Donnerstag, 17. August 2017

Verjährung der Ansprüche aus fehlerhafter Montage einer Fotovoltaikanlage

OLG München, Endurteil v. 09.07.2015 – 14 U 91/15


Verjährung der Ansprüche aus fehlerhafter Montage einer Fotovoltaikanlage


Leitsätze:
1. Der Vertrag über die Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines bestehenden Wohngebäudes richtet sich nach Kaufrecht. (amtlicher Leitsatz)
2. Bei einer fehlerhaften Montage ist für die Gewährleistung nicht die 5-jährige Verjährung gem. § 438 I Ziffer 2 BGB, sondern die 2-jährige Verjährung maßgeblich. (amtlicher Leitsatz)
3. Sofern durch die Montage Teile des Dachs beschädigt werden, die bei einer fachgerechten Montage nicht tangiert worden wären, kommt ein deliktischer Schadensersatzanspruch in Betracht. (amtlicher Leitsatz)

Entscheidungsgründe

Oberlandesgericht München
Az.: 14 U 91/15
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am 09.07.2015
21 O 186/13 LG Kempten (Allgäu)
… Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Nichtamtliche Leitsätze:
In dem Rechtsstreit
- Kläger, Berufungskläger u. Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
- Beklagte, Berufungsbeklagte u. Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
wegen Schadensersatz
erlässt das Oberlandesgericht München - 14. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2015 folgendes
Endurteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 15.12.2014, Az. 21 O 186/13, wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 15.12.2014, Az. 21 O 186/13, dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 4.271,03 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.450,00 Euro vom 18.5.2011 bis 23.12.2012 und aus weiteren 1.821,03 Euro ab dem 24.12.2012 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.5.2011 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) ist, soweit es aufrechterhalten bleibt, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
1
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aufgrund der mangelhaften Montage einer Photovoltaikanlage auf dem Dach seines bereits zuvor errichteten Reihenhauses Anfang 2007 bzw. im März 2008 geltend.
2
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
3
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Endurteil des Landgerichts Kempten vom 15.12.2014 Bezug genommen.
4
Der Kläger hat zunächst mit Antragsschrift vom 7.7.2010, zugestellt am 21.7.2010, ein selbstständiges Beweisverfahren wegen der Verwendung zu langer Schrauben eingeleitet, wobei nach Vorliegen des ersten schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 21.1.2011 und einem Ruhen des Verfahrens gemäß Beschluss vom 3.3.2011 (Bl. 49 d. Beiakte) mit Schriftsatz vom 6.9.2011 (bei Gericht eingegangen am 8.9.2011 und der Gegenseite bekanntgegeben gemäß Verfügung vom 9.9.2011) auch gerügt wurde, dass die Unterkonstruktion der Photovoltaikanlage zu schwach sei und Blechdachplatten für die Halterungen fehlen würden (Bl. 53 ff der Beiakte 32 OH 1323/10). Hierzu wurden gemäß Beweisbeschlüssen vom 17.10.2011 und 4.5.2012 im selbstständigen Beweisverfahren ergänzende Sachverständigengutachten vom 6.3.2002 und 1.8.2012 eingeholt (Bl. 57/58, 68/84, 91/92 und 95/101 der Beiakte).
5
Das Erstgericht hat nach Einholung weiterer Ergänzungsgutachten den zuletzt auf Zahlung von 13.408,07 Euro gerichteten Klageanträgen vom 19.12.2012, die am 7.1.2012 zugestellt wurden, in Höhe von 9.708,15 Euro zuzüglich gesetzlicher Verzugszinsen aus 2.450,00 Euro von 18.5.2011 bis 23.12.20012 und aus weiteren 7.258,15 Euro ab dem 24.12.2012 sowie außergerichtlichen Kosten in Höhe von 316,18 Euro stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
6
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass auf den Vertrag Kaufrecht anzuwenden sei, wobei die Verpflichtung zur Montage eine Hauptleistungspflicht gewesen sei. Die nach den eingeholten Sachverständigengutachten fehlerhafte Montage stelle einen Sachmangel i. S. von § 434 Abs. 2 BGB dar und habe auch zu Mangelfolgeschäden an dem klägerischen Anwesen geführt, für die die Beklagte gemäß §§ 280 Abs. 1, 241, 282 BGB Schadensersatz zu leisten habe.
7
Die klägerischen Ansprüche hinsichtlich der eigentlichen fehlerhaften Montage (Verwendung zu langer Schrauben und mangelhafte Ausführung der Unterkonstruktion) seien nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung verjährt, nachdem der Bundesgerichtshof am 9.10.2013 im Verfahren Az. VIII ZR 318/12 entschieden habe, dass die Ansprüche des Käufers wegen einer auf einem vorhandenen Dach montierten Photovoltaikanlage nicht der 5-jährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB, sondern der 2-jährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB unterliegen würden.
8
Hinsichtlich der Mangelfolgeschäden gelte die regelmäßige 3-jährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB. Diese sei aufgrund der Hemmungswirkung des selbstständigen Beweisverfahrens noch nicht abgelaufen.
9
Nach den eingeholten Gutachten seien die Aufwendungen, die für die Schadensbeseitigung am Gebäude des Klägers entstanden seien, erheblich. Aus der Rechnung des Zimmerers gemäß Anlage K 8 seien insgesamt 5.503,18 Euro als zur Schadensbeseitigung erforderlich anzuerkennen. Die vom Sachverständigen vorgenommenen Korrekturen der Einheitspreise habe der Kläger dabei im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht hinzunehmen.
10
Darüber hinaus seien unter Zugrundelegung der Rechnung der Elektrofirma S. gemäß Anlage K 6 weitere 1.707,17 Euro zur Beseitigung der Schäden im Vordachbereich sowie aus der weiteren Rechnung der Fa. S. gemäß Anlage K 7 weitere 1.730,00 Euro (netto) für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Demontage und Wiedermontage sowie eines Austauschs der Steckerverbindungen der Stringkabel und außerdem 369,00 Euro (netto) Montagekosten hinsichtlich der Schneefangkonstruktion angefallen.
11
Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien fristgerecht Berufung eingelegt.
12
Der Kläger verfolgt mit der Maßgabe einer geringfügigen Reduzierung in Höhe von 157,44 Euro seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiter.
13
Er rügt, dass das Erstgericht auf das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis rechtsfehlerhaft Kaufrecht angewendet und die Verjährung der Ersatzansprüche des Klägers angenommen habe, sowie dass aus der Rechnung gemäß Anlage K 8 nur ein um 548,28 € zzgl. Mehrwertsteuer reduzierter Betrag zugesprochen worden sei.
14
Das Erstgericht habe verkannt, dass der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9.10.2013 ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Dort habe der Käufer lediglich sämtliche Komponenten einer Photovoltaikanlage gekauft und diese selbst auf seinem Scheunendach montiert.
15
Im vorliegenden Fall habe der Kläger von der Beklagten eine auf das Bedürfnis seines Hauses abgestimmte, als solche mangelfreie Photovoltaikanlage gekauft, die von der Beklagten bzw. deren Erfüllungsgehilfen unter Anbringung einer Unterkonstruktion auf dem Dach montiert und in Betrieb genommen worden sei. Es hätten nur Montagefehler vorgelegen, weswegen entsprechend einer Entscheidung des OLG München vom 10.12.2013 (NJW 2014, 867) Werkvertragsrecht maßgeblich sei.
16
Es gelte entgegen den Ausführungen des Erstgerichts insoweit eine 5-jährige Verjährungsfrist.
17
Die in den vorgelegten Rechnungen gemäß Anlage K 6 und 7 dargelegten Aufwendungen seien in vollem Umfang gerechtfertigt gewesen, ebenso die Aufwendungen gemäß Rechnung K 8, wobei ein Abzug von 157,44 € für 7 nicht unbedingt erforderliche Metalldachplatten akzeptiert werde.
18
Zu Unrecht sei allerdings eine Reduzierung der Einheitspreise erfolgt, nur weil der gerichtliche Sachverständige bei einem ihm bekannten Zimmereibetrieb in Kaufbeuren niedrigere Einheitspreise erfragt habe. Die dem Kläger berechneten Einheitspreise seien - was von der Gegenseite auch nicht in Abrede gestellt worden sei - in Füssen üblich, wofür der Kläger auch Sachverständigenbeweis angeboten habe. Dem Kläger könne nicht zugemutet werden, aus dem gesamten süddeutschen Raum Angebote einzuholen, zumal bei einem auswärtigen Betrieb höhere Fahrtkosten angefallen wären und somit im Ergebnis nichts erspart worden wäre.
19
Auch der Zinsausspruch sei falsch und entsprechend dem Berufungsantrag zu korrigieren.
20
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts Kempten vom 15.12.14 Az. 21 O 186/13 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.250,63 € nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 PP über dem Basiszinssatz aus 2.450,-- ab 18.05.11 und aus weiteren 10.800,63 € ab dem 24.12.12 zu bezahlen.
21
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der klägerischen Berufung, Aufhebung des Ersturteils und vollständige Klageabweisung.
22
Das Ersturteil sei hinsichtlich der Anwendung von Kaufrecht und einer zweijährigen Verjährungsfrist rechtsfehlerfrei, allerdings habe das Erstgericht zu Unrecht zwischen Mangelschäden und Mangelfolgeschäden differenziert. Insoweit gelte wegen der Verweisung von § 438 BGB auf § 437 BGB und die dort auch genannten Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts eine einheitliche Verjährungsfrist.
23
Die Klage sei insgesamt wegen Verjährung abzuweisen.
24
Soweit der Kläger Werkvertragsrecht anwenden wolle, sei dies fehlerhaft.
25
Anders als in dem zitierten Fall des OLG München habe die streitgegenständliche Anlage keine Bedeutung für den Gebäudebestand und dessen Nutzung.
26
Soweit der Kläger erhöhte - über das Ersturteil hinausgehende - Schadensersatzansprüche geltend mache, bestünden diese weder dem Grunde noch der Höhe nach. Die vom Erstgericht aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen vorgenommenen Kürzungen seien richtig.
27
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und übergebenen Anlagen Bezug genommen.
28
Im Berufungsverfahren wurde mit Verfügung vom 20.2.2015 darauf hingewiesen, dass - vorbehaltlich einer Entlastung der Beklagten - auch eine deliktische Haftung der Beklagten in Betracht komme, soweit das Integritätsinteresse des Bestellers betroffen sei und sich eine mangelhafte Vertragsausführung auf zunächst unversehrte Teile bzw. andere Gegenstände des Bestellers ausgewirkt habe.
29
Die Parteien hatten Gelegenheit zur Äußerung hierzu.
30
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Dachkonstruktion, in die auch bei einer ordnungsgemäßen Montage Schrauben hätten eingedreht werden müssen, als Einheit zu betrachtet sei. Eine Differenzierung nach Bestandteilen der Dachkonstruktion würde die Grundsätze der vertraglichen Mängelhaftung unterlaufen.
31
Der Senat hat keinen Beweis erhoben.
II.
32
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, die Berufung der Beklagten ist teilweise erfolgreich.
33
Vertragliche Ansprüche des Klägers sind mit der gesetzlichen Folge eines dauernden Leistungsverweigerungsrechts der Beklagten verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB).
34
Die Klage war jedoch im tenorierten Umfang im Hinblick auf die Beschädigungen an den bei ordnungsgemäßer Montage nicht tangierten Bestandteilen des Dachaufbaus aus Deliktsrecht gemäß § 823 Abs. 1 BGB begründet. Verjährung ist insoweit nicht eingetreten.
35
1. Der Kläger hat mit der Beklagten einen Vertrag geschlossen, wonach die Beklagte eine Photovoltaikanlage mit 24 Modulen mit je 160 Wp Leistung einschließlich Verkabelung, Wechselrichtern und Halterungen an den Beklagten zu liefern und auf dem Dach zu montieren hatte.
36
Die erbrachten Leistungen wurden dem Kläger unter dem 17.1.2007 pauschal mit einem Gesamtbetrag von 26.158,53 Euro in Rechnung gestellt (Anlage K 1) und unstreitig von diesem bezahlt.
37
Die Montage der Photovoltaikanlage durch die Beklagte bzw. deren Erfüllungsgehilfen auf dem Dach des klägerischen Reihenhauses in Füssen war nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, die von der Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht mehr in Abrede gestellt wurden, auch nach den Nachbesserungsarbeiten im März 2008 insoweit mangelhaft, als zu lange Schrauben verwendet worden waren und die Dachhaken der Unterkonstruktion zu schwach dimensioniert bzw. in zu geringer Zahl eingesetzt waren.
38
2. Das Erstgericht hat das streitgegenständliche Vertragsverhältnis rechtsfehlerfrei nach Kaufrecht beurteilt.
39
Verkauft und geliefert wurden keine maßangefertigten, sondern handelsübliche Module.Wie sich aus § 434 Abs. 2 BGB ergibt, führt die Vereinbarung einer Montage der Kaufsache nicht automatisch zur Anwendung von Werkvertragsrecht.
40
Gemäß § 651 Satz 1 BGB ist auch bei der Lieferung erst herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen grundsätzlich Kaufrecht anzuwenden.
41
Der Bundesgerichtshof hat bereits vor der Schuldrechtsreform entschieden, dass es bei einer Verpflichtung zur Lieferung und Montage eines Gegenstandes auf den prägenden Teil bzw. Schwerpunkt der Vereinbarungen ankommt (vgl. BGH NJW 1998, 3197 f. m. w. N.), der bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation in der mit einem Warenumsatz verbundenen Lieferung sowie Übertragung von Eigentum und Besitz besteht (so auch OLG München, Urteil vom 14.1.2014, Az. 28 U 83/13 und OLG Saarbrücken, Urteil vom 23.4.2014, Az. 1 U 18/13).
42
Die anderslautende Entscheidung des OLG München vom 10.12.2013, Az. 9 U 543/12 Bau betraf eine deutlich größer dimensionierte Photovoltaikanlage, bei der eine vorangegangene Wirtschaftlichkeitsberechnung durchgeführt worden war. Das Berufungsgericht ging in dem Rechtsstreit um die beanstandete Minderleistung im Vergleich zur vorab berechneten Leistungsfähigkeit der Anlage davon aus, dass die eine besondere Fachkunde erforderliche Beratung und Montage der Photovoltaikanlage im Vordergrund standen. Der gezogene Vergleich mit einer Elektro- oder Sanitärinstallation mag bei dem dortigen Sachverhalt gerechtfertigt gewesen sein, trifft aber auf den hiesigen Fall nicht zu, auch wenn - wie bei einer fachgerechten Auf-Dach-Photovoltaikanlage wohl unvermeidbar - vorab gewisse Berechnungen hinsichtlich der Dimensionierung der Anlage durchgeführt wurden.
43
Der hiesige Senat hat zuletzt in einem Berufungsurteil vom 11.12.2014, Az. 14 U 345/14, - wenn auch in einem Fall, in dem der Erwerber die Montage selbst übernommen hatte - entschieden, dass der vorab errechnete und prognostizierte Ertrag einer Photovoltaikanlage als vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache zu behandeln ist und Mängelansprüche nach Kaufrecht zugesprochen.
44
3. Ansprüche wegen Sachmängeln der Photovoltaikanlage sind verjährt.
45
Sowohl nach den kauf- als auch nach den werkvertraglichen Verjährungsvorschriften kommt es für die entscheidungserhebliche Frage einer 5-jährigen oder 2-jährigen Verjährungsfrist darauf an, ob die streitgegenständliche Photovoltaikanlage ein Bauwerk darstellt (vgl. § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB, § 438 Abs. 1 Nr. 2 a) BGB) oder für ein Bauwerk verwendet wurde (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB).
46
Nach der ausdrücklichen Regelung des § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB gilt die 5-jährige Verjährungsfrist auch bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat.
47
Soweit § 634 a Abs. 1 Nr. 3 BGB im Werkvertragsrecht eine 3-jährige Verjährungsfrist vorsieht, erfasst dies in der Regel nur unkörperliche Werke bzw. Werke ohne Sachbezug, aber keine solchen, die - wie im vorliegenden Fall - als Veränderung einer Sache der 2-jährigen Verjährungsfrist gemäß § 634 a Abs.1 Nr. 1 BGB unterliegen würden.
48
3.1. Der Bundesgerichtshof hat in der wiederholt zitierten Entscheidung vom 9.10.2013, Az. VIII ZR 318/12, klargestellt, dass eine auf dem Hausdach montierte Photovoltaikanlage mangels Verbindung mit dem Erdboden selbst kein Bauwerk im Sinne des Gesetzes ist (so auch OLG Saarbrücken, a. a. O.).
49
3.2. Die streitgegenständliche Anlage wurde auch nicht i. S. von § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB „für ein Bauwerk verwendet“.
50
Dies wäre nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs entsprechend den zu § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. (jetzt § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB) entwickelten Kriterien nur dann der Fall, wenn die Photovoltaikanlage Gegenstand von Erneuerungs- oder Umbauarbeiten an dem Gebäude des Klägers gewesen wäre oder für dessen Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit von (wesentlicher) Bedeutung wäre.
51
Dies ist hier nicht der Fall, weil die Stromversorgung des nach eigenen Angaben seit 1999 bewohnten klägerischen Reihenhauses aus dem öffentlichen Netz bereits vor der Montage der streitgegenständliche Anlage vollständig gewährleistet war und der durch die klägerische Photovoltaikanlage produzierte Strom in das öffentliche Energienetz eingeleitet wird.
52
Die Photovoltaikanlage hat insoweit keine Funktion für das Gebäude selbst, sondern ist lediglich, weil dies zweckdienlich erschien, dort angebracht worden (BGH, a. a. O.).
53
Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Kläger möglicherweise bereits beim Bau des Hauses Vorkehrungen (wie z. B. die Installation eines weiteren Kabelkanals) getroffen hat, um später eine Auf-Dach-Photovoltaikanlage installieren zu können.
54
Auch der Umstand, dass der Kläger nach seinem Vortrag im Berufungsverfahren mit der streitgegenständlichen Anlage in etwa soviel Strom bzw. Strom zum selben Preis produzieren kann, wie er selbst aus dem öffentlichen Netz bezieht, führt nicht dazu, dass die Voraussetzungen von § 438 Abs. 1 Ziffer 2 b) BGB erfüllt sind. Maßgeblich ist insoweit nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht eine wirtschaftliche, sondern körperliche Betrachtungsweise, da diese mit der Schuldrechtsreform eingeführte Verjährungsvorschrift Baumaterialien erfassen sollte (vgl. Matusche-Beckmann in Staudinger, BGB, 2014, Rn. 41 ff zu § 438).
55
Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 9.10.2013 auch ausgeführt, dass § 438 Abs. 1 Ziffer 2 b) BGB auch dann nicht zur Anwendbarkeit der 5-jährigen Verjährungsfrist führen würde, wenn ein Teil des von der Solaranlage erzeugten Stroms der Energieversorgung des Gebäudes dienen sollte. Denn auch dann läge der Hauptzweck der Errichtung der Anlage darin, dem Erwerber eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen, so dass es auch in dieser Fallgestaltung an einer Verwendung „für ein Bauwerk“ fehlen würde.
56
Dieser Gedanke gilt im Hinblick auf die Differenz zwischen der höheren Einspeisevergütung für Solarstrom und den für Strom aus dem öffentlichen Netz zu bezahlenden Preisen auch dann, wenn die Strommengen der Einspeisung und des Eigenbedarfs annähernd gleich hoch wären.
57
Falls der Kläger - wie er im Berufungsverfahren vorgetragen hat - monatlich nur in etwa eine Einspeisevergütung in Höhe der von ihm für seinen Bedarf zu tragenden Stromkosten erzielt, ist dies nur dadurch erklärlich, dass der Kläger deutlich mehr Strom verbraucht als er mit der Photovoltaikanlage erzeugen kann.
58
3.3. Schließlich verlangt § 438 Abs. 1 Ziffer 2 b) BGB nach seinem Wortlaut, dass „die Sache“ die Mangelhaftigkeit des Bauwerks verursacht hat.
59
Zwar bestimmt § 434 Abs. 2 BGB, dass ein Sachmangel i. S. von § 434 Abs. 1 BGB auch dann gegeben ist, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist.
60
Durch diese Norm wird die vereinbarte Montageverpflichtung, die nach altem Recht als Nebenpflicht eines Kaufvertrags einzustufen war, zur Hauptpflicht erhoben (vgl. Weidenkaff in Palandt, BGB, 74.. Aufl., Rn. 40 zu § 434).
61
Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich insoweit um einen Montagemangel handelt und die Montage nicht der Sache selbst gleichzusetzen ist (vgl. OLG Saarbrücken a. a. O.).
62
3.4. Die 2-jährige Verjährungsfrist gilt auch für sog. Mangelfolgeschäden bzw. Schadensersatz neben der Leistung, die ebenfalls von den Ausgangsnormen der o.g. Verjährungsvorschriften, nämlich § 437 Nr. 3 BGB bzw. § 634 Nr. 4 BGB mit umfasst sind (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., Rn. 11 zu § 438, Palandt/Sprau, Rn. 8 zu § 634, Rn. 5 zu § 634 a m. w. N.; BGH, Urteil vom 28.10.2010, Az. VII ZR 172/09, Tz. 9).
63
3.5. Ausgehend von einer 2-jährigen Verjährungsfrist beginnend ab der Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 2 BGB; bzw. im Werkvertragsrecht gemäß § 634 a Abs. 2 BGB beginnend ab der Abnahme (die im vorliegenden Fall spätestens mit der vollständigen Bezahlung der Rechnung anzunehmen wäre) konnte der Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens vom 7.7.2010 die Verjährung nicht mehr rechtzeitig hemmen (§ 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB i. V. m. § 167 ZPO).
64
Dies gilt erst recht für die Mangelhaftigkeit in Form der zu schwachen Unterkonstruktion, die im selbstständigen Beweisverfahren erstmals mit Schriftsatz vom 6.9.2011 gerügt wurde. Dabei kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob auf die erstmalige Montage der Photovoltaikanlage Anfang 2007 oder die Durchführung von Nachbesserungsarbeiten im März 2008 abzustellen ist.
65
Da der Kläger selbst vorgetragen hat, dass ihm erstmals im Mai 2010 Montagemängel aufgefallen sind, kommt eine Verjährungshemmung vor diesem Zeitpunkt nicht in Betracht.
66
4. Dem Kläger stehen jedoch unverjährte Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Eigentumsverletzung durch die mangelhafte Montage aus §§ 823 Abs. 1, 831, 276 Abs. 2 BGB zu.
67
4.1. Wie bereits in der Verfügung vom 20.2.2015 aufgezeigt wurde, kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die deliktische Haftung neben der vertraglichen Haftung zum Tragen kommen, soweit das sogenannte Integritätsinteresse des Bestellers betroffen ist und sich eine mangelhafte Vertragsausführung auf zunächst unversehrte Teile bzw. andere Gegenstände des Bestellers schädigend auswirkt (vgl. BGH, Urteil vom 27.1.2015, VII ZR 158/03).
68
Den vorgefundenen Aufbau des klägerischen Pfettendachs mit Sparren und sog. Aufdachdämmung hat der gerichtliche Sachverständige auf S. 11 seines schriftlichen Gutachtens im selbstständigen Beweisverfahren vom 6.3.2012 (Bl. 78 d. Beiakte) dargelegt wie folgt:
- Dacheindeckung aus Betondachsteinen
- Dachlattung 50/30 mm
- Konterlattung 50/30 mm
- Unterdeckung (Dachpappe)
- Dachschalung 18 mm
- Sparren 10/20 cm (im nicht gehobelten Zustand - Innenbereich)
- Dampfsperre (Folie)
- Konterlattung (vermutlich in einer Stärke von 24 mm)
- Gipskartonbekleidung mit Reibeputz
69
Aufgrund der Länge der zur Befestigung der Photovoltaikanlage auf dem Dach verwendeten Schrauben von 260 mm durchbohrten diese das Dachgebälk so weit, dass sie an der Unterseite ca. 2 - 3 cm aus den Balken herausragten.
70
Dabei durchdrangen sie nach den überzeugenden und unwidersprochenen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten vom 6.3.2012 (Bl. 78 der Beiakte) auch die Dampfdiffusionssperre.
71
Beim Ersetzen der zu langen Schrauben durch kürzere verbleibt jeweils eine Fehlstelle in der Dampfsperre, was deren Sanierung notwendig gemacht hat.
72
Die Dampfsperre ist nach Ansicht des Senats i. S. der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 823 Abs. 1 BGB neben dem Sachmängelrecht als ein relevantes Bauteil anzusehen, das bei einer fachgerechten Montage der Photovoltaikanlage nicht tangiert gewesen wäre.
73
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 18.9.1984, Az. VI ZR 51/83, nach Ausbesserungsarbeiten an einem Folienflachdach entschieden, dass deliktische Schadensersatzansprüche aus Eigentumsverletzung entstehen können, wenn die oberste Folie nach ihrer Anbringung infolge eines Produktfehlers ihre wasserabweisende Wirkung verliert und durch eindringende Feuchtigkeit Schäden an den unteren Schichten des Dachaufbaus entstehen. Auch wenn in diesem Fall nur - hier nicht relevante - Produkthaftungsansprüche streitgegenständlich waren, ergibt sich aus dieser Entscheidung, dass der Bundesgerichtshof eine Verletzung des Integritätsinteresses hinsichtlich Teilen eines Dachaufbaus bejaht.
74
Entsprechend ist nach Ansicht des Senats im vorliegenden Fall die Beschädigung der Dampfdiffusionssperre durch die zu langen Schrauben zu beurteilen.
75
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese nicht notwendigerweise bei jeder Dachkonstruktion vorhanden sein muss und insbesondere weggelassen wird, wenn die Dachsparren von unten sichtbar bleiben sollen.
76
Demgegenüber kommt eine deliktische Haftung hinsichtlich der zu schwachen Unterkonstruktion nicht in Betracht. Soweit dadurch die Dacheindeckung beschädigt wurde, handelt es sich dabei um ein Bauteil des klägerischen Dachs, in das notwendigerweise im Rahmen der Befestigung der Photovoltaikanlage eingegriffen werden musste.
77
4.2. Zu ersetzen sind dem Kläger im Rahmen von § 249 BGB die notwendigen Kosten für den Austausch der Dampfsperre, die nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen isoliert betrachtet auch von der Raumseite durch Demontage und Wiedermontage der Gipskartonplatten und Konterlattung möglich gewesen wäre, wobei in diesem Fall zusätzliche Nebenarbeiten zum Schutz des zu Wohnzwecken ausgebauten Dachs nebst seiner Einrichtung, Malerarbeiten und Putzarbeiten erforderlich gewesen wären. Eine nennenswerte Kostenersparnis im Vergleich zu den von oben durchgeführten Arbeiten wurde von der Beklagten nicht substantiiert geltend gemacht und ist auch nicht ohne weiteres ersichtlich.
78
Entgegen der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen und des Erstgerichts muss sich der Kläger bei der Schadensbemessung nicht im Rahmen einer Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB Abs. 2 BGB entgegenhalten lassen, dass die von ihm beauftragte und bezahlte Fa. M im Vergleich zu einem anderen, vom Sachverständigen angefragten Zimmereibetrieb zu hohe Einheitspreise in Rechnung gestellt hätte (Anlage K 8).
79
Dem Kläger sind die durch die Ersatzvornahme geltend gemachten Kosten tatsächlich entstanden.
80
Die Beklagte hatte bereits mit Anwaltsschreiben vom 17.6.2010 Mängelbeseitigungsarbeiten wegen der Verwendung zu langer Schrauben abgelehnt (Anlage K 3).
81
Der Kläger hat sich darauf berufen, dass er einen ortsansässigen Handwerker beauftragt habe und dessen Preise im Raum Füssen üblich seien.
82
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten, wobei es dem Kläger auch im Hinblick auf den Zeitablauf nicht zumutbar war, vorab mehrere Vergleichsangebote abzufragen. Anders als bei Mietwagenkosten ist eine für einen Handwerker jeweils mit einem Ortstermin verbundene Angebotsabgabe nur zeitaufwendig zu erlangen.
83
Aus der Rechnung der Fa. M. vom 13.12.2012 gemäß Anlage K 8 betreffen lediglich die letzten beiden Positionen Arbeiten, die nicht mit dem Austausch der Dampfsperre zusammenhängen.
84
Die vom gerichtlichen Sachverständigen vorgenommenen Massenkorrekturen wurden bei der Abrechnung gemäß Anlage K 8 beachtet bzw. unterschritten.
85
Insoweit besteht nach den obigen Ausführungen lediglich Veranlassung, den Rechnungsbetrag der Fa. M. von netto 5.302,10 Euro um 1.323,00 Euro (Pos. 13) und 390,00 Euro (Pos. 14) zu kürzen.
86
Daraus ergibt sich ein ersatzfähiger Nettobetrag von 3.589,10 Euro bzw. Bruttobetrag von 4.271,03 Euro.
87
Eine Kostenreduzierung der eingeklagten vorgerichtlichen Anwaltskosten war nicht veranlasst, da der Kläger diese entsprechend dem Ergebnis des ersten Sachverständigengutachtens nur aus einem Betrag von 2.450,00 Euro errechnet hat.
88
4.3. Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB verjähren gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB erst nach Ablauf von 3 Jahren beginnend ab dem Jahresende nach Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, die im vorliegenden Fall unstreitig erst im Mai 2010 erlangt wurde.
89
Selbst wenn man im Hinblick auf die deutlich sichtbar aus den Balken ragenden Schraubenspitzen eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers annehmen würde, wäre die Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens mit Schriftsatz vom 7.7.2010 noch rechtzeitig gewesen, auch wenn die Hemmungswirkung im Hinblick auf das angeordnete Ruhen des Verfahrens für einige Tage geendet haben sollte (§ 204 Abs. 2 BGB).
90
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V. mit § 26 Nr. 8 EGZPO.
91
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Entscheidung basiert auf der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung und den tatsächlichen Umständen des konkreten Falles.