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Die Klage ist zulässig (I.) und hat auch in der Sache Erfolg (II.). |
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1. Sie ist als allgemeine Leistungsklage
statthaft, weil das Begehren des Klägers auf die Fortschreibung des
Luftreinhalteplanes Stuttgart gerichtet ist und dieser Luftreinhalteplan
nicht als Verwaltungsakt, sondern als „verwaltungsinterner
Handlungsplan“ zu qualifizieren (so bereits VG Stuttgart, Beschl. v.
14.08.2009, - 13 K 511/09 - in juris) und seiner Rechtsnatur nach daher
einer Verwaltungsvorschrift ähnlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v.
05.09.2013, - 7 C 21/12 - in juris). |
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2. Der vom Kläger gestellte Klageantrag
ist auch hinreichend bestimmt und genügt damit den Anforderungen des §
82 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Denn dem Antrag ist zu entnehmen, welches
konkrete Klageziel der Kläger erreichen will, nämlich die
Fortschreibung/Ergänzung des Luftreinhalteplans Stuttgart um Maßnahmen,
die dazu führen sollen, dass die Immissionsgrenzwerte für NO2
so schnell wie möglich eingehalten werden. Zu Recht hat der Kläger den
Klagantrag - im Sinne eines Bescheidungsantrages - auch auf die mit den
festzulegenden Luftreinhaltemaßnahmen bezweckten Ziele
(schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsgrenzwerte) beschränkt, weil
§ 47 BImSchG den nach Landesrecht für die Aufstellung von
Luftreinhalteplänen zuständigen Behörden bei der Auswahl und Festlegung
der erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von
Luftverunreinigungen in Luftreinhalteplänen einen planerischen
Gestaltungsspielraum einräumt und es den Gerichten daher im Regelfall
verwehrt ist, die zuständigen Behörde zur Festlegung konkreter Maßnahmen
zu verpflichten. |
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3.
Der Kläger besitzt als ein nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG)
anerkannter Umweltverband die gem. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis,
denn ihm steht in dieser Funktion das Recht zu, die Aufstellung eines
den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden
Luftreinhalteplans zu verlangen (so ebenfalls bereits BVerwG, Urt. v.
05.09.2013, a.a.O.) |
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Die
Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf
Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart um Maßnahmen, die zu
einer schnellstmöglichen Einhaltung der seit mindestens 2010
überschrittenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart führen. |
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Anspruchsgrundlage für das entsprechende Begehren des Klägers ist § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG.
Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde (hier: das
Regierungspräsidium Stuttgart; im Weiteren: Planbehörde) einen
Luftreinhalteplan aufzustellen, wenn die durch eine Rechtsverordnung
nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegten Immissionsgrenzwerte
einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden. Die
aufgrund von § 48a Abs.1 BImSchG erlassene 39.BImSchV dient der
Umsetzung der Richtlinien 2008/50/EG und 2001/81/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale
Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe. Gemäß § 27 Abs. 1
der 39.BImSchV ist ein Luftreinhalteplan für ein Gebiet oder einen
Ballungsraum aufzustellen, wenn der Immissionsgrenzwert für einen
Schadstoff in der Luft zuzüglich einer dafür geltenden Toleranzmarge in
einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum überschritten wird. Dieser
Luftreinhalteplan muss die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften
Verminderung von Luftverunreinigungen festlegen und den Anforderungen
der Rechtsverordnung entsprechen. |
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Nach den §§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG und 27 Abs. 2 der 39.BImSchV
müssen die festgelegten Maßnahmen geeignet sein, den Zeitraum einer
Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz
wie möglich zu halten. Damit normiert § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG in
Übereinstimmung mit Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 1 der RL
2008/50/EG eine zeitliche Vorgabe für die Erreichung
des in § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BImSchG festgelegten Ziels der
Einhaltung der Grenzwerte, die nicht zur Disposition der Planbehörde
steht. Die Schadstoffbelastung der Luft soll im Interesse eines
effektiven Gesundheitsschutzes möglichst schnell auf das durch die
Immissionsgrenzwerte festgelegte zumutbare Ausmaß zurückgeführt werden.
An diesem Minimierungsgebot muss sich die Planbehörde
bei der Aufstellung bzw. Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans und der
Auswahl der geeigneten Maßnahmen ausrichten. Das Gebot, die
Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst schnell zu beenden,
fordert demnach eine Bewertung der zur Emissionsminderung geeigneten und
verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine zeitnahe
Verwirklichung der Luftqualitätsziele (so BVerwG, Urt. v. 05.09.2013,
a.a.O.). |
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Die
Planbehörde hat deshalb im Rahmen eines Gesamtkonzepts, das die
Einhaltung der Immissionsgrenzwerte zum Ziel haben muss, zunächst die
zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte grundsätzlich
geeigneten Maßnahmen zu ermitteln, deren Wirksamkeit
(Emissionsminderungspotenzial) prognostisch zu quantifizieren und danach
in einem weiteren Schritt zu prüfen und auszuwählen, welche der
grundsätzlich in Betracht kommenden Maßnahmen zu ergreifen sind, um zu
einer schnellstmöglichen Einhaltung der verbindlichen Grenzwerte zu
gelangen. Es reicht daher regelmäßig nicht aus, wenn sich die
Planbehörde im Rahmen ihrer Planung mit einzelnen Maßnahmen beschäftigt
und diese sogar in ihren Luftreinhalteplan aufnimmt, dabei aber offen
lässt, ob und wann mit diesen Maßnahmen das Gesamtziel erreicht sein
wird (ebenso VG Sigmaringen, Urt. v. 22.10.2014 - 1 K 154/12 – in
juris). |
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Bei der Auswahl der Maßnahmen ist schließlich § 47 Abs. 4 BImSchG
zu beachten, wonach die Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils
unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle
Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der
Immissionsgrenzwerte beitragen. |
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Ausgehend
von diesen Grundsätzen ist die Planbehörde verpflichtet, den
bestehenden Luftreinhalteplan Stuttgart fortzuschreiben, weil die in der
39. BImSchV vorgegebenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart bislang nicht eingehalten werden (dazu unter 1.). |
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Mit dem vorgelegten Planentwurf der „3. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplanes zur Minderung der PM10- und NO2-Belastungen“ vom Mai 2017 kommt die Planbehörde dieser Verpflichtung bislang nicht im gebotenen Umfang nach (dazu unter 2.). |
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Es ist jedoch möglich, die überschrittenen Immissionsgrenzwerte für NO2
in der Umweltzone Stuttgart einzuhalten, weil eine solche Einhaltung
nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten im
Gesamtwirkungsgutachten jedenfalls durch weitergehende
Verkehrsbeschränkungen tatsächlich erreichbar ist (dazu unter 3.). |
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Solche
weitergehenden Verkehrsbeschränkungen können mit dem zur Verfügung
stehenden Instrumentarium des Straßenverkehrsrechts auch in rechtlich
zulässiger Weise durchgesetzt werden (dazu unter 4.). |
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Sie
begegnen auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken und verstoßen
insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dazu
unter 5.). |
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1.
Die Planbehörde ist gemäß § 47 Abs. 1 BImSchG verpflichtet, den
bestehenden Luftreinhalteplan Stuttgart aus dem Jahr 2005 in der Fassung
der 1. und 2. Fortschreibung vom Februar 2010 bzw. Oktober 2014
fortzuschreiben. |
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Nach
§ 3 Abs. 1 der am 12.09.2002 in Kraft getretenen und bis zum 05.08.2010
gültigen 22. Verordnung zur Durchführung des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes/Verordnung über Immissionswerte für
Schadstoffe in der Luft (BGBl. I, S. 3626; im Weiteren: 22.BImSchV
2002), mit der u. a. die Richtlinie des Rates 80/779/EWG vom 15. Juli
1980 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid
und Schwebstaub (ABl. EG Nr. L 229, S. 30) und die Richtlinie 1999/30/EG
vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid
und Stickstoffdioxid, Partikel und Blei in der Luft (ABl. EG Nr. L 163,
S. 41) in deutsches Recht umgesetzt wurden, war im Bundesgebiet zum
Schutz der menschlichen Gesundheit bereits ab dem 01.01.2005 bis zum
31.12.2009 ein Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2)
von 200 µg/m³ (98-Prozent-Wert der Summenhäufigkeit, berechnet aus den
während eines Jahres gemessenen Mittelwerten über eine Stunde oder
kürzere Zeiträume) einzuhalten. |
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Gemäß § 3 Abs. 2 und 4 der 22.BImSchV gilt seit dem 01.01.2010 ein Stundengrenzwert für NO2
von 200 µg/m³ bei maximal 18 Überschreitungstagen im Kalenderjahr und
ein über das Kalenderjahr gemittelter Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³. |
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Seit
dem Inkrafttreten der 39. Verordnung zur Durchführung des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes/Verordnung über Luftqualitätsstandards
und Emissionshöchstmengen (im Weiteren: 39.BImSchV), welche die
22.BImSchV 2002 abgelöst hat und mit der die Richtlinie 2008/50/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität
und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 vom 11.06.2008, S. 1), die
Richtlinie 2004/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.
Dezember 2004 über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und
polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft (ABl. L 23 vom
26.1.2005, S. 3) sowie die Richtlinie 2001/81/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale
Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (ABl. L 309 vom
27.11.2001, S. 22) in nationales Recht umgesetzt wurden, ergeben sich
die o. g. Immissionsgrenzwertes für NO2 aus § 3 Abs. 1 und 2 der 39. BImSchV und der Anlage 11 Abschnitt B hierzu. |
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Dieser
in § 3 Abs. 2 und in Anlage 11 Abschnitt B der 39.BImSchV zum Schutz
der menschlichen Gesundheit festgelegte und seit dem 01.10.2010 geltende
Jahresmittelwert für NO2 von 40 µg/m³ wird nach wie vor (bis
einschließlich 2016) an mehreren Messstationen in der Umweltzone
Stuttgart (z. B. Arnulf-Klett-Platz, Hohenheimer Straße und Am
Neckartor) nicht eingehalten. Dasselbe gilt für den in § 3 Abs. 1 und in
Anlage 11 Abschnitt B der 39.BImSchV festgelegten Stundengrenzwert für
NO2 in Höhe von 200 µg/m³ bei maximal 18 Überschreitungstagen
im Kalenderjahr, der jedenfalls an der Messstation Am Neckartor nach
wie vor nicht eingehalten wird. |
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Dies
wird durch die an den genannten Messstationen erhobenen Messwerte
belegt, ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig und bedarf daher
keiner vertiefenden Darlegung. |
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2.
Dieser Verpflichtung gem. § 47 Abs. 1 BImSchG ist die Planbehörde mit
dem Planentwurf zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart
vom Mai 2017 jedoch nicht nachgekommen, weil die in diesen Planentwurf
aufgenommenen Vorhaben M1 bis M20 weder allein noch gemeinsam geeignet
und ausreichend sind, die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen NO2-Immissionsgrenzwerte zum schnellstmöglichen Zeitpunkt sicherzustellen. |
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Von den in M1, M2a, M2b und M2c
geregelten Verkehrsverboten kann nach dem Ergebnis der mündlichen
Verhandlung keines als geeignete und ausreichende Luftreinhaltemaßnahme
zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden. |
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Für das Verkehrsverbot M1
folgt dies daraus, dass dieses nach dem Willen des Plangebers nicht vor
dem 01.01.2020 umgesetzt werden soll und deshalb bereits wegen dieses
späten Umsetzungszeitpunktes zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der
überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte nichts beitragen kann. |
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Für die Verkehrsverbote M2 a, M2b und M2c
gilt dies deshalb, weil die Umsetzung dieser Verkehrsverbote
ausnahmslos an weitere Bedingungen geknüpft ist, deren Eintritt bereits
zum heutigen Zeitpunkt ausgeschlossen werden kann (M2a und M2b) oder zumindest ungewiss ist (M2c). Soweit
eine Umsetzung des Verkehrsverbotes M2c zum 01.01.2018 zumindest noch
denkbar ist, ist dieses jedenfalls auch wegen seines geringen
Wirkungsgrades offensichtlich ungeeignet im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3
BImSchG. |
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Soweit
die im Planentwurf im Einzelnen beschriebenen beabsichtigten Vorhaben
zur Verbesserung der Luftqualität nicht von den Trägern öffentlicher
Verwaltung (insbesondere Behörden) durch entsprechende hoheitliche
Anordnungen und Entscheidungen durchgesetzt, sondern von außerhalb der
Landesverwaltung stehenden Dritten realisiert werden sollen (M3 bis M6, M7 bis M10, M12 bis M15 und M17 bis M19) und
die nach § 47 BImSchG zuständige Planungsbehörde nicht durch
entsprechende (z. B. vertragliche) Vereinbarungen mit diesen Dritten
rechtsverbindlich sichergestellt hat, dass die beabsichtigten Vorhaben
auch tatsächlich durchgeführt werden, können diese Vorhaben mangels
einer verbindlichen Verpflichtung der betreffenden Umsetzungsadressaten
zu Umsetzung dieser Vorhaben bereits begrifflich nicht als
Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG eingestuft
werden. |
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Doch
selbst wenn man auch diejenigen Vorhaben, auf deren Realisierung die
Planbehörde in sonstiger Weise Einfluss genommen hat und deshalb mit
einiger Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich realisiert werden, noch als
Luftreinhaltemaßnahmen „im weitesten Sinne“ einstufen könnte, liegen
deren Immissionsminderungspotenziale an den einzelnen Messstationen
selbst bei großzügiger Bewertung maximal in einer Größenordnung von ca.
10 %. |
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Soweit
die im Planentwurf dargestellten Vorhaben vom Land Baden-Württemberg
durchgeführt werden sollen und daher grundsätzlich als
Luftreinhaltemaßnahmen eingestuft werden können (M11, M16 und M20;
Erhöhung der Zahl der Zugverbindungen und Förderprogramme zur
beschleunigten Flottenumstellung bei Fahrzeugen von Pflege- und
Lieferdiensten; Erhöhung der Parkgebühren in den Parkhäusern des
Landes), liegen die NO2-Immissionsminderungspotenziale dieser
Maßnahmen selbst in dem günstigsten - aber eher unwahrscheinlichen -
Fall, dass diese bis 2020 tatsächlich vollständig realisiert werden,
zusammen bei unter 4 %. |
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Damit liegt das NO2-Immissionsminderungspotenzial
der Vorhaben M3 bis M20 - selbst wenn man diese alle als
Luftreinhaltemaßnahmen einstufen könnte - insgesamt bei unter 15 %. |
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Mit
diesem Wirkungsgrad sind die betreffenden Vorhaben bzw. Maßnahmen
offensichtlich nicht ausreichend, um in Bezug auf die überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte
zeitnah rechtmäßige Zustände in der Umweltzone Stuttgart
herbeizuführen. Es handelt sich deshalb auch bereits aus diesem Grund um
keine geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3
BImSchG. |
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Im Einzelnen ist zu den Vorhaben M1 bis M20 Folgendes auszuführen: |
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M1:
Ab dem 01.01.2020 gilt ein ganzjährige Verkehrsverbot in der Umweltzone
Stuttgart für alle Fahrzeuge, mit Ausnahme von Fahrzeugen der Stufe 5
gemäß der 35. Verordnung zur Durchführung des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der
Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung –
35.BImSchV) (Blaue Plakette), vorausgesetzt, die 35.BImSchV ist bis zu
diesem Zeitpunkt so verändert, dass sie mindestens eine weitere Stufe
(5) der Kennzeichnungsmöglichkeit enthält. |
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Das in der Maßnahme M1
vorgesehene ganzjährige und in der gesamten Umweltzone Stuttgart
geltende Verkehrsverbot soll lediglich unter der Voraussetzung gelten,
dass die 35.BImSchV bis zum vorgesehenen Zeitpunkt (01.01.2020) um eine
weitere Kennzeichnungsmöglichkeit (sog. Blaue Plakette/ Schadstoffgruppe
5) mit Ottomotoren der Schadstoffklassen Euro 3 bis Euro 5 und für
Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Schadstoffklasse Euro 6 ergänzt
wird. |
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Darüber
hinaus soll das Verkehrsverbot M1 nach dem - im bisherigen
Regelungstext der Maßnahme M1 allerdings nicht zum Ausdruck kommenden -
Willen der Planbehörde, den die Beklagten-Vertreter in der mündlichen
Verhandlung jedoch nochmals ausdrücklich bestätigt haben, frühestens
dann in Kraft treten, wenn tatsächlich nur noch max. 20 % des
Flottenbestandes Stuttgart - gemeint sind wohl die bei der Beigeladenen
zugelassenen Kraftfahrzeuge - vom Verkehrsverbot betroffen sind. |
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Die
Regelung ist nach dem Willen der Planbehörde also so zu verstehen, dass
das Verkehrsverbot frühestens dann in Kraft treten soll, wenn davon nur
noch max. 20 % des Flottenbestandes der in Stuttgart zugelassenen
Kraftfahrzeuge betroffen sind, unter keinen Umständen jedoch vor dem
01.01.2020. |
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Da
es sich bei den vorgenannten „Voraussetzungen“ (Änderung/ Ergänzung der
35.BImSchV durch die Bundesregierung und Zahl der betroffenen
Kraftfahrzeuge max. 20 %) um zukünftige Ereignisse handelt, deren
Eintritt bzw. Eintrittszeitpunkt ungewiss ist, kommt diesen der
Rechtscharakter von „aufschiebenden Bedingungen“ zu (vgl. analog § 158
BGB bzw. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG), an deren Eintritt der
Umsetzungszeitpunkt der beabsichtigten Maßnahme unmittelbar geknüpft
wird. |
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Bei
einer solchen Verknüpfung einer beabsichtigten Luftreinhaltemaßnahme
mit einem zukünftigen, ungewissen Ereignis kommt es bei der Beurteilung
der Eignung der Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG deshalb
entscheidend darauf an, mit welcher Wahrscheinlichkeit mit dem Eintritt
der aufschiebenden Bedingung gerechnet werden kann und bis zu welchem
Zeitpunkt. Denn es liegt auf der Hand, dass eine Luftreinhaltemaßnahme,
deren Realisierung von einem Ereignis abhängig gemacht wird, dessen
Eintritt unwahrscheinlich oder in zeitlicher Hinsicht nicht absehbar
ist, bereits aus diesem Grund nicht geeignet ist, den Zeitraum einer
Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten im Sinne
der gesetzgeberischen Zielsetzung des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu
verkürzen. |
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Hiervon ausgehend, handelt es sich bei der Maßnahme M1 bereits deshalb um keine geeignete Luftreinhaltemaßnahme
zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen
Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, weil nach
jetzigem Kenntnisstand keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die
für eine Änderung der 35.BImschV und der StVO zuständigen
Verordnungsgeber des Bundes - also die Bundesregierung bzw. das
Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (im Weiteren: BMVI) und
das Bundesministerium für Umwelt, Bau, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(im Weiteren: BMUB) - die konkrete Absicht haben, die 35.BImSchV und
die StVO in absehbarer Zeit um eine weitere Kennzeichnungsmöglichkeit
bzw. ein Verkehrszeichen mit einer sog. Blauen Plakette
(Schadstoffgruppe 5) zu ergänzen. |
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Es
liegt bislang vielmehr lediglich eine entsprechende gegenteilige
Rückäußerung des BMVI vor, in welcher der vom Verkehrsministerium des
Beklagten geäußerten Rechtsansicht, wonach zur Verhängung von
Fahrverboten für Dieselfahrzeuge zur Verringerung von Feinstaub und
Stickoxid in Stuttgart die Einführung einer Blauen Plakette erforderlich
sei, ausdrücklich widersprochen und zum Ausdruck gebracht wird, dass
die in der StVO vorgesehenen Kennzeichnungsmöglichkeiten für
weitergehende Verkehrsverbote in Umweltzonen wie in Stuttgart
ausreichend seien (vgl. im Einzelnen Schreiben des BMVI vom 11.03.2016,
Blatt 337 der Gerichtsakte). |
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Unter
Berücksichtigung dieser Rechtsansicht des BMVI ist daher gegenwärtig
nicht absehbar, ob und wann die von der Planbehörde für die Umsetzung
der Maßnahme M1 formulierte (Vor)Bedingung eintreten wird. Bereits aus
diesem Grund kann die Maßnahme M1 zum jetzigen Zeitpunkt nicht als
geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG
eingestuft werden. |
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Doch
selbst wenn das BMVI seine Rechtsansicht in absehbarer Zeit aufgeben
und die genannten Verordnungsgeber eine Blaue Plakette einführen würden,
steht die Maßnahme M1 immer noch unter dem 2. Umsetzungsvorbehalt der
Planbehörde, der im Ergebnis dazu führt, dass selbst bei Vorliegen einer
Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer Blauen Plakette die Maßnahme M1
erst dann – und frühestens am 01.01.2020 - in Kraft treten soll, wenn
die Zahl der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge höchstens
noch 20 % des Flottenbestandes Stuttgart beträgt. |
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Die
Maßnahme M1 kann deshalb auch wegen dieses 2. Umsetzungsvorbehalts
nicht als geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3
BImSchG eingestuft werden. |
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Ob
die Maßnahme M1 von ihrem Wirkungsgrad her ausreichend wäre, um die
Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte sicherzustellen,
kann daher an dieser Stelle offen bleiben. |
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M2a:
Vorausgesetzt die 35.BImSchV wird noch im Jahr 2017 durch die
Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer „Blauen Plakette“ erweitert, gilt ab
01.01.2018 an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verkehrsverbot für alle
Fahrzeuge mit Ausnahme von Fahrzeugen mit „Blauer Plakette“ für ein
Gebiet auf allen Straßenzügen innerhalb des Stuttgarter Talkessels, auf
allen Streckenabschnitten in Stuttgart-Feuerbach und auf einzelnen
Streckenabschnitten in Stuttgart-Zuffenhausen. |
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Bei der Maßnahme M2a
handelt es sich ebenfalls bereits deshalb offensichtlich um keine
geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG,
weil deren Umsetzung ebenfalls an die vorherige Schaffung einer
weiteren Kennzeichnungsmöglichkeit (sog. Blaue Plakette) durch die
zuständigen Verordnungsgeber anknüpft, und zwar sogar noch im Jahr 2017.
Letzteres kann nach den Ausführungen in Ziffer 2.1. jedoch mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Diese
Maßnahme geht daher bereits aus diesem Grund ins Leere. |
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Hinzu kommt, dass die Maßnahme auch lediglich temporäre Verkehrsverbote, nämlich nur an Tagen mit Feinstaubalarm für die Kraftfahrzeuge der genannten Eurostufen vorsieht. |
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Nach
den hierzu im Gesamtwirkungsgutachten und im Planentwurf zur 3.
Fortschreibung getroffenen Feststellungen der Gutachter des Beklagten,
an deren Richtigkeit die Kammer keine Zweifel hat, wird durch dieses
temporäre Verkehrsverbot an Tagen mit Feinstaubalarm im Stadtgebiet
Stuttgart (Stuttgarter Talkessel, Feuerbach und Teile von Zuffenhausen)
die Gesamtstreckenlänge der Straßen, auf denen der zulässige NO2-Jahresmittelgrenzwert
überschritten ist, voraussichtlich um lediglich ca. 17 % auf 27,4 km
und im Talkessel Stuttgart um 24,2 % auf 9,6 km reduziert. Auch am
Neckartor wird das lediglich temporäre Verkehrsverbot nicht zur
Einhaltung des NO2-Jahresmittelgrenzwertes führen (vgl. im Einzelnen Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 80). |
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Die
Maßnahme M2a ist daher auch von ihrem Immissionsminderungspotenzial
allein keine ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen
Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG. |
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M2b:
Sollte die 35.BImSchV bis zum 01.01.2018 noch nicht in der o.a. Art zur
Verfügung stehen, wird ab 01.01.2018 auf einzelnen bestimmten
Straßenabschnitten im Stadtgebiet von Stuttgart an Tagen mit
Feinstaubalarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige
Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der
obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur
für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen
Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet. |
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Zwar
kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ausgeschlossen werden, dass bis
zum 01.01.2018 eine Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer Blauen Plakette
vorliegt (vgl. Ziffer 2.1). Die bei diesem Sachverhalt (ursprünglich)
vorgesehene Umsetzung der Maßnahme zum 01.01.2018 ist jedoch von der
Planbehörde (inzwischen) nicht mehr beabsichtigt, weil das BMVI die
hierfür vorgesehene Beschilderung für rechtlich nicht zulässig hält und
sich die Planbehörde an diese Rechtsansicht des BMVI als
Rechtsaufsichtsbehörde gebunden fühlt (vgl. Klageerwiderungsschriftsatz
vom 13.07.2017). Dies haben die Beklagten-Vertreter in der mündlichen
Verhandlung auch nochmals ausdrücklich bestätigt. |
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Weiter
erklärten die Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung, dass
selbst für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht im
Revisionsverfahren Düsseldorf die von der Planbehörde vorgesehene und
vom BMVI verworfene Beschilderung der Maßnahme M2b noch vor dem
01.01.2018 für rechtlich zulässig erachte, eine Umsetzung der Maßnahme
zum 01.01.2018 nicht mehr beabsichtigt sei, weil die Planbehörde
inzwischen der sog. „Nachrüstlösung“ den Vorrang vor Verkehrsverboten
geben wolle, wenn der Beklagte bis zum 31.12.2017 „entsprechende
schriftliche Zusicherungen des BMVI und von Seiten der
Automobilindustrie erhalte, dass mit einer Nachrüstung von
Diesel-Kraftfahrzeugen der Eurostufe 5 immissionsseitig mindestens
dieselben Wirkungen erzielt werden könnten, wie mit den im
Luftreinhalteplanentwurf beschriebenen verkehrsbeschränkenden
Maßnahmen“. |
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Da
sowohl der Bundesverkehrsminister als auch zahlreiche Vertreter der
Automobilindustrie bereits mehrfach öffentlich geäußert haben, dass sie
Verkehrsverbote aus politischen und wirtschaftlichen Gründen für „den
falschen Weg“ halten, kann die Abgabe der vom Beklagten verlangten
Zusicherungen für den von ihm dafür in Aussicht gestellten Verzicht auf
Verkehrsverbote bereits jetzt als sicher gelten. |
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Auch
aus diesem Grund kann bereits jetzt mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die Maßnahme M2b
tatsächlich noch umgesetzt wird. |
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Sie
bedarf daher - sowohl im Hinblick auf ihre mögliche Eignung im Sinne
des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG als auch im Hinblick auf die Frage ihrer
Umsetzbarkeit mit den genannten Verkehrszeichen - keiner vertiefenden
Betrachtung mehr. |
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M2c:
Sollte die unter M2b dargestellte Maßnahme aus rechtlichen oder
tatsächlichen Gründen nicht ergreifbar sein, wird ab 01.01.2018 zur
Erfüllung des gerichtlichen Vergleichs auf im einzelnen festgelegten
Streckenabschnitten der B 14 (Cannstatter Straße, Am Neckartor), der
Neckarstraße, der Tal-/Wagenburg-straße und der Landhausstraße im
Stuttgarter Osten an Tagen mit Feinstaub Alarm ein Verbot für Kraftwagen
und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in
Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu
schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“
und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet. |
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Die alternativ zur Maßnahme M2b vorgesehene Maßnahme M2c
knüpft ihre Umsetzung zwar ebenfalls an eine aufschiebende Bedingung
(keine Umsetzung der Maßnahme M2b). Diese wird jedoch eintreten, nachdem
die Planbehörde von der Umsetzung der Maßnahme M2b aus den in Ziffer
2.3. genannten Gründen Abstand genommen hat bzw. nehmen wird. |
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Allerdings
haben die Beklagten-Vertreter ihre Bereitschaft, die Maßnahme M2c zum
01.01.2018 tatsächlich umzusetzen, in der mündlichen Verhandlung mit der
Begründung relativiert, die Maßnahme führe möglicherweise zu
unzulässigen Verlagerungsverkehren in der Umweltzone, die noch nicht
abschließend geprüft seien und möglicherweise nicht ausreichend
kompensiert werden könnten. Sollte dies der Fall sein, sei es der
Planbehörde rechtlich nicht möglich, die Maßnahme umzusetzen. |
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Den
damit zusammenhängenden Sach- und Rechtsfragen muss im vorliegenden
Klageverfahren jedoch nicht weiter nachgegangen werden, da die
Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt
haben, dass die Maßnahme auch wegen ihres sehr geringen Wirkungsgrades
nicht geeignet sei, die Überschreitung der NO2-Immissionsgrenzwerte in der Umweltzone Stuttgart tatsächlich zu reduzieren. |
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Die
Maßnahme M2c ist demnach - unabhängig davon, ob sie von der Planbehörde
umgesetzt wird oder nicht - jedenfalls von ihrem
Immissionsminderungspotenzial allein ebenfalls keine geeignete und
ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der
überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG. |
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Bei den Regelungen M3 bis M20 handelt
es sich ebenfalls weder allein noch gemeinsam um geeignete bzw.
ausreichende Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3
BImSchG. |
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In den Regelungen M3 und M4 werden lediglich künftige Absichten und Planungen der SSB AG zur Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV dargestellt. |
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Die
Kammer hat bereits im Vollstreckungsverfahren 13 K 511/09 ausführlich
dargelegt (vgl. im Einzelnen VG Stuttgart, Beschl. v. 14.08.2009 – 13 K
511/09 – in juris), dass es sich bei einem Luftreinhalteplan um ein
verwaltungsintern bindendes Handlungskonzept handelt, das
Verwaltungsvorschriften ähnlich ist und dessen Vorgaben in Form eines
Maßnahmenkatalogs deshalb der Umsetzung im Außenverhältnis bedürfen. |
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Unter dem Begriff der „Maßnahme“ im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG
sind in erster Linie rechtsetzende (z. B. Rechtsverordnungen; vgl. § 47
Abs. 7 BImSchG), allgemein verfügende (z. B. Verkehrsbeschränkungen
nach § 40 Abs. 1 BImSchG im Wege der Allgemeinverfügung), den Einzelfall
regelnde (z.B. Anordnungen nach dem BImSchG durch Verwaltungsakt) und
schlicht-hoheitliche Maßnahmen und damit also Maßnahmen mit hoheitlichen Charakter zu verstehen (ebenso Landmann/Rohmer, Kommentar Umweltrecht Band III, Stand 01.01.2017, zu § 47 Rn 25). |
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Dies
folgt insbesondere auch aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 6 S. 1 BImSchG,
wonach die Durchsetzung dieser „hoheitlichen Maßnahmen“ den dafür
zuständigen Trägern öffentlicher Verwaltung „durch Anordnungen oder
sonstige Entscheidungen nach diesem Gesetz oder nach anderen
Rechtsvorschriften“ obliegt, weil die für die Aufstellung der
Luftreinhaltungspläne zuständigen Planbehörden hierfür keine eigene
Zuständigkeit besitzen. |
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Träger
der öffentlichen Verwaltung im Sinne der Vorschrift sind die für den
Gesetzesvollzug zuständigen Landesverwaltungsbehörden sowie
Bundesbehörden und die Behörden selbständiger Rechtsträger, wie etwa
kommunaler Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer exekutiven Kompetenzen. |
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Auf
Grund der verwaltungsinternen, rechtlichen Bindungswirkung sind die
genannten Träger öffentlicher Verwaltung zur Umsetzung der festgelegten
Maßnahmen verpflichtet, soweit die hierfür einschlägigen
Rechtsvorschriften dies erlauben, das heißt die festgelegten Maßnahmen
nach den jeweiligen spezialgesetzlichen Vorschriften umsetzungsfähig
sind (vgl. Bundestagsdrucksache 14/8450, Seite 14). Ein eigener
Entscheidungsspielraum (Ermessen) steht den zuständigen Vollzugsbehörden
dabei nicht zu. |
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Ginge
man von diesem, sich am Wortlaut des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG
orientierenden, (engen) Maßnahmenbegriff im Sinne einer
Handlungsanweisung (ausschließlich) an Träger öffentlicher Verwaltung
aus, wären die Vorhaben M3 und M4 bereits deshalb keine
Maßnahmen im Sinne des § 47 Absatz 1 BImSchG, weil deren Handlungs-
bzw. Umsetzungsadressat kein Träger öffentlicher Verwaltung, sondern die
SSB AG ist, die keine hoheitlichen Anordnungs- und
Entscheidungsbefugnisse im Sinne des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG besitzt. |
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Die
Kammer hat jedoch bereits im Vollstreckungsverfahren 13 K 511/09 keine
sachliche Notwendigkeit für eine derart enge Begriffsauslegung gesehen,
da hierdurch der Handlungsspielraum der Planbehörde unnötig
eingeschränkt würde und es auch im Hinblick auf die Schutzziele der
gesetzlichen Regelung letztlich unerheblich ist, ob die zu deren
Erreichung geeigneten Maßnahmen durch staatliche Stellen oder durch
Dritte realisiert werden. Da aber die oben beschriebene, gegenüber
Behörden grundsätzlich bestehende gesetzliche Bindungswirkung von
Luftreinhalteplänen gegenüber außerhalb der Verwaltung stehenden Dritten
nicht besteht, setzt eine Einstufung von Vorhaben, deren
Umsetzungsadressaten keine Träger öffentlicher Verwaltung sind, weiter
voraus, dass die Planbehörde die hier fehlende rechtliche
Verbindlichkeit auf andere Weise (wie z. B. durch öffentlich-rechtlichen
Vertrag) herstellt, um auch in diesen Fällen sicherzustellen, dass die
festgelegten Maßnahmen auch tatsächlich durchgeführt werden. |
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Eine
solche bindende Vereinbarung hat die Planbehörde - wie die
Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben - mit
der SSB AG in Bezug auf die Regelungen M3 und M4 jedoch nicht
geschlossen. Damit steht nicht nur die Durchführung der beschriebenen
Ausbaumaßnahmen, sondern auch deren Zeitpunkt im Belieben der SSB AG.
Bei den Vorhaben M3 und M4 handelt es sich daher selbst bei einem weiten
Begriffsverständnis schon um keine Maßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1
BImSchG, weil für ihre Durchführung kein Träger öffentlicher Gewalt im
Sinne des § 47 Abs. 6 BImSchG zuständig ist und die Planbehörde die
Umsetzung dieser Maßnahmen gegenüber der SSB AG nicht rechtsverbindlich
sichergestellt hat. Da damit zugleich auch kein konkreter
Umsetzungszeitpunkt rechtsverbindlich festgelegt wurde, fehlt den
Regelungen zudem auch die Eignung im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3
BImSchG. |
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Die weiteren Vorhaben M5, M8, M9, M10 und M12 sind
ebenfalls keine geeigneten bzw. ausreichenden Luftreinhaltemaßnahmen im
Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, da auch diese Vorhaben lediglich
als unverbindliche Absichtserklärungen zur Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV der Landeshauptstadt Stuttgart (M5), des Verbandes Region Stuttgart (M8, M9 und M12) und der zuständigen Landkreise
(M10) formuliert worden sind, deren tatsächliche Umsetzung und
Umsetzungszeitpunkt von der Planbehörde - wie die Beklagten-Vertreter in
der mündlichen Verhandlung ebenfalls eingeräumt haben - gleichfalls
nicht rechtsverbindlich gesichert wurde. |
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In Bezug auf das Vorhaben M5
hat die Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017
insoweit sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses Vorhaben von
der Landeshauptstadt Stuttgart im Rahmen ihrer kommunalen
Selbstverwaltungshoheit durchgeführt werden soll und deshalb unter dem
Vorbehalt eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses steht (vgl.
Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 112). |
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Weiter
kommt hinzu, dass die Durchführung des Vorhabens M5 zusätzlich unter
einer - inhaltlich auch noch offensichtlich zu unbestimmten - weiteren
Bedingung (keine relevanten (?) Störungen oder Behinderungen des
Kfz-Verkehrs) steht, deren Eintritt als ebenso ungewiss eingestuft
werden muss, wie ein positiver Gemeinderatsbeschluss des Gemeinderats
der Beigeladenen. Insoweit haben die Beigeladenen-Vertreter in der
mündlichen Verhandlung auf Rückfrage auch bestätigt, dass es bislang
keinen entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses gebe. Die entsprechenden
Beschlüsse seien frühestens im Laufe des Jahres 2018 und die eventuelle
Einrichtung der genannten Busspuren/Bussonderstreifen frühestens
2018/2019 zu erwarten. |
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Im Falle der Vorhaben M9 und M12 enthalten die betreffenden Regelungen des Planentwurfs überhaupt keinen Zeithorizont und im Falle des Vorhabens M8 einen Umsetzungszeitrahmen von über 7 Jahren (bis zum 01.01.2025). |
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Damit
können diese Vorhaben nicht nur wegen ihrer Unverbindlichkeit, sondern
auch wiederum in zeitlicher Hinsicht offensichtlich nicht als
(geeignete) Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Absatz 1 Satz 3
BImSchG eingestuft werden. |
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Hinzu
kommt schließlich, dass für alle vorgenannten Vorhaben zur Verbesserung
des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV (M3 bis M10 und
M12) im Gesamtwirkungsgutachten selbst bei beschleunigter Umsetzung
(Basisjahr 2020) lediglich ein offensichtlich sehr geringes
NOx-Emissionsminderungspotenzial in Bezug auf den Straßenverkehr im
Stadtgebiet Stuttgart zwischen 0 und maximal 2 % prognostiziert wurde
(vgl. im Einzelnen Übersicht 4.10 und Bild 5.4, S. 30 und 46 des
Abschlussberichts im GWG vom Februar 2017; ebenso Planentwurf der 3.
Fortschreibung vom Mai 2017, S. 110). Es muss deshalb davon ausgegangen
werden, dass diese Vorhaben - selbst wenn sie tatsächlich umgesetzt
werden (wie beispielsweise die teilweise Fertigstellung der neuen
Stadtbahnlinie U 12 nach Remseck, voraussichtlich bis Dezember 2017) -
lediglich ein NO2-Immissions-minderungspotenzial besitzen, das an den Messstationen, an denen die NO2-Immissionsgrenzwerte
überschritten sind, kaum feststellbar ist (nach Einschätzung des
zuständigen Gutachters in der mündlichen Verhandlung z. B. Am Neckartor
maximal 5 µg/m³). |
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Die Maßnahme M11, die ebenfalls der Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV
dient (Erhöhung der Zahl der Zugverbindungen von und zum Stuttgarter
Hauptbahnhof), kann zwar begrifflich als Luftreinhaltemaßnahme
eingestuft werden, weil das Vorhaben vom Land Baden-Württemberg
selbst umgesetzt werden soll und sich damit die Frage der
Bindungswirkung gegenüber einem außerhalb der Landesverwaltung stehenden
Umsetzungsadressaten nicht stellt. |
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Diese
Maßnahme ist jedoch bereits wegen ihres Umsetzungszeitrahmens (bis
2021) keine geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der
überschrittenen Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Absatz 1 Satz 3
BImSchG. Hinzu kommt deren offensichtlich geringes
NOx-Emissionsminderungspotenzial, das im Gesamtwirkungsgutachten von den
Gutachtern nicht gesondert beziffert werden konnte und deshalb
sicherlich deutlich unter 2 % liegt (vgl. Abschlussbericht im GWG vom
Februar 2017, a.a.O.), allein |
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Für die Vorhaben M13 und M14 der Landeshauptstadt Stuttgart
(Ausbau des Radwegenetzes und Planung und eines Investitionsprogrammes
Fußverkehr zu langfristigen Förderung und Umsetzung von
Fußverkehrsmaßnahmen) gelten die Ausführungen unter Ziffer 2.4.2. zum
Vorhaben M5 sowie unter Ziffer 2.4.3. entsprechend. |
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Da
die Vorhaben nach Ansicht der Planbehörde in der kommunalen
Selbstverwaltungshoheit der Beigeladenen und damit auch unter einem
Zustimmungsvorbehalt des Gemeinderats stehen, hat die Planbehörde die
Umsetzung dieser Vorhaben mit der Beigeladenen nicht rechtsverbindlich
vereinbart. |
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Die
tatsächliche Umsetzung dieser Vorhaben, die in den Regelungen M13 und
M14 als bloße Absichtserklärungen formuliert worden sind, ist daher
ebenso ungewiss, wie deren Umsetzungszeitpunkt. |
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Hinzu
kommt, dass diesen Vorhaben ausweislich des Gesamtwirkungsgutachtens
auch kein bezifferbares eigenes NOx-Emissionsminderungs-potenzial
zugeschrieben werden kann. |
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Auch
diese Vorhaben können daher offensichtlich nicht als geeignete
Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG
eingestuft werden. |
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Für das Vorhaben M15 (Umstellung
der Flottenzusammensetzung des Landesfuhrparks und des Fuhrparks der
Beigeladenen auf emissionsarme/elektrische Fahrzeuge im Stadtgebiet
Stuttgart) wird in der genannten Regelung kein konkreter Zeitrahmen für
die Umsetzung genannt. |
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Soweit
das Vorhaben den Fuhrpark der Beigeladenen betrifft, fehlt es auch
insoweit an einer konkreten Vereinbarung zwischen der Planbehörde und
der Beigeladenen, mit der die tatsächliche Realisierung des Vorhabens
sichergestellt wird. |
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Das Vorhaben M16
kann dagegen aus denselben Gründen wie die Maßnahme M11 als
Luftreinhaltemaßnahme eingestuft werden, nachdem ein entsprechendes
Förderprogramm mit einem Finanzierungsvolumen von 25 Millionen - wie von
den Beklagten-Vertretern in der mündlichen Verhandlung berichtet - vom
Landtag im Mai 2017 auch tatsächlich bereits beschlossen worden ist. |
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Auch
diesen beiden Vorhaben wird aber selbst bei einer (vollständigen)
Realisierung bis 2020 von den Gutachtern im Gesamtwirkungsgutachten
lediglich ein NOx-Emissionsminderungspotenzial von zusammen höchstens 3 %
bescheinigt (vgl. Abschlussbericht zum GWG, a.a.O.; ebenso Planentwurf
3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 114). Das sich daraus ergebende
Immissionsminderungspotenzial an den einzelnen Messstationen wird daher
unter diesen 3 % liegen. |
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Auch
die Vorhaben M15 und M16 können daher trotz beschlossener Förderung
(M16) allein nicht als geeignet und ausreichend im Sinne des § 47 Abs. 1
Satz 3 BImSchG eingestuft werden. |
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Bei dem in M17 beschriebenen
Vorhaben (Tempo 40 km/h auf weiteren Steigungsstrecken im Stadtgebiet)
würde es sich nur dann um eine Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47
Abs. 1 BImSchG handeln, wenn die Planbehörde selbst diese
Geschwindigkeitsbegrenzungen und die betreffenden Strecken im
Planentwurf festgelegt hätte und diese Geschwindigkeitsbegrenzungen von
der zuständigen Straßenverkehrsbehörde der Beigeladenen deshalb zwingend
anzuordnen wären. Nach dem klaren Wortlaut der Regelung („Die
Landeshauptstadt Stuttgart plant“) und der Begründung im Planentwurf zur
3. Fortschreibung vom Mai 2017 (vgl. dort S. 119) will die Planbehörde
das Ob und Wie solcher weiterer Geschwindigkeitsbeschränkungen jedoch
ausschließlich der Beigeladenen überlassen und diese weiteren
Geschwindigkeitsbegrenzungen gerade nicht selbst verbindlich vorgeben.
Aus diesem Grund handelt es sich bei dem Vorhaben M17 bereits
begrifflich um keine Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1
BImSchG. |
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|
Hinzu
kommt, dass diesen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf weiteren
Streckungsstrecken in der Umweltzone Stuttgart von den Gutachtern
praktisch kein NOx-Emissionsminderungspotenzial attestiert wird (0 %
bzw. unter 0,5 %; vgl. Abschlussbericht zum GWG, a.a.O.; ebenso
Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 117). |
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Bei dem in M18 beschriebenen
Vorhaben (Tempo 50 bzw. 60 km/h im Stadtgebiet außerhalb geschlossener
Ortschaften bzw. auf mindestens vierstreifigen Straßen) soll es sich
nach den Angaben der Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung
um eine verbindliche Handlungsanweisung an die zuständige
Straßenverkehrsbehörde handeln. Diese steht jedoch wiederum unter dem
Vorbehalt, dass diese Geschwindigkeitsbegrenzungen nur angeordnet werden
sollen, wenn diese nicht zu spürbaren (?) Ausweichverkehren führen, was
die Planbehörde der alleinigen Prüfung und Beurteilung der
Straßenverkehrsbehörde überlassen will. |
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Es
kann hier offen bleiben, ob die Planbehörde im Rahmen einer
Luftreinhaltemaßnahme der Vollzugsbehörde einen solchen eigenen
Beurteilungsspielraum einräumen darf oder die genannte Voraussetzung für
die Anordnung der beabsichtigten Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht
vielmehr selbst prüfen müsste, bevor sie eine entsprechende Maßnahme
festlegt. Denn jedenfalls ist der Wirkungsgrad des Vorhabens aufgrund
dieses Vorbehaltes tatsächlich völlig offen und kann auch bei 0 %
liegen, falls es nach der Einschätzung der Straßenverkehrsbehörde auf
allen in Betracht kommenden Strecken zu Ausweichverkehren kommen würde. |
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Hinzu
kommt, dass die Planbehörde der Straßenverkehrsbehörde auch keine
Vorgabe im Hinblick auf den Zeitpunkt der Umsetzung dieser Maßnahmen
gemacht hat. Es ist der Straßenverkehrsbehörde damit völlig
freigestellt, selbst zu entscheiden, wann sie die genannte Maßnahme
prüfen und gegebenenfalls umsetzen will. |
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|
Bei
den Vorhaben M17 und M18 handelt es sich bereits aus diesen Gründen
ebenfalls um keine geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47
Abs. 1 S. 3 BImSchG. |
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Das Vorhaben M19 gibt
lediglich eine Absichtserklärung der Landeshauptstadt Stuttgart als
Trägerin der kommunalen Selbstverwaltung wieder, ihr Gebührensystem zu
„überprüfen“ und die Parkgebühren im gesamten Stadtgebiet „moderat“(?)
zu erhöhen, wenn der Gemeinderat zustimmt. Zum Rechtscharakter diese
Regelung gelten daher die Ausführungen unter den Ziffern 2.4.2. und
2.4.4. bis 2.4.6. entsprechend. |
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Auch das Vorhaben M20 gibt
lediglich eine Absichtserklärung des Landes Baden-Württemberg wieder,
die Parkgebühren der in seinem Eigentum stehenden Parkhäuser „mit dem
Ziel einer verträglichen (?) Anpassung zu überprüfen“. Mit diesem Inhalt
ist die Regelung offensichtlich zu unbestimmt, um als
Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG eingestuft
zu werden, da sie noch nicht einmal eine verbindliche Aussage trifft,
dass die genannten Parkgebühren tatsächlich erhöht werden. |
|
|
Hinzu
kommt, dass die in Betracht gezogenen Parkgebührenerhöhungen auch von
ihrem Wirkungsgrad nicht die erforderliche Eignung einer
Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG besitzen,
da die Gutachter diesen Vorhaben lediglich ein
NOx-Emissionsminderungspotenzial im Stadtgebiet von maximal 4 % und auch
dieses nur für den Fall attestieren haben, dass die Parkgebühren in den
genannten Parkhäusern bis 2020 verdoppelt werden (vgl. Dokumentation
zum GWG, S.28 sowie Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S.
121). |
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Von
einer solchen Verdoppelung der Parkgebühren kann zum gegenwärtigen
Zeitpunkt jedoch nicht (mehr) ausgegangen werden, nachdem der
Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart in seiner Sitzung am
13.07.2017 lediglich eine Erhöhung der Parkgebühren in den städtischen
Parkhäusern (M19) um 14 % bis 20 % beschlossen hat und der Regelung M20
eine konkrete Absicht des Landes, die Parkgebühren in den Parkhäusern
des Landes bis 2020 zu verdoppeln, ebenfalls nicht zu entnehmen ist. |
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|
Dementsprechend
konnte der Gutachter des Beklagten den Wirkungsgrad beider Vorhaben in
der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr konkret beziffern. Dieser
erklärte vielmehr, er könne nicht ausschließen, dass der Wirkungsgrad
bei den genannten geringeren Gebührenerhöhungen auch nur bei „nahezu 0
%“ liege. |
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Geht
man nach den obigen Ausführungen davon aus, dass die Planbehörde mit
dem Planentwurf zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart
vom Mai 2017 ihrer Verpflichtung aus § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG
noch nicht nachgekommen ist, ist der vom Kläger mit seinem Klagantrag
geltend gemachte Rechtsanspruch dem Grunde nach zu bejahen. |
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Eine
Verurteilung des Beklagten, der Luftreinhaltungsplan Stuttgart so
fortzuschreiben, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3
BImSchG genügt, setzt jedoch weiter voraus, dass eine Einhaltung der
überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte durch eine oder mehrere weitere Luftreinhaltemaßnahmen auch tatsächlich möglich ist. |
|
|
Vorliegend kann das Ziel der Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte
nach derzeitigem Erkenntnisstand jedenfalls durch die Festlegung eines
über die bereits bestehenden Verkehrsbeschränkungen hinausgehenden
Verkehrsverbotes in der gesamten Umweltzone Stuttgart erreicht oder
zumindest annähernd erreicht werden. Nach den Feststellungen der
Gutachter im vorgelegten Gesamtwirkungsgutachten vom Februar 2017 und
den dazu vorgelegten Dokumentationen Teil 1 und 2 vom April 2017 würde
das von der Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung in M1 festgesetzte ganzjährige
Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Kraftfahrzeuge mit
benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren (einschließlich
Hybrid-Fahrzeugen) unterhalb der Schadstoffklasse Euro 3/III sowie für
alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Schadstoffklasse
Euro 6/VI bei einem angenommenen Anteil dieser
Kraftfahrzeuggruppen an der Fahrzeugflotte der bei der Beigeladenen
zugelassenen Kraftfahrzeuge von 20 % und wenn von diesen betroffenen
Kraftfahrzeugen im Rahmen des vorgesehenen Ausnahmekonzepts weitere 20 %
vom Verkehrsverbot ausgenommen würden, bezogen auf das Basisjahr 2020
zu NOx-Emissionsrückgängen von 40 % in der Umweltzone, 56 % im Talkessel und 55% an der Messstation Am Neckartor führen. |
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|
In Bezug auf die NO2-Immissionen
bedeutet dies eine Reduzierung der Streckenlängen mit
Grenzwertüberschreitungen um 94,6 % auf eine Streckenlänge von lediglich
noch 1,3 km in der Umweltzone Stuttgart und um 96,8 % auf eine
Streckenlänge von lediglich noch 0,3 km im Talkessel Stuttgart sowie
eine Reduzierung des NO2-Jahresmittelwerts Am Neckartor auf
42 µg/m³ bei einer Umsetzung der Maßnahme ab 01.01.2020 (vgl.
Abschlussbericht zum GWG, Übersicht 4.10, S. 30; ebenso Planentwurf 3.
Fortschreibung vom Mai 2017, S. 69 und 70). |
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Ausgehend
von diesen Feststellungen ist das Verkehrsverbot demnach von seinem
Wirkungsgrad her geeignet, die Überschreitung der NO2-Immissionsgrenzwerte
- mit Ausnahme der Messstation Am Neckartor (42 µg/m³) - an allen
(anderen) Messstationen und damit in der gesamten Umweltzone Stuttgart
auf das zulässige Maß zu reduzieren. Dies hat die zuständige Gutachterin
in der mündlichen Verhandlung auch nochmals ausdrücklich bestätigt. |
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Welchen
Wirkungsgrad das Verkehrsverbot bei einer Inkraftsetzung bereits ab dem
01.01.2018 - also zum Zeitpunkt des bislang geplanten Inkrafttretens
der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart hätte, wurde von
den Gutachtern nicht ermittelt. |
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Da
zu diesem Zeitpunkt der Flottenanteil der vom Verkehrsverbot
betroffenen Kraftfahrzeuge noch ca. 35 % (statt 20 % wie im Basisjahr
2020) betrage (vgl. Dokumentation zum GWG zur 3. Fortschreibung vom
April 2017, Tabelle 4.2, S. 60), schätzte die zuständige Gutachterin den
Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf den Zeitpunkt 01.01.2018
zunächst als „tendenziell größer“ ein, relativierte diese Aussage jedoch
anschließend für die Messstation Am Neckartor, für die sie nur von
einer Reduzierung des NO2-Jahresmittelwerts auf ca. 48 µg/m³
(statt 42 µg/m³/Basisjahr 2020) ausgehen wollte, weil die
Ausgangsbelastung im Jahr 2018 mit ca. 80 µg/m³ noch höher sei, als im
Basisjahr 2020 (67 µg/m³ bzw. 72 µg/m³). |
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Nach
diesen Einlassungen der Gutachterin in der mündlichen Verhandlung ist
davon auszugehen, dass der Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf
das Basisjahr 2018 - wenn überhaupt - nur unwesentlich geringer ist als
im Basisjahr 2020. |
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|
Für diese Annahme sprechen auch die Feststellungen der Gutachter zu der - nicht in den Planentwurf übernommenen - Maßnahme M83v3
„Einfahrt in die Umweltzone Stuttgart nur mit blauer Plakette, Variante
1“ als Teil des Moduls 8/Feinstaub-Alarm Verkehr, die für das Netz
ganzjährig betrachtet wurde (vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017,
S. 130) und wonach die festgestellte Änderung der Streckenkilometer im
Stadtgebiet Stuttgart mit Überschreitungen des NO2-Jahresgrenzwerte
mit 91,8 % bei einer Umsetzung dieses Verkehrsverbotes M83v3 zum
01.01.2018 nur unwesentlich geringer ist, als die Reduzierung der
Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen bei dem Verkehrsverbot M1
ab dem 01.01.2020 (94,6 %; vgl. Abschlussbericht zum GWG, Übersicht
4.10, S. 30). |
|
|
Es
kann deshalb nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten davon
ausgegangen werden, dass das in M1 beschriebene Verkehrsverbot derzeit
selbst dann die effektivste und damit am besten geeignete
Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der
überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte darstellt, wenn
deren Wirkungsgrad bei einer Umsetzung vor dem 01.01.2020 tatsächlich
etwas geringer sein sollte, als im Falle einer Umsetzung zum 01.01.2020. |
|
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Welchen
Wirkungsgrad das Verkehrsverbot bei einem Inkrafttreten vor dem
01.01.2020 letztlich tatsächlich hat, kann das Gericht nicht
abschließend beurteilen, weil das Gesamtwirkungsgutachten hierzu keine
Feststellungen trifft. Dies kann jedoch auch offen bleiben, weil es
nicht Aufgabe des Gerichts ist, sondern in die Zuständigkeit der
Planbehörde fällt, den Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf
einen Umsetzungszeitpunkt vor dem 01.01.2020 im Rahmen des zu
erstellenden Gesamtkonzeptes zur Fortschreibung des
Luftreinhaltungsplans noch gutachterlich klären zu lassen. |
|
|
Für
den Fall, dass die Gutachter des Beklagten dabei zu dem Ergebnis kommen
sollten, dass die Umsetzung des genannten Verkehrsverbotes zu einem
solchen früheren Zeitpunkt zur Einhaltung der überschrittenen
Immissionsgrenzwerte tatsächlich allein nicht ausreichend ist und sogar
einen etwas geringeren Wirkungsgrad als bei einer Umsetzung zum
01.01.2020 besitzt, bedeutet dies jedoch nicht, dass das Verkehrsverbot
als geeignete Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG
ausscheidet. Die Planbehörde wäre in diesem Fall lediglich verpflichtet,
entweder das Verkehrsverbot auf einen größeren Adressatenkreis
auszudehnen oder im Luftreinhaltungsplan auch noch andere Maßnahmen
festzulegen, um die Ziele des § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG zu
erreichen, soweit dies mit den Vorhaben und Maßnahmen M3 bis M20 nicht
bereits geschehen ist. |
|
|
Welche
konkreten Maßnahmen zur Einhaltung der überschrittenen
Immissionsgrenzwerte gegebenenfalls weiter in Betracht kommen, hat aber
nicht das Gericht, sondern die Planbehörde im Rahmen des von ihr zu
erstellenden Gesamtkonzepts zu entscheiden, da die Maßnahmen-Auswahl
allein dem planerischen Gestaltungsspielraum der Planbehörde unterliegt. |
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4. Das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht kommende und im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot kann auch in rechtlich zulässiger Weise durchgesetzt werden, weil es mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrsordnung (im Weiteren: StVO) ordnungsgemäß bekanntgegeben werden kann. |
|
|
4.1.
Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage für die Umsetzung und Bekanntgabe des
Verkehrsverbotes folgt unmittelbar daraus, dass durch das Verkehrsverbot
in individuelle Rechte Dritter eingegriffen wird (insbesondere
Handlungsfreiheit der betroffenen Verkehrsteilnehmer) und auch
ausdrücklich aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG, wonach die
in Luftreinhalteplänen festgelegten Maßnahmen durch Anordnungen oder
sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung,
also in der Regel von Behörden des Bundes, der Länder, der kommunalen
Gebietskörperschaften oder anderen juristischen Personen des
öffentlichen Rechts (Landmann/Rohmer, Umweltrecht Kommentar, Band III,
Stand 01.01.2017 § 47 Rn 29) „nach diesem Gesetz“ (BImSchG) oder „nach
anderen Rechtsvorschriften“ durchzusetzen sind. |
|
|
Da
es sich bei dem in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbot um eine
Beschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs handelt, ist für dessen
Durchsetzung die Straßenverkehrsbehörde (hier: die Beigeladene) nach
Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuständig (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG),
wobei die zuständige Straßenverkehrsbehörde auf das Instrumentarium des
Straßenverkehrsrechts unabhängig davon beschränkt ist, ob in der
Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG eine Rechtsgrund- oder eine
bloße Rechtsfolgenverweisung zu sehen ist (ebenso BayVGH, Beschl. v.
27.02.2017 – 22 C 16.1427 –, in juris; Rn 167). |
|
|
Die
Durchsetzung des Verkehrsverbotes setzt also voraus, dass die StVO das
hierfür notwendige Instrumentarium enthält, weil die Planbehörde das
Verkehrsverbot in den Planentwurf zur 3. Fortschreibung nur dann
aufnehmen kann, wenn die für dessen Umsetzung und Bekanntgabe zuständige
Straßenverkehrsbehörde dazu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist. |
|
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4.2. Da das zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte
in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot die gesamte Umweltzone betrifft,
ist für dessen Umsetzung und Bekanntgabe in erster Linie auf die für
die Ausweisung solcher Umweltzonen in der StVO vorgesehenen
Verkehrszeichen zurückzugreifen. |
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§ 45 Abs. 1 Buchstabe f StVO
sieht vor, dass die Straßenverkehrsbehörde zur Kennzeichnung der in
einem Luftreinhalteplan nach § 47 Abs. 1 BImSchG festgesetzten
Umweltzonen die dafür erforderlichen Verkehrsverbote in der Regel
mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu
vorgesehenen Zusatzzeichen anordnet (vgl. lfd. Nrn 44, 45, und 46 der
Anlage 2 zur StVO; im Weiteren: Verkehrszeichen). |
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4.3.
Mit dieser Verkehrszeichen-Kombination lässt sich das im vorliegenden
Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte
in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot jedoch nicht anordnen, weil
dieses Verkehrsverbot Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen
Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit
Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 betrifft, also
Kraftfahrzeuge der Schadstoffgruppe 4, die gem. § 3 Abs. 1 Satz 3 der
35. Verordnung zur Durchführung des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes/Verordnung zur Kennzeichnung der
Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung (im
Weiteren: 35.BImSchV) mit der Grünen Plakette gekennzeichnet sind und
deshalb mit dem bislang zur Verfügung stehenden Zusatzzeichen lfd. Nr.
46 der Anlage 2 zur StVO (im Weiteren: Zusatzzeichen 46) von dem
Verkehrsverbot innerhalb der Umweltzone Stuttgart freigestellt werden. |
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Hieraus
folgt jedoch, dass die vom zuständigen Bundesverordnungsgeber mit den
genannten Verkehrszeichen bislang in der StVO geschaffenen
Kennzeichnungsmöglichkeiten von Verkehrsverbotszonen zur Verminderung
schädlicher Luftverunreinigungen nicht ausreichend sind, um ein
Verkehrsverbot, wie es in Städten mit
Immissionsgrenzwertüberschreitungen wie in Stuttgart in Betracht zu
ziehen ist, bekanntzugeben. |
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Hierzu
bedarf es zweckmäßigerweise einer weitergehenden
Kennzeichnungsmöglichkeit - wie beispielsweise der vom Beklagten
vorgeschlagenen „Blauen Plakette“ - und folglich einer entsprechenden
Ergänzung der 35.BImSchV und des Zusatzzeichens 46 der StVO durch die
jeweils zuständigen Verordnungsgeber des Bundes (35.BImSchV:
Bundesregierung; StVO: BMVI und BMUB). Es besteht kein Zweifel daran,
dass sowohl die Bundesregierung als auch die genannten Bundesministerien
in ihrer Funktion als Verordnungsgeber durch Bundesgesetz (hier:
BImSchG und StVG) nicht nur ermächtigt (vgl. Art. 80 GG), sondern auch
verpflichtet sind, den für die Umsetzung und den Vollzug der
Vorschriften des Luftreinhalterechts zuständigen Landesbehörden das
hierfür notwendige Instrumentarium zur Verfügung zu stellen, soweit
dieses nicht bereits im Bundesimmissionsschutzgesetz enthalten ist (so
BayVGH, Beschl. v. 27.02.2017 - 22 C 16.1427 - in juris, Rn 184). |
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Sie
haben daher die im vorliegenden Fall deutlich gewordenen
Regelungsdefizite durch entsprechende Ergänzungen der StVO und der 35.
BImSchV baldmöglichst zu beseitigen. |
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Es
ist derzeit nicht absehbar, ob und zu welchem Zeitpunkt die zuständigen
Verordnungsgeber die bestehenden Regelungsdefizite in den genannten
Verordnungen wegen des Vertragsverletzungsverfahrens, das die
Europäische Kommission wegen der seit dem Jahr 2010 andauernden
Nichteinhaltung der in der Richtlinie 2008/50/EG festgesetzten
Immissionsgrenzwerte gegen die Bundesrepublik Deutschland durchführt,
tatsächlich noch beheben werden. |
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4.4.
Durch diese bislang nicht behobenen Regelungsdefizite ist die
Durchsetzung bzw. Bekanntgabe des vorliegend in Betracht kommenden
Verkehrsverbotes entgegen der Rechtsansicht des Beklagten jedoch
rechtlich nicht unmöglich, weil es zu dem in seiner derzeitigen
Ausgestaltung hier nicht verwendbaren Zusatzzeichen 46 andere, rechtlich
zulässige Möglichkeiten gibt, das Verkehrsverbot trotz „Fehlens einer
Blauen Plakette“ im Einklang mit den Vorschriften der StVO ordnungsgemäß
bekanntzugeben. Insoweit gilt im Einzelnen Folgendes: |
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4.4.1. Da das in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot zum Inhalt hat, innerhalb der gesamten bereits bestehenden und mit den Zeichen 270.1 und 270.2
ausgeschilderten Umweltzone Stuttgart die Kraftfahrzeuge mit benzin-
oder gasbetriebenen Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie
Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 aus der
bislang mit dem Zusatzzeichen 46 angeordneten Freistellung der
Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette herauszunehmen und damit im Ergebnis
dem mit Zeichen 270.1 angeordneten Umweltzonen-Verkehrsverbot zu
unterwerfen, besteht für einen Austausch der Zeichen 270.1 und 270.2 -
etwa gegen das Zeichen 251 (Lfd. Nr. 29 der Anlage 2 zur StVO) - keine
sachliche Notwendigkeit. Denn das Zeichen 251 unterscheidet sich in
Bezug auf die Adressaten des damit angeordneten Einfahrverbotes
(Kraftwagen und mehrspurige Kraftfahrzeuge) nicht von den Adressaten der
Zeichen 270.1 und 270.2 (Kraftfahrzeuge), die darüber hinaus lediglich
zusätzlich das Gebiet der Verkehrsverbotszone (Umweltzone) begrenzen. Da
das Verkehrsverbot auch räumlich denselben Bereich betrifft, wie das
bereits bestehende Verkehrsverbot, nämlich die gesamte Umweltzone
Stuttgart, bliebe auch der Aufstellungsort der Schilder derselbe. |
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Die
Zeichen 270.1 und 270.2 können daher für das vorliegend in Betracht zu
ziehende (Umweltzonen-)Verkehrsverbot weiter Verwendung finden. Ob ein
auf einzelne Strecken (wie z. B. beim Maßnahme M2c) oder auf ein
Teilgebiet (wie z. B. bei Maßnahme M2b) räumlich begrenztes zusätzliches
Verkehrsverbot innerhalb der bereits bestehenden Umweltzone in
rechtlich zulässiger Weise mit dem Zeichen 251 und
einem entsprechenden (individuellen) Zusatzzeichen, das den
freigestellten Adressatenkreis bezeichnet, ausgeschildert werden kann,
bedarf deshalb hier keiner Entscheidung. |
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4.4.2.
Soweit das vorliegend in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot den Kreis
der bislang mit der Grünen Plakette freigestellten Kraftfahrzeuge weiter
einschränkt und hierfür das in der StVO vorhandene Zusatzzeichen 46 zu
weit reichend und damit nicht verwendbar ist, gibt es rechtlich
zulässige Handlungsalternativen, um die gebotenen Freistellungen vom
Verkehrsverbot ordnungsgemäß bekannt zu geben. |
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Etwas
anderes könnte nur dann gelten, wenn es sich bei der Vorschrift des §
45 Abs. 1f StVO um eine abschließende Regelung für die Bekanntgabe von
Umweltzonen-Verkehrsverboten handeln würde und diese deshalb so
verstanden werden müsste, dass eine ordnungsgemäße Bekanntgabe eines
Umweltzonen-Verkehrsverbotes und der Ausnahmen bzw. Freistellungen
hiervon ausschließlich mit den in der StVO vorgesehenen Zeichen 270.1
bzw. 270.2 in Kombination mit dem in der lfd. Nr. 46 der Anlage 2 zur
StVO abgebildeten Zusatzzeichen 46 erfolgen kann. |
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Bei
sachgerechter Auslegung der genannten Vorschrift ist für diese
Interpretation jedoch kein Raum. Maßgebend für die Auslegung von
Gesetzen - und ebenso von Rechtsverordnungen - ist der in der Norm zum
Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetz- bzw.
Verordnungsgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem
Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BVerfG, Urt. v.
19.03.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 - in juris, Rn
66). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetz- bzw.
Verordnungsgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung
aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie
aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander
nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat
keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (BVerfG, Urt. v.
20.03.2002 – 2 BvR 794/95 in juris, Rn 79). Ausgangspunkt der Auslegung
ist zwar regelmäßig der Wortlaut der Vorschrift. Soweit dieser jedoch
keine hinreichend deutlichen Hinweise auf den Willen des Gesetz- bzw.
Verordnungsgebers gibt, kommt daneben den genannten anderen
Auslegungskriterien eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu (BVerfG,
Urt. v. 19.03.2013, a.a.O.). |
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Unter
Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze kann § 45 Abs. 1f StVO
nicht als abschließende Regelung für die Bekanntgabe von
Umweltzonen-Verkehrsverboten verstanden werden. Eine solche
Interpretation als abschließende Regelung ist bereits nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 1f StVO
nicht zwingend. Der Wortlaut dieser Regelung deutet zwar darauf hin,
dass der Verordnungsgeber bei deren Einführung im Rahmen der zum
01.04.2013 in Kraft getretenen Neufassung der StVO vom 06.03.2013 (vgl.
BGBl. I, S.367) möglicherweise - und wie durch den vorliegenden
Sachverhalt belegt - irrtümlich davon ausgegangen ist, dass die
genannten Verkehrszeichen ausreichend sind, um die Ziele des § 47 Abs. 1
BImSchG - soweit hierfür Verkehrsbeschränkungen erforderlich sind - zu
erreichen. Der Wortlaut der Regelung lässt auch den weiteren Schluss zu,
dass der Verordnungsgeber die in § 45 Abs. 1f StVO vorgesehene
Schilderkombination im Hinblick auf die notwendige Kontrollierbarkeit
als die geeignetste Form der Bekanntgabe eines solchen
Umweltzonen-Verkehrsverbotes angesehen hat. Vor diesem Hintergrund ist
die vom Verordnungsgeber gewählte Formulierung ohne weiteres
nachvollziehbar. |
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Eine
mit der Formulierung darüber hinaus verfolgte Absicht des
Verordnungsgebers, mit der in § 45 Abs. 1f StVO genannten
Schilderkombination zugleich die einzige zulässige Form der Bekanntgabe
eines Umweltzonen-Verkehrsverbotes und der Freistellungen bzw. Ausnahmen
hiervon festlegen zu wollen, ist der Formulierung dagegen nicht
eindeutig zu entnehmen. |
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Es
handelt sich bei der zuletzt genannten Interpretation des Wortlautes
der Vorschrift vielmehr lediglich um eine unter grammatischen Aspekten
denkbare Deutungsmöglichkeit, die aber nicht zwingend ist. |
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Lässt
die Formulierung eines Vorschriftentextes solche verschiedenen
Deutungsmöglichkeiten zu, ist im Rahmen der Auslegung weiter zu
ermitteln, welche der möglichen Deutungen nach den weiteren
Auslegungskriterien und insbesondere nach dem Sinn und Zweck der
Regelung dem objektiven Willen des Gesetzgebers (hier:
Verordnungsgebers) entspricht. |
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Der
Sinn und Zweck der mit der Neufassung der StVO im Jahr 2013 in die StVO
aufgenommenen Regelungen und Verkehrszeichen zu Umsetzung von
Verkehrsbeschränkungen aus Gründen der Luftreinhaltung bestand bei
objektiver Betrachtung ausschließlich darin, den für die Umsetzung und
den Vollzug der bundesgesetzlichen Vorschriften zur Luftreinhaltung
zuständigen Landesbehörden das dafür notwendige Instrumentarium zur
Verfügung zu stellen. |
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Das
Gericht hat daher keine Zweifel daran, dass der StVO-Verordnungsgeber
mit der Aufnahme der genannten Regelungen und Verkehrszeichen in die
StVO den alleinigen Zweck verfolgte, den für die Luftreinhaltung
zuständigen Landesbehörden die Anordnung von Verkehrsbeschränkungen und
-verboten zu ermöglichen, soweit solche zur Erreichung der Ziele des §
47 BImSchG erforderlich sind. Die Tatsache, dass der Verordnungsgeber
dabei möglicherweise irrtümlich davon ausgegangen ist, dass dafür ein
Zusatzzeichen 46 mit Roter, Gelber oder Grüner Plakette bereits
ausreichend ist, ändert hieran nichts. Denn es bestehen jedenfalls keine
Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber die Befugnisse der
zuständigen Landesbehörden zur Anordnung verkehrsbeschränkender
Maßnahmen mit der Regelung des § 45 Abs. 1f StVO und dem genannten
Zusatzzeichen 46 absichtlich beschränken wollte, um die Verhängung
weitergehender Verkehrsverbote zu verhindern. Insbesondere enthält auch
die Begründung der Neufassung der StVO keinerlei Hinweise dafür, dass
der Verordnungsgeber den Regelungsinhalt des § 45 Abs. 1f StVO und des
Zusatzzeichens 46 in diesem abschließenden Sinne beschränken wollte
(vgl. z.B. BR-Drucksache 428/12). |
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Ein
solches Vorgehen des Verordnungsgebers wäre auch offensichtlich
rechtswidrig gewesen. Denn es steht außer Zweifel, dass der
Verordnungsgeber durch die Verordnungsermächtigung in Art. 80 GG keine
Befugnis erhält, bundesgesetzliche Zielsetzungen - wie im vorliegenden
Fall die Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG - durch Rechtsverordnung
zu beschränken oder gar zu verhindern. Dies hätte der Verordnungsgeber
im vorliegenden Fall aber getan, wenn er mit der Regelung des § 45 Abs.
1f StVO tatsächlich hätte abschließend regeln wollen, dass die
zuständigen Landesbehörden weitergehende Verkehrsverbote gegen
Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette selbst dann nicht verhängen können,
wenn solche Verkehrsverbote zur Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG
geeignet und geboten sind. |
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Gegen
einen dahingehenden Willen des Verordnungsgebers sprechen darüber
hinaus auch dessen Feststellungen zum Regelungsinhalt des Zeichens 270.1
in der Anlage 2 zur Neufassung der StVO 2013. Denn dort heißt es
ausdrücklich, dass Ausnahmen vom Umweltzonen-Verkehrsverbot „im
Einzelfall oder allgemein durch Zusatzzeichen oder Allgemeinverfügung“
und damit nach dem Willen des Verordnungsgebers offensichtlich nicht
ausschließlich mit der in § 45 Abs. 1f StVO genannten
Schilderkombination zugelassen werden können. |
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Die
Möglichkeit, die Ausnahmen vom Umweltzonen-Verkehrsverbot statt mit dem
Zusatzzeichen 46 grundsätzlich auch durch eine Allgemeinverfügung
regeln zu können, hat das BMVI, das zusammen mit dem BMUB für die
Neufassung der StVO zuständig war, zudem mit seinem Schreiben an den
Minister für Verkehr des Landes Baden-Württemberg vom 11.03.2016 auch
nochmals ausdrücklich bestätigt. Denn in diesem Schreiben hat das BMVI
die Notwendigkeit einer Änderung der Regelungen der StVO zur Anordnung
verkehrsbeschränkender Maßnahmen zur Luftreinhaltung mit der Begründung
verneint, weitergehende Verkehrsverbote gegenüber Kraftfahrzeugen mit
Grüner Plakette könnten auch durch Allgemeinverfügung und gleichzeitiger
Abdeckung des Zusatzzeichens 46, das in der Umweltzone Stuttgart
Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette vom Umweltzonen-Verkehrsverbot
freistellt, angeordnet werden. |
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Zwar
hat das BMVI diese Feststellungen wohl lediglich im Hinblick auf
zeitlich befristete, weitergehende Verkehrsverbote getroffen. Dennoch
lässt sich auch dieser schriftlichen Stellungnahme des BMVI ohne
weiteres entnehmen, dass der für die StVO zuständige Verordnungsgeber
selbst nicht davon ausgeht, dass Umweltzonen-Verkehrsverbote und die
Ausnahmen bzw. Freistellungen hiervon ausschließlich mit der genannten
Schilderkombination (Zeichen 270.1 und Zusatzzeichen 46) bekanntgegeben
werden können. Nach dieser schriftlichen Stellungnahme darf das Zeichen
270.1 vielmehr auch ohne Zusatzzeichen verwendet und notwendige
Ausnahmen oder Freistellungen vom Verkehrsverbot auch auf andere Weise
verfügt und bekanntgegeben werden. Dieser Rechtsansicht schließt sich
das Gericht an, zumal die StVO auch im Übrigen obligatorische
Verbindungen von Zeichen und Zusatzzeichen nicht kennt. |
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Bereits
aus den vorgenannten Gründen kann die Vorschrift des § 45 Abs. 1f StVO
nicht als abschließende Regelung verstanden werden. Eine solche
Auslegung der Vorschrift ist auch deshalb abzulehnen, weil sie im
Ergebnis dazu führen würde, dass die Vorschrift mit einem solchen
beschränkten Regelungsinhalt gegen höherrangiges Recht verstoßen würde.
Denn ein solches Verständnis des § 45 Abs. 1f StVO würde dazu führen,
dass das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der
überschrittenen Immissionsgrenzwerte und damit zum Schutz der
menschlichen Gesundheit in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot nicht
bekannt gegeben werden könnte. Die Regelung würde mit diesem Inhalt also
nicht nur gegen die Zielsetzungen des § 47 BImSchG, sondern auch gegen
Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG; Art. 3 Abs. 1 GRCH und gegen unionsrechtlich
vorgegebene Umweltstandards (hier: der Richtlinie 2008/50/EG) und damit
gegen (höherrangiges) Bundes-, Verfassungs- und Europarecht verstoßen. |
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Da
es jedoch sowohl angesichts der Verpflichtung der Bundesrepublik
Deutschland, die unionsrechtlich vorgegebenen Umweltschutzstandards
einzuhalten, als auch wegen des aus Art. 3 Abs. 1 GRCH und Art. 2 Abs. 2
Satz 1 GG resultierenden staatlichen Schutzauftrages für das Leben und
die Gesundheit von Menschen schlechthin ausgeschlossen ist, dass ein zur
Sicherstellung dieser Zwecke gebotenes Verkehrsverbot nur deshalb
unterbleibt, weil § 45 Abs. 1f StVO dessen Bekanntgabe nicht zulässt (in
diesem Sinne auch BayVGH, a.a.O., Rn 184), wäre die betreffende
Regelung jedenfalls auch verfassungs- und unionsrechtskonform so
auszulegen, dass es sich nicht um eine abschließende Regelung handelt. |
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Geht
man davon aus, das es sich bei § 45 Abs. 1f StVO um keine abschließende
Regelung handelt und ein Umweltzonen-Verkehrsverbot und die
Freistellungen hiervon folglich nicht ausschließlich und zwingend mit
der Verkehrszeichen-Kombination 270.1 bzw. 270.2 und dem Zusatzzeichen
46 bekanntgegeben werden muss, ist die zur Durchsetzung des
Verkehrsverbotes zuständige Straßenverkehrsbehörde auch befugt, auf
andere, nach der StVO zulässige Formen der Bekanntgabe zurückzugreifen. |
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Insoweit
haben das BMVI und der Beklagte die in Betracht kommenden
Handlungsalternativen bereits selbst aufgezeigt, nämlich zum einen die
vom BMVI in seinem Schreiben an den Minister für Verkehr des Landes
Baden-Württemberg vom 11. März 2016 empfohlene Bekanntgabe der
notwendigen Freistellungen vom Verkehrsverbot durch Allgemeinverfügung
(dazu unter 4.4.3.1.) und zum andern die vom Beklagten im Zusammenhang
mit dem Verkehrsverbot M2c beabsichtigte Schaffung eines bislang in der
StVO nicht geregelten Zusatzzeichens (dazu unter 4.4.3.2.). |
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4.4.3.1.
Ob es sich bei dem Vorschlag des BMVI, die notwendigen Freistellungen
von dem mit Zeichen 270.1 bekanntgegebenen Umweltzonen-Verkehrsverbot
durch Allgemeinverfügung anzuordnen, um eine rechtlich
zulässige Handlungsalternative handelt, erscheint zumindest fraglich.
Denn dieser Vorschlag steht im Widerspruch zu dem in § 45 Abs. 4
Halbsatz 1 StVO zum Ausdruck kommenden Grundsatz, wonach die in § 45
Abs. 3 StVO genannten Straßenverkehrsbehörden – und insoweit gilt für
die zum Vollzug des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zuständigen Stellen
nichts anderes - den Verkehr grundsätzlich nur durch Verkehrszeichen und
Verkehrseinrichtungen regeln und lenken dürfen, weil - insbesondere
ortsfremde - Verkehrsteilnehmer ein schutzwürdiges Interesse haben, dass
ihnen die Ge- und Verbote, die sie bei der Verkehrsteilnahme zu
beachten haben, ausschließlich auf diese Art und Weise zur Kenntnis
gebracht werden (ebenso BayVGH, a.a.O. Rn 168; vgl. auch BVerwG, Urt. v.
13.03.2008 - 3 C 18.07 - in juris). Für Verkehrsverbote und
-beschränkungen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen
(vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO) sieht auch § 45 Abs. 4 Satz 1
Halbsatz 2 StVO insoweit keine Ausnahme vor, sondern nur für
Verkehrsverbote und -beschränkungen zur Erhaltung der öffentlichen
Sicherheit (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO). Die Frage kann jedoch
offen bleiben. |
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4.4.3.2.
Denn jedenfalls bestehen gegen die zweite in Betracht kommende
Handlungsalternative keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn
man § 45 Abs. 1f StVO aus den bereits dargelegten Gründen richtigerweise
nicht für eine abschließende Regelung hält. |
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Es bestehen zunächst keine rechtlichen Zweifel daran, dass die Zusatzzeichen, bei denen es sich gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 StVO ebenfalls um Verkehrszeichen handelt, in der StVO nicht abschließend geregelt
sind und das Verkehrsministerium des Beklagten als oberste
Straßenverkehrsbehörde auf der Grundlage der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO) vom 26.01.2001 i. d. F. vom
22.05.2017; (vgl. BAnz AT vom 29.05.2017 B8) deshalb befugt ist, andere
als die im Verkehrszeichenkatalog (VzKAT) zur StVO aufgeführten
Zusatzzeichen zu genehmigen und einzuführen. Denn dort heißt es unter
Randnummer 46 zu §§ 39 bis 43: „ ... Abweichungen von dem in diesem
Verzeichnis aufgeführten Zusatzzeichen sind nicht zulässig; andere
Zusatzzeichen bedürfen der Zustimmung der zuständigen obersten
Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle.". Diese Befugnis ist
zwischen den Beteiligten unstreitig, denn davon geht auch die
Planbehörde aus (vgl. Ziffer 6.2.2.2.2 des Planentwurfs zur 3.
Fortschreibung des Luftreinhaltungsplanes Stuttgart vom Mai 2017 zur
Umsetzung des Verkehrsverbotes M2b; S. 84). |
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Inhaltlich müsste das Zusatzzeichen als sog. Frei-Zusatzzeichen
ebenso wie das Zusatzzeichen 46 - vereinfacht ausgedrückt - den
Aussagegehalt der bislang nicht vorliegenden Blauen Plakette in Textform zum
Ausdruck bringen. Dies lässt § 41 Abs. 2 Satz 3 StVO grundsätzlich zu.
Dieses Zusatzzeichen würde auch nicht unter die Einschränkung des § 39
Abs. 3 Satz 2 StVO fallen, wonach „Aufschriften“ auf Zusatzzeichen –
also Zusatzzeichen, die ihren Regelungsgehalt in Textform zum Ausdruck
bringen - nur zulässig sind, „soweit nichts anderes bestimmt ist“.
Letzteres ist hier der Fall, denn als Zusatzzeichen zu dem Zeichen 270.1
gelten für dieses insbesondere nicht die Einschränkungen in Nummer 26
der Anlage 2 zur StVO, sodass die damit zusammenhängenden Rechtsfragen
hier keiner Erörterung bedürfen. |
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Gegen
ein solches Frei-Zusatzzeichen, das in Textform die vom
Umweltzonen-Verkehrsverbot (Zeichen 270.1) freigestellten Kraftfahrzeuge
benennt, bestehen daher keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken
(ebenso BayVGH a.a.O., Rn 171). |
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Auch in Bezug auf den hier notwendigen Textumfang,
mit dem eine Freistellung vom Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge Euro 6
und ggf. für Kraftfahrzeuge mit Ottomotoren ab Euro 3 geregelt werden
müsste, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Zwar muss nach der
obergerichtlichen Rechtsprechung der objektive Aussagegehalt von
Verkehrszeichen - und dies gilt auch für Kombinationen aus Zeichen und
Zusatzzeichen - zum einen eindeutig sein und eine solche Beschilderung
zum anderen so übersichtlich gestaltet werden können, dass ein
durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO
erforderlichen Sorgfalt ihren Bedeutungsgehalt „mit einem raschen und
beiläufigen Blick“ zu erfassen vermag (vgl. auch zu diesem Erfordernis:
BVerwG, Urt. v. 13.03.2008 – 3 C 18.07 – a.a.O., m.w.N.). |
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Dies
ist bei dem hier notwendigen Textumfang, mit dem zum Ausdruck zu
bringen ist, dass Diesel-Kraftfahrzeuge „Diesel Euro 6“ und „Andere ab
Euro 3“ vom Verkehrsverbot ausgenommen („Frei“) sind, auch im Vergleich
mit den Textumfängen anderer im Verkehrszeichenkatalog enthaltenen und
damit als zulässig erachteten Zusatzzeichen zu bejahen. |
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Gegenüber
einem solchen Frei-Zusatzzeichen zum Zeichen 270.1 dürfte die vom
Kläger alternativ vorgeschlagene „Drei-Schilder-Regelung“ mit dem
Zeichen 270.1, dem Zusatzzeichen 46 (Grüne Plakette) und einem zweiten
Zusatzzeichen mit den Ausnahmen von der Freistellung durch das
Zusatzzeichen 46 bereits deshalb nicht vorzugswürdig sein, weil diese
Beschilderungsmöglichkeit die den Verkehrsteilnehmern im Zusammenhang
mit Umweltzonen bereits vertraute Regelungstechnik „Verbot und
Freistellung“ verkompliziert und bei dieser „Drei-Schilder-Regelung“
möglicherweise auch missverständlich bleibt, worauf sich das zweite
Zusatzzeichen bezieht. |
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Welche
der vorgenannten Handlungsalternativen die hier zuständigen Behörden
letztlich als vorzugswürdig erachten, muss jedoch deren Entscheidung im
Rahmen ihrer Befugnisse nach § 47 BImSchG und § 45 Abs. 3 Satz 1 StVO -
gegebenenfalls auch in Abstimmung mit dem BMVI als oberster
Straßenverkehrsbehörde - vorbehalten bleiben. Sollte das BMVI dabei
rechtliche Bedenken gegen alle aufgezeigten Handlungsalternativen haben,
obliegt es allein den zuständigen Verordnungsgebern, diesen rechtlichen
Bedenken durch eine entsprechende Ergänzung der 35.BImSchV und des
Zusatzzeichen 46 um eine weitere Plakette zur Bekanntgabe von
Verkehrsverboten der vorliegenden Art Rechnung zu tragen. |
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Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot begegnet auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG keinen Bedenken. |
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Das in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot verstößt nicht gegen die Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zur Emittentenauswahl
(dazu unter 5.1.) und ist auch verhältnismäßig (dazu unter 5.2.). Der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet insbesondere auch nicht den
generellen Aufschub der Umsetzung auf den vom Beklagten vorgesehenen
späteren Zeitpunkt. Einem solchen Aufschub steht vielmehr das in § 47
Abs. 1 Satz 3 BImSchG zum Ausdruck kommende Minimierungsgebot entgegen
(dazu unter 5.3.). |
|
|
Das
im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits
vorgesehene Verkehrsverbot, mit dem die Einhaltung der in der Umweltzone
Stuttgart überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte
tatsächlich sichergestellt werden kann, verstößt nicht gegen die
Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zur Emittentenauswahl,
weil von dieser Maßnahme von allen Emittenten, die zum Überschreiten
der Immissionswerte im Sinne des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG beitragen,
ausschließlich der Straßenverkehr und davon wiederum nur ein bestimmter
Kreis von Verkehrsteilnehmern, nämlich die Nutzer der Kraftfahrzeuge der
genannten Schadstoffgruppen betroffen sind. Denn dies lässt sich in der
Sache damit rechtfertigen, dass der Straßenverkehr an allen Messstationen in der Umweltzone Stuttgart sowohl lokal als auch im Bereich der Hintergrundbelastung mit Verursacheranteilen an der NO2-Immissionsbelastung zwischen 59 % und 77 % (Am Neckartor) als Hauptverursacher der NO2-Immissionsgrenzwertüberschreitungen
in Erscheinung tritt (vgl. Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai
2017, Abbildungen 6 bis 9, S. 30 und 31) und die vom Verkehrsverbot
betroffenen Kraftfahrzeuge zu diesen Verursachungsanteilen einen
erheblichen Anteil beitragen (vgl. hierzu u.a. Dokumentation zum GWG vom
April 2017, S. 73, Bild 4.12). |
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|
Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehene Verkehrsverbot verletzt in der Sache auch nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,
bei dem es sich um ein aus den Grundrechten (z.B. Art. 2 Abs. 1 GG)
bzw. aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip
hergeleitetes allgemeines Abwägungsprinzip handelt, das bei der Auswahl
in Betracht kommender Luftreinhaltemaßnahmen und der davon betroffenen
Emittenten grundsätzlich zu beachten ist. Dies hat der Bundesgesetzgeber
durch die ausdrückliche Erwähnung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
in der Regelung des § 47 Absatz 4 Satz 1 BImSchG auch nochmals
klargestellt. |
|
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Eine
hoheitliche Maßnahme, die in (Grund-)Rechte Dritter eingreift,
entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann, wenn
sie einen legitimen öffentlichen Zweck verfolgt und darüber hinaus
geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne, also
angemessen ist. Diesen Anforderungen entspricht das hier in Betracht
kommende Verkehrsverbot im Falle seiner Umsetzung voraussichtlich in
jeder Hinsicht. |
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Als
Maßnahme zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen und zur
Einhaltung von Immissionsgrenzwerten, die dem Schutz der menschlichen
Gesundheit vor schädlichen Luftschadstoffen dienen, verfolgt dieses
zweifellos einen legitimen öffentlichen Zweck. |
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5.2.2. Die Geeignetheit
des Verkehrsverbotes steht ebenfalls außer Zweifel, weil mit diesem
Verkehrsverbot das Ziel der Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte
nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten im
Gesamtwirkungsgutachten in der gesamten Umweltzone Stuttgart erreicht
oder zumindest annähernd erreicht werden (vgl. hierzu bereits unter
Ziffer 3.). |
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Es sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf der Grundlage des vom Beklagten vorgelegten Gesamtwirkungsgutachtens auch keine anderen, gleichwertigen Maßnahmen
ersichtlich, welche den von dem Verkehrsverbot betroffenen
Adressatenkreis weniger belasten würden und dem Verkehrsverbot deshalb
im Rahmen der planerischen Auswahlentscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1
BImSchG als „milderes Mittel“ vorzuziehen wären. |
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Die von der Planbehörde bislang nicht als Luftreinhaltemaßnahmen in Betracht gezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen in den Regelungen M17 und M18 scheiden mit ihren NO2-Emissionsminderungs-potenzialen
zwischen 0 % und maximal 5 % bereits von ihrem Wirkungsgrad als
gleichwertige Maßnahmen aus und kommen daher als gleichwertige
Handlungsalternative anstelle des Verkehrsverbotes nicht in Betracht. |
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Nichts anderes gilt auch für die in Modul 6 (Schnellstraßenkonzept) des Gesamtwirkungsgutachtens bewerteten Maßnahmen M61v1 und M61v2, die
„Geschwindigkeitsreduzierungen auf ausgewählten Autobahnen und
Bundesstraßen auf 100 bzw. 80 km/h“ vorsehen und die von der Planbehörde
bislang ebenfalls nicht als Luftreinhaltemaßnahmen vorgesehen sind.
Zwar liegen deren NO2-Emissions-minderungspotenziale bei
immerhin 13% bzw. 9 %. Die Beklagten-Vertreter haben hierzu in der
mündlichen Verhandlung jedoch schlüssig und nachvollziehbar dargelegt,
dass diese Maßnahmen die Immissionssituation in der Umweltzone Stuttgart
sogar verschlechtern würden, weil sie zu Ausweichverkehren in die
Umweltzone und damit sogar zu einer Verschlechterung der dortigen
Luftqualität führen würden. Diese Handlungsalternative hat die
Planbehörde daher zu Recht nicht in ihren Planentwurf übernommen. |
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Die als Handlungsalternative grundsätzlich in Betracht kommenden (ganzjährigen) Verkehrsverbote, die abwechselnd an das Kfz-Kennzeichen (gerade/ungerade) anknüpfen, wurden von der Planbehörde bereits wegen ihres zu geringen NO2-Immissionsminderungs-potenzials
(Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen in der
Umweltzone um weniger als 4 %; vgl. Dokumentation zum GWG vom April
2017, Bild 6.9, S. 127 sowie S. 39 und 40 des Abschlussberichts zum GWG
vom Februar 2017) zu Recht nicht weiterverfolgt. Dies bedarf keiner
vertiefenden Darlegungen, nachdem der Kläger der diesbezüglichen
Argumentation der Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung
nicht widersprochen und auch das Gericht an der Richtigkeit der
genannten Feststellungen der Gutachter keine Zweifel hat. |
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|
5.2.3.3. Auch die weiter in Betracht gezogene City-Maut kann
bei der von den Gutachtern des Beklagten im Gesamtwirkungsgutachten
untersuchten Ausgestaltung (5 Euro/Einfahrt in die Umweltzone; vgl. im
Einzelnen Dokumentation zum GWG vom April 2017, S. 9, Ziffer 3.2.1.2)
nicht als gleich geeignete Handlungsalternative eingestuft werden, weil
diese nach den Feststellungen der Gutachter lediglich zu einer geringen
Reduzierung der NOx-Emissionen des Straßenverkehrs in Höhe von 7 %
führen würde (vgl. Abschlussbericht zum GWG vom Februar 2017, Bild 5.4,
Seite 46). Der immissionsseitige Wirkungsgrad dieser
Handlungsalternative bleibt damit deutlich hinter dem Wirkungsgrad des
im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehenen
Verkehrsverbotes zurück (vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017, Bild
6.9, S. 127; Reduzierung der Streckenlängen mit
Grenzwertüberschreitungen in der Umweltzone durch die Maßnahme
M22/City-Maut um ca. 42 % und im Talkessel um ca. 80 % gegenüber den
94,6 % in der Umweltzone durch das Verkehrsverbot). |
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|
Ob
die Erhebung einer solchen City-Maut zur Durchsetzung von Zielen der
Luftreinhaltung überhaupt zulässig wäre und auf die §§ 47 i. V. m. 40
BImSchG gestützt werden könnte oder vielmehr einer vorherigen
entsprechenden Gesetzesinitiative des Landesgesetzgebers bedürfte, kann
daher ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob der Beklagte zu einer
solchen Gesetzesinitiative zur Schaffung des rechtlichen Rahmens für die
Einführung einer City-Maut rechtlich verpflichtet wäre. |
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|
Für die weiter alternativ in Betracht gezogene Einführung einer Nahverkehrsabgabe für das Stadtgebiet oder die Region Stuttgart gelten die Ausführungen zur „City-Maut“ entsprechend, weil auch diese Maßnahme mit einem NO2-Emissionsminderungspotenzial
von lediglich 2 bis maximal 4 % (vgl. Abschlussbericht zum GWG vom
Februar 2017, a.a.O.) keine gleichwertige Handlungsalternative zu dem im
Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehenen
Verkehrsverbot darstellt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig
und bedarf daher ebenfalls keiner weiteren Betrachtung. |
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5.2.3.5. Bei der zuletzt noch in die Diskussion gebrachten „Nachrüstlösung“
für die vom Verkehrsverbot betroffenen Diesel-Kraftfahrzeuge der Stufe
Euro 5 handelt es sich bereits in tatsächlicher Hinsicht offensichtlich
um keine im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG gleichwertige
Handlungsalternative zum Verkehrsverbot. Denn insoweit hat die
zuständige Gutachterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf
Rückfrage des Gerichts bestätigt, dass der immissionsseitige Wirkungsgrad dieser „Nachrüstlösung“ bei maximal 9 % bezogen auf das Jahr 2020 liege. |
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Dabei
ist die Gutachterin bei ihrer Berechnung davon ausgegangen, dass 50 %
der Diesel-Kraftfahrzeuge der Stufe Euro 5 nachrüstbar sind, 100 %
dieser Diesel-Kraftfahrzeuge bis 2020 auch tatsächlich nachgerüstet
werden und jede dieser Nachrüstungen zu einer Reduzierung der realen
Emissionen im Straßenverkehr um 50 % führe. |
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Von
diesen von der Gutachterin angenommenen Prämissen ist jedoch bereits
die Annahme, dass im Rahmen freiwilliger Nachrüstaktionen - wie auch
immer diese konkret aussehen mögen - bis 2020 alle nachrüstbaren
Diesel-Kraftahrzeuge tatsächlich freiwillig nachgerüstet werden, wenig
wahrscheinlich. |
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Hinzu
kommt, dass die Planbehörde eine eventuelle Bereitschaft der
Betroffenen zur Umrüstung ihrer Kraftfahrzeuge mit der jetzt im
Planentwurf vorgesehenen Maßnahme M1 zusätzlich konterkariert, wenn sie
diesen mit dem darin genannten (frühestmöglichen) Umsetzungszeitpunkt
01.01.2020 bereits jetzt zu erkennen gibt, dass sie auch mit ihren nicht
nachgerüsteten Diesel-Kraftfahrzeugen auf jeden Fall bis zum 01.01.2020
in der Umweltzone Stuttgart fahren dürfen und vorher nicht mit einem
Verkehrsverbot rechnen müssen. |
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Soweit
zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann, dass
diese „Nachrüstlösung“ möglicherweise auch nur aus Software-Updates
bestehen wird, dürfte die damit zu erwartende Abgasreduzierung auch
nicht bei den von der Gutachterin angenommen 50 %, sondern lediglich in
einer Größenordnung von ca. 25 % bis maximal 30 % und der damit
verbundene Wirkungsgrad folglich aller Voraussicht nach deutlich unter 9
% liegen. |
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|
Doch
selbst wenn man den von der Gutachterin ermittelten Wirkungsgrad trotz
der vorgenannten erheblichen Bedenken als richtig unterstellen würde,
handelt es sich bei der „Nachrüstlösung“ selbst mit diesem maximal
denkbaren Wirkungsgrad von 9 % um keine gleichwertige
Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot, da dessen
Wirkungsgrad um ein Vielfaches höher liegt. |
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Davon
geht auch der Beklagte aus, dessen Vertreter in der mündlichen
Verhandlung selbst eingeräumt haben, dass mit der „Nachrüstlösung“ eine
Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte nicht erreicht
werden kann, sondern hierfür die „Blaue Plakette“, also das in M1
beschriebene Verkehrsverbot erforderlich ist. |
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Bei
dieser Sachlage würde die Planbehörde mit einer Entscheidung für die
„Nachrüstlösung“ unter gleichzeitiger Verschiebung des Verkehrsverbotes
bis mindestens 01.01.2020 den bereits seit über 7,5 Jahre andauernden
rechtswidrigen Zustand der erheblichen Überschreitung der
Stickstoffdioxid-Immissionsgrenzwerte in der Umweltzone Stuttgart aber
um mindestens weitere 2,5 Jahre verlängern, anstatt diesen
rechtswidrigen Zustand so schnell wie möglich zu beenden. Da der
Planbehörde der zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte
unzureichende Wirkungsgrad der „Nachrüstlösung“ auch bekannt ist, würde
sie damit zugleich in Kenntnis der Sachlage ihren sich aus dem
Minimierungsgebot des § 47 Abs. 1 BImSchG ergebenden gesetzlichen
Handlungspflichten zuwiderhandeln. |
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|
Bei
dieser Sachlage steht die „Nachrüstlösung“ der Planbehörde nach
derzeitigem Erkenntnisstand bereits aus tatsächlichen Gründen nicht als
Handlungsalternative zu dem Verkehrsverbot zur Verfügung. |
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|
Hinzu kommt, dass es sich bei der „Nachrüstlösung“ auch in rechtlicher Hinsicht
um keine gleichwertige Handlungsalternative handelt, für die sich die
Planbehörde bzw. der Beklagte im vorliegenden Fall anstelle des
Verkehrsverbotes entscheiden kann. Denn bei der genannten
„Nachrüstlösung“ handelt es sich ausschließlich um freiwillige
Aktivitäten von Seiten der Automobilindustrie und der betreffenden
Kraftfahrzeug-Eigentümer, auf welche die Planbehörde im Rahmen der
beabsichtigten Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart
keinerlei verbindlichen Einfluss nehmen kann, weil die Planbehörde keine
Befugnisse besitzt, eine Nachrüstung von Kraftfahrzeugen in
hoheitlicher Form wie beispielsweise im Wege eines behördlichen
Bescheides rechtlich verbindlich zu machen. |
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|
Davon
geht die Planbehörde selbst aus (vgl. Klageerwiderung vom 13.07.2017,
Ziffer 2.1, S. 3). Sie beabsichtigt deshalb auch nicht, eine
entsprechende Luftreinhaltemaßnahme in den Planentwurf zur 3.
Fortschreibung aufzunehmen, welche die genannte „Nachrüstlösung“ zum
Gegenstand hat. Die Nachrüstlösung kann daher auch in rechtlicher
Hinsicht nicht als Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot
eingestuft werden, der die Planbehörde im Rahmen der Fortschreibung des
Luftreinhalteplans den Vorzug geben könnte. |
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|
5.2.4. Gegen die Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes im engeren Sinne (Angemessenheit) bestehen im Grundsatz ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. |
|
|
Bei
der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne hat die
Planbehörde eine Abwägung der durch die beabsichtigte
Luftreinhaltemaßnahme betroffenen Belange vorzunehmen. Im vorliegenden
Fall sind dementsprechend das Ziel des Verkehrsverbotes (Schutz der
menschlichen Gesundheit der Bewohner der Umweltzone) und die
nachteiligen Auswirkungen des Verkehrsverbotes für die davon betroffenen
Verkehrsteilnehmer (z. B. Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen
Handlungsfreiheit) zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Dabei gilt
generell, dass das mit der Maßnahme verfolgte Ziel umso gewichtiger und
dringlicher sein muss, je intensiver die Maßnahme in die Grundrechte der
Betroffenen eingreift. Ergibt die vorzunehmende Interessengewichtung
und -abwägung, dass die Nachteile, die mit der Maßnahme verbunden sind,
nicht völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen, die sie bewirkt,
ist diese auch als angemessen und verhältnismäßig im engeren Sinne
einzustufen. |
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|
Unter
Zugrundelegung dieser Grundsätze begegnet die von der Planbehörde im
Planentwurf zur 3. Fortschreibung vorgenommene Abwägung keinen
rechtlichen Bedenken. Die Planbehörde hat ausweislich des vorgelegten
Planentwurfs zur 3. Fortschreibung die bislang ermittelten Belange der
Betroffenen gewichtet und in die Abwägung eingestellt. Dabei hat sie den
Schutz der Gesundheit der betroffenen Wohnbevölkerung höher gewichtet,
als die Interessen der betroffenen Verkehrsteilnehmer. Denn die
Planbehörde hat im Planentwurf mit ihren Ausführungen in Ziffer 6.2.1.7
zur Verhältnismäßigkeit (im engeren Sinne) ausdrücklich festgestellt
(vgl. a.a.O., S. 76), dass |
|
|
„die
geplante Erweiterung der Umweltzone um eine weitere Schadstoffgruppe
die betroffenen Verkehrsteilnehmer nicht in unangemessener Weise
belaste“ (…)
und
(…) „es zum Schutz der menschlichen
Gesundheit sachgerecht erscheine, den Nutzern von weniger
schadstoffarmen Fahrzeugen einen Beitrag zur Minderung dieser
Schadstoffbelastung abzuverlangen“ (…) „da Stickstoffdioxid die
Gesundheit schädigen könne“ (…) |
|
|
Dementsprechend
hat der Beklagte zuvor auch bereits in seiner Klageerwiderung vom
17.02.2017 ausdrücklich außer Streit gestellt, dass |
|
|
„der
Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit der von den Immissionen
Betroffenen höher zu gewichten sei, als die von dem Verkehrsverbot
betroffenen Rechtsgüter des Fahrzeugführers (Eigentum und allgemeine
Handlungsfreiheit)“. |
|
|
In
Bezug auf die mit dem Verkehrsverbot verbundenen
Mobilitätseinschränkungen für die betroffenen Verkehrsteilnehmer hat der
Beklagten-Vertreter im Klagerwiderungsschriftsatz vom 28.02.2017
ausdrücklich eingeräumt, dass |
|
|
„der
Käufer eines Kraftfahrzeuges mit diesem Kauf weder ein geschütztes
Vertrauen geschweige denn ein Recht erwirbt, mit diesem Kraftfahrzeug
jederzeit überall hinfahren zu dürfen.“ |
|
|
Diese
Ausführungen und die bislang von der Planbehörde vorgenommene
Abwägungsentscheidung lassen keine Abwägungsfehler erkennen. Denn es
steht außer Zweifel, dass dem mit dem Verkehrsverbot zu schützenden
Rechtsgut der menschlichen Gesundheit grundsätzlich ein auch
verfassungsrechtlich gewährleistetes, hohes Gewicht zukommt. Ebenso
unzweifelhaft ist, dass in dieses Rechtsgut durch die im Bereich der
Umweltzone Stuttgart festgestellten, zum Teil ganz erheblichen und
langjährigen Überschreitungen der zum Schutz der menschlichen Gesundheit
festgesetzten NO2-Immissionsgrenzwerte auch in erheblichem
Maße eingegriffen wird. Denn es ist allgemein anerkannt, dass zu hohe
Stickstoffdioxid-Konzentrationen geeignet sind, die menschliche
Gesundheit erheblich zu beeinträchtigen, weil Stickoxide in der Umwelt
u. a. für die Zunahme sowohl von Atemwegs- als auch von Herz- und
Kreislauferkrankungen mitverantwortlich gemacht werden und für bestimmte
Personengruppen (z.B. Kinder, Asthmatiker, etc.) ein zusätzliches
Gesundheitsrisiko darstellen. |
|
|
Dem
stehen keine von der Planbehörde ermittelten Belange der vom
Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer gegenüber, die erkennbar
höher zu gewichten wären, als diese Gesundheitsinteressen der
Wohnbevölkerung. Die Planbehörde hat daher den Schutz der
Wohnbevölkerung in der Umweltzone Stuttgart (ca. 600.000 Einwohner) vor
fortdauernden, massiven Gesundheitsbeeinträchtigungen durch zu hohe
Stickstoffdioxid-Konzentrationen zu Recht höher gewichtet, als die mit
dem Verkehrsverbot einhergehenden Mobilitätseinschränkungen und
sonstigen Nachteile für die davon betroffenen Verkehrsteilnehmer (unter
Berücksichtigung der Ausnahmekonzeption ca. 80.000; im Ergebnis ebenso:
BayVGH, a.a.O., Rn 154). |
|
|
Soweit
sich das Verkehrsverbot gegenüber einzelnen Betroffenen oder
Emittentengruppen aufgrund besonderer Umstände als unzumutbar erweisen
kann, ist es der Planbehörde unbenommen, solchen „Härtefällen“ durch
entsprechende Befreiungs- und Ausnahmetatbestände im Luftreinhalteplan
(vgl. auch bereits Ausnahmekonzeption im Planentwurf zur 3.
Fortschreibung sowie unten S. 94) Rechnung zu tragen (vgl. hierzu auch
Nds.OVG, Urt. v. 12.05.2011 -12 LC 143/09 - in juris). |
|
|
Soweit
der Beklagte mit den zitierten Feststellungen zur Verhältnismäßigkeit
des Verkehrsverbotes zugleich seine früheren weiteren Einwände gegen die
Zumutbarkeit solcher Verkehrsverbote (vgl. im Einzelnen
Klageerwiderungsschriftsatz vom 31.03.2016) ausdrücklich aufgegeben hat,
bedürfen diese keiner näheren Betrachtung mehr. |
|
|
5.3. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es auch nicht, das zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte
in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot generell auf den 01.01.2020 zu
verschieben. Dem steht vielmehr das Minimierungsgebot des § 47 Abs. 1
Satz 3 BImSchG entgegen, wonach die Maßnahmen eines Luftreinhalteplanes
geeignet sein müssen, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits
einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. |
|
|
Der
Rechtsansicht des Beklagten, wonach ein ganzjähriges flächendeckendes
Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart unverhältnismäßig sei, wenn
dieses vor der „Nachrüstlösung“ bzw. bereits zu einem Zeitpunkt in Kraft
gesetzt werde, zu dem die Zahl der davon betroffenen Kraftfahrzeuge
noch mehr als 20 % des in Stuttgart zugelassenen Flottenbestandes
betrage, ist nicht zu folgen. |
|
|
In Bezug auf die „Nachrüstlösung“
ist die Argumentation des Beklagten bereits in der Sache nicht
schlüssig. Denn danach soll der sog. „Nachrüstlösung“ ausnahmslos - also
in Bezug auf alle vom Verkehrsverbot betroffenen Emittenten bzw.
Emittentengruppen - der Vorzug vor dem Verkehrsverbot gegeben werden,
obwohl der Beklagte selbst davon ausgeht, dass von den vom
Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeugen lediglich „50 % der Euro
5-Diesel-Pkw“ und damit insgesamt lediglich ca. ein Drittel der vom
Verkehrsverbot insgesamt betroffenen Kraftfahrzeugen überhaupt für eine
Umrüstung technisch geeignet sind (vgl. Klageerwiderungsschriftsatz vom
13.07.2017, S. 1). |
|
|
Warum
es der Beklagte bei dieser Sachlage aus Gründen der Verhältnismäßigkeit
dennoch für geboten hält, auch den Eigentümern von nicht nachrüstbaren
Kraftfahrzeugen bis mindestens 01.01.2020 „eine Chance zur Nachrüstung
zu geben“, anstatt wenigstens diese Kraftfahrzeuge baldmöglichst mit dem
zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte erforderlichen
Verkehrsverbot zu belegen, konnten die Beklagten-Vertreter in der
mündlichen Verhandlung nicht plausibel begründen und ist auch für das
Gericht nicht nachvollziehbar. |
|
|
In rechtlicher Hinsicht stellt sich die Frage, ob der „Nachrüstlösung“ aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gegenüber dem Verkehrsverbot der Vorrang einzuräumen ist, bereits deshalb nicht, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von der Planbehörde lediglich im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zu beachten ist. |
|
|
Nach
dieser Regelung steht der zur Aufstellung eines Luftreinhalteplanes
verpflichteten Planbehörde ausschließlich bei der Auswahl und Festlegung
der zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte und dauerhaften
Verminderung von Luftverunreinigungen erforderlichen Maßnahmen ein
planerischer Gestaltungsspielraum und damit ein Auswahlermessen
in Bezug auf die geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen und deren
Adressaten, in dessen Rahmen die Planbehörde neben den jeweiligen
Verursacheranteilen der Emittenten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat. |
|
|
Die
Ausübung dieses Auswahlermessens setzt regelmäßig voraus, dass mehrere
(mindestens 2) geeignete Luftreinhaltemaßnahmen für eine Aufnahme in den
Luftreinhalteplan auch tatsächlich in Betracht kommen und damit zur
Auswahl stehen. An dieser Voraussetzung für die Ausübung des
Auswahlermessens im Sinne des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG fehlt es jedoch
hier, weil es sich nach den Feststellungen der Gutachter im
Gesamtwirkungsgutachten lediglich bei dem genannten Verkehrsverbot um
eine geeignete Luftreinhaltemaßnahme handelt und eine solche
Luftreinhaltemaßnahme zur Umsetzung der sog. „Nachrüstlösung“ jedoch
offensichtlich nicht in Betracht kommt (vgl. dazu bereits Ziffer
5.2.3.5.). Die „Nachrüstlösung“ ist damit bereits keine rechtlich gleichwertige Handlungsalternative
zu dem genannten Verkehrsverbot, die diesem im Rahmen einer
Auswahlentscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG unter Berufung auf
den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgezogen werden könnte. |
|
|
Soweit
die Planbehörde dieser „Nachrüstlösung“, wie sie es in der mündlichen
Verhandlung umschrieben hat, dennoch „vorab eine Chance geben will“,
würde sie damit zugleich gegen ihre gesetzlichen Pflichten aus § 47 Abs.
1 BImSchG verstoßen, wonach die Planbehörde bei Vorliegen einer
Überschreitung der in der 39.BImSchV vorgegebenen Immissionsgrenzwerte
nicht nur zwingend verpflichtet ist, einen Luftreinhalteplan
aufzustellen oder fortzuschreiben („hat“; vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1
BImSchG), sondern wegen des in § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG normierten
Minimierungsgebotes darin auch die zur schnellstmöglichen Einhaltung der
überschrittenen Immissionsgrenzwerte geeigneten Maßnahmen festlegen
muss. |
|
|
Die
Planbehörde ist bei der bereits vorliegenden Überschreitung der
Immissionsgrenzwerte daher weder befugt, die Fortschreibung des
Luftreinhalteplanes Stuttgart, noch die Umsetzung der darin zur
schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte festzulegenden
Luftreinhaltemaßnahmen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, um
den vorherigen Ausgang freiwilliger Aktivitäten Dritter abzuwarten. |
|
|
Die
sog. „Nachrüstlösung“ berechtigt die Planbehörde demzufolge bereits
unter den vorgenannten rechtlichen Aspekten nicht, den zur
schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte
notwendigen Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verkehrsverbotes mit einem
pauschalen Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf einen
späteren Zeitpunkt zu verschieben. |
|
|
Doch
selbst wenn man dieser rechtlichen Argumentation nicht folgen wollte,
fehlt der „Nachrüstlösung“ jedenfalls auch die notwendige tatsächliche Gleichwertigkeit zur Einhaltung des in § 47 Abs. 1 BImSchG normierten gesetzgeberischen Ziels (vgl. hierzu bereits unter Ziffer 5.2.3.5.). |
|
|
Aus
den obigen Ausführungen folgt freilich nicht, dass künftige
Nachrüstmöglichkeiten, die einen mit dem Verkehrsverbot vergleichbaren
Wirkungsgrad besitzen, im Rahmen des von der Planbehörde noch zu
erstellenden Handlungskonzepts zur 3. Fortschreibung des
Luftreinhalteplanes Stuttgart völlig außer Betracht zu bleiben hätten.
Wie bereits dargelegt, hat die Planbehörde gemäß § 47 Abs. 1 Sätze 1 und
3 BImSchG zwar keinen Handlungsspielraum, die Fortschreibung des
Luftreinhalteplans und das Verkehrsverbot wegen eventuell möglicher
Nachrüstungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, wenn die
zulässigen Immissionsgrenzwerte bereits seit langer Zeit überschritten
sind, wie dies in der Umweltzone Stuttgart der Fall ist. Sie hat aber
die Möglichkeit, eventuelle Nachrüstmöglichkeiten bei ihrer Entscheidung
nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, gegen welche Emittenten bzw.
Emittentengruppen sie das Verkehrsverbot unter Berücksichtigung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festgelegt, zu berücksichtigen. Denn
es liegt auf der Hand, dass gerade die Nachrüstung von „jüngeren“
Diesel-Kraftfahrzeugen die Betroffenen weniger belasten kann, als die
mit dem Verkehrsverbot verbundenen Nachteile. |
|
|
Es
steht der Planbehörde daher frei, im Rahmen der Planaufstellung zu
prüfen, ob bei technisch nachrüstbaren Kraftfahrzeugen unter dem
Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht eine Nachrüstmöglichkeit als
„milderes“ Mittel eingeräumt werden muss, bevor auch für diese
Kraftfahrzeuge das Verkehrsverbot gilt. Sollte durch solche
Nachrüstungen beispielsweise eine Einhaltung des Euro 6-Grenzwertes von
80 mg NOx/km bei einem Teil der vom Verkehrsverbot betroffenen
Kraftfahrzeuge in absehbarer Zeit tatsächlich technisch möglich sein und
der Bundesverordnungsgeber auch die notwendigen rechtlichen
Voraussetzungen für den Fortbestand der Straßenverkehrszulassung für
solche nachgerüsteten Kraftfahrzeuge zeitnah schaffen, besteht für die
Planbehörde bei der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart
im Rahmen ihres Auswahlermessens gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG
grundsätzlich die Möglichkeit, solche nachrüstbaren Kraftfahrzeuge mit
Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch entsprechende
Ausnahmeregelungen im Luftreinhaltungsplan noch für einen befristeten
Zeitraum vom Verkehrsverbot auszunehmen, um die entsprechenden
Nachrüstungen zu ermöglichen. Die Nachrüstfristen müssten dabei
allerdings so bemessen werden, dass das mit dem Verkehrsverbot verfolgte
Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen
Immissionsgrenzwerte nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird. |
|
|
Je
mehr geeignete Luftreinhaltemaßnahmen die Planbehörde in ihren
Planentwurf aufnimmt und je höher deren Gesamtwirkungsgrad ist, umso
größer wird auch der Auswahlspielraum der Planbehörde im Rahmen des § 47
Abs. 4 Satz 1 BImSchG, um den Eigentümern von nachrüstbaren
Kraftfahrzeugen noch die Möglichkeit einer Nachrüstung einzuräumen, um
dem Verkehrsverbot zu entgehen. |
|
|
Gleichzeitig
würde die Planbehörde mit einer solchen Einbindung der
Nachrüstmöglichkeiten in den Luftreinhalteplan und deren Verknüpfung mit
dem ansonsten drohenden Verkehrsverbot auf die betroffenen
Kraftfahrzeug-Eigentümer auch den notwendigen Druck ausüben, um solche
Nachrüstungen tatsächlich zeitnah durchzuführen. |
|
|
Dieser
Möglichkeit, auf - zweifellos sinnvolle - Nachrüstungen hinzuwirken,
begibt sich die Planbehörde, wenn sie die sog. „Nachrüstlösung“ -
anstatt diese im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 47 BImSchG im Wege einer
Regel-Ausnahme-Konstruktion rechtlich mit dem Verkehrsverbot zu
verknüpfen - dem Verkehrsverbot nur zeitlich voranstellen und es damit
vollständig dem freien Willensentschluss Dritter überlassen will, ob, in
welchem Umfang und in welchem zeitlichen Rahmen solche Nachrüstungen
stattfinden. |
|
|
Aus
den obigen Ausführungen folgt, dass mögliche Nachrüstungen die
Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes nicht in Frage stellen, sondern
letztlich sicherstellen, wenn sie von der Planbehörde richtigerweise
als Handlungsoption verstanden werden, die den betroffenen
Kraftfahrzeug-Eigentümern durch entsprechende Ausnahmeregelungen im
Luftreinhalteplan eingeräumt werden können, um das ansonsten zu
beachtende Verkehrsverbot abzuwenden. |
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5.3.2. Soweit der Beklagte seine Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes darüber hinaus an die Zahl der davon betroffenen Emittenten
anknüpfen will und dabei zu dem abstrakten Ergebnis kommt, ein solches
Verkehrsverbot sei unverhältnismäßig, wenn mehr als 20 % der
Verkehrsteilnehmer betroffen seien, kann diesen Überlegungen ebenfalls
nicht gefolgt werden. Denn der Beklagte hat bereits nicht
nachvollziehbar dargelegt, warum das vorliegend zur schnellstmöglichen
Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte geeignete
Verkehrsverbot generell und ohne Ansehung der davon konkret betroffenen
Kraftfahrzeuge verhältnismäßig sein soll, wenn davon maximal 20 % der
zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen sind und unverhältnismäßig, wenn
diese „Obergrenze“ - in welcher Größenordnung auch immer (also auch
schon bei 20,1 %?) - überschritten ist. |
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|
Auch
in der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten-Vertreter keine
sachlich nachvollziehbare Begründung für diese sich an der reinen Zahl
der betroffenen Adressaten der Maßnahme orientierenden Grenzziehung
zwischen Verhältnismäßigkeit und Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme
gegeben. |
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Die
Verhältnismäßigkeit einer Luftreinhaltemaßnahme hängt grundsätzlich
nicht von der abstrakten Größe des davon betroffenen Adressatenkreises
ab, sondern ausschließlich von der jeweiligen konkret-individuellen
Betroffenheit der einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen. Deshalb
kann auch der Zeitpunkt der Umsetzung eines Verkehrsverbotes nicht unter
Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abstrakt vom Erreichen
einer bestimmten Größe des betroffenen Adressatenkreises abhängig
gemacht werden. |
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Eine
Rechtfertigung für eine derart abstrakt festgelegte „Obergrenze“ der
betroffenen Adressaten/Emittenten lässt sich insbesondere nicht aus den
vom Beklagten im Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017 erstmals
vorgetragenen „unzulässigen Verlagerungseffekten in den Umlandgemeinden“ herleiten, die der Beklagte annimmt, wenn die Zahl der vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer über 20 % liegt. |
|
|
Der
Beklagte hat bislang weder diese angeblichen Ausweichverkehre noch
deren negative Auswirkungen auf die Luftqualität in den betroffenen
Umlandgemeinden hinreichend belegt. Die hierzu in der mündlichen
Verhandlung am 19.07.2017 von den Beklagten-Vertretern vorgelegten zwei
Karten vom 17.07.2017 (GWG; Vergleich der
Stickstoffdioxid-Jahres-immissionen im Stadtgebiet; Fall 9 (temporär) zu
Basis HB 3.3) dokumentieren ausschließlich vereinzelte und zudem
überwiegend geringfügige Immissionsgrenzwert-Erhöhungen außerhalb des
Umweltzonengebiets infolge eines räumlich beschränkten Verkehrsverbotes
im Talkessel Stuttgart. Zu welchen unzulässigen Ausweichverkehren es
durch ein flächendeckendes Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart
angeblich kommen soll und in welchem Umfang, ist diesen Karten dagegen
nicht zu entnehmen. Ebenso wenig hat der Beklagte bereits
nachvollziehbar dargelegt, warum diese Ausweichverkehre in den
Umlandgemeinden gerade dann das zulässige Maß überschreiten sollen, wenn
von dem Verkehrsverbot in der Umweltzone mehr als 20 % des
Flottenbestandes der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen
ist. Dieses unsubstantiiert gebliebene Vorbringen des Beklagten ist
daher in dieser Form einer weiteren Erörterung nicht zugänglich. |
|
|
Es
bedurfte insoweit aber auch keiner weiteren Tatsachenerhebungen durch
das Gericht, denn selbst wenn es durch eine Einführung des
Verkehrsverbotes zu nennenswerten Ausweichverkehren in den
Umlandgemeinden kommen sollte, berechtigten diese die Planbehörde nicht
dazu, die Festlegung des Verkehrsverbotes in der Umweltzone zu
unterlassen oder deswegen dessen Umsetzungszeitpunkt zu verschieben. In
diesem Falle wäre die Planbehörde vielmehr verpflichtet, diese
Ausweichverkehre durch geeignete weitere Planmaßnahmen (wie z.B. durch
eine Ausdehnung des Verkehrsverbotes auf die betroffenen
Umlandgemeinden) auf ein zulässiges Maß zu reduzieren. |
|
|
Diese
Vorgehensweise zur Unterbindung unzulässiger Ausweichverkehre ist der
Planbehörde auch bekannt, denn sie ist bei der Festlegung der Maßnahme
M2b den von den Gutachtern festgestellten Ausweichverkehren innerhalb
der Umweltzone Stuttgart ebenfalls bereits dadurch begegnet, dass sie
den Geltungsbereich des Verkehrsverbotes M2b richtigerweise auf diese
Ausweichstrecken ausgedehnt hat. Mit solchen Ausweichverkehren lässt
sich die vom Beklagten abstrakt festgelegte „Obergrenze“ folglich
ebenfalls nicht sachlich begründen. |
|
|
Die
Annahme einer Unverhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes, die allein an
das Überschreiten einer abstrakt festgelegten, zahlenmäßigen
„Obergrenze“ der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge bzw.
Verkehrsteilnehmer anknüpft, ist auch unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht haltbar. |
|
|
Abzulehnen
ist diese Rechtsansicht des Beklagten bereits deshalb, weil sie - wie
schon die Überlegungen des Beklagten zum Vorrang der Nachrüstlösung -
wiederum auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit im Rahmen des § 47 BImSchG beruht. Es wurde bereits
dargelegt, dass die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei
der Aufstellung von Luftreinhaltungsplänen wie vom Gesetzgeber in § 47
Abs. 4 Satz 1 BImSchG ausdrücklich vorgesehen auf den Bereich des
Auswahlermessens beschränkt ist. |
|
|
Zwar
führt auch die Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im
Rahmen des Auswahlermessens nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG im Ergebnis
letztlich zu einer konkreten Zahl der von einer Maßnahme in zumutbarer
Weise betroffenen Emittenten. Diese Zahl der von der Maßnahme
betroffenen Emittenten ist bei Anwendung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen Auswahlermessens aber
lediglich das (zufällige) Resultat der Prüfung, ob sich die Maßnahme
gegenüber jedem von der Maßnahme betroffenen Emittenten bzw.
Emittentenkreis als verhältnismäßig erweist. Diese Zahl kann daher bei
richtiger Rechtsanwendung nicht unabhängig von dieser Prüfung im Rahmen
des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorab auf einen willkürlich gewählten
Prozentsatz festgelegt werden. |
|
|
Rechtlichen
Bedenken begegnet diese Vorgehensweise der Planbehörde im vorliegenden
Fall außerdem deshalb, weil sie unberücksichtigt lässt, dass von dem
Verkehrsverbot kein nach den Maßstäben des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einheitlich zu behandelnder
Adressatenkreis betroffen ist. Denn das Verkehrsverbot betrifft im
Wesentlichen Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren
der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der
Eurostufen Euro 3, 4 und 5 und damit also die Eigentümer von
Kraftfahrzeugen unterschiedlicher Schadstoffklassen. Das Verkehrsverbot
trifft damit - gewissermaßen am „unteren“ Ende seines
Adressatenspektrums - sowohl Kraftfahrzeuge mit Ottomotoren der Stufen
Euro 1 und Euro 2 mit geregeltem Katalysator ab dem Baujahr 01.01.1993,
ebenso Dieselmotoren der Eurostufe 3 mit Partikelfilter oder Eurostufe 4
ab dem Baujahr 01.01.2006 als auch - am „oberen“ Ende des
Adressatenspektrums - die zum Teil noch erheblich jüngeren
Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der seit 2009 geltenden Eurostufe 5. |
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Es
liegt damit auf der Hand, dass von dem Verkehrsverbot nach
Abgasverhalten, Alter, Fahrleistung und ihrem wirtschaftlichen Wert sehr
unterschiedliche Kraftfahrzeuge betroffen und damit auch die rechtlich
geschützten Interessen der Betroffenen durch das Verkehrsverbot nach den
Maßstäben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterschiedlich zu
beurteilen sind. Dabei ist das Verkehrsverbot für die betroffenen
Adressaten regelmäßig umso zumutbarer und damit nicht unverhältnismäßig
(im engeren Sinne), je höher das Alter und die Fahrleistung und je
geringer der Restwert des betroffenen Kraftfahrzeuges ist. |
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Hieraus
folgt, dass die Verhältnismäßigkeit eines Verkehrsverbotes, das wie im
vorliegenden Fall keinen einheitlich zu behandelnden Adressatenkreis
betrifft und dessen Nachteile für die davon betroffenen einzelnen
Emittenten bzw. Emittentengruppen demzufolge sehr unterschiedlich sein
können, nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG für jede dieser
Emittentengruppen gesondert zu prüfen und festzustellen ist und nicht
durch eine von der Planbehörde rein zahlenmäßige bestimmte „Obergrenze“
ohne Ansehung der einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen abstrakt
vorab festgelegt werden kann. |
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Hinzu
kommt, dass die Planbehörde nicht die Absicht hat, dieses für den
Umsetzungszeitpunkt des Verkehrsverbotes maßgebliche Kriterium der Größe
des betroffenen Adressatenkreises uneingeschränkt, d.h. zu Gunsten
aller von der Planfortschreibung betroffenen Interessengruppen
anzuwenden. Denn die Beklagten-Vertreter bestätigten hierzu auf
Rückfrage in der mündlichen Verhandlung, dass eine Umsetzung des
Verkehrsverbotes M1 frühestens dann in Betracht komme, wenn die Zahl der
davon betroffenen Kraftfahrzeuge höchstens 20 % des Flottenbestandes
Stuttgart betrage. Für den Fall, dass dieser Prozentsatz durch eine
schnellere Flottenerneuerung als bislang prognostiziert bereits vor dem
01.01.2020 erreicht werde, verbleibe es allerdings bei dem
Umsetzungsdatum 01.01.2020, ein früheres Inkrafttreten des
Verkehrsverbotes M1 sei unter keinen Umständen beabsichtigt. |
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Diesen
Einlassungen lässt sich damit entnehmen, dass der Beklagte diese
Anknüpfung des Umsetzungszeitpunktes des Verkehrsverbotes an eine
bestimmte Größe des betroffenen Adressatenkreises ausschließlich
heranziehen will, um den Umsetzungszeitpunkt des Verkehrsverbotes „auf
später“ zu verschieben. Mit dieser Zielrichtung, die Umsetzung des
Verkehrsverbotes ausschließlich auf einen späteren Zeitpunkt zu
verschieben, nicht jedoch gegebenenfalls auch vorzuziehen, erweist sich
das genannte Umsetzungskriterium als rechtlich unzulässig. |
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5.3.3.
Sonstige Umstände, die eine generelle Verschiebung des in Betracht zu
ziehenden Verkehrsverbotes auf (mindestens) 01.01.2020 aus Gründen der
Verhältnismäßigkeit gebieten könnten, sind weder vorgetragen noch
ersichtlich. Insbesondere sind auch keine schutzwürdigen Interessen der
vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer an einer solchen
Verschiebung erkennbar, die nicht im Rahmen der Ausnahmekonzeption des
Luftreinhalteplanes berücksichtigt werden können und höher zu gewichten
sind, als das legitime Interesse der Bewohner der Umweltzone, vor den
Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit durch die fortdauernden und
erheblichen Überschreitungen der zulässigen Immissionsgrenzwerte
schnellstmöglich geschützt zu werden. |
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6.
Nach alledem ist der Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan
Stuttgart so fortzuschreiben, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1
Satz 3 BImSchG genügt. Dabei ist das Gericht darauf beschränkt, den
Beklagten zu verpflichten, Maßnahmen zu treffen, mit denen die
schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsschutzziele gewährleistet
wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 - 7 C 21/12 -; vgl. auch EuGH,
Urt. v. 19.11.2014, - C-404/13 -; beide in juris), wie es dem Antrag des
Klägers entspricht. |
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Die
Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kosten der
Beigeladenen waren aus Gründen der Billigkeit nicht für erstattungsfähig
zu erklären, da diese keinen eigenen Antrag gestellt und damit auch
kein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). |
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Die
Berufung war gemäß §§ 124 Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ausschließlich
wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da das
Gericht seine Entscheidung auf der Tatsachenebene ausschließlich auf den
Tatsachenvortrag des Beklagten und die von diesem vorgelegten
Unterlagen gestützt hat. |
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Die
Zulassung der Sprungrevision beruht auf § 134 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung
im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu
entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen (Bundes-)Rechts mit
einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung
aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder
im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt
werden muss (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.07.2016 - 1 B 85.16 -, in
juris). Dieser Zulassungsgrund ist hier zu bejahen, weil die Rechtssache
grundsätzliche Rechtsfragen der Anwendung von bundesgesetzlichen
Vorschriften des Luftreinhalterechts und der Auslegung einer
Rechtsverordnung des Bundes aufwirft, die über den konkreten Fall hinaus
von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht geklärt
sind. |
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Beschluss vom 26. Juli 2017 |
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Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
30.000,00 EUR
festgesetzt (in Anlehnung an die Ziffern 1.2 und 34.4 des Streitwertkatalogs 2013). |
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