Donnerstag, 17. August 2017

Fotovoltaikanlagen Auslegung des Tatbestandsmerkmals "auf demselben Grundstück";

Zusammenfassung mehrerer Fotovoltaikanlagen zum Zwecke der Ermittlung der Einspeisevergütung: Auslegung des Tatbestandsmerkmals "auf demselben Grundstück"; widerlegliche gesetzliche Vermutung als Rechtsfolge

Leitsatz

Zur Auslegung von § 19 Abs. 1 EEG 2009

a) Das in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 normierte Tatbestandsmerkmal bezieht sich ausschließlich auf objektiv festzustellende räumliche Gegebenheiten.

b) In § 19 Abs. 1 EEG 2009 ist als Rechtsfolge eine widerlegliche Rechtsvermutung angeordnet worden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27. Mai 2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.365,55 € nebst Zinsen in Höhe von jeweils acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus einem Teilbetrag in Höhe von 2.720,75 € seit dem 01.01.2011, aus weiteren 3.404,02 € seit dem 01.01.2012 und aus weiteren 3.240,78 € seit dem 01.01.2013 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die in der Gemarkung N. auf den Flurstücken 33/8, 33/16 und 33/7 belegenen und jeweils auf Gebäuden errichteten Fotovoltaikanlagen mit installierten Leistungen von 130 kWp, 115,34 kWp und 52,88 kWp vergütungsrechtlich nicht als eine Anlage i.S. des § 19 Abs. 1 EEG 2009 gelten.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A.
1
Die Prozessparteien streiten um die vergütungsrechtliche Behandlung von drei Fotovoltaik-Dachinstallationen unter dem Regime des EEG 2009.
2
Die Klägerin ist Muttergesellschaft und jeweils persönlich haftende Gesellschafterin der S 1 ... GmbH & Co. KG, der S 5 ... GmbH & Co. KG und der L. GmbH & Co. KG. Jede der drei genannten Tochtergesellschaften ist Betreiberin eines Fotovoltaik-Dachanlagenkomplexes. Die Gebäude, auf denen die Dachanlagenkomplexe errichtet wurden, befinden sich auf dem Betriebsgelände des Obstgutes K. in der Gemarkung N., welches im Eigentum des Inhabers W. K. steht und als Obstgut eine einheitliche postalische Anschrift, nämlich T. Straße 2z, S., hat. Die Klägerin mietete die Gebäudedächer für die Errichtung und den Betrieb von Fotovoltaikanlagen; das vorgenannte Nutzungsrecht wurde dinglich gesichert durch die Eintragung einer gemeinsamen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Klägerin (vgl. Grundbuch von S., Blatt 519, Abteilung II, lfd. Nr. 6).
3
Der Anlagenkomplex der S 1 ... GmbH & Co. KG mit einer installierten Leistung von 130 kWp (künftig: FVA 1) befindet sich auf dem Dach einer 1974 errichteten Lagerhalle, welche auf dem Flurstück 33/8 belegen ist. Der Anlagenkomplex der S 5 ... GmbH & Co. KG mit einer installierten Leistung von 115,34 kWp (künftig: FVA 2) ist auf dem Dach eines 1983 errichteten Verwaltungs- und Bürogebäudes, belegen auf dem Flurstück 33/16, installiert, der Anlagenkomplex der L. GmbH & Co. KG mit einer installierten Leistung von 52,88 kWp (künftig: FVA 3) auf dem Dach einer 1975 erbauten Lager- und Verkaufshalle, belegen auf dem Flurstück 33/7. Die genannten Flurstücke sind jeweils im Grundbuch von S., Blatt 519, eingetragen, und zwar die Flurstücke 33/8 mit 2.711 m2 und 33/7 mit 5.166 m2 gemeinsam neben weiteren, flächenmäßig kleineren Flurstücken unter lfd. Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses und das Flurstück 33/16 mit 2.387 m2 neben weiteren Flurstücken unter lfd. Nr. 2 des Bestandsverzeichnisses. Jeder der Dachanlagenkomplexe verfügt über eigene Wechselrichter und Anschlussleitungen; letztere werden vor dem Netzanschlusspunkt zusammengeführt. Vertragspartnerin des Netzanschluss- und Einspeisevertrages mit der Beklagten, der Betreiberin des vorgelagerten Stromverteilungsnetzes, ist die Klägerin. Die Anlagenkomplexe wurden zeitgleich von der U. Photovoltaik GmbH & Co. KG errichtet und von der R. Volks- und Raiffeisenbank e.G. finanziert; die verwendeten Module (Sharp, Nennleistung 235 W) und Wechselrichter (KACO) stammten jeweils vom selben Hersteller. Alle drei Dachanlagenkomplexe wurden jeweils am 26.01.2010 in Betrieb genommen. Wegen der Einzelheiten der Lage der Fotovoltaikanlagen wird ergänzend auf den Auszug aus der Liegenschaftskarte (Anlage K 5, GA Bl. 131) sowie auf die Luftbildaufnahmen vom Obstgut K. (Anlage B 4, Bl. 204) Bezug genommen.
4
Die Beklagte vergütete den in den drei Anlagenkomplexen erzeugten und in ihr Netz eingespeisten Strom nach den Vergütungssätzen des § 33 Abs. 1 EEG 2009, wobei sie ihrer Berechnung eine Zusammenfassung aller Anlagen nach § 19 Abs. 1 EEG 2009 zugrunde legte.
5
Die Klägerin begehrt eine Ermittlung und Zahlung der Vergütung des eingespeisten Stroms unter vergütungsrechtlich getrennter Betrachtung der drei Anlagenkomplexe.
6
Sie hat die Ansicht vertreten, dass sie als Inhaberin des Netzanschlusses und Vertragspartnerin des Einspeisevertrages klagebefugt sei; hilfsweise hat sie sich auf eine Abtretung etwaiger Ansprüche der drei Anlagenbetreiberinnen berufen. Sie ist der Meinung, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 nicht erfüllt seien. Jedes Flurstück sei als eigenständiges Grundstück zu bewerten, welches von den anderen Flurstücken durch eine Grenze, teilweise auch durch dazwischen befindliche andere Flurstücke getrennt sei. Die Zusammenfassung der Flurstücke 33/8 und 33/7 unter einer Nummer des Bestandsverzeichnisses sei im Jahre 2003 vom Eigentümer lediglich vorgenommen worden, um mehrere Wirtschaftsgebäude gemeinsam verkehrsfähig zu machen. Ein Zusammenhang mit der späteren Nutzung zu Zwecken der Energieerzeugung habe nicht bestanden. Die Errichtung und der Betrieb der drei Anlagenkomplexe sei auf den frei stehenden Gebäuden, wie sie vorgefunden und unverändert angemietet worden waren, erfolgt; es fehle an einer im Hinblick auf die Zwecke der Energieerzeugung ausgerichteten Parzellierung bzw. an einem technisch unnötigen Anlagensplitting und damit an einer Umgehung der vergütungsrelevanten Leistungsstufen, deren Verhinderung die o.g. Regelung dienen solle. Die Errichtung und der Betrieb von Solaranlagen auf Bestandsgebäuden und damit die Nutzung von bereits vorhandenen Dachflächen unter Inkaufnahme eines höheren Investitionsaufwands für die Herrichtung der Dächer entspreche den Zielen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Die Klägerin hat sich für ihre Rechtsauffassung insbesondere auch auf die Spruchpraxis der Clearingstelle EEG berufen.
7
Die Klägerin hat die Differenz zwischen dem Gesamtbetrag der fiktiven Vergütung des in den Jahren 2010, 2011 und 2012 jeweils in den streitgegenständlichen Fotovoltaikanlagen erzeugten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Stroms unter Zugrundelegung einer Vergütungsermittlung für jeden Anlagenkomplex gesondert und dem jeweils jährlich von der Beklagten gezahlten Betrag der Vergütung als Leistungsanspruch geltend gemacht; wegen der künftigen Vergütung hat sie die Feststellung begehrt, dass die drei selbständigen Anlagenkomplexe auch nicht zu Vergütungszwecken zusammenzufassen seien.
8
Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. In der Sache hat sie die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 ebenfalls - wie im Übrigen unstreitig die anderen Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 - erfüllt seien. Die FVA 1 und FVA 3 seien schon auf demselben Grundstück belegen, weil beide Flurstücke unter einer gemeinsamen Nummer des Bestandsverzeichnisses des Grundbuchs eingetragen seien. Das Flurstück, auf dem sich die FVA 2 befände, liege zwischen beiden vorgenannten Flurstücken und stelle eine Verbindung zwischen ihnen her. Der Abstand der Gebäude sei gering, die Gebäude selbst gehörten zu einer wirtschaftlichen Einheit. Dies sowie weitere Umstände, wie die gemeinsame Infrastruktur, die gesellschaftsrechtliche Verknüpfung der Anlagenbetreiberinnen, die Identität der Errichter und Finanzierer der Anlagenkomplexe sowie der Hersteller der wesentlichen Anlagenteile, lasse bei wertender Betrachtung auf eine unmittelbare räumliche Nähe i.S. der Vorschrift schließen.
9
Gegen die Höhe des Leistungsanspruchs der Klägerin hat die Beklagte keine gesonderten Einwendungen erhoben.
10
Das Landgericht hat mit seinem 27.05.2014 verkündeten Urteil die Klage als unbegründet abgewiesen. Es ist zwar von der Aktivlegitimation der Klägerin aus eigenem Recht ausgegangen, hat aber die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009, insbesondere auch diejenige nach Nr. 1 dieser Vorschrift, als erfüllt angesehen, so dass die Vorgehensweise der Beklagten bei der Vergütungsberechnung gerechtfertigt sei. Das Landgericht hat offen gelassen, ob sich die FVA 1 und FVA 3 auf demselben Grundstück befänden, jedenfalls befänden sich alle drei Anlagenkomplexe in unmittelbarer räumlicher Nähe. Alle drei Flurstücke wirkten auf den Lichtbildern wie ein einheitliches Grundstück; ihre jeweiligen Betreiberinnen seien über die Muttergesellschaft miteinander vernetzt. Die Feststellung einer subjektiven Missbrauchsabsicht sei demgegenüber nicht erforderlich.
11
Die Klägerin hat gegen das ihr am 05.06.2014 zugestellte Urteil mit einem am 02.07.2014 vorab per Fax beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel auch innerhalb der ihr bis zum 05.09.2014 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
12
Sie wiederholt und vertieft ihre in erster Instanz vertretene Rechtsansicht und meint, dass das Landgericht die Anforderungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 fehlerhaft bestimmt und angewandt habe.
13
Die Klägerin beantragt,
14
unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung
15
die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.365,55 € nebst Zinsen in Höhe von jeweils acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus einem Teilbetrag in Höhe von 2.720,75 € seit dem 01.01.2011, aus weiteren 3.404,02 € seit dem 01.01.2012 und aus weiteren 3.240,78 € seit dem 01.01.2013 zu zahlen,
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festzustellen, dass die in der Gemarkung N. auf den Flurstücken 33/8, 33/16 und 33/7 belegenen und jeweils auf Gebäuden errichteten Fotovoltaikanlagen mit installierten Leistungen von 130 kWp, 115,34 kWp und 52,88 kWp vergütungsrechtlich nicht als eine Anlage i.S. des § 19 Abs. 1 EEG 2009 gelten.
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Die Beklagte beantragt,
18
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
19
Sie verteidigt im Wesentlichen das angefochtene Urteil.
20
Der Senat hat am 03.12.2014 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls von diesem Tage Bezug genommen. Der Senat hat im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage darauf hingewiesen, dass eine Auslegung des § 19 Abs. 1 EEG 2009 dahin in Betracht komme, dass die Norm eine widerlegliche Vermutung konstituiere. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, dass die Fiktion in § 19 Abs. 1 EEG 2009 lediglich eine rechtstechnisch notwendige Konstruktion sei, um eine abweichende vergütungsrechtlichen Behandlung von Anlagenkomplexen ohne Beeinträchtigung des in § 3 Nr. 1 EEG 2009 legal definierten Anlagenbegriffs zu ermöglichen; keinesfalls habe sie als Einfallstor für Einzelfallerwägungen dienen sollen. Sie hat weiter auf die möglichen Konsequenzen der Annahme einer widerleglichen Vermutung im Hinblick auf die Belastungen der Netzbetreiber mit Einzelfallprüfungen hingewiesen. Im konkreten Fall fehle es an der sachlichen Rechtfertigung einer Besserbehandlung der Klägerin gegenüber einem Anlagenbetreiber, der ein größeres Dach anmiete, um alle Fotovoltaikmodule auf einem Dach zu installieren und zu betreiben.
B.
21
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
22
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 EEG 2009 eine vergütungsrechtliche Zusammenfassung der drei Anlagenkomplexe nicht gerechtfertigt.
23
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere besitzt die Klägerin auch das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für den auf Anregung des Senats neu formulierten, inhaltlich unveränderten Feststellungsantrag.
24
II. Die Klägerin ist kraft eigenen Rechts befugt, die begehrten Ansprüche geltend zu machen. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden und von der Beklagten nicht mehr angegriffenen Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (LGU S. 4) Bezug.
25
III. Zu einer Zusammenfassung der drei Anlagenkomplexe FVA 1, FVA 2 und FVA 3 zu Vergütungszwecken im Sinne von § 19 Abs. 1 EEG 2009 ist die Beklagte nicht berechtigt.
26
1. Die Prozessparteien gehen übereinstimmend und zutreffend davon aus, dass auf die streitgegenständlichen Fotovoltaikanlagen nach § 100 Abs. 1 EEG 2014 in der ab dem 01.08.2014 geltenden Fassung i.V.m. § 66 Abs. 1 und 18 EEG 2012 in vergütungsrechtlicher Hinsicht die Vorschriften des EEG 2009 anzuwenden sind.
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2. Es steht außer Streit, dass alle drei Anlagenkomplexe den Strom aus solarer Strahlungsenergie und damit aus der gleichen erneuerbaren Energie erzeugen (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2009), dass die Vergütung des dort erzeugten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Stroms nach §§ 18, 33 Abs. 1 EEG 2009 in Abhängigkeit von bestimmten Stufen der installierten Maximalleistung der Anlage zu ermitteln (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 3 EEG 2009) und dass alle drei Anlagenkomplexe gleichzeitig und damit innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb gesetzt worden sind (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 4 EEG 2009). Da jedes einzelne Fotovoltaikmodul eine Anlage i.S. von § 3 Nr. 1 EEG 2009 darstellt, sind die Anlagen jeweils eines Anlagenkomplexes, d.h. jeweils einer Dachinstallation, nach § 19 Abs. 1 EEG 2009 vergütungsrechtlich zusammenzufassen.
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3. Mit der Vorschrift des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 wird die Zusammenfassung mehrerer Anlagen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der Ermittlung der Vergütung als eine Anlage davon abhängig gemacht, dass sich die Anlagen „auf demselben Grundstück“ oder „sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe“ befinden. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
29
a) Die Eigentums- und die Betreiberverhältnisse an den betreffenden Anlagenkomplexen spielen nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Norm für die vergütungsrechtliche Anlagenzusammenfassung keine Rolle. Ob dieses Tatbestandsmerkmal einer verfassungskonformen Auslegung im Sinne einer teleologischen Reduktion bedarf, wie z.T. im Schrifttum diskutiert wird (vgl. nur Ekardt/Hennig in: Frenz/Müggenborg, EEG, 3. Aufl. 2013, § 19 Rn. 9 m.w.N.; vgl. aber auch BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse jeweils v. 03.04.2009, 1 BvR 3299/08 und 3369/08 - zitiert nach juris, sowie § 66 Abs. 1a EEG 2009), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls ist im vorliegenden Fall von gleichgerichteten wirtschaftlichen Interessen der drei Anlagenbetreiberinnen auszugehen, was sich aus der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit miteinander und mit der Klägerin, aus ihrem einheitlichen Errichtungs- und Betriebskonzept sowie aus der Bündelung der Einspeisung in das Netz der Beklagten und der Vertragspartnerschaft der Klägerin mit der Beklagten ergibt.
30
b) Nach dem Wortlaut von § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 wird allein auf räumliche Gegebenheiten abgestellt, und zwar auf die Lage bzw. die räumliche Entfernung der Standorte der betroffenen Anlagen bzw. Anlagenkomplexe.
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aa) Gemessen am Wortlaut befinden sich die Anlagenkomplexe FVA 1 und FVA 3 auf demselben Grundstück.
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(1) Der Begriff des Grundstücks i.S. der ersten Alternative der Vorschrift ist zwar im Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht legaldefiniert, sondern wird darin vorausgesetzt. Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass unter einem Grundstück grundsätzlich im bürgerlich-rechtlichen Sinne ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche zu verstehen ist, der katastermäßig vermessen und bezeichnet ist sowie im Grundbuch auf einem gesonderten Grundbuchblatt oder mit einer besonderen Nummer des Bestandsverzeichnisses eines gemeinschaftlichen Grundbuchblatts geführt wird (vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 16.05.2013, 2 U 129/12 „Biogaspark“, ree 2013, 172 - in juris Tz. 30; ebenso: Oschmann in: Altrock/Oschmann/ Theobald, EEG, 4. Aufl. 2013, § 19 Rn. 32; Salje, EEG, 6. Aufl. 2012, § 19 Rn. 10; Ekardt/Hennig, a.a.O., § 19 Rn. 12).
33
(2) Die beiden o.g. Anlagenkomplexe befinden sich zwar auf verschiedenen Flurstücken. Die Klägerin verweist auch zutreffend darauf, dass die beiden Flurstücke nicht über eine gemeinsame Grenze verfügen und durch die dazwischen befindlichen Flurstücke 33/16 und 33/9 getrennt sind. Die Flurstücke sind aber unter einer Nummer des Bestandsverzeichnisses eines gemeinschaftlichen Grundbuchs zusammengefasst. Sie bilden damit grundbuchrechtlich ein Grundstück, gemeinsam mit zwei weiteren, flächenmäßig kleinen Flurstücken (§§ 3 Abs. 4 bis 6 sowie 4 Abs. 1 GBO). Der Anlass ihrer Zusammenfassung ist für diese Feststellung grundsätzlich, so auch hier, nicht maßgeblich, denn die Zusammenfassung beruhte jedenfalls auf einer freien Entscheidung des Grundstückseigentümers.
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(3) Es kann hier offen bleiben, ob bei flächenmäßig besonders großen Grundstücken u.U. in eng umgrenzten Ausnahmefällen eine Reduzierung auf einen sog. wirtschaftlichen Grundstücksbegriff vorzunehmen ist, also auf einen Grundstücksteil, welcher als wirtschaftliche Einheit eindeutig abgrenzbar zu anderen Grundstücksteilen mit einer separaten wirtschaftlichen Funktion ist (so Clearingstelle EEG, Empfehlung v. 14.04.2009, 2008/49, S. 38 ff.; Votum v. 30.11.2011, 2011/19, S. 16 ff.). Das streitgegenständliche, unter lfd. Nr. 1 des
Bestandsverzeichnisses des Grundbuchblatts 519 registrierte Grundstück weist insgesamt nur eine Fläche von unter 9.000 m2 auf und bildet zudem als Bestandteil des Betriebshofs eines Obstgutes mit verschiedenen gleichartigen Wirtschaftsgebäuden auch eine wirtschaftliche Einheit, so dass ein solcher Ausnahmefall jedenfalls nicht vorläge. Nach der vom erkennenden Senat vertretenen Gesetzesauslegung besteht allerdings auch kein Bedürfnis für die Anerkennung derartiger Ausnahmefälle.
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bb) Der Anlagenkomplex FVA 2 befindet sich nach den vorgenannten rein räumlichen Maßstäben zwar nicht auf demselben Grundstück, denn das Flurstück ist unter einer gesonderten Nummer des Bestandsverzeichnisses des Grundbuchblattes 519 des Grundbuchs von S. eingetragen; es befindet sich aber in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den Standorten der FVA 1 und FVA 3.
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(1) Die Standorte der Anlagenkomplexe FVA 1 und FVA 3 liegen - jeweils aus der Sicht der FVA 2 betrachtet - in unmittelbarer Nachbarschaft; der Abstand der FVA 1 zur FVA 2 einerseits und die Entfernung der FVA 3 zur FVA 2 andererseits betragen in der Luftlinie stets nur wenige Meter, wie sich insbesondere auch aus der in Bezug genommenen Luftbildaufnahme ergibt. Betrachtet man die Standorte aller drei Anlagenkomplexe, so bilden die nahezu parallel jeweils nach Süden ausgerichteten Dachinstallationen in der Reihenfolge FVA 3 - FVA 2 - FVA 1 eine dicht zusammen liegende, stringartige Konstruktion.
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(2) Soweit in der amtlichen Gesetzesbegründung zu § 19 EEG 2009 (vgl. BT-Drs. 16/8148, S. 50 f.) als Indizien für das Vorliegen einer unmittelbaren räumlichen Nähe im Sinne der zweiten Alternative des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 auch baulich-technische Verbindungen zwischen den Anlagen angesehen werden und sich insbesondere die Beklagte hierauf bezogen hat, stehen diese Erwägungen nicht im Einklang mit dem Gesetzestext (auch ablehnend: Salje, a.a.O., § 19 Rn. 10 bis 12; kritisch: Oschmann, a.a.O., § 19 Rn. 36 f.). Der Gesetzgeber hat diese Indizien dem nach dem EEG 2004 geltenden Anlagebegriff entnommen, von welchem er selbst in § 3 Nr. 1 EEG 2009 Abstand genommen hat. Der Zweck der systematischen Neuordnung durch einen klar abgrenzbaren, eher kleinteiligen Anlage-begriff und eine allein zu Vergütungszwecken angeordnete fiktive Anlagenzusammenfassung bestand gerade darin, die mit dem baulich-technischen Anlagebegriff verbundenen Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und durch klare, an eindeutigen objektiven Maßstäben ausgerichtete Regelungen zu ersetzen. Ein Rückgriff auf die zuvor abgeschaffte Regelung ist dem Gesetzestext selbst - anders als der amtlichen Begründung - nicht zu entnehmen, im Gegenteil: Die Norm des § 19 EEG 2009 stellt allein auf räumliche und zeitliche Gegebenheiten ab (so auch Brandenburgisches OLG, Urteile jeweils v. 22.02.2011, 6 U 39/10, ree 2011, 90 - in juris Tz. 29 bis 32, und 6 U 70/10).
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(3) Gleiches gilt für die in der amtlichen Gesetzesbegründung vorgenommene Einschränkung, wonach solche Fälle vom räumlichen Zusammenhang nicht erfasst würden, in denen auf Häusern benachbarter Grundstücke Fotovoltaikanlagen angebracht werden, da insoweit eine Nähe zwangsläufig aus der Siedlungsstruktur und der Fotovoltaiktechnik folge. Hierauf hat sich die Klägerin berufen. Auch insoweit fehlt es in der Umsetzung des gesetzgeberischen Willens an einem äußeren Anhaltspunkt im Normtext des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009.
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3. Die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 19 Abs. 1 EEG 2009 führt jedoch nicht in zwingender Rechtsfolge zu einer Zusammenfassung der Anlagen bzw. Anlagenkomplexe zu einer vergütungsrechtlich einheitlichen Anlage. Als Rechtsfolge ist eine gesetzliche Vermutung angeordnet, welche nach dem insbesondere auch aus der bereits angeführten Gesetzesbegründung erkennbaren gesetzgeberischen Willen und dem Sinn und Zweck der Vorschrift eine vom Anlagenbetreiber zu widerlegende Rechtsvermutung ist. Der Klägerin ist hier die Widerlegung eines rechtsmissbräuchlichen Anlagensplittings gelungen.
40
a) aa) Allerdings verweist die Beklagte zutreffend darauf, dass der Gesetzgeber die Formulierung „gilt“ bzw. „gelten“ meistens gebraucht, um eine gesetzliche Fiktion auszudrücken (vgl. z. Bsp. § 92 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 BGB, § 812 Abs. 2 BGB, § 3 Nr. 1 S. 2 EEG 2009); die Fiktion ordnet - in der Regel unwiderleglich - eine rechtliche Gleichsetzung an, welche entweder der Lebenswirklichkeit nicht entspricht oder aber der ohne die Fiktion geltenden Rechtslage mit Sicherheit widersprechen würde (vgl. nur Prütting in: MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 292 ZPO Rn. 8; Leipold in: Stein-Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 292 Rn. 6). Dieser letztgenannte Umstand ist hier erfüllt: Nach dem Anlagebegriff in § 3 Nr. 1 EEG 2009 ist jedes Fotovoltaikmodul als eigenständige EEG-Anlage anzusehen, ohne dass es hierfür auf die in § 19 Abs. 1 EEG 2009 aufgeführten zeitlichen und räumlichen Zusammenhänge zu anderen Fotovoltaikmodulen ankäme. Für das Vergütungsrecht wird im Ergebnis ein eigenständiger Anlagebegriff geschaffen.
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bb) Der Wortlaut ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht eindeutig in dem Sinne, dass er jeder anderen Auslegung entgegen steht. Denn der Gesetzgeber hat die Begriffe „gilt“ bzw. „gelten“ auch in anderer Weise verwendet, so neben der Bedeutung als Anordnung des sachlichen, zeitlichen oder persönlichen Anwendungsbereiches von Vorschriften auch für Legaldefinitionen (z. Bsp. § 252 S. 2 BGB, § 506 Abs. 2 BGB, § 950 Abs. 1 S. 2 BGB, § 1505 BGB, § 18 Abs. 2 EEG 2009), für die Aufzählung von Katalogbeispielen (z. Bsp. Anlage 2 zum EEG 2009, Gliederungspunkte III und IV, sowie Anlage 3 zum EEG 2009, Gliederungspunkte III und IV), für die Beschreibung des zeitlichen Wirkungseintritts (z. Bsp. § 50 Abs. 1 S. 4 BGB, § 110 BGB, § 132 Abs. 1 S. 1 BGB, § 1259 S. 2 BGB, § 1559 S. 2 BGB), für die Beschreibung alternativer Tatbestandsmerkmale (z. Bsp. § 9 BGB, § 177 Abs. 2 S. 2 BGB, § 516 Abs. 2 BGB, § 1256 Abs. 2 BGB, § 1366 Abs. 3 S. 2 u. S. 3 BGB) oder auch für die Anordnung bloßer tatsächlicher Vermutungen, also von Tatsachenannahmen, für die eine hohe Wahrscheinlichkeit spricht (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB im Umkehrschluss, § 81 S. 1 AsylVfG, § 5 Abs. 1 S. 2 EEG 2009, §§ 24 Abs. 2, 25 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 EEG 2009, § 42 Nr. 2 EEG 2009). Der Gesetzgeber hat im Ausnahmefall sogar widerlegliche Fiktionen angeordnet (z. Bsp. § 41 Abs. 2 BVwVfG - dort allerdings ausdrücklich gekennzeichnet durch die Wendung „das gilt nicht, wenn …“; § 885 Abs. 1 S. 2 ZPO, § 12 Abs. 2 UWG, § 59 Abs. 2 EEG 2009 - bei denen die Rechtsprechung von der Widerleglichkeit der fingierten Dringlichkeit ausgeht; § 349 Abs. 3 S. 2 LAG - vgl. BVerwG, Urteil v. 30.04.2009, 3 C 21/08, LKV 2009, 317). Unter Berücksichtigung dieser Vorgehensweise kommt es auch in Betracht, dass hier in § 19 Abs. 1 EEG 2009 lediglich eine rechtliche Vermutung angeordnet werden soll, für welche - in entsprechender Anwendung des § 292 ZPO (vgl. Prütting, a.a.O., Rn. 5; Leipold, a.a.O., Rn. 10) - die Unwiderleglichkeit im Wortlaut des Gesetzes nicht derart zwingend verankert ist, dass eine andere Auslegung abgeschnitten wäre. Im Gesetzeswortlaut findet sich der Begriff „unwiderleglich“ nicht. Grundsätzlich wird man bei einer rechtlichen Vermutung eine Unwiderleglichkeit nur bei klarer gesetzlicher Anordnung annehmen dürfen.
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b) In systematischer Hinsicht konkretisiert § 19 EEG 2009 die Vorschriften des § 18 EEG 2009 und hier des § 33 Abs. 1 EEG 2009, wonach die Höhe der Vergütung für Strom aus Fotovoltaikanlagen auf oder an Gebäuden in Abhängigkeit von der installierten Leistung der jeweiligen Anlage erfolgt, und er wird vom nachfolgenden § 20 EEG 2009, welcher eine Degression der Vergütung pro Anlage anordnet, vorausgesetzt. Bereits aus der systematischen Stellung des § 19 EEG 2009 ergibt sich die ihm zugedachte Funktion, eine Umgehung der Leistungsschwellen durch eine aus vergütungsrechtlicher Sicht künstliche Anlagenaufteilung zu unterbinden. Dieser Stellung in der gesetzlichen Regelung und der hieraus abzuleitenden Funktion vermögen sowohl eine widerlegliche gesetzliche Rechtsvermutung als auch eine gesetzliche Fiktion gerecht zu werden.
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c) Maßgeblich für die Auslegung der angeordneten Rechtsfolge in § 19 Abs. 1 EEG 2009 als eine widerlegliche Rechtsvermutung sind der Zweck der Regelung und die aus den Gesetzesmaterialien eindeutig erkennbare Intension des Gesetzgebers.
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aa) Der Gesetzgeber hat den Gesetzeszweck in der amtlichen Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck gebracht:
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„Die Vorschrift … dient insbesondere dazu, die dem Gesetzeszweck widersprechende Umgehung der für die Vergütungshöhe geltenden Leistungsschwellen durch Aufteilung in kleinere Einheiten zu verhindern. Das sog. Anlagensplitting stellt insbesondere ein Problem im Bereich der Stromerzeugung aus Biomasse dar. Dabei werden anstelle einer oder mehrerer großer Anlagen eine Vielzahl kleiner Anlagen errichtet, um die höheren Vergütungen und Boni der unteren Leistungsklassen zu erhalten. … Da auf diese Weise volkswirtschaftlich unsinnige Kosten hervorgerufen würden, die im Ergebnis von den Stromverbrauchern zu tragen wären, hat er … <es folgen Ausführungen zur Rechtslage nach dem EEG 2004>. … Es ist aber auch dann von einer rechtsmissbräuchlichen und damit rechtswidrigen Umgehung der Leistungsklassen auszugehen, wenn zwar keine gemeinsamen für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen vorliegen oder die Module nicht mit baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind, aber ein vernünftiger Anlagenbetreiber, der die gesamtwirtschaftlichen Folgekosten bedenkt, statt vieler kleiner Module mehrere größere Module oder eine einzige Anlage errichtet hätte. …“ (vgl. BT-Drs. 16/8148, S. 50).
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Danach soll die Vorschrift (nur) dem Rechtsmissbrauch entgegen wirken, nämlich der insbesondere im Bereich der Biomasseanlagen besorgten künstlichen Anlagenaufteilung und damit verbunden der Auslösung von vergütungsrechtlichen Fehlanreizen. Die Begrenzung der Tatbestandsmerkmale auf bloße räumliche und zeitliche Umstände soll die Regelung praktikabel (siehe Abschnitt B. III. 2. c) dieser Gründe) und einfach handhabbar machen. Zugleich hat bereits der Gesetzgeber erkannt, dass mit der von ihm vorgenommenen tatbestandlichen Ausgestaltung der Norm als typisierender Annahme in einer Vielzahl von Einzelfällen kein sachgerechtes Ergebnis erreicht wird, wie sich aus den von ihm aufgeführten Indizien für bzw. gegen eine Zusammenfassung mehrerer Anlagen zu einer vergütungsrechtlich einheitlich zu behandelnden Anlage ergibt (vgl. BT-Drs. 16/8148, S. 51 linke Spalte).
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bb) Ein Übermaß in den rechtlichen Auswirkungen einer lediglich der Verhinderung von Rechtsmissbrauch dienenden Vorschrift kann durch die Annahme der Ausgestaltung als widerlegliche Rechtsvermutung begegnet werden. Durch diese Auslegung wird ein vom Gesetzgeber nicht gewollter und in der Praxis auch nicht akzeptierter Automatismus vermieden (vgl. Spruchpraxis der Clearingstelle EEG, u.a. Empfehlung v. 14.04.2009, Nr. 2008/49, Votum v. 30.11.2011, Nr. 2011/19, oder zuletzt Votum v. 22.08.2014, Nr. 2014/10; vgl. Oschmann, a.a.O., § 19 Rn. 41; Ekardt/ Hennig, a.a.O., § 19 Rn. 16; kritischer Salje, a.a.O., § 19 Rn. 12). Dem betroffenen Anlagenbetreiber wird die Möglichkeit eingeräumt, die Besonderheiten seines Einzelfalls geltend zu machen. Die Annahme einer Widerleglichkeit der gesetzlichen Vermutung des § 19 Abs. 1 EEG 2009 beeinträchtigt die ebenfalls angestrebte Praktikabilität der Regelung weniger als ein einschränkend auszulegendes Tatbestandsmerkmal. Denn bei einer widerleglichen Vermutung ist es Sache des Anlagenbetreibers, dem Netzbetreiber gegenüber nachzuweisen, dass die in seiner Einflusssphäre liegenden Umstände der Errichtung und des Betriebs der Anlagen objektiv keinen Rechtsmissbrauch darstellen; ihm obliegt die Darlegungs- und Beweislast. Sie beseitigt die vom Gesetzgeber angestrebte Objektivierung der vergütungsrechtlichen Grundlagen nicht. Der Prüfungsaufwand der Netzbetreiber ist wegen der aus der Widerleglichkeit resultierenden Nachweispflicht der Anlagenbetreiber geringer als bei der Annahme eines Beurteilungsspielraums bei der Feststellung des Tatbestandsmerkmals in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009, welches nach seinem Wortlaut lediglich auf einen räumlichen Zusammenhang abstellt und bei dem der Netzbetreiber die zu prüfenden Indizien selbst zu ermitteln hat.
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d) Nach diesen Maßstäben ist der Klägerin die Widerlegung der Vermutung eines rechtsmissbräuchlichen Anlagensplittings gelungen.
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aa) Entscheidend ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls davon auszugehen ist, ob ein vernünftiger, die gesamtwirtschaftlichen Folgekosten bedenkender Anlagenbetreiber am fraglichen Standort und in der konkreten räumlichen Konstellation statt vieler kleiner Anlagen bzw. Anlagenkomplexe eine große Anlage errichtet hätte (so auch Ekardt/ Hennig, a.a.O., § 19 Rn. 18 in anderem Zusammenhang). Das ist hier nicht der Fall.
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bb) Die Tochtergesellschaften der Klägerin haben zwar ihre Anlagenkomplexe FVA 1, FVA 2 und FVA 3 mit einem identischen Projektierer und Errichter gebaut, sie haben einen gemeinsamen Einkauf der technischen Ausrüstung vorgenommen und eine einheitliche Finanzierung genutzt. Dass hieraus eine Ertragsoptimierung durch Verringerung der Investitionskosten resultierte, ist insbesondere angesichts der (geringen) Dimension aller drei Anlagenkomplexe nicht ersichtlich. Auch die in § 33 Abs. 1 EEG 2009 angeordneten Leistungsschwellen (Nr. 2: bis einschließlich 100 kWp, Nr. 3: bis 1 MWp) sprechen dafür, dass aus Sicht des Gesetzgebers für Anlagen bzw. Anlagenkomplexe zwischen diesen beiden Schwellenwerten keine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt ist; die Anlagenkomplexe FVA 1 und FVA 2 überschreiten die Untergrenze bereits bei isolierter Betrachtung. Es ist zwar davon auszugehen, dass das homogene Nutzungskonzept der drei Anlagenbetreiberinnen und der - hier unterstellte - Einsatz gemeinsamen Personals zu einer Reduzierung der Betriebskosten führen. Im Rahmen der Anwendung des § 19 EEG 2009 spielen jedoch die Eigentums- und Betreiberverhältnisse keine Rolle.
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cc) Dem gegenüber wären selbst dann, wenn zur Errichtung und zum Betrieb aller streitgegenständlichen Fotovoltaikanlagen nur eine Anlagenbetreiberin tätig geworden wäre, keine geringeren gesamtwirtschaftlichen Folgekosten zu erwarten gewesen. Denn die Ausgestaltung der Errichtung und des Betriebs dieser Anlagen konnte den Umstand nicht beseitigen, dass die Fotovoltaikanlagen auf Dächer von drei jeweils frei stehenden Gebäuden verteilt werden mussten und deswegen jeweils eine individuelle Planung der Anlagenkomplexe, eine separate Dachinstallation, weitgehend separate Anschlussleitungen und separat einzusetzende Wechselrichter erforderlich waren. Die Dachinstallationen erfolgten auf Bestandsgebäuden, die jeweils nach Süden ausgerichteten Dachflächen dieser Gebäude sind vollständig belegt worden. Die Errichtung eines größeren einheitlichen Anlagenkomplexes wäre angesichts der konkreten baulichen Grundkonstellation und der technischen Erfordernisse der eingesetzten Fotovoltaikmodule nicht möglich gewesen. Durch die Aufteilung der Anlagenkomplexe auf drei Betreiberinnen wurde eine rechtsmissbräuchliche Ertragsoptimierung, welche der Regelung der Leistungsschwellen in § 33 Abs. 1 EEG 2009 widerspräche, nicht erzielt. Bei objektiver Betrachtung entsprach hier die Aufteilung der drei Anlagenkomplexe auf drei Anlagenbetreiberinnen dem Gedanken, welcher auch der Regelung der Leistungsschwellen zugrunde lag.
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4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in geltend gemachter Höhe als Nachzahlung restlicher gesetzlicher Einspeisevergütung für die Jahre 2010, 2011 und 2012. Die Berechnungen der Klägerin hat die Beklagte nicht angegriffen. Die Nebenforderungen ergeben sich aus §§ 286, 288 Abs. 2 BGB.
53
5. Aus dem Vorausgeführten ergibt sich weiter die Begründetheit des Feststellungsantrags der Klägerin.
C.
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Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.
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Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Zwar bezieht sich die Rechtsfrage der Auslegung des § 19 Abs. 1 EEG 2009 auf eine inzwischen geänderte Rechtsnorm. Ihre Beantwortung ist jedoch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft noch von Bedeutung, weil die Vorschrift unter Berücksichtigung der Übergangsvorschriften mindestens bis zum Jahr 2032 weiter Anwendung findet bzw. Auswirkungen auf die Vergütungshöhe haben kann. Zudem stellt sich die Rechtsfrage in gleicher Weise zu den Nachfolgevorschriften.