Donnerstag, 17. August 2017

Solaranlage, Schadensersatz, Photovoltaikanlage, Schnee, Verjährung, fehlerhafte Montage

LG Kempten, Endurteil v. 15.12.2014 – 21 O 186/13


Titel:

Solaranlage, Schadensersatz, Photovoltaikanlage, Schnee, Verjährung, fehlerhafte Montage


Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.708,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.450,00 Euro vom 18.05.2011 bis 23.12.2012 und aus weiteren 7.258,15 Euro ab dem 24.12.2012 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.05.2011 zu erstatten.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 3/4, der Kläger 1/4.
5. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte ist das Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Errichtung einer Solaranlage auf dem Anwesen des Klägers ...
Der Kläger erwarb im Februar 2007 von der Beklagten eine Photovoltaikanlage inklusive Montage von der Beklagten. Die Montage wurde durch die Streitverkündete, die Firma ... ausgeführt. Hierfür stellte die Beklagte unter dem 19.01.2007 einen Betrag von 26.158,53 Euro in Rechnung, wobei der Kläger bereits eine Anzahlung von 24.850,60 Euro geleistet hatte. Die Rechnung wurde klägerseits vollständig bezahlt. Im Winter 2007/2008 stellte sich heraus, dass Schnee von der Photovoltaikanlage abrutscht. Deshalb wurde im März 2008 im Rahmen der Gewährleistung die Anlage weiter nach oben versetzt und ferner ein Schneefangzaun errichtet. Im Mai 2010 stellt der Kläger sichtbar überstehende Schrauben in einem Dachgebälk fest. Mit Schreiben vom 08.06.2010 rügte der Kläger gegenüber der Beklagten diesen Mangel und setzte Frist zur Beseitigung bis zum 16.07.2010 (Anlage K 2). Mit Schreiben vom 17.06.2010 teilte die Beklagte mit, dass keinerlei Mängel vorlägen und soweit aus ästhetischen Gesichtspunkten das geringfügige Herausragen der Schrauben zu beanstanden wäre, letzteres schon längstens hätte erfolgen können. Im Übrigen seien die Beeinträchtigungen unerheblich und vernachlässigenswert. Aus diesem Grunde werde der Aufforderung zu einem Schraubentausch und zum Einsatz kürzerer Schrauben nicht nachgekommen (Anlage K 3). Mit Schriftsatz vom 07.07.2010 beantragte die Klägerin daraufhin die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens, im Rahmen dessen der Sachverständige Dipl.-Ing. Schlegel insgesamt 3 Gutachten erstattete, bezüglich derer im Einzelnen auf die Akten 32 OH 1323/10 verwiesen wird.
Der Kläger behauptet, im Zuge der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens hätte sich nicht nur die Verwendung zu langer Schrauben, die aus dem Vordach herausragten, herausgestellt, sondern es lägen darüber hinaus auch noch weitere Mängel vor. Durch die zu langen Schrauben sei die Dachpappe und die Dampfsperre durchbohrt und beschädigt worden. Die Unterkonstruktion der Photovoltaikanlage sei für die Anlage viel zu schwach und die Blechdachplatten für die Halterungen fehlten, so dass im Winter der Druck auf die Dachplatten zu groß werde, was dazu geführt habe, dass bereits Dachplatten gebrochen seien und damit die Dichtigkeit des Daches nicht mehr gewährleistet ist. Der Kläger ließ nach den letzten Feststellungen des Dipl.-Ing. ... im selbstständigen Beweisverfahren die Mängel beseitigen. Die Kosten der Mängelbeseitigung habe sich gemäß den Rechnungen der Firma ... vom 22.10.2011 und 06.12.2012 sowie der Rechnung der Zimmerei M. vom 13.12.2012 auf insgesamt 13.408,07 Euro belaufen (Anlagen K 6: 1.707,17 Euro, K 7: 5.391,40 Euro, K 8 (Rechnung M.): 6.309,50 Euro). Diesen Betrag schulde die Beklage als Schadensersatz. Es handle sich um Mangelfolgeschäden, die durch die mangelhafte Montage seitens der Streitverkündeten entstanden sei. Hierfür habe die Beklagte einzustehen.
Der Kläger beantragt zuletzt: (ursprünglicher Hauptsacheantrag: 2.450,- €).
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.408,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.450,00 Euro vom 18.05.2011 bis 23.12.2012 sowie aus 13.408,07 Euro ab 24.12.2012 zu bezahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 316,18 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 18.05.2011 zu erstatten.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten des Beweisverfahrens beim Landgericht Kempten, Az. 32 OH 1323/10.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Sie erhebt die Einrede der Verjährung. Die Ansprüche seien gem. § 438 Abs. 1 Ziff. 3 BGB nach zwei Jahren verjährt gewesen. Es sei Kaufrecht anzuwenden und es handle sich nicht um einen Fall des § 438 Abs. 1 Ziff. 2 b BGB. Im Übrigen würden die Mängel (teilweise mit Nichtwissen) bestritten (Schriftsatz vom 18.02.2013). Es werde bestritten, dass die Unterkonstruktion der Photovoltaikanlage zu schwach sei, bezüglich der Halterungen für die Blechdachplatten werde bestritten, dass es sich um geschuldete Leistungsbestandteile handle, ferner werde das Erfordernis von 70 Stück bestritten. Auch werde bestritten die Erforderlichkeit eines Schneefanggitters. Gleiches gelte für den Bruch von Dachplatten infolge Montage der Photovoltaikanlage. Auch werde bestritten, dass die Dichtigkeit des Daches nicht mehr gewährleistet sei. Die Rechnungen der Firma ... würden hinsichtlich der Erforderlichkeit und der Höhe ebenfalls bestritten. Gleiches gelte für die Rechnung der Firma M.
Darüber hinaus sei die Beklagte nicht unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert worden. Das Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Klägers vom 08.06.2010 beträfe nur die Beseitigung behaupteter überstehender Schrauben.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Sachverständigen Dipl.-Ing. ... sowie durch Verwertung im selbstständigen Beweisverfahren 32 OH 1323/10 durch diesen Sachverständigen erstellten schriftlichen Gutachten vom 21.01.2011, 06.03.2012 und 01.08.2012 erstellen Gutachten. Das Gericht hat ferner Beweis erhoben durch Einholung weiterer ergänzender Gutachten des vorgenannten Sachverständigen (Gutachtensergänzungen vom 11.11.2013 und 20.08.2014). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.05.2013 sowie die vorgenannten schriftlichen Gutachten verwiesen.

Entscheidungsgründe

A)
Die zulässige Klage erwies sich als größtenteils begründet.
1) Auf das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis ist das Kaufrecht anzuwenden (§ 651 S. 1 BGB). Gegenstand des Vertrages war die Lieferung und der Einbau serienmäßig hergestellter Photovoltaikpaneele. Die Verpflichtung zur Montage war dabei eine vertragliche Hauptpflicht (arg. ex § 634 Abs. 2 BGB). Vorliegend war die Montage nicht nur fehlerhaft und stellte per se einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 2 BGB dar, sondern sie führte auch zu Mangelfolgeschäden an dem klägerischen Anwesen, für die die Beklagte gem. § 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 282 BGB Schadensersatz zu leisten hat. Eine Fristsetzung ist für die Beseitigung dieser aus einer Nebenpflichtsverletzung resultierenden Mängel nicht erforderlich (§ 282 BGB) (vgl. auch Münchner Kommentar, Rn. 30 zu § 437 BGB).
Eine Unzumutbarkeit im Sinne der vorgenannten Vorschrift liegt ebenfalls nicht vor, da der Kläger keine Gelegenheit hatte, die von der Beklagten zu vertretende (§ 278 BGB) Pflichtverletzung rechtzeitig zu verhindern.
Daneben bestehen Schadensersatzansprüche hinsichtlich der eigentlich fehlerhaften Montage (Verwendung zu langer Schrauben; mangelhafte Ausführung der Unterkonstruktion gem. § 437 Ziff. 3, 440, 280, 281 BGB). Diese Schadensersatzansprüche sind allerdings verjährt. Im Verlaufe des Rechtsstreits wurde die Frage der Dauer der Verjährungsfrist hinsichtlich einer auf einem Dach montierten Photovoltaikanlage höchstrichterlich geklärt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 09.10.2013 - Az. VIII ZR 318/12 = Beck RS 2013, 21219). Danach unterliegen die Ansprüche des Käufers wegen einer auf einem vorhandenen Dach montierten Photovoltaikanlage nicht der 5-jährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB, sondern der 2-jährigen Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Im Einzelnen wird hierzu auf das vorgenannte Urteil sowie dessen Begründung Bezug genommen.
2) Hinsichtlich der Mangelfolgeschäden sind die Schadensersatzansprüche des Klägers nicht verjährt. Für die letztgenannten Ansprüche gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren gem. § 195 BGB. Im Zeitraum bis zur Klageerhebung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) wurde die Verjährung infolge der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt. Im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens sollten auch die Schäden begutachtet werden, die infolge der mangelhaften Montage der Photovoltaikanlage am Gebäude des Klägers entstanden sind, der Die klägerseits vorgelegten Rechnungen (Anlagen K 6, K 7 und K 8), die die Aufwendungen des Klägers für die Ertüchtigung der Photovoltaikanlage und die Schadensbeseitigung umfassen, sind vom Sachverständigen dahingehend überprüft worden, welche Positionen alleine die Schadensbeseitigung betreffen. Nach dem Ergebnis der Begutachtung des Sachverständigen Dipl.-Ing. ... vom 20.08.2014 sind die Aufwendungen, die zu einer Schadensbeseitigung am Eigentum des Klägers erforderlich waren, erheblich. Aus der Rechnung der Firma ... (Anlage K 8) sind insgesamt 5.503,18 Euro als zur Schadensbeseitigung erforderlich anzuerkennen. Korrekturen der Einheitspreise hat der Kläger dabei hinzunehmen, da er seinerseits im Rahmen der Schadensminderungspflicht verpflichtet ist, die Aufwendungen für eine Schadensbeseitigung möglichst gering zu halten.
Des Weiteren sind nach den Darlegungen des Sachverständigen unter Zugrundelegung der Rechnung der Firma Scholz vom 22.10.2011 (Anlage K 6 der Akten) weitere 1.707,17 Euro zur Beseitigung der Schäden in den Vordachbereichen (mit unterseitig sichtbaren Schrauben) erforderlich. Aus der weiteren Rechnung der Firma ... vom 06.12.2012 (Anlage K 7) ergibt sich für die Aufwendungen hinsichtlich der Demontage und Wiedermontage der Photovoltaikanlage zur Beseitigung der angerichteten Schäden am Dach und eines zu kalkulierenden Austauschs von Steckverbindungen der Stringkabel mit ca. 5 bis 10 Stück (= 28,00 Euro) ein Betrag von 1.730,00 Euro. Die Montagekosten hinsichtlich der vorhandenen Schneefangkonstruktion belaufen sich auf 369,00 Euro. Mithin ergibt sich ein erforderlicher Gesamtbetrag zur Schadensbeseitigung in Höhe von 2.099,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer = 2.497,81 Euro aus der letztgenannten Rechnung. Hieraus errechnet sich ein zu erstattender Gesamtschaden von 9.708,15 Euro. In dieser Höhe war folglich dem Klagebegehren stattzugeben.
3) Aus dem vorgenannten Betrag schuldet die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Verzuges aus einem Betrag von 2.450,00 Euro Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 18.05.2011 bis zum 23.12.2012 und aus weiteren 7.258,15 Euro ab dem 24.12.2012 weitere Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
4) Darüber hinaus ist der Beklagte verpflichtet, die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers zu tragen.
B)
Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Auf die vorgenannten Ausführungen darf hierzu verwiesen werden.
C)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Hieran haben sich auch die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens zu orientieren.
D)
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.