Sonntag, 20. August 2017

AGB eines Stromlieferungsvertrages: Wirksamkeit des Sonderkündigungsrechts des Stromversorgers beim Umzug des Kunden; Gegenrechte des Kunden bei Lieferstörung

OLG Stuttgart Urteil vom 28.10.2010, 2 U 46/10

AGB eines Stromlieferungsvertrages: Wirksamkeit des Sonderkündigungsrechts des Stromversorgers beim Umzug des Kunden; Gegenrechte des Kunden bei Lieferstörung
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 27.04.2010 wird
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 6.000,00 EUR
Gründe
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, der Sache nach ohne Erfolg.
A
Zum einen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Kurz zusammenfassend und ergänzend:
Der Kläger wendet sich gegen die Verwendung zweier nachfolgend näher abgehandelter Klauseln aus den in jenem Zusammenhang dargestellten Gründen.
Die Klage blieb erfolglos.
Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Anliegen mit den gleichgerichteten Begründungen fort.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B
Die Klagebefugnis des Klägers, die von Amts wegen in jedem Verfahrensstadium zu prüfen ist (vgl. allg. BGH GRUR 2007, 610 [Tz. 14] - Sammelmitgliedschaft V), ist zu Recht von den Parteien nicht problematisiert worden. Denn der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 4 UKlaG (Liste lfd. Nr. 8 - Stand 07.09.2010).
C
1.
10 
Erste Klausel
11 
A ... 
1. ...
[2] Wenn Sie umziehen, können sowohl Sie, als auch die X., den Stromlieferungsvertrag jederzeit mit 2-wöchiger Frist zum Monatsende, frühestens jedoch zum Datum Ihres Auszugs, in Textform kündigen. Eine Übertragung des Stromlieferungsvertrags auf Ihre neue Abnahmestelle bedarf der Zustimmung der X..
a)
12 
Der Kläger greift die oben vollständig wiedergegebene Klausel, die sich in einem Sonderkundenvertrag befindet, nur im Umfang des nicht kursiv gedruckten Teils an.
13 
Er hält dafür, dass die Klausel gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 326 Abs. 1 und § 314 BGB verstoße. Der Sonderkunde erhalte bestimmte günstige Konditionen und vertraue darauf und dürfe darauf vertrauen, dass er sie bei einem Umzug, wenn die Belieferbarkeit in seiner neuen Wohnung weiterhin gewährleistet sei, behalte. Das auch gesetzlich nicht vorgesehene Sonderkündigungsrecht bei Umzug etwa nur ins Nachbarhaus stelle danach eine nachhaltige Verletzung der Vertragsinteressen des Sonderkunden dar, die auch nicht dadurch kompensiert werde, dass sich der Kunde selbst vom Vertrag lösen dürfe.
b)
14 
Das Landgericht schloss sich der Wertung der Beklagten an. Dem Kunden werde ein eigenes Kündigungsrecht eingeräumt, das ihm gesetzlich sonst nicht zustehe. Dieser Verbesserung der eigenen Rechtsposition stehe ein Kündigungsrecht der Beklagten gegenüber, welches auch eine innere Rechtfertigung besitze. Denn der neue Hausanschluss könne unter Umständen nicht mehr nutzbar sein. Das Verwendungsrisiko trage aber der Kunde, die Vertragsstörung im Zuge eines Umzuges komme aus seiner Sphäre. Da der Kunde überall einen Grundversorgungsanspruch besitze, sei er in der Sicherung dieses Elementes seiner Daseinsvorsorge (Stromversorgung) nicht nachhaltig beeinträchtigt.
c)
15 
Die Beklagte hält weiterhin u.a. daran fest, dass der Vertrag sich auf eine konkrete Lieferstelle beziehe und sich daraus technische (Anschlusstauglichkeit) wie kalkulatorische (Netznutzungsentgelte im jeweiligen Stromabsatzgebiet unterschiedlich) Folgen ergäben, auf welche die Beklagte angesichts einer vom Kunden gesetzten Änderung reagieren dürfe. Dieser werde durch ein eigenes Kündigungsrecht begünstigt wie auch dadurch, dass durch den regen Wettbewerb von Stromanbietern der Verbraucher am neuen Wohnort unschwer ähnliche oder gar günstigere Bezugsbedingungen antreffe.
d)
aa)
16 
§ 310 Abs. 2 BGB schließt nur die Inhaltskontrolle nach §§ 308 und 309 BGB aus. Die Überprüfung nach § 307 BGB bleibt eröffnet (vgl. auch BGH WM 2010, 1762 [Tz. 28 und 34]). Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Die Anwendung dieses Maßstabs setzt eine Ermittlung und Abwägung der wechselseitigen Interessen voraus. Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen des AGB-Verwenders gerechtfertigt ist (BGH WM 2010, 1237 [Tz. 18]). Die gebotene Feststellung, ob eine Klausel die Grenze eines angemessenen vertraglichen Interessenausgleichs im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB überschreitet, kann nicht schon ohne Berücksichtigung der Art des konkreten Vertrags, der typischen Interessen des Vertragsschließenden und der die jeweilige Klausel begleitenden Regelung getroffen werden (BGH NJW 2010, 2789 [Tz. 26]). Dabei ist die Klausel nicht isoliert, sondern unter Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts einschließlich der Individualbestandteile und des Zusammenwirkens dieser Klausel mit anderen, nicht angegriffenen Vertragsbestimmungen zu würdigen (BGH NJW 2010, 57 [Tz. 16]; Z 106, 259 [juris Tz. 17]). So können durch eine Klausel begründete Nachteile durch Vorteile anderer Vertragsbestimmungen ausgeglichen werden (BGHZ 153, 93 [juris Tz. 20]). Dies schließt ein, dass auch die Klausel selbst in ihrer Gesamtheit gesehen werden muss.
bb)
17 
Die Grundversorgung des Kunden (vgl. Art. 3 Abs. 3 S. 1 EltRL; § 36 EnWG und § 1 Abs. 1 StromGVV) steht nicht in Rede, da vorliegend ein Sondertarifvertrag mit - gerade auch preislichen - Sonderkonditionen betroffen ist. Gleichwohl kommt den Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden ebenso wie denjenigen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie für Sonderkundenverträge „Leitbildfunktion im weiteren Sinne“ zu, auch wenn sie dafür nicht unmittelbar gelten. Allerdings gilt dies nicht pauschal; vielmehr ist die Leitbildfunktion für jede einzelne in Rede stehende Bestimmung zu prüfen (BGH WM 2010, 1762 [Tz. 34]).
cc)
(1)
18 
Während der formularmäßige Ausschluss des Rechts auf außerordentliche Kündigung auf Bedenken stößt (BGH ZIP 1986, 920 [juris Tz. 12]; Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. [2010], § 314, 2; Coester in Staudinger, BGB, § 307 [2/2006], 531; Krebs in AnwK-BGB [2005], § 314, 50), gilt dies umgekehrt für die Statuierung von Vertragslösungsrechten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht. So soll ein bei einem Dauerschuldverhältnis mit Laufzeitklausel eingeführtes Sonderkündigungsrecht für nur eine Vertragspartei (nur) dann gegen § 307 BGB verstoßen, wenn die unterschiedlich lange Bindung als Folge des Sonderkündigungsrechts gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung verstößt, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, insbesondere gegen das Gebot der Waffengleichheit (Coester a.a.O. § 307, 531 i.V.m. 164; allg. zum Gesichtspunkt der Waffengleichheit insoweit BGH NJW-RR 1991, 35 [juris Tz. 11]).
(2)
19 
Dieser Wertungsansatz ist zudem in Anh 1 f zu Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 93/13/EWG (Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen), welche umgesetzt (vgl. Basedow in MünchKomm-BGB, 5. Aufl. [2007], Vor § 305, 26; Kieninger in MünchKomm a.a.O. § 308 Nr. 3, 3), jedenfalls nach dem Gebot richt-linienkonformer Auslegung zu beachten ist (Kieninger a.a.O. § 308 Nr. 3, 14; Becker in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. [2007], § 308 Nr. 3, 37; Wolf in Wolf/ Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl. [2009], RL Art. 1, 8 und 13), niedergelegt. Nach diesem als Hinweis dienenden Anhang können Klauseln für missbräuchlich erklärt werden, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass f [einseitige Kündigungsvorteile] es dem Gewerbetreibenden gestattet wird, nach freiem Ermessen den Vertrag zu kündigen, wenn das gleiche Recht nicht auch dem Verbraucher eingeräumt wird. Nicht beanstandet wird dagegen, wenn auch dem Verbraucher ein freies Lösungsrecht gewährt wird (Wolf a.a.O. RL Anh. Nr. 1 f, 84; Coester a.a.O. § 307, 165). Ein beiderseits freies Kündigungsrecht kann aber, auch wenn es nach Nr. 1 f nicht zu beanstanden ist, immer noch nach Art. 3 Abs. 1 missbräuchlich sein, so z.B. wenn sich der Verbraucher auf die eingegangene Bindung des Gewerbetreibenden verlassen können muss (Wolf a.a.O. 84).
(3)
20 
§ 308 Nr. 3, der - wie ausgeführt - bei diesen Vertragsverhältnissen grundsätzlich nicht zur Anwendung kommt, erklärt zwar eine Klausel für unwirksam, in der sich der Verwender das Recht vorbehält, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt jedoch nicht bei Dauerschuldverhältnissen (vgl. auch Grüneberg a.a.O. § 308, 19; Wolf a.a.O. RL Anh. Nr. 1 f, 89; vgl. ferner Dammann in Wolf a.a.O. § 308 Nr. 3, 3), wozu grundsätzlich auch Stromlieferungsverträge zählen (Kieninger in MünchKomm, a.a.O., § 308 Nr. 3, 13; H. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl. [2006], § 308 Nr. 3, 17; Becker in Bamberger/Roth a.a.O. § 308 Nr. 35, vgl. auch Coester-Waltjen in Staudinger a.a.O. § 308 Nr. 3 [2/2006], 29; Berger in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 3. Aufl. [2008], § 308, 28). In diesen Vertragsverhältnissen kann also vorgeschrieben werden, dass dem Verwender ohne besonderen Grund ein ordentliches oder aus bestimmtem Grund ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht (H. Schmidt a.a.O. 17; Becker a.a.O. 36; Roloff in Erman, BGB, 12. Aufl. [2008], § 308, 27; zurückhaltend eher: Coester-Waltjen a.a.O. 29; Kieninger a.a.O. § 308 Nr. 3, 14).
(4)
21 
§ 20 Abs. 1 StromGVV sieht vor:
22 
(1) Der Grundversorgungsvertrag kann mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. Bei einem Umzug ist der Kunde berechtigt, den Vertrag mit zweiwöchiger Frist auf das Ende eines Kalendermonats zu kündigen. Eine Kündigung durch den Grundversorger ist nur möglich, soweit eine Pflicht zur Grundversorgung nach § 36 Abs. 1 Satz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes nicht besteht.
23 
Das Recht der außerordentlichen Kündigung ist für die Grundversorgung insoweit geregelt. Auch hier ist es AGB-rechtlich - wiederum aus Leitbildgesichtspunkten - unbedenklich, eine entsprechende vertragliche Vereinbarung in Sonderkundenverträge zu übernehmen. Es ist andererseits aber nicht erforderlich, sich zwingend an diese Vorschrift anzulehnen (Schöne in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 2. Ordner, „Stromlieferverträge“ [4/2009], 155 m; vgl. allg. Hartmann in Danner/Theobald, Energierecht, Bd. 2, § 20 StromGVV, 8).
dd)
24 
Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so begegnet diese Klausel, bei der vorliegend - anders als vom Kläger vorgenommen - die Schau der vollständigen Ausgestaltung deren Regelungsinhalts geboten ist, keinen durchgreifenden Bedenken.
25 
Zum einen mag ein sofortiges Vertragslösungsrecht dem Verwender formularmäßig grundsätzlich eröffnet sein, wenn - wie hier geschehen - auch der Vertragsgegenseite das identische Recht eingeräumt wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie vorliegend dieses wechselseitige Instrumentarium nur an ein besonderes Ereignis geknüpft wird, welches auch geeignet ist, eine nachhaltige Störung des Vertragsgefüges auszulösen und das zudem dem einseitigen Willensentschluss des Vertragskunden entspringt. Auf diese Konstellation reagiert denn auch § 2 Abs. 1 S. 2 StromGVV, welche dem grundversorgten Verbraucher im Falle seines Umzugs ein Kündigungsrecht wie in der Klausel für ihn niedergelegt eröffnet. Zwar ist die Gewährung eines spiegelbildlichen Kündigungsrechts für den Energieversorger im Sonderkundenvertrag nicht zwingend, aber auch gemessen am Interesse der Kunden, sich auf die eingegangene Bindung des Gewerbetreibenden verlassen zu können, nicht verwehrt. Zum einen stammt das Störmoment für den Vertrag beim Umzug einzig aus der Sphäre des Kunden. Auch wenn sich darin sein Recht auf Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG) ausdrückt und der Umzug oft Folge oder gar Zwang im Rahmen der Ausübung der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) ist, so war der Sonderkundenvertrag auf seinen bisherigen Hausanschluss örtlich/technisch ausgerichtet und stand - wie die Beklagte unwidersprochen mehrfach vorgetragen hat - mit den örtlichen Rahmenbedingungen kalkulatorisch in untrennbarem Zusammenhang, da das Netznutzungsentgelt und damit ein wichtiger Kostenfaktor für den Energieversorger abhängig ist vom Ortsnetz, an welches der Sonderkunde jeweiligen angeschlossen ist. Danach gibt es beachtliche Interessen der Beklagten, sich ein korrespondierendes Vertragsloslösungsrecht formularmäßig festzuschreiben. Dies ergibt sich auch mittelbar aus § 20 Abs. 1 S. 3 StromGVV, dem eine gewisse Leitbildfunktion auch für den Sonderkundenvertrag zukommt. Denn dort wird ein gleichgerichtetes Kündigungsrecht des Grundversorgers vorausgesetzt, aber nur bejaht, wenn eine Pflicht zur Grundversorgung im konkreten Fall nicht besteht. Der Fall eines Sonderkundenvertrages ist aber gerade auch eine solche Fallgestaltung. Dies ist auch interessengerecht. Der Sonderkunde trägt ein einzig aus seiner Sphäre stammendes Störmoment in den Vertrag, wonach es gerechtfertigt erscheint, daran ein jeweiliges Kündigungsrecht zu knüpfen, zumal der Kunde nicht versorgungslos gestellt wird, sondern allemal an seinem neuen Wohnsitz durch das Grundversorgungsgebot nach § 36 Abs. 1 S. 2 EnWG geschützt ist, und ihm darüber hinaus die Möglichkeit offen steht, dort aus den bundesweiten Angeboten wiederum einen Sonderkundenvertrag abzuschließen. Ist ihm aber letztere Möglichkeit nach den örtlich-technischen oder kalkulatorischen Ansätzen solcher Stromanbieter versperrt, wird umso deutlicher, dass auch der Beklagten ein Recht eingeräumt sein muss, ihren Vertrag dorthin nacheilend nicht unverändert fortsetzen zu müssen.
26 
Diese komplexe Interessenlage rechtfertigt auch angesichts der gesetzlichen oder verordnungsrechtlichen Leitbilder, die Klausel nicht nur gelten zu lassen, wenn sich die Beklagte ihr Kündigungsrecht an die aufgezeigten Besonderheiten (örtlich-technische oder kalkulatorische Unzumutbarkeit) gebunden hat, sondern - wie hier geschehen - einzig an den Umstand des Umzugs ihres Sonderkunden.
2.
27 
Zweite Klausel
28 
A ... 
2. ...
[3] Die X. wird Ihren gesamten leitungsgebundenen Strombedarf im Rahmen des mit Ihnen geschlossenen Stromlieferungsvertrags decken und Ihnen im vertraglich vorgesehenen Umfang jederzeit Strom zur Verfügung stellen. Von dieser Pflicht ist die X. jedoch befreit,
a) soweit im Stromlieferungsvertrag eine zeitliche Beschränkung der Stromlieferung festgelegt ist,
b) soweit und solange der Netzbetreiber den Netzanschluss und die Nutzung des Anschlusses nach § 17 oder § 24 Absatz 1, 2 und 5 der Niederspannungsanschlussverordnung unterbrochen hat oder
c) soweit und solange die X. an der Erzeugung, dem Bezug oder der Lieferung des Stroms entweder durch höhere Gewalt oder durch sonstige Umstände, deren Beseitigung der X. nicht möglich ist oder wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann, gehindert ist. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit findet § 36 Absatz 1, Satz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes entsprechende Anwendung.
a)
29 
Der Kläger beanstandet zwar nicht die von ihm wieder gekürzte - vollständige, aber vom Kläger nicht herangezogene Passage kursiv wiedergegeben - Klausel an sich; er sieht aber einen Verstoß gegen das Transparenzgebot, da die Klausel im Zusammenhang mit der Lieferstörung bestehende Kundenrechte nicht zugleich anführe oder auf sie verweise und so diese verschleiere und den Eindruck erwecke, dieser Störtatbestand sei damit in jeder Hinsicht in seinen rechtlichen Konsequenzen vollständig beschrieben, dem Kunden stünden damit keine Rechte zu.
b)
30 
Das Landgericht wies auch insoweit die Klage ab und folgte der Wertung der Beklagten, wonach aufgrund der Aufteilung des Preises in Bezugs- und Grundpreis letzterer auch im Falle der Liefereinstellung von der Beklagten sehr wohl erhoben werden könne, da die technischen Einrichtungen weiterhin ungestört zur Verfügung stünden. Im Übrigen sei auch bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung, die aber fern liegende Deutungen nicht einschließe, für den Kunden zu erkennen, dass nur die Frage der Lieferpflichten der Beklagten bei diesen bezeichneten Störungen, nicht aber zugleich Gegenansprüche des Kunden geregelt, insbesondere ausgeschlossen seien.
c)
31 
Dies bekämpft die Berufung des Klägers mit den schon erstinstanzlich vertretenen Wertungen.
d)
aa)
32 
Da der Kläger die Klausel an sich nicht angreift, sie nur für zwingend ergänzungsbedürftig hält, ist über sie inhaltlich nicht zu befinden, ebenso wenig darüber, ob tatsächlich der Beklagten im Fall der Lieferstörung aus in ihrer Sphäre liegenden Umständen der Anspruch auf den Grundpreis erhalten bleibt, da sie die Einrichtungen selbst (etwa Zähler, Anschlüsse) weiterhin störungsfrei vorhalte. Denn dies betrifft die Frage der Art und des Schicksals von Gegenrechten des Kunden in ihren Einzelheiten in einem solchen Störfall. Verfahrensgegenstand sind aber nicht unzulängliche Einzelbelehrungen über damit zusammenhängende Kundenrechte. Sie sind es auch nicht mittelbar, indem jegliche Kundenrechte in einem solchen Fall verneint würden (Bezugskostenanteil entfällt unstreitig) und danach schon nichts fehle, worauf der Vollständigkeit halber hingewiesen werden müsste. Streitgegenstand ist sonach nur, ob das Weglassen von Gegenrechten des Kunden oder eines Hinweises auf sie in der Klausel selbst beanstandungswürdig ist.
bb)
33 
Dies ist im Ergebnis mit dem Landgericht zu verneinen.
(1)
34 
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gilt in Zusammenhang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Grundsatz der objektiven Auslegung. Danach sind diese ausgehend von den Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (BGH NJW 2008, 2495 [Tz. 19]). Nur wenn nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungs-methoden Zweifel verbleiben und mindestens zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar sind, kommt die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB, bei der im Verbandsprozess die kundenfeindlichste Auslegung zu Grunde zu legen ist, zur Anwendung (BGH a.a.O. [Tz. 20]). Eine Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot, wenn sie nicht klar und verständlich ist und die Kunden hierdurch entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 S. 1, 2 BGB). Ein solcher Verstoß liegt u.a. dann vor, wenn eine Formularbestimmung die Rechtslage unzutreffend darstellt und es dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in ihr getroffene Regelung abzuwehren (BGH ZNER 2010, 270 [Tz. 19]). Treu und Glauben verpflichten den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so deutlich erkennen lassen, wie dies nach den Umständen möglich und zumutbar ist. Die Anforderungen an die Transparenz richten sich hierbei auch danach, in welchem Maße die Regelung - für den Verwender erkennbar - den Erwartungen des Vertragspartners widerspricht. Abzustellen ist dabei nicht auf die Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Vertragspartners, sondern auf die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden (BGH WM 2010, 1237 [Tz. 25]; Z 183, 299 [Tz. 22]; WM 2008, 313 [Tz. 13]). Allerdings können Verweise auf im Einzelnen bezeichnete Gesetze oder Verordnungen genügen (BGH WM 2008, 313 [Tz. 14]) ebenso wie gesetzliche Definitionen (BGHZ a.a.O. [Tz. 25]).
(2)
35 
Nach der auch hier gebotenen Gesamtschau des Klauselwerkes kann ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nicht angenommen werden.
36 
Der Umstand, dass die beanstandete Klausel weitgehend angelehnt ist an die entsprechende Regelung in § 6 Abs. 2 StromGVV, besagt allenfalls etwas über die hinlänglich gelungene Aufklärung über die Rechtsfolgen für Belieferungspflichten der Beklagten, zwingend aber noch nichts über das Gebot der Belehrung über das damit zusammenhängende Gefüge von wechselseitigen Rechten und Pflichten bei den bezeichneten Vertragsstörungen und über deren richtige Umsetzung. Die vollständige Wiedergabe eines nach dem bezeichneten Verständnismaßstab verstehbaren Gesetzes oder einer Verordnung kann allerdings dem Transparenzgebot genügen. Die StromGVV regelt in textlich-räumlichem Zusammenhang mit § 6 Abs. 2 Gegenrechte des Grundversorgten ebenfalls nicht. Beachtung hat aber zu finden, dass § 2 Abs. 3 S. 2 StromGVV vorgibt: „Des Weiteren ist der Kunde ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass Ansprüche wegen Versorgungsstörungen im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 gegen den Netzbetreiber geltend gemacht werden können“. Dem ist die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter A 2. [5] in der auch sogleich drucktechnisch wiedergegebenen Gestaltung nachgekommen mit:
37 
[5] Hinweis der X. zur Haftung bei Versorgungsstörungen: Sie können im Falle einer Unterbrechung oder bei Unregelmäßigkeiten in der Stromversorgung Ihre Ansprüche gegenüber dem Netzbetreiber geltend machen, soweit es sich um Folgen einer Störung des Netzbetriebs einschließlich des Netzanschlusses handelt. Die X. wird Ihnen auf Wunsch unverzüglich über die mit der Schadensverursachung durch den Netzbetreiber zusammenhängenden Tatsachen insoweit Auskunft geben, als sie der X. bekannt sind oder in zumutbarer Weise von X. aufgeklärt werden können.
38 
Damit aber ist in unmittelbarem Zusammenhang mit den Rechtsfolgen einer Versorgungsstörung hinsichtlich der Belieferungspflicht der Beklagten auch ein Hinweis auf dadurch entstehende Gegenrechte des Kunden geschehen. Der Vorwurf, die Beklagte habe nur ihre Rechte dargestellt und damit die Rechtslage verschleiert, weshalb die Klausel am Transparenzgebot scheitere, verfängt damit nicht.
39 
Ob die Hinweise in Abs. 5 ausreichend und zutreffend sind, ist nicht zu entscheiden, da dies nicht Streitgegenstand ist.
3.
40 
Da somit kein Anspruch dem Grunde nach besteht, können auch die zudem geltend gemachten Abmahnkosten nicht zugesprochen werden.
II.
41 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
42 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat folgt anerkannten, aktuellen und jüngst auch höchstrichterlich gebilligten Rechtsgrundsätzen. Die Sachbehandlung erschöpft sich einzig in deren Umsetzung auf den vorliegenden Einzelfall.
43 
Der Senat folgt der Kammer auch in der Festsetzung des Gegenstandswertes (3.000,00 EUR je zur Überprüfung gestellter Klausel