Sonntag, 20. August 2017

Wohnungseigentum: Zweckwidrige Nutzung der Wohnung

Wohnungseigentum: Zweckwidrige Nutzung der Wohnung


OLG Frankfurt am Main, 27.07.2011 - 20 W 319/08

Leitsatz

1. Die Nutzung als Wohnung ist zweckwidrig, wenn nach der Teilungserklärung ein Verkaufsladen und nach dem Aufteilungsplan die Nutzung als Abstell-/bzw. Hobbyräume vorgesehen ist und die baulichen Gegebenheiten nicht die Voraussetzungen für eine Wohnungsnutzung bieten.

2. Die durch den Abschluss des Mietvertrages begründete Haftung des Eigentümers als mittelbarer Handlungsstörer besteht auch nach der Kündigung des Mietvertrages weiter.

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen die Antragsgegner. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.400,00 € festgesetzt.

Gründe

1
Die Antrag stellende Wohnungseigentümergemeinschaft nimmt die Antragsgegner auf Unterlassung der Nutzung und Vermietung ihres Sondereigentums an der Einheit Nr... in der betroffenen Liegenschaft in Anspruch.
2
Das Anwesen A-Straße in O1-O2 wurde durch Teilungserklärung vom ...1973 (Bl. 9-36 d. A.) in ... Sondereigentumseinheiten aufgeteilt. In der Beschreibung des Gebäudes heißt es eingangs der Teilungserklärung:
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Auf dem vorbezeichneten Grundbesitz wird von der Eigentümerin ein Bauwerk erstellt, welches 30 Eigentumswohnungen und einen Verkaufsladen enthält."
4
Die Teilungserklärung enthält hinsichtlich der Einheiten 1 bis 30 jeweils die Formulierung „verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung"; bezüglich der Einheit ... heißt es „verbunden mit dem Sondereigentum an der Einheit Nr. ..., Haus ... Untergeschoß, bestehend aus 3 Räumen und Abstellraum".
5
In dem der Teilungserklärung gemäß Teil II... beigefügten Aufteilungsplan für das Kellergeschoss wurden die mit Nr... bezifferten Räume als Hobby- und Abstellräume ausgewiesen, die Worte "Hobby- und" sind durchgestrichen worden. Die diesen Aufteilungsplan betreffende Abgeschlossenheitsbescheinigung vom ...1973 bezieht sich auf zu Ziffer 1 bis 30 bezeichnete Wohnungen und die mit den gleichen Nummern gekennzeichneten Kellerabstellräume und zu Ziffer ... auf nicht zu Wohnzwecken dienende Räume. Die Eintragung im Teileigentumsgrundbuch von O2 Blatt ... lautet unter lfde. Nr. ... des Bestandsverzeichnisses:
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"283/10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück….
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verbunden mit dem Sondereigentum an der Raumeinheit im Aufteilungsplan mit Nr. ... bezeichnet, im Haus Nr. ..."
8
Nach § 3 der Gemeinschaftsordnung bedürfen Veränderungen an und in der Wohnanlage, z. B. Um-, An- und Einbauten, soweit dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers berührt wird, der schriftlichen Einwilligung des Verwalters. Für die Vermietung, Verpachtung und Bestellung eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts bedarf es nach § 15 Abs. 1 und 2 der Gemeinschaftsordnung lediglich der vorherigen schriftlichen Mitteilung an den Verwalter.
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Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde die Einheit Nr. ... mit einem Duschbad und einer Küche ausgestattet. Zudem wurde in der Küche ein Fenster zum Lichtschacht in der Größe von 48 x 34 cm eingebaut. Die Deckenhöhe der Einheit beträgt 2,34 m, im Bad 1,84 m. Die Stromleitungen für die Küche wurden über den im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Fahrradraum installiert, wobei die Stromkabel offen auf der Wand liegen.
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Die Antragsgegner sind seit dem 11.07.2006 als Eigentümer der Einheit Nr. ... im Grundbuch eingetragen. Von dem seit 1992 als Alleineigentümer und zuvor seit 1986 zusammen mit seiner Ehefrau im Grundbuch eingetragenen Voreigentümer A haben die Antragsgegner die Wohnung auf der Grundlage einer Objektbeschreibung eines Immobilienmaklers erworben, auf deren Inhalt (Bl. 107, 108 d. A.) verwiesen wird. Darin wird das Objekt als renoviertes "Wohn-Büro" bezeichnet.
11
Mit Mietvertrag vom 14.12.2006 (Bl. 43-48 d. A.) wurde die Einheit Nr. ... von den Antragsgegnern zu Wohnzwecken an den Zeugen B vermietet.
12
Die Antragstellerin forderte die Antragsgegner mit Anwaltsschreiben vom 09.01.2007 (Bl. 50, 51 d. A.) auf, bis zum 31. 1. 2007 zu erklären, die Einheit nicht zu Wohnzwecken zu nutzen und die Elekroleitungen im Fahrradkeller zu entfernen.
13
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 07.03.2007, in der 8.569/10.000-stel-Miteigentumsanteile vertreten waren, wurde folgende Vereinbarung einstimmig angenommen (B. 53 d. A.):
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„Der Wohnungsmietvertrag mit dem Mieter der drei Räume im Untergeschoss wird von den Eheleuten 1 und 2C zum ….2007 gekündigt. Die Eheleute 1 und 2C verpflichten sich, eine Kopie der Kündigung innerhalb von drei Wochen der Vertreterin der WEG, Frau Rechtsanwältin D, vorzulegen. Die Eheleute 1 und 2C verpflichten sich, das widerrechtlich verlegte Elektrokabel im Fahrradkeller bis zum 31.03.2007 fachgerecht zu entfernen.
15
Die Eheleute 1 und 2C gestatten der Hausverwaltung und der Vertretung der WEG, Frau Rechtsanwältin D, innerhalb von 3 Wochen nach Zugang des Protokolls eine Begehung der Einheit Nr. ..., 3 Räume im Untergeschoss A-Str. ... in O1. "
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Für den Fall, dass diese Vereinbarung von den Antragsgegner nicht erfüllt werden sollte, wurde die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller mit der notwendigen Prozessführung betraut. Mit Schreiben vom 21.03.2007 (Bl. 109 d. A.) kündigten die Antragsgegner das mit dem Zeugen B begründete Mietverhältnis fristlos.
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In der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.06.2007 beschlossen die anwesenden Wohnungseigentümer bei einer Enthaltung, dass eine Nutzungsänderung der Einheit Nr. ... in eine Wohnraumnutzung abgelehnt werde (Bl. 98 d. A.).
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Mit am 28.06.2007 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 22.06.2007 hat die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, die Nutzung und Vermietung der Einheit Nr. ... als Wohnraum zu unterlassen und die im Fahrradraum verlegten Stromleitungen zu entfernen.
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Die Antragstellerin hat behauptet, im August 2006 seien Dusche und Küche von den Antragsgegnern in der Einheit Nr. ... eingerichtet und die Stromleitung zur Küche im Fahrradraum ohne die erforderliche Zustimmung und baurechtliche Genehmigung verlegt worden. Weil die Stromleitungen auf der Wand lägen und jederzeit durch Fahrräder oder Werkzeuge beschädigt werden könnten, sei dies unfachmännisch geschehen. Die Einheit ... sei seit 1974 immer als Büro oder Laden benutzt worden. Ende Juli 2007 sei im Fahrradraum ein Wasserschaden eingetreten, weil die Mischbatterie in der Dusche der Einheit ... unfachmännisch angeschlossen gewesen sei. Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, nach der Teilungserklärung sei eine Wohnnutzung ausgeschlossen, weil die Einheit Nr. ... dort nicht als Wohnung ausgewiesen sei. Es handele sich um Nutzräume, die zunächst als Hausmeisterwohnung vorgesehen gewesen und dann vom Bauträger als Büroräume veräußert worden seien. Eine baurechtliche Genehmigung zur Wohnnutzung würde nicht erteilt werden, da Bad und Küche keine ordentliche Entlüftung hätten und die Deckenhöhe nicht den bauordnungsrechtlichen Vorschriften entspreche. Durch die Wohnnutzung entständen Störungen und Gefahren für die Bausubstanz. Wegen der fehlenden Entlüftung im Bad bestehe die Gefahr von Schimmelbildung. Wenn in den Räumen Feuer ausbrechen würde, würde die Gebäudehaftpflichtversicherung wegen der Wohnnutzung nicht für Schäden aufkommen. Zudem müssten sich die Antragsgegner der Entscheidung der Eigentümerversammlung vom 27.06.2007 beugen.
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Die Antragsgegner sind den Anträgen entgegengetreten und haben behauptet, sie hätten die Einheit Nr. ... im umgebauten Zustand und unter Zugrundelegung des Grundrisses der Architektin E (Bl. 92 d. A.) vom Voreigentümer erworben. Duschbad und Küche seien vom Voreigentümer eingerichtet worden; dieser habe auch die Stromleitungen im Fahrradkeller verlegen lassen. Die Ausführung der Stromleitungen entspreche den Vorschriften der VdE. In den Jahren 1974 bis 2006 sei die Einheit wechselnd als Wohnraum, Laden oder Büro genutzt worden. Die Vermietungssituation sei nicht mehr im Einzelnen darstellbar. Eine bauordnungsrechtliche Nutzungsänderung sei nicht erforderlich; gemäß § 56 HBO bedürfe es nur einer Anzeige. Der Wasserschaden Ende Juli 2007 sei durch eine vom Mieter verursachte Verstopfung hervorgerufen worden. Durch die Wohnnutzung entstehe keine Störung der übrigen Eigentümer. Diese störe nicht mehr als eine Nutzung als Büro oder Verkaufsfläche, im Gegenteil werde der Charakter der Liegenschaft als Wohnhaus verstärkt. Zudem seien die Ansprüche verjährt und verwirkt.
21
Mit Beschluss vom 14.12.2007 (Bl. 110-112 d. A.) hat das Amtsgericht den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern aufgegeben, die Nutzung und Vermietung des Sondereigentums an der Einheit ... als Wohnraum zu unterlassen und die im Fahrradraum verlegten Stromleitungen zu beseitigen. Zur Begründung hat der Amtsrichter ausgeführt, die Antragsgegner seien hierzu bereits wegen ihrer Zustimmung zu dem in der Wohnungseigentümerversammlung vom 07.03.2007 gefassten Beschluss, der als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten sei, verpflichtet.
22
Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 07.01.2008 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts haben die Antragsgegner mit am 14.01.2008 bei Gericht eingegangenem Fax-Schreiben Beschwerde eingelegt, auf deren Begründung auch verwiesen wird. Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten und hat den amtsgerichtlichen Beschluss verteidigt.
23
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 07.05.2008 hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin erklärt, die Antragsgegner hätten bisher keine Räumungsklage erhoben, inzwischen wohnten 5 oder 6 Personen in der Wohnung. Der in der Objektbeschreibung abgebildete Zustand sei erst im August 2006 hergestellt worden. Für den Protokollinhalt im Einzelnen wird auf Blatt 146-148 d. A. Bezug genommen. Das Beschwerdegericht hat die Grundakte von O2, Blatt ..., zu Informationszwecken beigezogen.
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Durch Teilbeschluss vom 12.06.2008 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen, soweit den Antragsgegner aufgegeben worden ist, die Nutzung und Vermietung des Sondereigentums an der Einheit Nr. ... als Wohnraum zu unterlassen.
25
Zur Begründung wird ausgeführt, die Beschwerde der Antragsgegner sei im Umfang des Tenors unbegründet, da der Antragstellerin gegen die Antragsgegner aus den §§ 1004 BGB, 15 Abs. 3 WEG ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung und Vermietung der Einheit Nr. ... zu Wohnzwecken zustehe.
26
Die Nutzung und Vermietung der Einheit Nr. ... zu Wohnzwecken widerspreche der Zweckbestimmung in der Teilungserklärung vom ...1973, da in dem Aufteilungsplan die Einheit Nr. ... als Hobby- und Abstellräume ausgewiesen werde. Eine Nutzung zu einem anderen Zweck sei aber dann verboten, wenn diese andere Wohnungseigentümer mehr störe oder beeinträchtige als die in der Teilungserklärung vereinbarte Nutzung. Eine Nutzung der Räume der Einheit Nr. ... zu Wohnzwecken beeinträchtige und störe die übrigen Wohnungseigentümer gegenüber einer Nutzung als Abstell- und Hobbyraum nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise schon deshalb mehr, weil dadurch zusätzliche Personen im Haus wohnten. Dadurch komme es zu einer verstärkten Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und es erhöhe sich die Anzahl der Personen, die das Haus zu Wohn- oder Besuchszwecken betreten oder verlassen. Dass es dadurch nach der typisierenden Betrachtungsweise zu größeren Störungen und Beeinträchtigungen der übrigen Wohnungseigentümer kommen könne, bedürfe keiner weiteren Ausführungen.
27
Da der Unterlassungsanspruch schon aufgrund obiger Ausführungen begründet sei, könne es dahinstehen, ob die Unterlassungsverpflichtung auch aufgrund der bestandskräftig gewordenen Beschlussfassung zu TOP 1 der Eigentümerversammlung vom 27.06.2007 gegeben sei. Dabei könne es sich um eine zulässige Beschlussfassung der Wohnungseigentümer zum Gebrauch des Sondereigentums an der Einheit Nr. ... i. S. v. § 15 Abs. 2 WEG handeln. Aufgrund der Bestandskraft dieses Beschlusses zur Unterlassung und Vermietung der Einheit Nr. ... zu Wohnzwecken seien dann die Antragsgegner verpflichtet, weil sie diesen nicht angefochten haben. Da von den Antragsgegnern nicht substantiiert dargetan worden sei, dass die Einheit Nr. ... auch schon vor ihrem Eigentumserwerb zu Wohnzwecken genutzt worden sei, könne der geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder verjährt noch verwirkt sein.
28
Nach Durchführung einer Beweisaufnahme gemäß Beweisbeschluss vom 12.06.2008 (Bl. 161, 162 d. A.) hat das Landgericht mit Schlussbeschluss vom 27.08.2008 (Bl. 218-221 d. A), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, den amtsgerichtlichen Beschluss teilweise abgeändert und den auf die Beseitigung der im Fahrradraum verlegten Stromleitungen gerichteten Antrag zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel eingelegt worden.
29
Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 09.07.2008 zugestellten landgerichtlichen Beschluss haben die Antragsgegner mit am 17.07.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz weitere Beschwerde eingelegt.
30
Zur Begründung wird ausgeführt, das Landgericht sei zu Unrecht von einer Zweckbestimmung ausgegangen, die keine Wohnnutzung umfasse. Es sei versäumt worden, von Amts wegen die Vermietungssituation vom Baujahr 1974 bis zum Jahr 2006 aufzuklären. Diese habe aber die Verwirkung bzw. Verjährung der unbeanstandeten Nutzung begründet. Schließlich habe das Landgericht als Grundlage für die Beurteilung, ob eine Wohnnutzung störender sei, zunächst die zulässige Nutzung feststellen müssen. Allein das Abstellen auf eine typisierende Betrachtungsweise bedeute nicht, dass die konkreten Umstände des Einzelfalls außer Betracht zu bleiben hätten.
31
Die Antragstellerin ist der weiteren Beschwerde entgegengetreten und hat die angefochtene Entscheidung verteidigt. Sie verweist darauf, dass durch die Wohnnutzung von 5 Personen die Gemeinschaftseinrichtungen stärker beansprucht würden als bei der Nutzung der Einheit Nr. ... als Laden oder Büroraum, auch sei die Einheit Nr. ... als Wohnung für 5 Personen zu klein.
32
Das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass eine Wohnnutzung bereits vor 2006 durch die Antragsgegner nicht substantiiert dargelegt worden sei. Entsprechendes werde auch durch die Aussage des Zeugen A im Rahmen der landgerichtlichen Beweisaufnahme nicht belegt.
33
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts einer Überprüfung auf Rechtsfehler, worauf sich die Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren beschränkt (§§ 43 WEG a. F., 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO), standhält.
34
Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Antragsgegner bzw. ihr Mieter, für den sie insoweit einzustehen haben (vgl. dazu Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 15 Rdnr. 32), nicht berechtigt sind, das betroffene Teileigentum in der gegebenen Art und Weise als Wohnung zu nutzen und sie deshalb zur Unterlassung gemäß den §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, 15 Abs. 3, 14 Ziff. 1 WEG verpflichtet sind.
35
Nach § 15 Abs. 3 WEG kann die Antragstellerin den Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht angenommen, dass vorliegend Vereinbarungen der Wohnungseigentümer als Gebrauchsregelungen im Sinne des § 15 WEG jedenfalls einer Nutzung als Wohnung entgegenstehen. Die dagegen gerichteten Angriffe der weiteren Beschwerde greifen nicht durch.
36
Jeder Wohnungs- und Teileigentümer ist zwar berechtigt, mit den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben zu verfahren, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, § 13 Abs. 1 WEG. Derartige Rechte können sich namentlich aus Gebrauchsregelungen der Eigentümer im Sinne von § 15 Abs. 1 WEG ergeben. Insoweit kommen Vereinbarungen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG (= § 10 Abs. 1 Satz 2 a. F.) und damit auch in der Teilungserklärung getroffene Regelungen, §§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4 Satz 1 WEG, in Betracht. Dies ist der Fall bei Nutzungsbeschränkungen in der Teilungserklärung, denen der Charakter einer Vereinbarung zukommt (BGH NZM 2010, 407 [BGH 15.01.2010 - V ZR 40/09]; Senat NZM 2008, 736 [OLG Düsseldorf 26.05.2008 - I-3 Wx 271/07]).
37
Ob es sich so verhält, ist durch Auslegung der Teilungserklärung festzustellen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Auslegung von Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung bzw. Teilungserklärung den allgemeinen Grundsätzen für Eintragungsbewilligungen und Grundbucheintragungen unterliegen. Es ist nur auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, und zwar so, wie es sich für den unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der Teilungserklärung und/oder der Gemeinschaftsordnung ergibt. Damit kommt es also grundsätzlich bei der Auslegung nicht auf den Willen des Erklärenden an, sondern auf das, was jeder gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss. Außerhalb dessen liegende Umstände dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. die Nachweise bei Senat NZM 2008, 736 [OLG Düsseldorf 26.05.2008 - I-3 Wx 271/07]; NZM 2007, 806 [OLG Frankfurt am Main 24.08.2006 - 20 W 215/06]; vgl. auch BGH NZM 2010, 407 [BGH 15.01.2010 - V ZR 40/09]).
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Vor diesem Hintergrund ist – wie gesagt - zunächst zu berücksichtigen, dass Bezeichnungen in der Teilungserklärung im Zweifel eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne des § 15 Abs. 1 WEG darstellen. Gebrauchsregelungen sind selbstverständlicher Bestandteil jeder Teilungserklärung. Schon die grundsätzliche Unterscheidung in Wohnungs- und Teileigentum regelt nach § 1 Abs. 3 WEG mit Vereinbarungscharakter, welche Räumlichkeiten zu Wohnzwecken und welche nur zu anderen Zwecken genutzt werden dürfen (vgl. die Nachweise bei Riecke/Abramenko, Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht, 3. Auflage, § 15 Rdnr. 2).
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Lediglich eine solche allgemeine Unterscheidung zum Wohnungseigentum ist vorliegend in Teil II Nr. ... der Teilungserklärung enthalten, in dem bei 30 Einheiten die jeweiligen Miteigentumsanteile jeweils als mit dem Sondereigentum an den jeweiligen Wohnungen Nr. 1-30 bezeichnet werden und lediglich bei der streitgegenständlichen Einheit der Miteigentumsanteil als verbunden mit den Sondereigentum an der Einheit Nr. ..., Haus ... Untergeschoss, bestehend aus 3 Räumen und Abstellraum beschrieben wird. In der Grundbucheintragung in dem als Teileigentumsgrundbuch angelegten Grundbuch von O2 Blatt ... ist im Bestandsverzeichnis ebenfalls nur von dem 283/10.000 Miteigentumsanteil …."verbunden mit dem Sondereigentum an der Raumeinheit im Aufteilungsplan mit Nr. ... bezeichnet " die Rede.
40
Es wird jedoch auch wegen Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums auf die Bewilligung Bezug genommen. Zum "Inhalt des Sondereigentums" gehören, wie sich aus § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG (= § 10 Abs. 1 Satz 2 a. F.), § 15 Abs. 1 WEG ergibt, auch Vereinbarungen oder Bestimmungen über den zulässigen Gebrauch des Sondereigentums (vgl. dazu im Einzelnen BayObLG WuM 1995, 552), so dass daneben die Teilungserklärung insbesondere bei den nicht zur Wohnnutzung vorgesehenen Räumen noch weitere Bestimmungen vorsehen kann. Dabei kann auch eine Gesamtschau der Teilungserklärung Bedeutung erhalten (vgl. dazu die Nachweise bei Timme/Dötsch, WEG, § 15 Rdnr. 16; Riecke/Abramenko, a. a. O., § 15 Rdnr. 4). Gebrauchsregelungen, insbesondere Zweckbestimmungen über die Nutzung des Sondereigentums, können in der Gemeinschaftsordnung, der dinglichen Teilungserklärung oder dem dort in Bezug genommenen Aufteilungsplan enthalten sein. Dabei hat die Gemeinschaftsordnung im Zweifel Vorrang vor der Teilungserklärung und diese hat wiederum Vorrang vor etwaigen Beschriftungen im Aufteilungsplan. Letzteres beruht darauf, dass die Teilungserklärung, soweit sie selbst Zweckbestimmungen enthält, auf den Aufteilungsplan in der Regel nur hinsichtlich der Nummer der Eigentumseinheit und nicht hinsichtlich der dortigen Raumbezeichnungen verweist. Ein Aufteilungsplan hat grundsätzlich nur die Funktion, die Aufteilung des Gebäudes sowie Lage und Größe der im Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum stehenden Gebäudeteile zu beschreiben, § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG. Grundsätzlich ist es nicht seine Aufgabe, die Art und Weise des Gebrauchs zu regeln; oftmals sind die Angaben auch nur als Funktionsbezeichnungen zu verstehen, die die gekennzeichneten Räume von den übrigen Wohnräumen abgrenzen sollen (vgl. die Nachweise bei Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, aaO., § 15 Rdnr. 4). Anderes gilt allerdings wiederum dann, wenn die Teilungserklärung auf die im Aufteilungsplan genannten Nutzungen ausdrücklich Bezug nimmt (Senat, Beschl. v. 17.05.2011 -20 W 120/08- ; Riecke/Abramenko, a. a. O., § 15 Rdnr. 3).
41
Vorliegend regelt Teil II der notariellen Urkunde vom ...1973 lediglich die Ausübung eines Gewerbes oder eines freien Berufs in einer Wohnung, nicht jedoch die vorliegende Fallgestaltung der Wohnnutzung bei zweifelhafter Zweckbestimmung des Sondereigentums.
42
Bei der in Teil III... der notariellen Urkunde protokollierten Aufteilung wird auf den Aufteilungsplan im Ganzen Bezug genommen, nicht auf die darin eingetragenen Nutzungen. Allerdings enthält die unter Teil II... enthaltene Beschreibung der Einheiten eine Differenzierung zwischen den Einheiten 1-30 und der Einheit Nr. ..., die sinnlos wäre, wenn es sich bei Letzterer auch um eine Wohnung handeln würde.
43
Wie oben dargelegt, ist im Rahmen der Auslegung die gesamte Urkunde zu berücksichtigen. In engem Zusammenhang mit der Teilung ist bei der Beschreibung des Gebäudes unter Teil I... der Urkunde ausdrücklich von der teilenden Eigentümerin erklärt worden, dass dieses 30 Eigentumswohnungen und einen Verkaufsladen enthält. Hierin könnte eine entsprechende Zweckbestimmung der Einheit Nr. ... gesehen werden, die nicht in Widerspruch steht zu der unter Teil II... enthaltenen Aufstellung der Einheiten im Sinn einer allgemeinen Beschreibung der Räume als Teileigentum in Abgrenzung zum Wohnungseigentum. Ob angesichts dessen im Hinblick auf die Bezugnahme in Teil II... der Urkunde auf den Aufteilungsplan, der die Räumlichkeiten als Hobby- und Abstellräume bzw. nur als Abstellräume bezeichnet, Letzterem als anderweitige Gebrauchsregelung ausnahmsweise Vorrang zu gewähren wäre, kann entgegen der Begründung der weiteren Beschwerde dahinstehen. Hierauf kommt es für den hier geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung einer Wohnnutzung nicht entscheidend an. Dieser ist unabhängig davon begründet, ob eine Zweckbestimmung als Verkaufsladen oder eine solche als Hobby- bzw. Abstellraum vereinbart ist.
44
Räume, die zum Sondereigentum gehören, können abweichend von ihrem Bestimmungszweck nämlich nur dann anders genutzt werden, wenn die andersartige Nutzung nicht mehr stört oder beeinträchtigt als die bestimmungsgemäße. Nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise stellt die Nutzung als Wohnung im festgestellten Umfang gegenüber einer solchen als Verkaufsladen oder Abstell- bzw. Hobbyraum gemäß der Zweckbestimmung eine intensivere und konfliktträchtigere Nutzung (vgl. hierzu allgemein Senat OLGR Frankfurt 2005, 58, und NZM 2006, 144 [OLG Zweibrücken 08.11.2005 - 3 W 142/05]) dar. Für diese Betrachtung ist der Gebrauch nach seiner Art und Durchführung zu konkretisieren und auf die örtlichen (Umfeld, Lage im Gebäude) und zeitlichen (etwa Öffnungszeiten) Verhältnisse zu beziehen. Die gebotene typisierende Betrachtungsweise bedeutet nämlich nicht, dass die konkreten Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung des Vorliegens einer Mehrbelastung gänzlich außer Betracht zu bleiben haben. Diese Umstände sind von Bedeutung, da die Beantwortung der Frage, ob eine Mehrbeeinträchtigung gegenüber dem vereinbarten Nutzungszweck zu bejahen ist, nicht unerheblich davon abhängt, welches Gepräge und welchen Zuschnitt die abweichend von der Zweckbestimmung vorgenommene Nutzung aufweist. In diesem Zusammenhang ist für die zu treffende Entscheidung dann ohne Belang, welche tatsächlichen und konkreten Beeinträchtigungen in welchem Umfang und zu welchen Zeitpunkten etwa in der Vergangenheit zu verzeichnen gewesen sind, so dass es der Durchführung einer Beweisaufnahme zur Klärung der möglichen Mehrbeeinträchtigungen im konkreten Fall grundsätzlich auch nicht bedarf (vgl. dazu im Einzelnen Senat NZM 2006, 144, [OLG Zweibrücken 08.11.2005 - 3 W 142/05] und ZWE 2006, 202, je zitiert nach juris).
45
Das größere Störpotential der Nutzung der Einheit Nr. ... als Wohnung gegenüber einer Nutzung als Abstell- bzw. Hobbyraum ergibt sich schon daraus, das Letztere wie auch sonstige Nebenräume bei einer Wohnung nicht zu dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (BGH ZMR 2004,278 =NJW 2004, 364; BayObLG ZWE 2001, 432; Senat, Beschl. v. 08.03.2010 -20 W 324/2006- jeweils für Speicher; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, aaO., § 15, Rdnr. 7, Stichwort "Abstellraum"). Entsprechendes gilt auch Teileigentum (Oberlandesgericht Schleswig FGPrax 2004, 272 [OLG Schleswig 16.06.2004 - 2 W 49/04]; Palandt/Bassenge: BGB, 70. Aufl., § 15 WEG, Rdnr. 17).
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Im Vergleich zu einem Verkaufsladen stört eine Wohnnutzung bei den vom Landgericht bindend festgestellten baulichen Gegebenheiten der Einheit Nr. ... schon deshalb mehr, weil diese nicht auf die mit einer Wohnnutzung zwingend verbundenen Erfordernisse der Essenszubereitung, Textilpflege und Köperhygiene ausgelegt sind. Die Küche wird nur über einen Lichtschacht in der Größe von 48 x 34 cm belichtet und belüftet, im Bad beträgt die Deckenhöhe nur 1,84 m, sonst in der Einheit 2,34 m.
47
Bei einer Wohnnutzung im üblichen Umfang ist das Gemeinschaftseigentum der Gefahr von durch mangelnde Entlüftung verursachten Feuchtigkeitsschäden und anschließender Schimmelbildung ausgesetzt. Auch das Abwassersystem ist bei einer Wohnnutzung erhöhten Anforderungen ausgesetzt, wie der Wasserschaden belegt, der nach dem Vortrag der Antragsgegner auf einer Verstopfung beruhte.
48
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob für eine Umnutzung des betroffenen Teileigentums öffentlich-rechtlichen Genehmigungen erforderlich wären. Derartige öffentlich-rechtliche Gestattungen können für die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer untereinander nicht maßgebend sein (vgl. Senat OLGZ 1980, 416); sie können deshalb auch nicht dazu führen, dass eine im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander aus wohnungseigentumsrechtlichen Gründen unzulässige Nutzung zulässig wird.
49
Auf Grund des Mietvertrags vom 14.12.2006, der den zweckwidrigen Gebrauch der Einheit Nr. ... gestattete, sind die Antragsgegner als (mittelbare) Handlungsstörer anzusehen. Dies entspricht der herrschenden Meinung (BGH NJW 2006, 992 [BGH 27.01.2006 - V ZR 26/05]; Senat, Beschl. v. 15.09.2009 -20 W 34/2008- ; Palandt/Bassenge: BGB, 70. Aufl., § 1004, Rdnr. 18; vgl. die Nachweise bei Staudinger/Gursky: BGB, 12. Aufl., § 1004, Rdnr. 93 sowie Rdnr. 123). Zum gleichen Ergebnis kommt auch Ebbing unter Verwendung der Definition des Untätigkeitsstörers (vgl. Erman/Ebbing: BGB, 12. Aufl., § 1004, Rdnr. 121). Dabei kann unterstellt werden, dass der Antragsgegner auch namens der Antragsgegnerin als Miteigentümerin der Einheit Nr. ... gehandelt hat. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist schon deshalb gegeben, da die Antragsgegner zwar ihrem Mieter gekündigt haben, bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht aber keine Räumungsklage erhoben worden ist. Somit besteht die auf Tatsachen gegründete objektive ernstliche Besorgnis weiterer Störungen durch die Fortsetzung der Wohnnutzung.
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Da der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bereits auf der Grundlage der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, 15 Abs. 3, 14 Ziff. 1 WEG begründet ist, kann dahingestellt bleiben, ob sich die Antragstellerin auch auf den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.06.2007 stützen könnte, durch den die Gemeinschaft die Nutzungsänderung abgelehnt hat. Weil die Gemeinschaft lediglich den Antrag auf Nutzungsänderung abgelehnt hat, lässt dies die Rechtslage weitgehend unverändert, insbesondere kann aus der Ablehnung nicht auf den Willen der Wohnungseigentümer geschlossen werden, das Gegenteil des Beschlussantrags zu wollen (BGH NJW 2001, 3339, 3343 [BGH 23.08.2001 - V ZB 10/01]; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, aaO., § 23, Rdnr. 58).
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Schließlich ist der Unterlassungsanspruch auch nicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, weil die Antragstellerin zu Duldung verpflichtet wäre.
52
Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass dann, wenn ein Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB bereits durch alle Wohnungseigentümer verwirkt ist, auch der Sonderrechtsnachfolger –auch wenn die Verwirkung nicht aus dem Grundbuch ersichtlich ist- an die entstandene Rechtslage gebunden ist, da er als Rechtsnachfolger mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen keine weitergehenden Recht hat, als seinem Rechtsvorgänger zuletzt zustanden (BayObLG NJW-RR 1991, 1041 [BayObLG 19.07.1990 - 2 Z 61/90]; OLG Zweibrücken FGPrax 2001, 183, 184 [OLG Zweibrücken 11.06.2001 - 3 W 218/00]; OLG Köln FGPrax 2006, 12, 13; OLG Celle NJW-RR 2007, 234; Senat, Beschl. v. 08.03.2010 -20 W 324/06- ; Palandt/Bassenge: BGB, 70. Aufl., § 1004, Rdnr. 46; Weitnauer-Lüke: WEG, 9. Aufl., § 15, Rdnr. 42; Spielbauer/Then, aaO., § 15, Rdnr. 28; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten: WEG, 9. Aufl., § 22, Rdnr. 189). Soweit die Auffassung vertreten wird, die Verwirkung von Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen habe gegenüber dem Sonderrechtsnachfolger eines Miteigentümers jedoch keine Wirkung, wenn diese der positiven Begründung eines damit dinglich wirkenden Sondernutzungsrechts gleich käme (vgl. Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, aaO., m. w. H.), liegt diese Fallgestaltung hier nicht vor. Die Einheit Nr. ... steht im Sondereigentum der Antragsgegner und war schon deshalb dem Allgemeingebrauch entzogen.
53
Zu Recht hat das Landgericht aber die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Verwirkung nicht als von den Antragsgegner dargetan angesehen. Denn dafür wäre konkreter Tatsachenvortrag dazu erforderlich gewesen, wie die Einheit Nr. ... durch ihren Rechtsvorgänger genutzt worden ist. Dafür genügte ihr Vortrag (Schriftsatz vom 24.07.2007, Bl. 72 d. A.), die Vermietsituation von 1974 bis 2006 sei wechselnd zwischen Laden, Büro und Wohnraum und könne nicht mehr im Einzelnen als darstellbar gelten, als Anknüpfungspunkt für eine Amtsermittlung nicht aus, ganz abgesehen davon, dass der als Zeuge in anderem Zusammenhang vernommene Voreigentümer Beer lediglich von Vermietungen an Firmen und die Jugendhilfe e. V. berichtet hat. Darüber hinaus hätte es noch weiteren Vortrags bedurft betreffend den Zeitmoment und den Umstandsmoment für eine Verwirkung schon vor dem Rechtserwerb der Antragsgegner. Entsprechendes gilt für die Voraussetzungen für eine Verjährung des Unterlassungsanspruchs. Insoweit verkennen die Antragsgegner den Umfang der Verpflichtung zur Tatsachenermittlung durch das Landgericht.
54
Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in vor dem 01.07.2007 eingeleiteten WEG-Verfahren, bei denen es sich um echte Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, eingeschränkt. Die Ermittlungspflicht des Gerichts ist durch die Darlegungs- und Förderungslast der Beteiligten begrenzt. Sie besteht nur, sofern der Vortrag der Beteiligten oder der im Übrigen festgestellte Sachverhalt zu Ermittlungen Anlass gibt. Hierbei ist davon auszugehen, dass jeder Beteiligte die für ihn vorteilhaften Umstände von sich aus vorbringt (BGH NJW 2001, 1212, 1214 [BGH 21.12.2000 - V ZB 45/00]; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., §§ 43 ff., Rdnr. 137 m. w. H.; Palandt/Bassenge: BGB, 62. Aufl., § 43 WEG, Rdnr. 16; Weitnauer, aaO., nach § 43, Rdnr. 21).
55
Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsgegner die Gerichtskosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde zu tragen haben, § 47 Satz 1 WEG a. F..
56
Zur Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten hat die Kammer dagegen keine Veranlassung gesehen, § 47 Satz 2 WEG a. F..
57
Den Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat in Anlehnung an die unbeanstandet gebliebene Schätzung des Landgerichts festgesetzt (§ 48 Abs. 3 WEG a. F.).