Montag, 28. August 2017

Fremdenverkehrsbeitrag - Heranziehung des Verwalters einer Wohnungseigentumsanlage

OVG Lüneburg 9. Senat, Beschluss vom 18.10.2012, 9 LA 151/11
§ 9 Abs 2 S 1 KAG ND, § 27 Abs 2 WoEigG

Gründe

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Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, da der geltend gemachte Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt.
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Das Verwaltungsgericht hat die Heranziehung des Klägers zu Fremdenverkehrsbeiträgen für die Jahre 2009 (358,66 EUR) und 2010 (443,22 EUR) mit Beitragsbescheid der Beklagten vom 3. August 2010 als rechtmäßig angesehen, weil dem Kläger als Verwalter der Wohnungseigentumsanlage "Ferienpark B., Häuser C. - D. " mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile durch den Fremdenverkehr im Erhebungsgebiet geboten würden. Der Kläger biete dadurch, dass er im Auftrag der Eigentümergemeinschaft Ferienpark B. das zu den Häusern C. bis D. gehörende Gemeinschaftseigentum nach Maßgabe des Verwaltervertrages vom 1. Juli 2004 verwalte, Personen entgeltliche Leistungen an, die selbstständig (zumindest auch) Fremden entgeltliche Leistungen im Rahmen der für den Fremdenverkehr erfolgenden Bedarfsdeckung anböten. Die Ferienhäuser der Eigentümergemeinschaft lägen in einem Gebiet, das im Bebauungsplan Nr. E. "B. " als Sondergebiet/Kur ausgewiesen sei, wodurch nur eine wechselnde Belegung der Appartements zulässig sei. Die in einem Ferienpark stehenden Häuser würden dementsprechend im Rahmen des Fremdenverkehrs genutzt. Es sei ohne Bedeutung, dass der Kläger selbst keine Wohnungen vermiete, sondern nur das Gemeinschaftseigentum verwalte, denn dieses sei abhängig vom Wohnungseigentum und werde im Rahmen des Fremdenverkehrs genutzt. Ohne die Ferienwohnungen bzw. Ferienhäuser und deren Nutzung habe der Kläger auch keine Einnahmen als Verwalter des Gemeinschaftseigentums. Für die Beitragspflicht sei ohne Bedeutung, dass die Tätigkeit des Klägers sich auf die Aufgaben und Befugnisse nach § 27 WEG beschränke und die Bestellung eines Verwalters für Wohnungseigentumsanlagen gesetzlich vorgeschrieben sei. Daher sei der Kläger wie Steuerberater, Notare und Rechtsanwälte durch den Fremdenverkehr mittelbar bevorteilt.
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Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Soweit der Kläger geltend macht, seine Bestellung als Verwalter beruhe auf der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 20, 26 WEG und der Umfang seiner Pflichten sowie seine Vergütung hingen nicht davon ab, ob das zur Wohnungseigentumsanlage gehörende Sonder- und Teileigentum zu Fremdenverkehrszwecken genutzt werde, geht dies daran vorbei, dass er eine Wohnungseigentumsanlage verwaltet, die auf eine ausschließliche Nutzung als Ferienpark (Ferienhäuser und -wohnungen) ausgerichtet ist und seine Tätigkeit deshalb im Sinne der bisherigen Senatsrechtsprechung einen konkreten Bezug zum Fremdenverkehr aufweist, der die Heranziehung zu Fremdenverkehrsbeiträgen wegen mittelbarer besonderer wirtschaftlicher Vorteile rechtfertigt:
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Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 NKAG sind alle selbstständig tätigen Personen und Unternehmen beitragspflichtig, denen durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Die besonderen wirtschaftlichen Vorteile liegen regelmäßig in den gesteigerten Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten aus dem Fremdenverkehr. Diese Möglichkeiten haben in der Regel diejenigen selbstständig tätigen Personen und Unternehmen, bei denen eine nicht nur vereinzelte Verbindung mit dem Fremdenverkehr typisch oder nach der allgemeinen Lebenserfahrung offensichtlich ist. Nicht zu einer Beitragspflicht führen demgegenüber die besseren Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten, die sich daraus ergeben, dass der Fremdenverkehr die Wirtschaftskraft in einer Gemeinde allgemein anhebt und die Zahl der Einwohner steigen lässt. Nicht berücksichtigungsfähig sind daher die Gewinnchancen, die keinen konkreten Zusammenhang zum Fremdenverkehr aufweisen. Unmittelbar durch den Fremdenverkehr bevorteilt sind dabei nach der Rechtsprechung des Senats und der entsprechenden Regelung in    § 2 Abs. 2 Satz 1 der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Beklagten diejenigen Personen bzw. Unternehmen, die - anders als der Kläger - in direkter Verbindung mit den Fremden stehen, indem sie für diese gegen Entgelt Dienstleistungen erbringen oder an sie Waren verkaufen. Mittelbar bevorteilt sind diejenigen, deren Tätigkeit nach ihrer Art (nur) direkten Geschäftskontakt mit den Nutznießern unmittelbarer Vorteile im Rahmen der für den Fremdenverkehr notwendigen Bedarfsdeckung herstellt. Dazu zählen z.B. die Inhaber solcher Ladengeschäfte und Handwerksbetriebe, welche die unmittelbar am Fremdenverkehr verdienenden Personen oder Unternehmen beliefern (Großhändler, Getränkeniederlassungen, Gärtnereien), aber auch alle Freischaffenden, die gegenüber den unmittelbar Bevorteilten mit Rücksicht auf den Fremdenverkehr Dienstleistungen erbringen, wie etwa Steuerberater, Notare, Banken und Sparkassen oder Architekten (hierzu im Einzelnen das Senatsurteil vom 22.11.2010 - 9 LC 393/08 - OVGE MüLü 53, 466 m. w. Nw.). In diesem Sinne erbringt der Kläger als Verwalter des gemeinschaftlichen Eigentums an den Häusern C. bis D. des Ferienparks B. eine Leistung gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die jeweils einzeln durch die Nutzbarkeit ihres Sondereigentums als Ferienwohnung unmittelbar durch den Fremdenverkehr bevorteilt sind. Dadurch, dass das Sondereigentum in der Anlage ausschließlich aus Ferienwohnungen besteht, steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (welches gemäß § 1 Abs. 5 WEG aus dem Grundstück sowie den nicht im Sondereigentum stehenden Teilen, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes besteht) ebenfalls im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr. Denn die dem Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG u. a. obliegende ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums dient bei einer Ferienwohnanlage der Aufrechterhaltung der fremdenverkehrsbedingten Nutzung der Anlage insgesamt. Im Gegensatz zur Tätigkeit des Verwalters einer Wohnungseigentumsanlage, in der die im Sondereigentum stehenden Wohnungen sowie das Gebäude insgesamt ausschließlich zum dauerhaften Wohnen bestimmt sind und bei der deshalb ein Zusammenhang zum Fremdenverkehr fehlt, ist die Verwaltertätigkeit des Klägers ausschließlich fremdenverkehrsbedingt und bietet ihm auch ohne die selbstständige Vermietung oder Verwaltung der im Sondereigentum der einzelnen Wohnungseigentümer stehenden Wohnungen mittelbare Vorteile im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 2 NKAG i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 2 der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Beklagten. Ohne den Fremdenverkehr im Erhebungsgebiet bestünde kein Bedarf für die Errichtung einer Ferienhausanlage und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümer nach den Vorschriften des WEG, sodass ohne den Fremdenverkehr keine Grundlage für die Verdienstmöglichkeit des Klägers bestünde, auch wenn die Höhe seiner Vergütung nicht vom Umfang der Vermietung der einzelnen Ferienwohnungen abhängig ist. Insofern ist der mittelbare Vorteil des Klägers vergleichbar mit dem anderer Freischaffender, die gegenüber den unmittelbar Bevorteilten mit Rücksicht auf den Fremdenverkehr Dienstleistungen erbringen (wie etwa Steuerberater, Notare, Architekten, Banken oder Sparkassen; hierzu ebenfalls das Senatsurteil vom 22.11.2010 - 9 LC 393/08 - a. a. O. m. w Nw.).
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Dem kann der Kläger auch nicht erfolgreich entgegenhalten, dass seine Verwaltertätigkeit auch fortbestehen würde, wenn die einzelnen Wohnungseigentümer in der Wohnungseigentumsanlage die Nutzung und Vermietung als Ferienwohnungen vollständig einstellten und eine reine Wohnnutzung durch Dauermieter erfolgen würde. Es kann dahinstehen, ob in diesem Fall die Vorteilslage anders zu bewerten wäre. Denn unabhängig davon, ob eine Nutzung zum dauerhaften Wohnen im Ferienpark B. konkret möglich und zulässig wäre, hängt die Beantwortung der Frage, ob erzielte bzw. erzielbare Umsätze/Gewinne fremdenverkehrsbedingt sind oder sein würden, nach der Senatsrechtsprechung nicht davon ab, wie und von wem die Eigentumswohnungen im Ferienpark zu einem bestimmten Zeitpunkt genutzt werden, sondern ob sie objektiv geeignet wären, als Ferienwohnungen zu dienen (entsprechend zum Bau und zur Veräußerung von Wohnungen, die als Ferienwohnungen nutzbar sind: Senatsurteil vom 22.11.2010 - 9 LC 393/08 - a. a. O. m. w Nw.). Im Falle der Tätigkeit als Verwalter einer reinen Ferienwohnanlage ist der erzielte Umsatz aus der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nach den voranstehenden Ausführungen jedenfalls fremdenverkehrsbedingt.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich schließlich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, er sei deshalb nicht beitragspflichtig, weil er nach § 10 des Verwaltervertrages vom 1. Juli 2007 daran gehindert sei, weitere Hausverwaltungen bzw. eine direkte oder indirekte Makler- und Vermietungstätigkeit in der Eigentumsanlage vorzunehmen und ihm deshalb ebenso wenig mittelbare Vorteile durch den Fremdenverkehr geboten würden wie einem Bauträger, der nach dem Gegenstand seines Unternehmens gehindert sei, Ferienwohnungen zu schaffen (vgl. den Beschluss des Senats vom 21.06.2007 - 9 ME 177/06 - NdsVBl. 2007, 285). Die vom Senat in der angegebenen Entscheidung angestellte Erwägung, dass die Fremdenverkehrsbedingtheit von erzielten bzw. erzielbaren Erlösen eines Bauträgers durch die Erstellung und den Verkauf von Wohnungen anders zu beurteilen sein könne, wenn die bislang geschaffenen Wohnungen nicht geeignet wären, als Ferienwohnungen zu dienen, gibt für ein Fehlen von fremdenverkehrsbedingten (mittelbaren) Vorteilen für die Tätigkeit des Klägers als Verwalter einer Ferienwohnanlage nichts her. Denn der konkrete Bezug zum Fremdenverkehr folgt für die Verwaltertätigkeit des Klägers eben nicht aus der selbstständigen Vermietung oder Verwaltung einzelner Wohnungen im Ferienpark, sondern daraus, dass er das gemeinschaftliche Eigentum für eine Wohnungseigentümergemeinschaft verwaltet, welches mit all seinen Bestandteilen (Grundstück, Gebäude) ausschließlich auf die fremdenverkehrsbedingte Nutzung ausgerichtet ist.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig      (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).