Donnerstag, 23. November 2017

Verbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter - Geltungsbereich - Begriff „Verkäufer“ - Zwischenperson

Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 9. November 2016 (Vorabentscheidungsersuchen der Cour d’appel de Liège — Belgien) — Sabrina Wathelet/Garage Bietheres & Fils SPRL
(Rechtssache C-149/15) (1)
((Vorlage zur Vorabentscheidung - Richtlinie 1999/44/EG - Verbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter - Geltungsbereich - Begriff „Verkäufer“ - Zwischenperson - Außergewöhnliche Umstände))
(2017/C 006/15)
Verfahrenssprache: Französisch
Vorlegendes Gericht
Cour d’appel de Liège
Parteien des Ausgangsverfahrens
Klägerin: Sabrina Wathelet
Beklagte: Garage Bietheres & Fils SPRL
Tenor
Der Begriff „Verkäufer“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass er auch einen als Vermittler für Rechnung einer Privatperson handelnden Gewerbetreibenden erfasst, der dem Verbraucher/Käufer nicht ordnungsgemäß mitgeteilt hat, dass der Eigentümer der Kaufsache eine Privatperson ist, was das vorlegende Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen hat. Diese Auslegung hängt nicht davon ab, ob der Vermittler für seine Tätigkeit eine Vergütung erhält.

Gebrauchte Güter – Rechte des Verbrauchers im Fall der Vertragswidrigkeit der Ware

MACIEJ SZPUNAR
Rechtssache C‑133/16
Christian Ferenschild
gegen
JPC Motor SA
(Vorabentscheidungsersuchen der Cour d’appel de Mons [Appellationsgericht Mons, Belgien])
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 1999/44/EG – Gebrauchte Güter – Rechte des Verbrauchers im Fall der Vertragswidrigkeit der Ware – Dauer der Haftung für vertragswidrige Waren – Verjährungsfristen“
I. Einleitung
1.
Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen möchte die Cour d’appel de Mons (Appellationsgericht Mons, Belgien) klären, ob die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 1999/44 ( 2 ) aufgestellte Regel, wonach die Verjährungsfrist ( 3 ) für Ansprüche wegen der Vertragswidrigkeit der Ware nicht vor dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung enden darf, auch für den Verbrauchsgüterkauf gebrauchter Waren gilt.
2.
Bei der Beantwortung der durch das nationale Gericht vorgelegten Frage wird der Gerichtshof klarstellen können, ob und inwieweit der Verbraucher geschützt ist, der gebrauchte Güter kauft. Der Ablauf der Verjährungsfristen, die Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens sind, kann nämlich zur Folge haben, dass Rechte erlöschen oder nicht mehr geltend gemacht werden können. Wenn der Verbraucher im Recht ist, aber nicht die Möglichkeit hat, dieses Recht durchzusetzen, kann dies für ihn belastender sein, als wenn ihm dieses Recht überhaupt nicht zugestanden hätte ( 4 ).
II. Rechtlicher Rahmen
A. Unionsrecht
3.
Die Erwägungsgründe 16 und 17 der Richtlinie 1999/44 lauten:
„(16)
Gebrauchte Güter können aufgrund ihrer Eigenart im Allgemeinen nicht ersetzt werden. Bei diesen Gütern hat der Verbraucher deshalb in der Regel keinen Anspruch auf Ersatzlieferung. Die Mitgliedstaaten können den Parteien gestatten, für solche Güter eine kürzere Haftungsdauer zu vereinbaren.
(17)
Es ist zweckmäßig, den Zeitraum, innerhalb dessen der Verkäufer für Vertragswidrigkeiten haftet, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestanden, zu begrenzen. Die Mitgliedstaaten können ferner eine Frist vorsehen, innerhalb deren die Verbraucher ihre Ansprüche geltend machen können, sofern diese Frist nicht vor Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung endet. Wird in innerstaatlichen Rechtsvorschriften für den Beginn einer Frist ein anderer Zeitpunkt als die Lieferung des Gutes festgelegt, so darf die Gesamtdauer der in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Frist einen Zeitraum von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung nicht unterschreiten“.
4.
Art. 2 („Vertragsmäßigkeit“) der Richtlinie bestimmt in Abs. 1:
„Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Verbraucher dem Kaufvertrag gemäße Güter zu liefern.“
5.
Art. 3 („Rechte des Verbrauchers“) der Richtlinie 1999/44 regelt in den Abs. 1 und 2 die Folgen der Vertragswidrigkeit dieser Güter:
„(1)   Der Verkäufer haftet dem Verbraucher für jede Vertragswidrigkeit, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsgutes besteht.
(2)   Bei Vertragswidrigkeit hat der Verbraucher entweder Anspruch auf die unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung nach Maßgabe des Abs. 3 oder auf angemessene Minderung des Kaufpreises oder auf Vertragsauflösung in Bezug auf das betreffende Verbrauchsgut nach Maßgabe der Abs. 5 und 6.“
6.
Art. 5 („Fristen“) dieser Richtlinie bestimmt in Abs. 1 wiederum:
„Der Verkäufer haftet nach Art. 3, wenn die Vertragswidrigkeit binnen zwei Jahren nach der Lieferung des Verbrauchsgutes offenbar wird. Gilt nach dem innerstaatlichen Recht für die Ansprüche nach Art. 3 Abs. 2 eine Verjährungsfrist, so endet sie nicht vor Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung.“
7.
Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44 lautet:
„Vertragsklauseln oder mit dem Verkäufer vor dessen Unterrichtung über die Vertragswidrigkeit getroffene Vereinbarungen, durch welche die mit dieser Richtlinie gewährten Rechte unmittelbar oder mittelbar außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt werden, sind für den Verbraucher gemäß dem innerstaatlichen Recht nicht bindend.
Im Fall gebrauchter Güter können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Verkäufer und der Verbraucher sich auf Vertragsklauseln oder Vereinbarungen einigen können, denen zufolge der Verkäufer weniger lange haftet als in Art. 5 Abs. 1 vorgesehen. Diese kürzere Haftungsdauer darf ein Jahr nicht unterschreiten.“
B. Belgisches Recht
8.
Art. 1649quater des Code civil (belgisches Zivilgesetzbuch), der mit Gesetz vom 1. September 2004 ( 5 ) in die belgische Rechtsordnung aufgenommen wurde, dient der Umsetzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44. Diese Bestimmung sieht vor:
„§ 1 – Verkäufer haften Verbrauchern gegenüber für Vertragswidrigkeiten, die bei Lieferung des Verbrauchsgutes bestehen und innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach der vorerwähnten Lieferung offenbar werden.
In Abweichung von Abs. 1 können Verkäufer und Verbraucher für gebrauchte Güter eine Frist von weniger als zwei Jahren vereinbaren, die allerdings ein Jahr nicht unterschreiten darf.
§ 3 – Ansprüche von Verbrauchern verjähren in einem Jahr ab Feststellung einer Vertragswidrigkeit, wobei diese Frist nicht vor der in § 1 vorgesehenen Frist von zwei Jahren ablaufen darf.“
III. Ausgangsverfahren
9.
Am 21. September 2010 erwarb Herr Ferenschild von JPC Motor SA (im Folgenden: JPC) ein Gebrauchtfahrzeug der Marke Volvo zum Preis von 14000 Euro.
10.
Am 22. September 2010 wurde die Zulassung dieses Fahrzeugs verweigert, da es im Schengener Informationssystem als zuvor gestohlen gemeldet war.
11.
Schlussendlich stellte sich raus, dass das von Herrn Ferenschild erworbene Fahrzeug niemals gestohlen worden war. Die Fahrzeugpapiere waren jedoch 2007 gestohlen worden, um ein ähnliches Auto betrügerischer Herkunft in Italien zu „verbergen“.
12.
Am 7. Januar 2011 konnte das Fahrzeug des Herrn Ferenschild zugelassen werden.
13.
Am 12. März 2012 erhob Herr Ferenschild Klage beim Tribunal de commerce de Mons (Handelsgericht Mons, Belgien) und beantragte, JPC zur Zahlung von 5499,83 Euro zu verurteilen: 2000 Euro Schadensersatz für den überhöhten Fahrzeugpreis, 2999,83 Euro für die Anmietung eines Ersatzautos im Zeitraum 21. September 2010 bis 14. Januar 2011 sowie 500 Euro für Verwaltungskosten und andere Auslagen.
14.
Das Tribunal de commerce de Mons (Handelsgericht Mons) wies die Klage in vollem Umfang ab.
15.
Auf die von Herrn Ferenschild eingelegte Berufung stellte die Cour d’appel de Mons (Appellationsgericht Mons) fest, dass das verkaufte Fahrzeug vertragswidrig im Sinne der Bestimmungen des belgischen Zivilgesetzbuchs gewesen sei, die der Umsetzung der Richtlinie 1999/44 dienten. Das vorlegende Gericht ging allerdings davon aus, dass diese Vertragswidrigkeit durch die Zulassung des Fahrzeugs beendet worden sei. Zugleich wurde von Amts wegen die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beschlossen, um den Parteien Gelegenheit zu geben, zur Verjährung der Ansprüche und zum Umfang des Schadens Stellung zu nehmen.
16.
Im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens weist das vorlegende Gericht auf seine Zweifel bezüglich der Verjährung der Ansprüche des Herrn Ferenschild hin, die sich aus der Vertragswidrigkeit des von ihm erworbenen Fahrzeugs ergäben.
17.
So nahm Herr Ferenschild – nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts – das Fahrzeug am 21. September 2010 in Empfang, bemerkte den Mangel am 22. September 2010 und erhob Klage am 12. März 2012.
18.
Nach belgischem Recht verjähren die Ansprüche des Verbrauchers wegen Vertragswidrigkeit grundsätzlich in einem Jahr ab Feststellung der Vertragswidrigkeit der Ware durch den Verbraucher (Art. 1649quater § 3 des belgischen Zivilgesetzbuchs).
19.
Da die Klage am 12. März 2012, also nahezu 17 Monate nach der Feststellung der Vertragswidrigkeit, erhoben worden sei, seien die Ansprüche des Herrn Ferenschild als verjährt anzusehen ( 6 ).
20.
Der bereits angeführte Art. 1649quater § 3 des belgischen Zivilgesetzbuchs bestimme in extenso, dass die Ansprüche von Verbrauchern in einem Jahr ab der Feststellung einer Vertragswidrigkeit verjährten, wobei diese Frist nicht vor der in Art. 1649quater § 1 dieses Gesetzbuchs vorgesehenen Frist von zwei Jahren ablaufen dürfe.
21.
Dies könnte zu dem Schluss führen, dass die am 12. März 2012 erhobene Klage noch nicht verjährt gewesen sei. Bis zu diesem Datum sei die mit der Lieferung beginnende zweijährige Frist noch nicht abgelaufen gewesen.
22.
Der belgische Gesetzgeber bestimme in Art. 1649quater § 1 Abs. 3 des belgischen Zivilgesetzbuchs – der der Umsetzung von Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44 diene –, dass die Parteien eines Kaufvertrags über Verbrauchsgüter die Haftung für Vertragswidrigkeiten auf weniger als zwei Jahre verkürzen könnten, die Haftungsdauer allerdings ein Jahr nicht unterschreiten dürfe.
23.
In der vorliegenden Rechtssache hätten die Parteien eine solche Vereinbarung getroffen und bestimmt, dass der Verkäufer für die Vertragswidrigkeit der Ware für einen Zeitraum von einem Jahr ab der Lieferung hafte.
24.
Das vorlegende Gericht hat betont, dass eine Auslegung, die sich an dem Willen des Gesetzgebers bei der Umsetzung der Richtlinie 1999/44 orientiere, dahin erfolgen müsse, dass im Fall der Vereinbarung einer kürzeren Haftungsdauer durch die Parteien als zwei Jahre (beispielsweise ein Jahr) die in Art. 1649quater § 3 des belgischen Zivilgesetzbuchs enthaltene Verweisung auf § 1 dieser Bestimmung („wobei diese Frist nicht vor der in § 1 vorgesehenen Frist von zwei Jahren ablaufen darf“) in der Weise zu verstehen sei, dass die Verjährungsfrist ein Jahr betrage.
IV. Vorlagefrage und Verfahren vor dem Gerichtshof
25.
Unter diesen Umständen hat die Cour d’appel de Mons (Appellationsgericht Mons) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist Art. 5 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter dahin auszulegen, dass er einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegensteht, die dahin ausgelegt wird, dass sie es bei gebrauchten Gütern zulässt, dass die Verjährungsfrist für die Ansprüche des Verbrauchers vor dem Ende der Frist von zwei Jahren nach der Lieferung des vertragswidrigen Verbrauchsguts abläuft, wenn der Verkäufer und der Verbraucher eine Garantiefrist von weniger als zwei Jahren vereinbart haben?
26.
Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 4. März 2016 beim Gerichtshof eingegangen.
27.
Herr Ferenschild, die belgische und die österreichische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben.
V. Würdigung
28.
Mit der Vorlagefrage möchte des nationale Gericht klären, ob Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44 und Art. 7 Abs. 1 derselben Richtlinie einer Auslegung der Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts entgegenstehen, nach der die Verjährungsfrist – in Bezug auf gebrauchte Güter – vor dem Ablauf von zwei Jahren ab der Lieferung der Ware endet, wenn die Parteien vereinbart haben, dass die Dauer der Haftung für Vertragswidrigkeiten – die grundsätzlich zwei Jahre ab der Lieferung beträgt – auf ein Jahr verkürzt wird.
29.
Um eine sachdienliche Antwort auf die Frage des vorlegenden Gerichts erteilen zu können, müssen wir uns für eine der beiden folgenden Alternativen entscheiden.
30.
Der erste Lösungsansatz geht von der Annahme aus, dass die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 1999/44 geregelte Haftungsdauer des Verkäufers für Vertragswidrigkeiten den Zeitraum bestimme, vor dessen Ende die „Verjährungsfrist“ nicht ablaufen könne, auf die sich Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie beziehe. Durch die Verkürzung des ersten dieser Zeiträume werde automatisch auch der andere verkürzt.
31.
Der zweite Lösungsansatz beruht auf der Annahme, dass der in der Richtlinie 1999/44 verankerte Mindeststandard des Verbraucherschutzes – und zwar auch in Bezug auf die von dieser Richtlinie erfassten gebrauchten Güter – erfordere, dass die „Verjährungsfrist“ für Ansprüche wegen Vertragswidrigkeit in keinem Fall vor dem Ablauf von zwei Jahren ab der Lieferung der Ware enden könne. Auch die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung, nach der der Verkäufer – im Fall von gebrauchten Gütern – nur für einen Zeitraum von einem Jahr ab der Lieferung für die Vertragswidrigkeit hafte, führe nicht dazu, dass die Verjährungsfrist auf weniger als zwei Jahre ab diesem Datum verkürzt werden könne.
A. Zur Zulässigkeit der Vorlagefrage
32.
Der weiteren Würdigung möchte ich ein paar einleitende Bemerkungen voranstellen. Der eigentümliche Charakter der Vertragswidrigkeit des Fahrzeugs des Herrn Ferenschild hat zur Folge, dass die Anwendbarkeit der Richtlinie 1999/44 auf die vorliegende Rechtssache fraglich erscheinen kann. Auch wenn ich im weiteren Verlauf dieser Schlussanträge zu dem Schluss kommen werde, dass diese Befürchtungen unbegründet sind, so können doch die dieser Frage gewidmeten Erwägungen für das vorlegende Gericht von Bedeutung sein, falls es annehmen sollte, dass die Richtlinie, zumindest unmittelbar, nicht den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen Sachverhalt regelt.
33.
Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass Herr Ferenschild, um den Einwand der Anspruchsverjährung zu entkräften, sich – wie dem Vorabentscheidungsersuchen zu entnehmen ist, erst nach der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung – auf die Bestimmungen zu verdeckten Mängeln („vice caché“) berufen habe.
34.
Manche Rechtssysteme, u. a. das belgische Recht, sehen – neben der Haftung für Vertragswidrigkeiten im Sinne von Art. 3 der Richtlinie 1999/44 – auch eine Haftung für sogenannte verdeckte Mängel ( 7 ) vor. Das innerstaatliche Gericht hat allerdings angenommen, dass die Ansprüche des Herrn Ferenschild auch dann verspätet wären, wenn sie auf diese alternative Rechtsgrundlage gestützt würden.
35.
Es ist Sache des innerstaatlichen Gerichts, die Wirkungen prozessualer Handlungen zu bewerten, die von einer Partei auf der Grundlage innerstaatlicher Verfahrensvorschriften vorgenommen werden. Das innerstaatliche Gericht hat jedoch angenommen, dass zur Streitentscheidung die Beantwortung der Vorlagefrage durch den Gerichtshof erforderlich sei. Daraus schließe ich, dass nach Auffassung des vorlegenden Gerichts allein die Berufung auf eine andere Rechtsgrundlage nicht zu einer Änderung der Klage geführt hat, die die Anwendung der Bestimmungen, die die Richtlinie umsetzen, ausschließen würde. Der restliche Teil des Vorabentscheidungsersuchens wurde nämlich ausschließlich der Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie gewidmet.
36.
Ich möchte zudem anmerken, dass die Richtlinie 1999/44 keine eindeutige Unterscheidung trifft zwischen der Haftung für die Lieferung vertragsgemäßer Ware und der Haftung für die Lieferung von Ware, die frei von versteckten Mängeln ist ( 8 ). Im Rahmen des in der Richtlinie vertretenen Modells werden beide Kategorien als Fälle der Vertragswidrigkeit gemäß Art. 3 dieser Richtlinie angesehen ( 9 ).
37.
Nach meiner Ansicht liegen auch keine sonstigen Gründe für die Annahme vor, dass das Vorabentscheidungsersuchen nicht das Unionsrecht betreffe. Selbst wenn wir annehmen, dass die Richtlinie 1999/44 sich nicht auf Rechtsmängel bezieht, und ein solcher in der Lieferung des Fahrzeugs an den Käufer samt Unterlagen, die dazu gedient haben, ein ähnliches Fahrzeug zu „verbergen“, zu sehen wäre, wäre die Vorlagefrage nach meinem Dafürhalten weiterhin zulässig.
38.
In einigen Mitgliedstaaten wird zwischen Sachmängeln und einem besonderen Fall der Vertragswidrigkeit der verkauften Sache unterschieden, die als Rechtsmangel („défaut juridique“) bezeichnet wird. Manchmal knüpft der Gesetzgeber aber keine normativen Folgen an diese Unterscheidung, was die Grenzziehung zwischen einem Sach- und einem Rechtsmangel erschwert. Es kommt auch vor, dass dieser Unterscheidung ausschließlich eine dogmatische Bedeutung zukommt. Jedenfalls liegt grundsätzlich ein Rechtsmangel vor, wenn die verkaufte Sache im Eigentum eines Dritten steht oder mit den Rechten eines Dritten belastet ist ( 10 ).
39.
Ich bin mir nicht sicher, ob in der vorliegenden Rechtssache ein Rechtsmangel in diesem Sinne vorliegt. Im Übrigen habe ich Zweifel, ob die Richtlinie tatsächlich nicht auf Rechtsmängel in der dargelegten Bedeutung dieses Begriffs Anwendung findet.
40.
Ich teile allerdings die vom vorlegenden Gericht vertretene Auffassung, dass in der vorliegenden Rechtssache eine Vertragswidrigkeit der Ware im Sinne von Art. 3 der Richtlinie 1999/44 vorliegt. Die Richtlinie verpflichtet den Verkäufer zu Lieferung von vertragsgemäßer Ware, worunter auch die Lieferung der Ware in einem Zustand zu verstehen ist, der ihre bestimmungsgemäße Verwendung gestattet ( 11 ). Kann ein Personenkraftwagen nicht zugelassen werden, verhindert dies grundsätzlich seine normale Nutzung.
41.
Aber selbst wenn wir annehmen, dass in der vorliegenden Rechtssache das Fahrzeug mit einem Rechtsmangel behaftet war, der keine „Vertragswidrigkeit der Ware“ im Sinne der Richtlinie 1999/44 darstellt, sollte der Gerichtshof sich dennoch für zuständig erklären, die Frage des vorlegenden Gerichts zu beantworten. Der belgische Gesetzgeber könnte nämlich auf Lösungen zurückgegriffen haben, die die Richtlinie vorsieht, um die Rechte des Verbrauchers auch in Fällen zu bestimmen, die die Richtlinie selbst nicht regelt. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung des Unionsrechts unabhängig von den Umständen, auf die es angewandt wird, spricht – nach der mit dem Urteil Dzodzi ( 12 ) begründeten Rechtsprechung des Gerichtshofs – für die Zulässigkeit des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens ( 13 ).
42.
Im Licht der obigen Erwägungen bin ich der Auffassung, dass das Vorabentscheidungsersuchen der Cour d’appel de Mons (Appellationsgericht Mons) zulässig ist. Dies erlaubt mir die Fortsetzung der Würdigung, der ich allerdings ein paar einleitende Bemerkungen voranstellen möchte. Ich denke, dass diese Bemerkungen dem Gerichtshof eine umfassendere Beurteilung der vorliegenden Rechtssache erlauben werden.
B. Einleitende Bemerkungen
43.
Die in der Richtlinie 1999/44 vorgesehene Haftung des Verkäufers für die Vertragswidrigkeit der Ware ist ein grundlegendes Element des unionsrechtlichen Verbraucherschutzes.
44.
Obwohl diese Richtlinie dem Mindestharmonisierungsansatz folgt, hat sie doch zur Erreichung eines hohen Niveaus des Verbraucherschutzes in allen Mitgliedstaaten beigetragen. Auf diese Weise half sie bei der Verwirklichung eines der erstrangigen Ziele der Unionspolitik ( 14 ).
45.
Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44 in Verbindung mit ihrem Art. 2 Abs. 1 bringt den Grundsatz pacta sunt servanda zum Ausdruck. Diese Vorschriften bestimmen, dass der Verkäufer für die Vertragswidrigkeit der Ware haftet, soweit sie zum Zeitpunkt der Lieferung vorliegt. Wird der Mangel erst zu einem späteren Zeitpunkt offenbar, ändert dies nichts an diesem Grundsatz. Maßgeblich für die Prüfung, ob eine Vertragswidrigkeit vorliegt, bleibt weiterhin der Zeitpunkt der Lieferung der Ware.
46.
Die Regelungen zur Haftung des Verkäufers enthalten zwei verschiedene Institute, die mit dem Zeitablauf in Verbindung stehen: die Dauer der Haftung für die Vertragswidrigkeit und den Zeitraum, innerhalb dessen die Ansprüche wegen der Vertragswidrigkeit geltend gemacht werden können, der auch als Verjährungsfrist („délai de prescription“, „limitation period“) bezeichnet wird.
47.
Der Zeitraum, auf den sich Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44 bezieht, bestimmt den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen die Vertragswidrigkeit festgestellt werden muss. Die Feststellung der Vertragswidrigkeit nach dem Ablauf dieses Zeitraums löst keine Haftung des Verkäufers aus.
48.
Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 1999/44 genannte Verjährungsfrist bestimmt hingegen die Frist, bis zu deren Ablauf der Verbraucher seine Rechte gegen den Verkäufer wegen der Vertragswidrigkeit der Ware geltend machen kann.
49.
Die Vorschriften, die den Anfang und das Ende der Haftungsdauer bestimmen, beantworten also die Frage, wann die Vertragswidrigkeit zutage treten muss, damit dem Käufer in Bezug darauf bestimmte Ansprüche gegen den Verkäufer zustehen können. Die Regelungen zu den Verjährungsfristen bestimmen, wann der Verbraucher seine Ansprüche, die während der Haftungsdauer entstanden sind, spätestens geltend machen muss.
C. Zur Abgrenzung zwischen der Haftungsdauer und der Verjährungsfrist im Rahmen des in der Richtlinie 1999/44 aufgestellten Modells des Verbraucherschutzes
50.
Vor dem Hintergrund der Richtlinie 1999/44 dienen die Dauer der Haftung des Verkäufers für die Vertragswidrigkeit der Ware und die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 dieser Richtlinie genannte Frist verschiedenen Zwecken.
51.
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 1999/44 bestimmt, dass „der Verkäufer … haftet, wenn die Vertragswidrigkeit binnen zwei Jahren nach der Lieferung des Verbrauchsgutes offenbar wird“ ( 15 ). Art. 5 Abs. 1 Satz 2 regelt hingegen die Verjährungsfristen. Er bestimmt, dass, wenn „nach dem innerstaatlichen Recht für die Ansprüche nach Art. 3 Abs. 2 eine Verjährungsfrist [gilt], sie nicht vor Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung [endet]“.
52.
Nach der Richtlinie 1999/44 muss der Verkäufer mindestens zwei Jahre für Vertragswidrigkeiten haften. Die Richtlinie überlässt es dabei dem nationalen Gesetzgeber, Verjährungsfristen zu bestimmen und dadurch die Möglichkeit der Geltendmachung der daraus erwachsenden Ansprüche durch die Verbraucher zeitlich zu begrenzen. Die Richtlinie enthält noch nicht einmal Vorgaben zur Länge dieser Fristen. Wenn aber Verjährungsfristen festgelegt werden, dürfen sie – gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 1999/44 – nicht vor dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung enden.
53.
Nach meiner Auffassung ergibt sich schon aus dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie, dass diese beiden Zeiträume nicht miteinander verknüpft sind. Diese Bestimmung knüpft die Verjährungsfrist nicht an die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 geregelte Haftungsdauer, sondern an den Zeitraum von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung. In Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 1999/44 wird in keiner Weise auf den ersten Satz dieser Bestimmung verwiesen, der die Dauer der Haftung des Verkäufers für Vertragswidrigkeiten regelt.
54.
Diese Argumentationslinie wird auch durch den 17. Erwägungsgrund der Richtlinie gestützt, in dem gleich zweimal auf die zweijährige Verjährungsfrist verwiesen wird: einmal in einem allgemeineren Kontext, indem bestätigt wird, dass die innerstaatlichen Rechtsordnungen diese Fristen vorsehen können, und ein andermal im Zusammenhang mit der vom nationalen Gesetzgeber beschlossenen Anknüpfung des Fristbeginns an ein anderes Ereignis als die Lieferung der Ware.
55.
Ich bin mir bewusst, dass die Übereinstimmung zwischen der Mindestdauer der Haftung und der Mindestlänge der Verjährungsfrist, die beide grundsätzlich nicht vor dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung erlöschen können, zu dem Schluss führen kann, dass zwischen ihnen eine enge Verbindung besteht.
56.
Ich möchte allerdings anmerken, dass die zweijährige Haftung des Verkäufers für Vertragswidrigkeiten eine Kompromisslösung darstellt, mit der die verschiedenen diesbezüglichen Regelungen in Einklang gebracht werden sollten, die in den einzelnen Mitgliedstaaten gelten ( 16 ). Diesem Kompromiss liegt die Überlegung zugrunde, dass – obwohl dieser Zeitraum entschieden kürzer ist als die entsprechenden Zeiträume in den Rechtsordnungen einiger Mitgliedstaaten – der verfolgte Mindestharmonisierungsansatz genügen werde, um das gewünschte Schutzniveau für Verbraucher zu gewährleisten ( 17 ).
57.
Die Regelung zur Haftungsdauer in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 1999/44 ist den Bestimmungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 nachgebildet ( 18 ), dessen Art. 39 Abs. 2 bestimmt, dass „der Käufer in jedem Fall das Recht [verliert], sich auf die Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie nicht spätestens innerhalb von zwei Jahren, nachdem ihm die Ware tatsächlich übergeben worden ist, dem Verkäufer anzeigt, es sei denn, dass diese Frist mit einer vertraglichen Garantiefrist unvereinbar ist“.
58.
Das dem Übereinkommen zugrunde liegende Modell – von dem sich der Unionsgesetzgeber inspirieren ließ – setzt nicht voraus, dass die Ansprüche des Käufers nicht vor dem Ablauf der Haftungsdauer verjähren können ( 19 ).
59.
Ich denke auch nicht, dass der europäische Gesetzgeber angenommen hat, dass die Ansprüche nicht verjähren könnten, solange der Verkäufer noch hafte, und diese beiden Zeiträume deswegen verknüpfen wollte. Die Haftungs- und die Verjährungsfristen sind nur insoweit voneinander abhängig, als der Anspruch – damit er verjähren kann – zuvor im Haftungszeitraum entstehen muss. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass diese Abhängigkeit auch umgekehrt gilt. Auch die Bestimmungen der Richtlinie gehen nicht davon aus.
60.
Zur Erklärung der in der Richtlinie 1999/44 vorgesehenen Länge der Frist, vor deren Ablauf die Ansprüche nicht verjähren können, kann nur vermutet werden, dass eine zweijährige Frist als ausreichend angesehen wurde, um den Mindeststandard des Verbraucherschutzes zu gewährleisten.
61.
Im Licht der obigen Erwägungen bin ich überzeugt, dass der vom Unionsrecht gewährleistete Verbraucherschutz erfordert, dass die Ansprüche des Verbrauchers wegen Vertragswidrigkeit der Ware nicht vor dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt ihrer Lieferung verjähren können.
D. Auslegung von Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44 als Ausnahmeregelung
62.
Ich bin überzeugt, dass Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44, der die Möglichkeit vorsieht, die Haftungsdauer für gebrauchte Güter zu verkürzen, keine andere Auslegung erlaubt.
1.  Reichweite der in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44 geregelten Verweisung
63.
Von entscheidender Bedeutung für das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen ist die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44, der bestimmt, dass „im Fall gebrauchter Güter die Mitgliedstaaten vorsehen [können], dass der Verkäufer und der Verbraucher sich auf Vertragsklauseln oder Vereinbarungen einigen können, denen zufolge der Verkäufer weniger lange haftet als in Art. 5 Abs. 1 vorgesehen“, und dass „[d]iese kürzere Haftungsdauer … ein Jahr nicht unterschreiten [darf]“.
64.
In ihren schriftlichen Erklärungen hat die Kommission darauf hingewiesen, dass die in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 enthaltene Verweisung auf die in Art. 5 Abs. 1 geregelte „Dauer“ relativ unglücklich sei, da sie nicht genau bestimme, auf welche Zeiträume sie sich beziehe. Es sei nicht klar, ob damit der Zeitraum gemeint sei, innerhalb dessen die Vertragswidrigkeit zutage treten müsse (Art. 5 Abs. 1 Satz 1), oder der Verjährungszeitraum (Art. 5 Abs. 1 Satz 2) ( 20 ).
65.
In manchen Sprachfassungen sieht Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie die Möglichkeit vor, die Haftungsdauer des Verkäufers zu verkürzen („la responsabilité du vendeur“, „liability of the seller“, „responsabilità del venditore“). Die gleichen Begriffe finden in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie in Bezug auf den Zeitraum Verwendung, vor dessen Ablauf die Vertragswidrigkeit zutage treten muss ( 21 ). Ich habe daher keine Zweifel, dass Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie nur die Haftungsdauer betrifft, die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 geregelt ist, aber nicht die Verjährungsfristen, auf die sich Art. 5 Abs. 1 Satz 2 bezieht.
66.
Diese Auffassung wird auch durch das Gesetzgebungsverfahren gestützt, das zum Erlass der Richtlinie 1999/44 geführt hat. Die Entstehungsgeschichte einer Vorschrift des Unionsrechts kann nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs relevante Anhaltspunkte für deren Auslegung liefern ( 22 ).
67.
Der ursprüngliche Entwurf der Richtlinie ( 23 ) sah keine besonderen Bestimmungen für den Gebrauchtwarenverkauf vor.
68.
Zu diesem Zeitpunkt ging man von einer einheitlichen zweijährigen Haftung des Verkäufers aus, die für alle Waren galt, die dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterlagen.
69.
Im Verlauf der weiteren Arbeiten wies der Wirtschafts- und Sozialausschuss darauf hin, dass eine zweijährige Haftung des Verkäufers in manchen Fällen wegen der Art der verkauften Ware („la nature particulière du bien vendu“) als zu lang erscheinen kann. Der Ausschuss schlug vor, den Parteien zu gestatten, die Haftungsdauer („la durée de cette garantie“) – im Wege einer Ausnahme von der Zweijahresfrist – auf ein Jahr zu verkürzen ( 24 ).
70.
Letztendlich wurde im Rahmen des gemeinsamen Standpunkts des Rates und des Parlaments für eine Lösung gestimmt, die – in Bezug auf gebrauchte Waren – eine vertragliche Verkürzung des in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie genannten Zeitraums erlaubt, soweit das innerstaatliche Recht diese Möglichkeit zulässt. Dieser Zeitraum darf allerdings ein Jahr nicht unterschreiten (Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2). Sowohl in den Gesetzgebungsmaterialien ( 25 ) als auch im 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/44 wird diese Ausnahme mit der Eigenart gebrauchter Waren begründet („tenir compte de leur spécificité“).
71.
Es wurde insoweit, wie ich denke, den Empfehlungen des Ausschusses in seiner Stellungnahme gefolgt, der die Einführung der entsprechenden Regelung mit der Notwendigkeit begründet hat, die Haftungsdauer wegen der besonderen Eigenarten mancher Waren unterschiedlich zu gestalten. Ich bin daher überzeugt, dass die in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 aufgestellte Regel die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 genannte Haftungsdauer betrifft, wie es der vom Wirtschafts- und Sozialausschuss in Bezug auf die Haftungsdauer des Verkäufers („la durée de … garantie“) vorgeschlagenen Änderung entspricht.
72.
In diesem Stadium meiner Überlegungen stelle ich daher fest, dass – gemäß Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44 – die nationalen Gesetzgeber eine Regelung einführen können, die in Bezug auf den Verkauf gebrauchter Waren den Parteien erlaubt, ausschließlich die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 dieser Richtlinie genannte Haftungsdauer auf ein Jahr zu verkürzen.
2.  Auslegung von Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44
73.
Im Licht von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 1999/44 ist die zweijährige Haftung des Verkäufers für Vertragswidrigkeiten als ein grundlegender Bestandteil des im Unionsrecht gewährleisteten Mindeststandards des Verbraucherschutzes anzusehen. Die Parteien können diese Haftung weder zeitlich begrenzen noch ausschließen, was aus Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie hervorgeht.
74.
Ausnahmsweise können die Mitgliedstaaten aber eine Regelung ins innerstaatliche Recht einführen, nach der es den Parteien gestattet ist, im Fall gebrauchter Waren eine kürzere Haftung des Verkäufers zu vereinbaren. Dieser Zeitraum darf allerdings ein Jahr nicht unterschreiten (Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2).
75.
Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2, der die Festlegung einer kürzeren Haftung des Verkäufers für Vertragswidrigkeiten erlaubt, unterliegt daher als Ausnahmeregelung einer engen Auslegung, die nicht über das hinausgehen darf, was zur Erreichung des Zwecks dieser Vorschrift zwingend erforderlich ist ( 26 ).
76.
Wenn den nationalen Gesetzgebern im Wege der Ausnahme die Befugnis eingeräumt wurde, den Parteien die Vereinbarung einer kürzeren Haftungsdauer zu erlauben, kann diese Befugnis nicht dahin erweitert werden, dass sie auch die Möglichkeit erfasst, die Dauer der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie geregelten Verjährungsfristen zu ändern. Das innerstaatliche Recht darf den Parteien eines Kaufvertrags also nicht gestatten, die Anwendung der Regelung auszuschließen, nach der die Rechte des Verbrauchers nicht vor dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung verjähren können.
77.
Ich denke, dass die Richtlinie auch anderen Lösungsansätzen entgegensteht, die zu ähnlichen Ergebnissen führen. Insbesondere spricht das Erfordernis einer engen Auslegung von Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44 gegen eine Verknüpfung des Zeitpunkts, an dem die Verjährungsfrist ablaufen kann, mit dem Ende der Haftungsdauer, wenn die Haftungsdauer durch die Parteien selbst auf ein Jahr verkürzt werden kann.
78.
Die obigen Erwägungen führen mich zu dem Schluss, dass der Ausnahmecharakter von Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44 einer Auslegung der Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts entgegensteht, die es für zulässig erachtet, dass die Verjährungsfrist vor dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung der Ware enden kann.
E. Zweck der Ausnahmeregelung in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44
79.
Ich denke nicht, dass der Zweck von Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44 eine andere Auslegung der dort aufgestellten Ausnahmeregelung erfordert, die weiter geht als die hier vertretene Auslegung.
1.  Ausnahmeregelung in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie im Licht des vertraglichen Gleichgewichts
80.
Aus den Erwägungen in den Nrn. 69 und 70 der vorliegenden Schlussanträge geht hervor, dass Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie die Rücksichtnahme auf die Eigenart gebrauchter Verbrauchsgüter erlaubt.
81.
Ich denke, dass diese Regelung vor allem einen Versuch darstellt, die Interessen des Verkäufers und des Käufers in einer Weise gegenseitig abzuwägen, dass eine unverhältnismäßig weitreichende Haftung des Verkäufers für gebrauchte Güter verhindert wird. Die Analyse des 17. Erwägungsgrundes der Richtlinie führt mich zu dem Schluss, dass die Beschränkung der Haftungsdauer auf zwei Jahre durch die Sorge motiviert war, der Verkäufer könnte andernfalls einer allzu ausgedehnten Haftung ausgesetzt sein. Das gleiche Argument war nach meiner Ansicht ausschlaggebend für die Zulassung einer weiter gehenden Begrenzung der Haftung des Verkäufers für gebrauchte Waren.
82.
Ich denke daher, dass der Zweck der Ausnahmeregelung in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44 nicht so sehr in der Berücksichtigung der Besonderheiten gebrauchter Waren zu sehen ist, sondern darin besteht, den Parteien die Möglichkeit zu eröffnen, das Vertragsrisiko frei zu gestalten. Die Parteien sollen entscheiden können, ob – im Fall eines Vertragsabschlusses über gebrauchte Waren – die Anwendung mancher in der Richtlinie vorgesehenen Regelungen ausgeschlossen wird. Die Pflicht zur Befolgung aller in der Richtlinie aufgestellten Anforderungen durch die Parteien könnte der Entwicklung des Gebrauchtwarenmarkts abträglich sein. Die Aufrechterhaltung eines hohen Schutzniveaus für die Verbraucher ist mit verhältnismäßig hohen Kosten der Abwicklung geschäftlicher Transaktionen verbunden. Dies könnte Unternehmer von der Beteiligung an derartigen Geschäften abhalten. Wenn diese Kosten eingepreist und dem Verbraucher auferlegt werden müssten, verlöre der Gebrauchtwarenmarkt seinen entscheidenden Vorteil, d. h. die Möglichkeit, den Verbrauchern Güter zu attraktiven Preisen anzubieten.
83.
Beim Streben nach einem hohen Schutzniveau für die Verbraucher darf daher nicht aus dem Blickfeld verloren werden, dass die Entwicklung des Binnenmarkts die Wahrung eines Gleichgewichts zwischen den Parteien eines Kaufvertrags erfordert. Von diesem Geist ist die Argumentation des Gerichtshofs beseelt, der im Rahmen der Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 1999/44 die Notwendigkeit erkennt, die finanziellen Interessen des Verkäufers zu schützen ( 27 ).
84.
Es stellt sich die Frage, ob der Wunsch nach Wahrung des erforderlichen Gleichgewichts zwischen den Interessen der Parteien eines Kaufvertrags für einen Lösungsansatz spricht, nach dem die Verkürzung der Haftungsdauer dazu führt, dass die zweijährige Mindestverjährungsfrist ebenfalls verkürzt wird.
85.
Nach meiner Auffassung ist diese Frage zu verneinen.
86.
Die Richtlinie 1999/44 selbst enthält eine Reihe von Regelungen, die die Sorge um die Wahrung des vertraglichen Gleichgewichts zum Ausdruck bringen. Neben der zweijährigen Haftung für Vertragswidrigkeiten, von der bereits die Rede war, zählt dazu – woran der Gerichtshof im Urteil Quelle erinnert hat ( 28 ) – die Möglichkeit, die Ersatzlieferung nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie zu verweigern, wenn sich diese Abhilfe als unverhältnismäßig erweist, weil sie dem Verkäufer unzumutbare Kosten verursachen würde. Diesen Katalog ergänzte der Gerichtshof im Urteil Gebr. Weber und Putz durch die Feststellung, dass Art. 4 dieser Richtlinie dem Verkäufer das Recht gewährt, den Hersteller, einen früheren Verkäufer oder eine andere Zwischenperson in Regress zu nehmen ( 29 ).
87.
Obwohl die Richtlinie also darauf ausgerichtet ist, das vertragliche Gleichgewicht zu wahren, ist der europäische Gesetzgeber doch bemüht, den äußersten Fall zu vermeiden und dem Verbraucher nicht alle Rechtsschutzmöglichkeiten zu entziehen.
88.
Zu den gleichen Ergebnissen führt die Untersuchung derjenigen Bestimmungen der Richtlinie, die sich auf gebrauchte Güter beziehen.
89.
So erkenne ich in der Richtlinie selbst – neben der Möglichkeit, die Haftungsdauer zu verkürzen – zwei weitere Beispiele für Regelungen, die für gebrauchte Waren von Bedeutung sein können.
90.
Im 16. Erwägungsgrund der Richtlinie wird darauf hingewiesen, dass die Eigenart gebrauchter Güter ihre Ersatzlieferung in der Regel unmöglich macht. In den Bestimmungen der Richtlinie selbst wurde dieser Gedanke in Art. 3 Abs. 3 aufgegriffen, in dem es heißt, dass der Verkäufer die Ersatzlieferung der Ware verweigern kann, sofern sie unmöglich ist.
91.
Außerdem kann gemäß Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 die Vermutung, dass Vertragswidrigkeiten, die binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar werden, bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden haben, widerlegt werden, wenn diese Vermutung mit der Art des Gutes unvereinbar ist. Noch vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie wurde in der Lehre darauf hingewiesen, dass diese Bestimmung auf gebrauchte Güter Anwendung finden könne ( 30 ). Auch der belgische Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. In Art. 1649quater § 4 des belgischen Zivilgesetzbuchs wird der Begriff der „Vertragswidrigkeit der Waren“ schon auf der Stufe des nationalen Rechts durch den Hinweis ergänzt, dass bei der Prüfung dieser Vertragswidrigkeit zu beachten ist, ob die Waren neu oder gebraucht sind.
92.
Jedenfalls soll dem Verbraucher durch die Rücksichtnahme auf die Eigenart gebrauchter Waren nicht der ihm gewährte Schutz genommen, sondern es sollen lediglich die ihm zustehenden Rechte (Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44) bzw. Beweiserleichterungen (Art. 5 Abs. 3) eingeschränkt werden.
93.
Die Frage dahin gehend zu beantworten, dass eine Verkürzung der Haftungsdauer auch zu einer Verkürzung der Frist führt, vor deren Ablauf die Verjährung nicht eintreten kann, könnte jedoch zur Folge haben, dass der Verbraucher noch vor dem Ablauf von zwei Jahren nach der Lieferung gänzlich seines Rechtsschutzes beraubt würde.
94.
Im Licht der obigen Erwägungen bin ich der Auffassung, dass das Gebot, die Interessen beider Parteien des Kaufvertrags zu berücksichtigen, keine Abweichung von der Regel rechtfertigt, wonach die Ansprüche des Verbrauchers nicht vor dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung der Ware verjähren können.
2.  Rücksichtnahme auf die Eigenart gebrauchter Waren als unmittelbarer Zweck der Ausnahmeregelung in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44
95.
Mit der Ausnahmeregelung in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44 soll, wie bereits dargelegt wurde, die Eigenart gebrauchter Waren berücksichtigt werden.
96.
Die österreichische Regierung vertritt in ihren schriftlichen Erklärungen den Standpunkt, dass, wenn Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie diesem Zweck diene, der kürzere Zeitraum der Haftung für Vertragswidrigkeiten mit dem Zeitraum verknüpft werden müsse, vor dessen Ablauf die Rechte des Verbrauchers nicht verjähren könnten. Zur Begründung dieser Auffassung wird vorgetragen, dass im Hinblick auf die Eigenart gebrauchter Waren, die bereits der Abnutzung ausgesetzt gewesen seien, zum einen die Wahrscheinlichkeit der Vertragswidrigkeit im Zeitpunkt der Lieferung der Sache wachse und zum anderen mit dem Zeitablauf der Beweis des Vorliegens der Vertragswidrigkeit zu eben diesem Zeitpunkt erschwert werde.
97.
Ich denke aber nicht, dass diese Umstände die Ansicht rechtfertigen, dass die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 1999/44 genannte Frist mit der Haftungsdauer für die Vertragswidrigkeit verknüpft werden muss.
98.
Was die erhöhte Wahrscheinlichkeit des Offenbarwerdens der Vertragswidrigkeit anbelangt, so berücksichtigt schon die Beschränkung der Haftung des Verkäufers auf Mängel, die innerhalb von einem Jahr ab dem Zeitpunkt der Lieferung offenbar werden, im ausreichenden Maße die Eigenart gebrauchter Waren. Diese Haftung wird hingegen – zumindest im Kontext der Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Offenbarwerdens der Vertragswidrigkeit mit Zeitablauf – allein durch die Gewährung längerer Verjährungsfristen nicht erweitert. Der Verjährung können nämlich nur diejenigen Ansprüche unterliegen, die während der Haftungsdauer entstanden sind. Die vom Verkäufer zu ertragende Unsicherheit, ob der Verbraucher Rechtsschutz in Anspruch nehmen wird, ist hingegen ein anderes Problem.
99.
Mich überzeugt auch nicht die Argumentation mit den Beweisschwierigkeiten wegen Zeitablaufs.
100.
Im betreffenden Fall geht es um verhältnismäßig kurze Zeiträume. Der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens in der vorliegenden Rechtssache, in dem die Jahresfrist, vom Zeitpunkt der Lieferung der Ware an gerechnet, um nicht einmal sechs Monate überschritten wurde ( 31 ), bestätigt diese Annahme.
101.
Außerdem denke ich, dass die Interessen des Verkäufers durch die Beweisschwierigkeiten, auf die die österreichische Regierung hinweist, nicht beeinträchtigt werden. Der Zeitablauf erschwert nur die Beweisführung durch den Verbraucher, der beweisen muss, dass die Vertragswidrigkeit schon im Zeitpunkt der Lieferung der Ware vorgelegen hat. Bei gebrauchten Waren muss der Verbraucher ohnehin mit derartigen Schwierigkeiten rechnen. So kann die Tatsache, dass es sich bei einer Sache um eine Gebrauchtware handelt, z. B. zur Folge haben, dass der Verbraucher sich nicht auf die Vermutung der Vertragswidrigkeit im Zeitpunkt der Lieferung der Ware wird berufen können, selbst wenn diese Vertragswidrigkeit innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Lieferung offenbar wird ( 32 ).
102.
Ich bin daher der Ansicht, dass der Wunsch nach Wahrung des Gleichgewichts zwischen den Vertragsparteien es nicht rechtfertigt, die Bestimmungen der Richtlinie 1999/44 dahin auszulegen, dass die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 dieser Richtlinie genannte Frist von dem in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 genannten Zeitraum abhängig ist, wenn dieser Zeitraum von den Parteien selbst auf ein Jahr verkürzt wird.
103.
Nach alledem vertrete ich die Auffassung, dass zum Mindeststandard des in der Richtlinie 1999/44 verankerten Verbraucherschutzes die Regel gehört, dass dem Verbraucher vor dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung nicht die Möglichkeit genommen werden darf, seine Rechte, die ihm gegen den Verkäufer wegen der Vertragswidrigkeit der Ware zustehen, geltend zu machen.
VI. Ergebnis
104.
Angesichts der obigen Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Frage der Cour d’appel de Mons (Appellationsgericht Mons) wie folgt zu antworten:
Zu dem durch das Unionsrecht gewährleisteten Mindeststandard des Verbraucherschutzes gehört gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter – auch hinsichtlich gebrauchter Waren – die Regel, dass dem Verbraucher vor dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung nicht die Möglichkeit genommen werden darf, seine Rechte, die ihm gegen den Verkäufer wegen der Vertragswidrigkeit der Ware zustehen, geltend zu machen.

( 1 ) Originalsprache: Polnisch.
( 2 ) Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. L 171, S. 12). Diese Richtlinie wurde durch die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher (ABl. L 304, S. 64) geändert. Die neue Richtlinie gilt aber nur für Verträge, die nach dem 13. Juni 2014 geschlossen wurden (Art. 28 Abs. 2). Zudem betreffen die eingeführten Änderungen keine Fragestellungen, die für das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen von wesentlicher Bedeutung sind.
( 3 ) Fußnote betrifft nur die polnische Fassung dieser Schlussanträge.
( 4 ) Ich paraphrasiere an dieser Stelle Łętowska, E., die betont, dass der Schutz des Verbrauchers als schwächere Partei des Vertragsverhältnisses sich nicht auf die Tätigkeit des Gesetzgebers beschränken dürfe. Es müsse auch dafür gesorgt werden, dass dem Verbraucher wirksame Mittel des Rechtsschutzes zur Verfügung gestellt würden, denn: „(theoretisch) Recht haben, es aber nicht durchsetzen können, ist eine weit größere Deprivation (auf eigener Machtlosigkeit beruhender Hoffnungsverlust), als ein Recht gänzlich zu entbehren“. Łętowska, E., „Wirtualizacja sądowej ochrony słabszych“ (Virtualisierung des gerichtlichen Schutzes Schwächerer), in: Ochrona strony słabszej stosunku prawnego. Księga jubileuszowa ofiarowana Profesorowi Adamowi Zielińskiemu (Schutz der schwächeren Partei des Rechtsverhältnisses, Festschrift für Professor Adam Zieliński), Hrsg. Boratyńska, M., Warschau, Wolters Kluwer SA 2016, S. 73.
( 5 ) Dieses Gesetz trat erst in Kraft, nachdem der Gerichtshof im Urteil vom 19. Februar 2004, Kommission/Belgien (C‑312/03, EU:C:2004:116), festgestellt hatte, dass Belgien – durch die Nichtumsetzung der Richtlinie 1999/44 bis zum 1. Januar 2002 – gegen seine unionsrechtlichen Verpflichtungen verstoßen hat.
( 6 ) Nur am Rande möchte ich anmerken, dass – nach der vom vorlegenden Gericht im Vorabentscheidungsersuchen vertretenen Auffassung – die zweijährige Haftungsfrist bis zum 7. Januar 2011 nicht lief, da erst dann die Zulassung des Fahrzeugs möglich geworden sei. Das Gericht erwähnt zudem, dass Herr Ferenschild behauptet habe, diese Frist sei auch nicht während der nächsten paar Monate nach diesem Datum gelaufen, als die Parteien über die Vertragswidrigkeit verhandelt hätten. Das vorlegende Gericht ist in seiner Fragestellung nicht auf diesen Umstand eingegangen und ersucht nicht um Hinweise zum Einfluss der oben genannten Umstände auf die Verjährungsfristen. Die Richtlinie 1999/44 selbst stellt keine besonderen Anforderungen an die Hemmung der Verjährung. Im 18. Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es lediglich: „Für den Fall einer Nachbesserung oder einer Ersatzlieferung sowie für den Fall von Verhandlungen zwischen dem Verkäufer und dem Verbraucher über eine gütliche Regelung können die Mitgliedstaaten gemäß ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften gegebenenfalls die Hemmung oder Unterbrechung des Zeitraums, während dessen Vertragswidrigkeiten offenbar werden müssen, und der Verjährungsfrist vorsehen.“
( 7 ) Im Kontext der Umsetzung der Richtlinie 1999/44 vgl. Boden, D., „Le retard pris par la Belgique pour transposer la directive 1999/44/CE ‚sur certains aspects de la vente et des garanties des biens de consommation‘“, Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht, Bd. 4, 2003/2004, S. 192; Pinna, A., „La transposition en droit français“, European Review of Private Law, Bd. 9, Nr. 2, 2001, S. 224 bis 231.
( 8 ) Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und ‑garantien, KOM(95) 520 endg. – 96/0161(COD), S. 11.
( 9 ) Bis zu einem gewissen Grad wird die Konzeption der „Vertragswidrigkeit der Ware“ durch Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie gemildert, der bestimmt, dass keine Vertragswidrigkeit vorliegt, wenn der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis von der Vertragswidrigkeit hatte oder vernünftigerweise nicht in Unkenntnis darüber sein konnte. Vgl. Pelet, S., „L’impact de la directive 99/44/EC relative à certains aspects de la vente et des garanties des biens de consommation sur le droit français“, Revue européenne de droit de la consommation, Bd. 1, 2000, S. 49 und 50.
( 10 ) Im Licht von § 435 des (deutschen) Bürgerlichen Gesetzbuchs ist die Sache z. B. frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Gemäß § 923 des (österreichischen) Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs haftet der Verkäufer u. a., wenn er eine fremde Sache verkauft, eine Belastung der Sache verschweigt oder fälschlich zusichert, die Sache sei lastenfrei. Gemäß § 12 des bis vor Kurzem im Vereinigten Königreich geltenden Sale of Goods Acts 1979 (Gesetz über den Verkauf von Waren von 1979) haftete der Verkäufer für das Recht, über die Sache zu verfügen (gegebenenfalls zum Zeitpunkt der vereinbarten Übergabe an den Käufer), sowie für die Lastenfreiheit der Sache im Zeitpunkt des Verkaufs und bis zum vereinbarten Zeitpunkt des Eigentumsübergangs an den Käufer. Zurzeit – wenigstens im Hinblick auf Verbraucherverträge – wird diese Problematik in § 17 Abs. 2 des Consumer Right Acts 2015 (Gesetz über die Rechte des Verbrauchers von 2015) in einer ähnlichen Weise geregelt. Nach Art. 5563 des Kodeks Cywilny (polnisches Zivilgesetzbuch) haftet der Verkäufer dem Käufer dafür, dass die verkaufte Sache nicht im Eigentum eines Dritten steht und nicht mit Rechten eines Dritten belastet ist. Und schlussendlich bestimmt Art. 41 des am 11. April 1980 in Wien geschlossenen Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf – von dem sich der europäische Gesetzgeber im Rahmen der Arbeiten an der Richtlinie 1999/44 hat inspirieren lassen, worauf ich noch im weiteren Verlauf der vorliegenden Schlussanträge eingehen werde –, dass „der Verkäufer Ware zu liefern [hat], die frei von Rechten oder Ansprüchen Dritter ist“. Diese Regelungen spiegeln sich im Entwurf eines gemeinsamen Referenzrahmens für das Europäische Privatrecht (Draft Common Frame of Reference) wider, dem u. a. ein rechtsvergleichender Ansatz zugrunde liegt. Gemäß Art. 2:305 Satz 1 in Verbindung mit Art. 2:301 Buchst. d, die sich im Vierten Buch, Teil A, dieser Regelung befinden, liegt eine Vertragswidrigkeit der Ware vor, wenn die Sache mit einem Recht oder einem begründeten Anspruch eines Dritten belastet ist („The good must be free from any right or reasonably well founded claim of a third party“). Vgl. Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law. Draft Common Frame of Reference (DCFR). Outline Edition, Von Bar, C., Clive, E., Schulte-Nölke, H., u. a. (Hrsg.), München, Sellier European Law Publishers 2009, S. 282.
( 11 ) Vgl. Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44.
( 12 ) Vgl. Urteil vom 18. Oktober 1990, Dzodzi (verbundene RechtssachenC‑297/88 und C‑197/89, EU:C:1990:360, Rn. 38 bis 41).
( 13 ) Vgl. Urteil vom 17. Juli 1997, Giloy (C‑130/95, EU:C:1997:372, Rn. 28), Urteil vom 7. Januar 2003, BIAO (C‑306/99, EU:C:2003:3, Rn. 18 bis 20 und 92 bis 94).
( 14 ) Vgl. erster Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/44 mit dem Verweis auf Art. 153 EGV, der durch Art. 169 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ersetzt wurde, dessen Bedeutung nunmehr auch Art. 38 der Charta der Grundrechte bestätigt.
( 15 ) Hervorhebung nur hier.
( 16 ) Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und ‑garantien, KOM(95) 520 endg. – 96/0161(COD), S. 12.
( 17 ) Vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und ‑garantien, KOM(95) 520 endg. – 96/0161(COD), S. 9 und 16.
( 18 ) Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und ‑garantien, KOM(95) 520 endg. – 96/0161(COD), S. 13. Diese Inspirationsquelle des Unionsgesetzgebers bei den Arbeiten an der Richtlinie 1999/44 ist auch der Lehre nicht entgangen. Vgl. auch Magnus, U., „The CISG’s Impact on European Legislation“, in The 1980 Uniform Sales LawOld Issues Revisited in the Light of Recent Experiences, Red. Ferrari, F., Sellier European Law Publishers 2003, Mailand, S. 135 bis 141; Montfort, C., „A la recherche d’une notion de conformité contractuelle. Etude comparée de la Convention de Vienne, de la directive 1999/44 et de certaines transpositions nationales“, European Review of Private Law, Bd. 4, 2006, S. 499.
( 19 ) Das Übereinkommen regelt die Frage der Verjährung von Ansprüchen aus Verträgen über den internationalen Warenkauf überhaupt nicht. Die Außerachtlassung dieser Frage ist eine sogenannte externe Lücke, d. h. eine, die durch die Bestimmungen des Rechts geschlossen wird, das nach den Normen des internationalen Privatrechts zur Anwendung kommt. Magnus, U., „CISG vs. CESL“, in CISG vs. Regional Sales Law Unification: With a Focus on the New Common Sales Law, Red. Magnus, U., München 2012, S. 112 und 113. Letztendlich entscheiden über die Verjährung von Ansprüchen aus Verträgen, die dem Übereinkommen unterliegen, die Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts. An dieser Stelle kann nicht auf die verschiedenen Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten eingegangen werden. Zweifelsfrei wird diese Frage aber unterschiedlich geregelt. Die Verjährungsproblematik ist außerdem Gegenstand eines besonderen Übereinkommens, und zwar des am 14. Juni 1974 in New York geschlossenen Übereinkommens über die Verjährung beim internationalen Warenkauf. Ich möchte hier nicht detailliert erläutern, wann dieses Übereinkommen zur Anwendung kommen kann. Jedenfalls kann es anstatt des nationalen Rechts angewandt werden, um die Verjährung von Ansprüchen zu prüfen, die sich aus Verträgen ergeben, die dem Übereinkommen von 1980 unterliegen. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß Art. 8 des Übereinkommens vier Jahre. Diese Bemerkung ist deswegen wesentlich, weil einer der Gründe für die Nichtregelung der Verjährung im Übereinkommen von 1980 die Erwartung war, die Verjährungsfristen im Übereinkommen komplementär regeln zu können. Kruisinga, S. A., „What consumer and commercial sales law have in common? A comparison of the EC Directive on consumer sales law and the UN Convention on contracts for the international sale of goods“, European Review of Private Law, Bd. 9, Nr. 2, 2001, S. 185.

( 20 ) In Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der französischen Sprachfassung der Richtlinie 1999/44 wird auf Art. 5 Abs. 1 unter Verwendung des Begriffs „délai“ verwiesen, der im zweiten Satz dieser Bestimmung im Ausdruck „délai de prescription“ ebenfalls auftaucht. In ähnlicher Weise verweist Art. 7 Abs. 1 der englischen Sprachfassung der Richtlinie auf die Zeiträume („period“) in Art. 5 Abs. 1, in dessen zweitem Satz in Bezug auf die Verjährungsfristen von der „limitation period“ die Rede ist. Auch die polnische Sprachfassung ist nicht frei von Zweideutigkeiten dieser Art; in ihrem Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 wird auf die „Zeiträume“ („okresy“) in Art. 5 Abs. 1 verwiesen. In dieser letztgenannten Bestimmung erscheint der Begriff „Zeitraum“ aber nur in der Regelung der „Verjährungszeiträume“ („okresy przedawnienia“). In Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der spanischen Sprachfassung wird auf Art. 5 Abs. 1 unter Zuhilfenahme der Wendung „plazo de responsabilidad por parte del vendedor menor que el establecido en el apartado 1 del artículo 5“ verwiesen, obwohl der Begriff „plazo“ in Art. 5 Abs. 1 nur bei der Bestimmung der Verjährungsfristen („plazo de prescripción“) verwendet wird. Auch die italienische Sprachfassung der Richtlinie kann Zweifel wecken. In ihrem Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 wird auf Art. 5 Abs. 1 mit den Worten „periodo di tempo“ verwiesen. Dieser Ausdruck taucht in Art. 5 Abs. 1 aber nicht auf, es ist dort nur von der Haftung des Verkäufers für Vertragswidrigkeiten, die vor dem Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung offenbar werden (Art. 5 Abs. 1 Satz 1: „il difetto di conformità si manifesta entro il termine di due anni“), und vom Eintritt der Folgen der Verjährung (Art. 5 Abs. 1 Satz 2: „… prescrizione, questa non può intervenire …“) die Rede. Ich möchte anmerken, dass in einigen Sprachfassungen der Verweis in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44 keine derartigen Auslegungsschwierigkeiten hervorruft. In der litauischen Sprachfassung wird z. B. in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 auf die Haftungsdauer in Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie verwiesen („trumpesnis pardavėjo atsakomybės laikotarpis nei tas, kuris nurodytas 5 straipsnio 1 dalyje“), während zur Bezugnahme auf die Verjährungsfristen in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Ausdruck „senaties terminas“ verwendet wird.