Sonntag, 20. August 2017

Übergang von Tarifkundenverhältnissen nach Stromnetzübernahme durch ein anderes Stromversorgungsunternehmen

OLG Stuttgart Urteil vom 18.8.2005, 2 U 27/05

Wechsel des Konzessionsträgers für die städtische Stromversorgung: Übergang von Tarifkundenverhältnissen nach Stromnetzübernahme durch ein anderes Stromversorgungsunternehmen
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 18.01.2005 geändert.
2. a) Es wird festgestellt, dass alle für Abnahmestellen in den Stadtbezirken S., W. und M. über Stromversorgung nach dem Allgemeinen Tarif bestehenden Verträge am 01.03.2004, 0.00 Uhr, auf die Klägerin übergegangen sind.
b) Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, der Klägerin eine Aufstellung der am 01.03.2004, 0.00 Uhr, für Abnahmestellen in den Stadtbezirken S., W. und M. bestehenden Verträge über Stromversorgung nach dem Allgemeinen Tarif mit den Angaben von Name und Kunden, Anschrift der Abnahmestelle, Zählernummer und etwa abweichender Rechnungsanschrift zu übergeben.
3. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages, hinsichtlich des Ausspruches 2. b) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 50.000,00 EUR
Gründe
I.
Die Berufung ist zulässig, der Sache nach von Erfolg.
A
Zum einen wird auf die Feststellungen im angegriffenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend:
Im Jahre 1985 hatte die Stadt V. mit der Energie-Versorgung ... (E.) einen auf 20 Jahre ausgelegten Konzessionsvertrag zur Versorgung des Stadtgebiets abgeschlossen (K 2). Die EB. war aus der Fusion der E. und der B. hervorgegangen und in den Konzessionsvertrag eingetreten. Sie hatte ihrerseits den Netzbetrieb auf eine ihrer Töchter, die Beklagte Ziff. 2, und den Vertrieb elektrischer Energie auf eine andere Tochter, die Beklagte Ziff. 1, übertragen. Beide zusammen versorgten die Anschlussnehmer des Versorgungsgebiets als allgemeine Versorger. Da der Konzessionsvertrag zum 29.02.2004 endete, schlossen die Klägerin und die Beklagte Ziff. 2 im Hinblick auf § 13 Abs. 2 S. 2 EnWG 1998 [im Folgenden kurz: EnWG] eine „Vereinbarung über den Verkauf von Stromversorgungsanlagen sowie die Übergabe von Netzkundenverhältnissen“ (K 3). Darin verkaufte und übereignete die Beklagte Ziff. 2 zum 01.03.2004 an die Klägerin die auf Gemarkung S., W. und M. befindlichen Versorgungsanlagen und -einrichtungen (§ 1 Abs. 2). Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand wurde auf brutto über 18 Mio. EUR festgelegt. In § 1 Abs. 1 dieses Vertrages wurde niedergelegt, dass die Klägerin der Ansicht sei, dass mit dem Verkauf der Versorgungsanlagen auch die Tarifkunden automatisch auf sie übergegangen seien. Die Beklagte Ziff. 2 drückte ihre Auffassung aus, dass nur die Anlagen übertragen seien. Da kein Einvernehmen insoweit zu erreichen war, wurde - allerdings ohne Präjudiz für die Streitfrage - nur die Übertragung der Anlagen geregelt. „Der [Klägerin] bleibt es unbenommen, die Frage des Übergangs der Standardlastprofilkunden gerichtlich klären zu lassen“. Mit der vorliegenden Klage erstrebt die Klägerin diese Klärung, nämlich die Frage, ob mit der Übernahme der Versorgungsanlagen auch die Tarifkunden - nicht die Sonderkunden - auf sie übergegangen sind. Die Stadt V. hat fürsorglich eigene Ansprüche insoweit gegen die Beklagten an die Klägerin abgetreten (K 5).
Die Klägerin hat im Wesentlichen den Standpunkt eingenommen, dass es zu dieser Frage zwar keine ausdrückliche gesetzliche Regelung gebe, dass aber dem Inbegriff des Energiewirtschaftsrechts, das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegolten habe und die maßgebliche Rechtsgrundlage für die vorliegende Entscheidung darstelle, der Übergang dieser Kundenbeziehungen zu entnehmen sei. Der Tarifkunde, der durch die bloße Entnahme des Stroms ein solcher werde, entspreche dem Stromkundenleitbild des Gesetzgebers. Er sei der gesetzgeberisch vorgegebene Standardkunde, der durch staatliche Preiskontrolle und ein staatlich beaufsichtigtes Tarifwerk einen besonderen Schutz genieße. Demgegenüber sei der Sonderkunde nur Allgemeinen Geschäftsbedingungen des jeweiligen Energieversorgers unterworfen, welche der staatlichen Aufsicht nicht unterlägen und insbesondere unschwer zum Nachteil des Kunden geändert werden könnten. Diese dem Energiewirtschaftsrecht immanente klare Stufung der Kundentypen führe dazu, dass im hier vorliegenden Fall des Übergangs der Versorgungsanlagen, also auch des Wechsels in der Stellung des allgemeinen Versorgers, der Tarifkunde, weil er Kunde des allgemeinen Versorgers sei, diesem automatisch folge. Dies drücke sich auch in § 32 Abs. 6 AVBEltV aus. Dies sei im Hinblick auf den Streit der Parteien gerichtlich feststellend auszusprechen. Da beide Beklagten bislang die Rolle des allgemeinen Versorgers innegehabt hätten, seien auch beide richtige Adressaten des Feststellungsbegehrens. Als Nebenpflicht aus dem Kundenübergang folge die Pflicht der Beklagten, der Klägerin mitzuteilen, welche Kunden zum Vertragsstichtag 01.03.2004 Tarifkunden gewesen seien.
Die Klägerin hat beantragt:
-sinngemäß wie zweitinstanzlich -.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie haben schon die Zulässigkeit des Antrags Ziff. 1 in Abrede gestellt. Er sei unbestimmt, da er die Kunden nicht benenne. Das Auskunftsbegehren zeige gerade die Unverzichtbarkeit einer solchen Anforderung. Dieses gewünschte Klärungsbedürfnis hätte allenfalls in Umkehrung der Anträge in einer Stufenklage geschehen können. Der Sache nach sei schon die Beklagte Ziff. 2 nicht richtige Beklagte. Denn sie sei nur Inhaberin der Anlagen gewesen, habe nur diese veräußert und sei danach ohne Bezug zu irgendwelchen Kundenverhältnissen. Ungeachtet dessen sei es zu keinem Übergang der mit der Beklagten Ziff. 1 bestandenen Kundenbeziehungen gekommen, noch habe die Klägerin einen Anspruch auf eine Übertragung. § 13 Abs. 2 EnWG regele nur die Übertragung der Versorgungsanlagen und -einrichtungen. Eine Vorschrift, wonach auch die Kunden übergehen, fehle gerade. § 32 Abs. 6 AVBEltV regele dies ebenso wenig, sondern erleichtere nur einen Wechsel, falls ein solcher zwischen den Versorgungsträgern gewollt sei. An einem solchen Willen fehle es aber vorliegend. Das zum Rechtsinstitut aufgebaute Kundenleitbild transportiere nur überholte monopolistische Vorstellungen der Klägerin, welchen der Gesetzgeber des EnWG schon zu Gunsten der Öffnung des Energiemarktes und geprägt vom Willen, beide Kundentypen gleichwertig nebeneinander zu stellen, eine klare Absage erteilt habe. Dies entspreche auch der Wirklichkeit des Marktes. Denn die Beklagte Ziff. 1 verlange von ihren bisherigen Tarifkunden im streitbetroffenen Versorgungsgebiet weiterhin die nämlichen Tarife.
11 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Beklagte Ziff. 2 schon nicht als passivlegitimiert angesehen, weil diese reine Netzgesellschaft sei, während der Streit vorliegend um Tarifkunden(vertrags-)verhältnisse gehe. Das zeichne im Übrigen auch der Übernahmevertrag folgerichtig nach (insbesondere dort § 5, vgl. K 3). Die Feststellungsklage sei zwar zulässig, der Sache nach unbegründet. Ein Vertragsübergang sei gesetzlich nicht vorgegeben. Nach der Liberalisierung des Strommarktes sei das von der Klägerin in Anspruch genommene Stromkundenleitbild, wonach nur der aktiv zu einem Durchleitungsunternehmen übertretende Verbraucher diesem Energieversorger zufalle, während alle sonstigen Kunden auch im Falle eines Wechsels des Netzbetreibers diesem als Tarifkunden folgen müssten, entfallen. Die angebliche Mehrbelastung des Allgemeinen Versorgers, zu dem die Klägerin zwar geworden sei durch die Vorhaltepflichten in dieser Funktion, werde wettgemacht durch den automatischen Neukundenanfall bei ihr durch den bloßen Tatbestand der Entnahme von Elektrizität durch diese Kunden. Ein einmal unterstelltes Rechtsinstitut der Allgemeinen Versorgung erfordere nicht die Zuweisung aller Kunden beim Wechsel des Netzbetreibers. Diese Sicht bedinge auch die Abweisungsreife des an sich zulässigen Antrags Ziff. 1 b; Gleiches gelte für den Klageantrag Ziff. 2 (Auskunft).
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Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Vorbringen zu Berufungsrügen erhebt und insbesondere an der Zulässigkeit der Klaganträge festhält. Die Passivlegitimation der Beklagten Ziff. 2 folge daraus, dass § 10 EnWG von einer Einheitlichkeit von Anschluss und Versorgung ausgehe, welcher die Beklagtenseite durch eine konzerninterne Aufspaltung von Zuständigkeiten auch im Hinblick auf § 36 Abs. 2 S. 1 GWB nicht entgehen könne. Der Übergang der einzig Streitgegenstand bildenden Tarifkundenverträge folge aus dem Rechtsinstitut der Allgemeinen Versorgung, welches sich auch etwa in den §§ 10 Abs. 1, 13 Abs. 2 EnWG, sowie dem Preisaufsichtsrecht und den staatlichen Vorgaben in den AVBEltV und BTOElt widerspiegle, das ein Stromkundenleitbild verkörpere, wonach der Standardpartner des Verbrauchers der Allgemeine Versorger sei, der - anders als die Beklagten nun - auch einem speziellen Rechtsregime unterliege, von dessen Fortbestand im Verhältnis zu ihm der Tarifkunde auch bei einem Wechsel des Netzbetreibers ausgehe. Das EnWG 2005 sei nicht maßgebliche Beurteilungsgrundlage. Der dortige § 36 Abs. 3 beruhe ohnehin auf einem Paradigmenwechsel des Gesetzes und sei danach im Umkehrschluss Bekräftigung der Klägermeinung, dass unter dem hier maßgeblichen Recht des EnWG 1998 der Übergang des Tarifkunden beim Wechsel des Netzbetreibers und des Allgemeinen Versorgers dem gesetzgeberisch gewollten Regelfall entspreche.
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Die Klägerin beantragt:
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Unter Abänderung des am 18.01.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart - Az.: 41 O 111/04 KfH - 1. festzustellen,
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a. dass alle für Abnahmestellen in den Stadtbezirken S., W. und M. über Stromversorgung nach dem Allgemeinen Tarif bestehenden Verträge am 01.03.2004, 0.00 Uhr, auf die Klägerin übergegangen sind,
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hilfsweise zu a:
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b. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, alle für Abnahmestellen in den Stadtbezirken S., W. und M. über Stromversorgung nach dem Allgemeinen Tarif bestehenden Verträge mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.03.2004, 0.00 Uhr, auf die Klägerin zu übertragen,
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2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, der Klägerin eine Aufstellung der am 01.03.2004, 0.00 Uhr, für Abnahmestellen in den Stadtbezirken S., W. und M. bestehenden Verträge über Stromversorgung nach dem Allgemeinen Tarif mit den Angaben von Name und Kunden, Anschrift der Abnahmestelle, Zählernummer und etwa abweichender Rechnungsanschrift zu übergeben.
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Die Beklagten beantragen:
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Die Berufung wird zurückgewiesen.
21 
Sie halten an ihren Rügen der Unzulässigkeit des Klagantrages Ziff. 1 fest. Im Übrigen verteidigen sie die angefochtene Entscheidung als richtig. Sie sehen mit dem Inkrafttreten des EnWG 2005 dieses Gesetz als auch für den vorliegenden Streit maßgebliche Beurteilungsgrundlage an, welches im Übrigen in § 36 Abs. 3 den bisher schon geltenden Rechtszustand klarstelle und damit auch das Ergebnis bei einer Beurteilung nach altem Recht vorgebe.
22 
Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals die Einrede eines Zurückbehaltungsrechtes erhoben. Denn sollte die Klägerin mit dem Netzkauf auch zugleich die Kundenbeziehungen erlangt haben, so sei dieser werthaltige Kundenstamm vom Kaufpreis nicht erfasst und jedenfalls durch einen Kaufpreisnachschlag auszugleichen.
23 
Die Klägerin sieht im Kundenstamm vorliegend keinen Vermögenswert der Beklagten, da durch das gesetzlich vorgegebene Ende des Konzessionsvertrages insoweit ein Besitzstand der Beklagten fehle. Jedenfalls aber seien auch die Kundenbeziehungen vom Kaufpreis erfasst. Im Übrigen rügt die Klägerin dieses neue Vorbringen als verspätet und unsubstanziiert.
24 
Der Senat hat sich die letztgenannten Einwendungen zu Eigen gemacht.
25 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen.
B
26 
Der Senat vermag der landgerichtlichen Entscheidung nicht zu folgen.
27 
1. Der Feststellungsantrag ist zulässig.
a)
28 
aa) Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, der Auslegung oder der Beendigung eines Vertrages (Greger in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 256, 4). So können etwa Miteigentümer den Umfang ihrer Verpflichtung gegenüber einem Pächter auch untereinander feststellen lassen (Foerste in Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 256, 22 m.N.). Auch der BGH hat ein Feststellungsinteresse in einem Fall angenommen, in dem zwischen zwei möglichen Schuldnern durch die Feststellungsklage des einen gegen den anderen geklärt werden soll, wer von beiden für eine betreffende Verbindlichkeit haftet (BGH NJW 1993, 2539, 2540).
29 
bb) Dem steht der vorliegende Streit darüber, ob bestimmten Dritten gegenüber durch den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag Vertragsverpflichtungen begründet worden sind, nicht nach.
30 
b) Zwar gilt grundsätzlich die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber einer möglichen gleichgerichteten Leistungsklage. Ob die Feststellungsklage deshalb zulässig ist, da schon das Feststellungsurteil zur endgültigen Streitbeilegung führen würde, weil die Beklagten erwarten ließen, dass sie bereits auf die Feststellung hin leisten würden (BGH NJW 1999, 3774, 3775; Greger a.a.O. 8), kann auf sich beruhen. Denn sind - wie darzustellen sein wird - die Tarifkundenverhältnisse tatsächlich schon zum Stichtag auf die Klägerin übergegangen, so bedarf es eines weiteren Vollzuges insoweit nicht, damit auch keiner weiteren Mitwirkungshandlungen der Beklagten, denen sie sich widersetzen oder entziehen könnten. Auch im Interesse der Kunden und insbesondere im Verhältnis der Beteiligten untereinander besteht ein klar abgegrenzter, aber wirtschaftlich hoch relevanter Klärungsbedarf, der sich reduzieren lässt auf die Frage, wem die Tarifkunden verblieben oder zugefallen sind. Diese Klärung haben die Beteiligten dem Gericht zugewiesen. Dies stellt den Klärungsgegenstand dar. Diesem Interesse ist durch gerichtliche Beantwortung der Frage zu entsprechen und Genüge getan. Ein dieses Interesse in gleicher Weise aufnehmender und verfahrensrechtlich gleichwertig ausschöpfender Leistungsantrag ist danach nicht ersichtlich und von den Parteien auch nicht aufgezeigt.
31 
c) Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin als zweiten Hauptantrag Auskunft über die ihr bei der gedachten Bescheidung der Rechtsfrage zu ihren Gunsten zugefallenen Tarifkunden verlangt.
32 
Trotz großzügiger Bejahung eines Stufenklageverhältnisses (BGH MDR 1964, 665) ist vorliegend von einer solchen Klageform nicht auszugehen. Denn ein Kläger ist nicht gehindert, von der ihm gemäß § 254 ZPO eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen (OLG Zweibrücken FamRZ 1969, 230, 231). So liegt es hier. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin trotz entsprechender Rüge der Beklagten (Bl. 211) nicht erklärt hat, in diesem Sinne sei ihre Antragsfassung zu verstehen.
33 
bb) Diese war vorliegend auch nicht geboten.
34 
(1) Grundsätzlich kann neben der Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des beklagten Schädigers für ein Unfallereignis auch ein Interesse für einen Feststellungsantrag auf Ersatz einer bestimmten Schadensposition anerkannt werden, wenn diese Anträge von unterschiedlichem rechtlichen Gehalt sind und in ihrer praktischen Bedeutung in gänzlich unterschiedliche Richtungen gehen (BGH NJW 1999, 3774, 3775).
35 
(2) Dem ist die vorliegende Gestaltung vergleichbar. Der Feststellungsantrag soll die von den Parteien dem Gericht überantwortete Grundfrage einer Antwort zuführen, die einen in sich geschlossenen Klärungsgegenstand und -bedarf aufweist. Der Auskunftsanspruch ist seinerseits zwischen den Parteien dem Grunde nach nicht im Streit. Er wird einzig mit dem Hinweis bekämpft, die Klägerin verfüge aufgrund der Anmeldung der Durchleitungsverhältnisse bereits über die begehrte Kenntnis. Insoweit ist ein Teilaspekt in Vollzug eines bereits stattgehabten Vertragsübergangs betroffen, der das grundsätzlich anzuerkennende Feststellungsinteresse nicht berührt.
36 
2. Die Parteien selbst haben die Frage der Zuordnung der Tarifkunden bewusst offen gelassen (§ 1 Abs. 1 Kaufvertrag [Übernahmevertrag]) und die Klärung dieser Frage im Ergebnis den Gerichten zugewiesen.
37 
3. Mit den Parteien besteht Einigkeit, dass diese Frage eine ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht gefunden hat, und zwar weder im Sinne einer Nachfolge- noch im Sinne einer Verbleiberegel.
38 
a) Die zur Entscheidung gestellte Rechtsfrage beurteilt sich nach dem zum Zeitpunkt des Verkaufs geltenden Recht, falls - wie aufzuzeigen sein wird - der Vertragsübergang sich bereits zum damaligen Zeitpunkt vollzogen hat. Es geht dann um die Aufbereitung eines schon historischen Vorgangs. Danach ist altes Recht maßgeblich, also solches vor Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 07.07.2005 (BGBl I 2005, 1970 f) und nicht - wie die Beklagten meinen (Bl. 275) - das zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geltende, zumal das Energiewirtschaftsgesetz 2005 auch keine hier relevante Übergangsregelung (vgl. § 118 EnWG 2005) enthält, schon gar nicht eine solche mit Rückwirkung für den vorliegenden Fall.
39 
Danach sind die nachfolgend wiedergegebenen Paragraphen des EnWG solche der Fassung aus dem Jahre 1998 und nur bei besonderer Klarstellung solche des neuen Rechts (EnWG 2005).
40 
b) § 13 Abs. 2 S. 2 EnWG regelt seinem klaren Wortlaut nach nur den Übergang von „für die allgemeine Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen“ im Falle einer Überlassung, also gerade nicht die Frage des Übergangs von Kundenvertragsverhältnissen (vgl. auch Säcker/Dörmer RdE 2002, 161, 162 [B 5]).
41 
c) Auch neigt der Senat nicht dazu, eine Übergangsautomatik der Tarifkundenbeziehungen auf den allgemeinen Versorger oder einen entsprechenden Übertragungsanspruch aus einer gar zum Rechtsinstitut erstarkten Rechtsfigur des Allgemeinen Energieversorgers abzuleiten. Denn gleichgerichtete Ansprüche lassen sich - wie darzustellen sein wird - aus einer am Vertragstypus und den Interessen des Tarifkunden ausgerichteten Vertragsauslegung herleiten, ohne dass es der Konstruktion eines konturenlosen Anspruchsinstituts des Allgemeinen Versorgers bedarf.
42 
d) Der Übertragung von Kundenbeziehungen stehen nicht die §§ 414, 415 BGB entgegen. Zwar geben diese Bestimmungen bei einer Schuldübernahme für deren Wirksamkeit die Genehmigung des Gläubigers, hier des Stromkunden, vor (§ 415 Abs. 1 BGB; vgl. auch Säcker/Dörmer a.a.O. 171; Büdenbender, EnWG, § 13, 70 [B 7]). Diese (Voraus-)Genehmigung hat der Kunde aber bereits nach § 32 Abs. 6 AVBEltV erklärt, wo es heißt:
43 
„Tritt anstelle des bisherigen Elektrizitätsversorgungsunternehmens ein anderes Unternehmen in die sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, so bedarf es hierfür nicht der Zustimmung des Kunden. Der Wechsel des Elektrizitätsversorgungsunternehmens ist öffentlich bekannt zu machen. Der Kunde ist berechtigt, das Vertragsverhältnis mit zweiwöchiger Frist auf das Ende des der Bekanntmachung folgenden Monats zu kündigen.“
44 
Das sehen die Parteien im Ergebnis nicht anders. Unstreitig ist auch, dass die Klägerin die in dieser Vorschrift vorausgesetzte Verlautbarung vorgenommen hat. Auch die Beklagten räumen ein, dass „die Zustimmungsfiktion des § 32 Abs. 6 AVBEltV lediglich die fehlende Zustimmung des Tarifkunden [ersetzt]“ (Bl. 82, 111), nicht aber „die fehlende Zustimmung der Beklagten zu 1)“ (Bl. 81, 100; vgl. auch Bl. 218).
45 
4. Die Zustimmung der Beklagten fehlt nicht. Dies ergibt sich durch ergänzende Vertragsauslegung des zwischen den Beklagten und ihren bisherigen Tarifkunden Gewollten.
a)
46 
aa) Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung der Parteien eine Regelungslücke - eine planwidrige Unvollständigkeit - aufweist (BGH NJW 2002, 2310; 2002, 1260). Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht nur in Betracht, wenn die Parteien einen Punkt übersehen haben, sondern auch dann, wenn sie ihn offen gelassen haben, weil sie - aus welchen Gründen auch immer - eine Regelung dieses Punktes für nicht erforderlich hielten (BGH NJW 2002, 1260, 1262) oder ihn bewusst offen gelassen haben und gleichwohl den Vertragsabschluss gelten lassen wollten (BGH NJW 1982, 2816, 2817; BB 1967, 1355; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 157, 3; Wendtland in Bamberger/Roth, BGB [2003], § 157, 36 m.N.). Die ergänzende Vertragsausfüllung scheidet aus, wenn zur Lückenschließung dispositives Recht zur Verfügung steht (BGH NJW 2001, 819, 820).
47 
bb) Die Lückenschließung ist auf die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens nicht beschränkt; dieser ist vielmehr unter Einbeziehung einer objektiven Abwägung der beiderseitigen Interessen zu ermitteln (BGH NJW 1993, 3193, 3194).
48 
b) Maßgeblich für die Auslegung ist hier der mutmaßliche Wille der Tarifkunden, dem die Parteien bei redlicher Berücksichtigung auch von deren Interessen angemessen und vorliegend durch die Einwilligung in ihren Übergang auf den, der nun allgemeiner Versorger ist, Rechnung getragen haben.
49 
aa) Zwar ist nicht zu verkennen, dass das EnWG in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben eine Öffnung des Strommarktes und damit dessen Liberalisierung herbeiführen wollte und in Teilen herbeigeführt hat. § 6 Abs. 1 EnWG und § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB sowie die Aufhebung der vormaligen Freistellungsregeln in den §§ 103 und 103 a GWB waren gesetzgeberischer Ausdruck hierfür. § 6 Abs. 1 EnWG eröffnete ein Durchleitungsrecht gegen angemessenes Entgelt und brach damit das Monopol des Netzinhabers/-betreibers auf. Damit war das Einfallstor für Wettbewerb geschaffen. Ungeachtet der Frage, ob eine völlige Gleichstellung durch das Gesetz selbst schon herbeigeführt und ob damit quantitativ überhaupt nennenswert Wettbewerb nicht nur begünstigt, sondern tatsächlich auch geschaffen worden ist, so hat dieser Gesetzeszweck des EnWG jedoch die Vertragsstellung eines Tarifkunden nicht per se verändert und diesen Vertragstypus entwertet.
50 
bb) Auch unter dem Regime des § 6 Abs. 1 EnWG war der insbesondere durch Werbung vom Durchleitungsunternehmen angesprochene und letztlich wechselwillige Tarifkunde stets zu einem actus contrarius, einer den Normalzustand des faktischen Vertragsverhältnisses aufbrechenden eigenständigen Willenserklärung aufgerufen. Die vertragliche Zugehörigkeit zum bloßen Durchleiter erforderte danach, den Wechselwillen durch eine bewusste Entscheidung (Kündigung in Schriftform, §§ 36 Abs. 6, 37 AVBEltV) und dies mit einigem damit verbundenen Aufwand zu manifestieren. Sonderkunde wurde nur der gewillkürte Wechselkunde.
51 
cc) Gegen den Wechsel des Kundenstatus’ als Tarifkunde sprach nicht nur das Trägheitsmoment vieler Kunden und eine nicht unverbreitete konservativ-beharrende Verbraucherhaltung, sondern auch das als Vorteil anzusehende Rechtsregime zu Gunsten dieses Kundentyps. Unstreitig ist, dass die Tarife des Stromdurchleiters sich aus Allgemeinen Tarifbedingungen, also einseitig, wenngleich marktorientiert geschaffenen Vertragsbestimmungen ergeben. Sie unterliegen keiner Preisaufsicht und allenfalls einer vertragsrechtlichen Unwirksamkeits- oder Unzumutbarkeitskontrolle. Der Durchleiter kann ohne aufsichtsrechtliche Beschränkung die Tarife ändern (§ 4 AVBEltV). Dagegen wird der Tarifkunde einer durch § 11 Abs. 1 EnWG ermächtigten Kontrolle der Allgemeinen Tarife und Versorgungsbedingungen versichert. Die AVBEltV und die BTOElt sind Ausdruck dieser staatlichen Aufsicht. Dass - wie der Senat aus einem Rechtsstreit gerade unter Beteiligung der Beklagten weiß - in Baden-Württemberg der damalige Wirtschaftsminister die Energieunternehmen aufgefordert hatte, den Antrag auf Befreiung von der Tarifgenehmigung hin zur bloßen Tarifanzeige zu stellen, was denn auch geschehen ist, weshalb - wie unstreitig ist - seit 1999 in Baden-Württemberg nur eine Anzeigepflicht besteht (Bl. 119, 222), ändert an der Kontrollunterworfenheit des Tarifwerks nichts. Denn gleichwohl standen die Tarife damit im Ansatz weiter unter öffentlich-rechtlicher Aufsicht, die zumindest bei gewissen Entgleisungserscheinungen wieder hätte intensiviert werden können (Widerruf der Genehmigungsfreistellung). Zudem hatte der Kunde einen gesetzlich verbrieften Anspruch auf Anschluss und Versorgung gegenüber dem allgemeinen Versorger (§ 10 Abs. 1 S. 1 EnWG). Ferner lagen beide Aspekte des Energiebezuges (Netz und Versorgung) in einer Hand. Zwar mag dies bei Durchleitern im Wege von all-inclusive-Verträgen etwa durch Vollmachtserteilung des Kunden ebenfalls im Ergebnis hergestellt werden (vgl. Beklagte etwa Bl. 120). Die Klägerin bietet dies jedoch ohne rechtliche Sonderkonstruktion und Betrauung anderer mit der Wahrnehmung eigener Interessen. Angesichts dieses Auseinanderfallens in der Rechtsposition des Kunden fehlte es trotz der Öffnung der Strommärkte für reine Stromlieferanten an der Gleichheit und damit Gleichwertigkeit der Versorgungsangebote. Der Gesetzeszweck hat eine Marktöffnung angestrebt und in Teilen erreicht, nicht aber die Entscheidung des Tarifkunden, nicht Sonderkunde sein zu wollen, aufgehoben und in die Disposition von Stromversorgern gestellt. Er hat die Gleichheit der beiden Kundentypen begünstigt, nicht aber sie durch Zuweisung von Kunden zu bestimmten Energieversorgern selbst vorgenommen. Denn an einer solchen Zuweisungsnorm fehlt es gerade.
52 
dd) Der Tarifkunde ist nicht als Teil eines Kundenstammes frei verfügbare Vermögensmasse eines Energieversorgungsunternehmens. Seine durch faktisches Handeln (Anschluss) rechtlich als schlüssige Entschließung zu bewertende Entscheidung ist zu beachten und bestimmt vorliegend nach den Regeln einer - ergänzenden - Vertragsauslegung seines bisherigen Tarifkundenvertragsverhältnisses mit den Beklagten seine letztliche Zuordnung zum Kundenstamm eines Energieversorgungsträgers. Diese Auslegung führt dazu, dass die vormaligen Tarifkunden der Beklagten mit dem Übergang des Versorgungsnetzes solche der Klägerin sind.
53 
(1) Dabei setzt die ergänzende Auslegung nicht am Übernahmevertrag und seinem § 1 Abs. 1 und der dort bewusst gelassenen Lücke an. Denn dort hat - jedenfalls im Ansatz - die Beklagte Ziff. 2 unmissverständlich erklärt, nur die Versorgungsanlagen verkaufen zu wollen, über keinen Bezug zu Kunden zu verfügen und über solche auch nicht verfügen zu wollen. Wenn die Klägerin meine, einen Übergangs- oder Übertragungsanspruch jenseits des Vertrages aus objektivem Recht zu haben, solle sie diesen einklagen. Einen solchen Anspruch verneinte die Beklagte Ziff. 2 und wies jegliche auch nur vertragsimmanente Mitwirkung an solchen erstrebten Ansprüchen zurück.
54 
(2) Die Klägerin hat die Tarifkundenvertragsverhältnisse jedoch aufgrund der zu ergänzenden Vertragsgestaltung der Rechtsbeziehungen der Beklagten Ziff. 1 zu ihren Tarifkunden, die eben nicht Sonderkunden sind, bereits inne. Die Beklagte Ziff. 1 hatte ihrem Tarifkunden bislang im Verbund mit der Beklagten Ziff. 2 als Netzbetreiberin den Strom geliefert und war in einer Funktionseinheit mit der Beklagten Ziff. 2 dem Tarifkunden allgemeiner Versorger. Das durch bloßen Anschluss zustande gekommene faktische Vertragsverhältnis mit einem gesetzlich vorgegebenen Vertragsregime konnten die Beklagten jedoch mit dem Verkauf der Versorgungsanlagen nicht mehr erfüllen. Insbesondere die Beklagte Ziff. 1 war selbst nur noch zu einem Durchleitungsunternehmen nach § 6 Abs. 1 EnWG geworden, vermochte ihre Sonderkunden insofern zu bedienen, nicht mehr aber war sie in der Lage, die Stellung des allgemeinen Versorgers gegenüber dem Tarifkunden wahrzunehmen. Dies mag diesem gegenüber durch die Aufrechterhaltung von Tarifbedingungen, wie sie nun die Klägerin als allgemeine Versorgerin ihren Tarifkunden gegenüber zu erbringen hatte, durch die Beklagte im Ergebnis verborgen gehalten worden sein. Dadurch ist der aber Tarifkunde gebliebene und nicht wechselwillige Tarifkunde nicht zum Sonderkunden der Beklagten nur zu Tarifbedingungen eines allgemeinen Versorgers geworden. Der Tarifkunde hielt an seinem Vertragsstatus fest und konnte auch von dem Fortbestand dieses Vertragsregimes ausgehen. Die Beklagte konnte es ihm nicht verschaffen, da sie durch den Verkauf der Versorgungsanlagen im Hinblick auf § 10 Abs. 1 EnWG ihre Stellung als allgemeiner Versorger verloren hatte. Danach hatte der Kunde seinem bisherigen allgemeinen Stromversorger gegenüber, den Beklagten, allemal einen Anspruch auf Entlassung in ein Vertragsverhältnis mit der Klägerin, da nur diese nicht nur einem Tarifkunden ähnliche oder gleiche Bedingungen, sondern auch tatsächlich den aufgezeigten rechtlichen Status eines Tarifkunden gewährleisten konnte. Der Anspruch beschränkte sich aber nicht auf einen bloßen Übertragungsakt. Denn die Rechtsverhältnisse sind so ausgestaltet, dass sie den tatsächlichen Gegebenheiten folgen. Der Tarifkunde konnte Tarifkundenstrom nur noch von der Klägerin beziehen. Mit der Aufgabe des Netzes durch die Beklagtenseite war der Strombezug durch den Tarifkunden juristisch nun zur Belieferung durch die Klägerin geworden. In der Preisgabe ihrer allgemeinen Versorgerstellung hatte die Beklagte Ziff. 1 auch aufgrund ihrer Vertragspflicht gegenüber dem Kunden konkludent eingewilligt, diesen jenem Versorgungsträger zuzuführen, der ihm nicht nur Tarifkundenbedingungen, sondern auch die Rechtsstellung eines Tarifkunden vermitteln konnte. Durch Bezug von Strom aus dem Netz der Klägerin war der Tarifkunde nach dem wohlverstandenen Vertragswillen der Beklagten, insbesondere der Beklagten Ziff. 1, als Tarifkunde auf die Klägerin übergegangen und ihr Tarifkunde geworden. Darin hatte der Kunde auch vorauseilend in § 32 Abs. 6 AVBEltV eingewilligt.
55 
Damit hatte sich bereits durch den Erhalt des Vertragstypus und die Abnahme des Stroms nun aus dem Netz der Klägerin von ihr als allgemeiner Versorgerin der Vertragsübergang vollzogen, der nun festzustellen ist.
56 
c) Diese Wertung bedarf auch keiner Korrektur im Hinblick auf das EnWG 2005 und die dort in § 36 Abs. 3 getroffene Regelung:
57 
„Im Falle eines Wechsels des Grundversorgers infolge einer Feststellung nach Absatz 2 gelten die von Haushaltskunden mit dem bisherigen Grundversorger auf der Grundlage des Absatzes 1 geschlossenen Energielieferverträge zu den im Zeitpunkt des Wechsels geltenden Bedingungen und Preisen fort.“
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Wie aufgezeigt ist diese Vorschrift hier schon nicht maßgebliche Beurteilungsgrundlage. Ungeachtet dessen ergibt sich aus ihr im Übrigen nicht zwingend ein Argument für die Beklagten, aus ihr lässt sich unschwer eher ein Argument für die Klägerin gewinnen. Denn mit dieser Regel wird nicht eine Bleiberegelung fortgeschrieben und die bisherige Rechtslage nur klargestellt. Schon die Vorbemerkung der Gegenäußerung der Bundesregierung spricht von einem „Paradigmenwechsel für den Rechtsrahmen der Strom- und Gasversorgung in Deutschland“ (B 10 = Bl. 141 - Anl.; vgl. auch Hellermann IR 2004, 266 [= Bl. 145]). Das Gesetz löst sich vom allgemeinen Versorger, der eine bis zu 20 Jahre andauernde Position (§ 13 Abs. 2 S. 1 EnWG) innehaben konnte. Vielmehr tritt an seine Stelle gemäß § 36 Abs. 2 EnWG 2005 der Grundversorger, der alle 3 Jahre neu festgestellt wird und damit wechseln kann. Der Grundversorger bestimmt sich danach rein faktisch allein nach den Veränderungen der Wettbewerbsverhältnisse am Markt. Wenn in dem alle 3 Jahre durchzuführenden Verfahren nach § 36 Abs. 2 festgestellt wird, dass nunmehr ein anderes Energieversorgungsunternehmen die meisten Haushaltskunden im jeweiligen Netzgebiet der allgemeinen Versorgung beliefert, soll das so festgestellte haushaltskundenstärkste Unternehmen grundversorgungsberechtigt werden (Hellermann a.a.O. 267 = Bl. 146 [noch zum jetzt insoweit Gesetz gewordenen Entwurf]). Dem alten Recht ging diese gewollte Fluktuation in der Stellung des Grundversorgers ab, weshalb das neue System schon nicht zwanglos als Bestätigung des alten herangezogen werden kann. Zudem zeigt sich gerade in § 36 Abs. 3 EnWG 2005 der Gedanke der Sicherung und Bindung des Kunden an bisherige Vertragsinhalte, nicht aber an formale Vertragsbeziehungen. Dem Kunden soll sein bisheriger Vertragsstatus gesichert werden. Da nach altem Recht der Status eines Tarifkunden noch weit ausgeprägter war als die Vertragsbeziehung nun zum neuen „Grundversorger“, legt die Neuregelung eher die Schlussfolgerung nahe, dass der Kunde dahin geht, wo sein Tarifstatus fortbesteht. Dies ist vorliegend der (neue) allgemeine Versorger, nachdem der Durchleiter einer gesetzlichen Bindung an das alte Tarifrecht nicht unterliegt. Der Gedanke des neuen Rechts ist gerade der Erhalt der alten Vertragsinhalte beim Wechsel des Versorgers. Da nach altem Recht nur die Klägerin diese Inhaltsidentität gewährleisten konnte, muss auch der Tarifkunde ihr bei redlicher ergänzender Vertragsauslegung folgen.
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d) Auch der Hinweis auf Art. 14 GG besagt nichts anderes. Zwar kann ein Kundenstamm Schutzgut nach Art. 14 GG sein (BVerfGE 45, 142, 173; Papier in Maunz/Dürig, GG [2002], Art. 14, 95; Wendt in Sachs, GG [1999], Art. 14, 48; krit. Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl. [2004], Art. 14, 25). Da die Parteien aber - wie aufgezeigt - über diesen Kundenstamm disponieren konnten, kann eine vertrags- und interessengerechte Zuweisung dieses Vermögenswertes im Sinne der Parteien an eine von ihnen keine Verletzung dieses Schutzgutes darstellen.
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5. Auskunftsanspruch.
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Die Klägerin muss wissen, wer zum fraglichen Zeitpunkt Tarifkunde war. Dies stellen die Beklagten auch grundsätzlich nicht in Frage. Sie wenden nur ein, durch die Anmeldung von Durchleitungsverhältnissen für Kunden im streitbetroffenen klägerischen Versorgungsgebiet seien der Klägerin die vorliegend nachgefragten Verhältnisse bereits bekannt. Die Klägerin will einen Status bezüglich der Tarifkunden zum Übernahmezeitpunkt, mithin dem 01.03.2004, nicht zu Folgezeiten, in denen sie durch Kündigung oder Anzeige von Durchleitungsverhältnissen die Überwechsler bekannt gemacht bekommen hat. Dem von der Beklagten am 29.02.2004 innegehabten und am Folgetag übergebenen Bestand (Anschlüsse) kann nicht entnommen werden, ob sich dahinter Kunden der Beklagten in ihrer Funktion als vormalige allgemeine Versorgerin (Tarifkunden) oder als Lieferantin von Durchleitungsstrom verborgen haben (vgl. Klägerin Bl. 96, 105).
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6. Passivlegitimation.
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Der Feststellungsanspruch richtet sich auch gegen die Beklagte Ziff. 2, ebenso der Auskunftsanspruch. Zwar war die Beklagte Ziff. 2 nur Netzinhaberin und hat die Versorgungsanlagen verkauft, während die Beklagte Ziff. 1 Stromlieferantin (vgl. Bl. 57, 61, 63) und nicht unmittelbar am Übernahmevertrag beteiligt war. Beide haben jedoch den Tarifkunden gegenüber in Vertrags- und Leistungseinheit die Funktion des einheitlichen Stromlieferanten als gemeinsamer allgemeiner Versorger übernommen und erfüllt. Geht - wie dargelegt - ihr Tarifkunde auf die Klägerin über, so besteht ein Anspruch der Klägerin, diesen streitigen Wechsel gegenüber beiden bisherigen einheitlichen Vertragspartnern des Tarifkunden festgestellt zu bekommen, damit gegenüber beiden Beklagten. Die Beklagte Ziff. 2 trifft dann auch die Nebenpflicht der Auskunft. Diese ihr gebotene Leistungshandlung kann sich die Beklagte Ziff. 2 im Übrigen unschwer innerhalb des Konzernverbundes, insbesondere über die Beklagten Ziff. 1 ermöglichen. Insofern steht ein eigenes Unvermögen ihrer eigenen Leistungspflicht nicht entgegen (vgl. auch Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 421, 3 m.N.).
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7. Zurückbehaltungsrecht.
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Ob der Wert der Kundenbeziehungen im Kaufpreis bereits Berücksichtigung gefunden hat oder gar außen vor bleiben kann, weil der Tarifkundenstamm, der dem Versorgungsnetz folgt, diesem Wert immanent ist, kann vorliegend auf sich beruhen. Eine Konnexität zwischen einem angeblichen Kaufpreisnachforderungsanspruch mit dem Feststellungsausspruch besteht ohnehin nicht, da der Kundenübergang sich ungeachtet solcher Nachschusserwägungen bereits allein aus dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien vollzogen hat. Soweit das Zurückbehaltungsrecht gegen den Auskunftsanspruch gestellt wird, ist es gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unbeachtlich. Die Einrede ist ausdrücklich geltend zu machen (Palandt/Heinrichs a.a.O. § 273, 19 m.N.). Von diesem Verteidigungsmittel hat die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Gebrauch gemacht. Damit ist sie neu, ohne dass nachvollziehbar gemacht worden wäre, was ihrer ordnungsgemäßen Einführung in den Rechtsstreit schon in erster Instanz entgegengestanden hätte. Zudem ist sie unsubstanziiert geblieben. Auch darauf hat der Senat hingewiesen. Die Flucht in eine „marktübliche angemessene Kaufpreisnachforderung“ (Bl. 287) ist untauglich, da es eine solche nicht gibt, sondern nur eine vertragsspezifisch ableitbare. Auch dafür fehlt jeglicher Vortrag.
II.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO. Dem Antrag der Beklagten auf Vollstreckungsschutz durch Stellung einer Bankbürgschaft (Bl. 288) ist nicht zu entsprechen. Der Feststellungsausspruch selbst eröffnet keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Ein Schutzinteresse kann einzig hinsichtlich des Auskunftsanspruchs bestehen. Die Klägerin hat aber ohnehin, bieten die Beklagten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung insoweit Bankbürgschaft an, zur Wiederherstellung der Vollstreckbarkeit ihrerseits Sicherheit zu leisten. Damit ist schon eine hinreichende Sicherung der Beklagten geschehen. Ein Nachteil kann sich insoweit allenfalls dadurch ergeben, falls die Klägerin die Namhaftmachung der Tarifkunden nutzt, sich mit diesen in Verbindung zu setzen. Dabei genügt zur Gewährung von besonderem Vollstreckungsschutz (§ 712 Abs. 1 ZPO) nicht die Gefahr jedes Nachteils. Es muss sich vielmehr um einen unersetzlichen handeln. Die Fälle, in denen entsprechende Feststellungen getroffen werden können, sind äußerst selten (Herget in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 712, 1). Denn es müsste damit eine Gefahr verbunden sein, welche die Beklagten in ihrer gewerblichen Tätigkeit existenzgefährdend zurückwerfen würde (Herget a.a.O. 1; Putzo in Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 712, 4). Solches ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Deshalb verbleibt es bei der Regel, dass im Zweifel die Interessen des Gläubigers Vorrang haben, insbesondere auch bei Auskunftsansprüchen (Putzo a.a.O. 5).
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Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Berufungsverfahrens folgt den Wertangaben der Klägerin, welche das Landgericht übernommen und die keinen Widerspruch der Beklagten gefunden haben.
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Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. BGH NJW 2003, 1943, 1944/1945) liegen nicht vor. Ohnehin betrifft die vorliegende Fallgestaltung, wie aufgezeigt, die Anwendung alten Rechts. Dies steht einer Revisionszulassung schon deshalb entgegen, da weder aufgezeigt noch sonst erkennbar ist, dass eine gleichgerichtete große Vielzahl von Altverfahren anhängig wäre (BGH NJW 2003, 3352). Zudem leitet sich die Entscheidung des Senats nicht aus Vorschriften des Energiewirtschaftsrechtes ab, sondern aus einer wenngleich typisierenden Auslegung einzelner Verträge.