältnis zur Klägerin noch kein Beweis deren Richtigkeit.
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iii) Der Beklagten kann auch nicht als Pflichtverletzung angelastet werden, dass sie die gebotenen Prüfungen großenteils nicht im eigenen Betrieb vorgenommen hat, oder dass sie der Klägerin Zeugnisse über Prüfungsergebnisse auf eigenem Briefpapier vorgelegt hat, obwohl die Prüfungen von dritter Seite vorgenommen worden waren.
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Als Verkäuferin schuldete die Beklagte es, dafür zu sorgen, dass die Ware ordentlich und geprüft war. Sie schuldete nicht die Prüfung im eigenen Betrieb.
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Mit der Vorlage von Zeugnissen auf dem eigenen Briefbogen macht sie sich das fremde Prüfergebnis als Aussage zu eigen. Eine Grundlage für eine Pflicht, darauf hinzuweisen, dass man die Prüfung nicht selbst vorgenommen habe, ist nicht ersichtlich.
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2. Soweit die Klägerin sich auf eine deliktische Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit verschiedenen von ihr angeführten Schutzgesetzen beruft, ist der hier geltend gemachten Schaden nicht vom Schutzzweck der Norm gedeckt. Die angeführten Schutzgesetze dienen dem Schutz vor Personenschäden (Münchner Kommentar zum BGB, 5. Aufl, § 823 Rdnr. 670; Palandt a.a.O. § 823 Rdnr. 64). N). Vorliegend geht es jedoch nicht um die Verletzung von Personen. Die Klägerin macht vielmehr nur Sach- und Vermögensschäden geltend.
101 
3. Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
102 
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.