Donnerstag, 17. August 2017

Genehmigungspflicht für großflächige Photovoltaikanlage

OVG 10 S 44.11


(Genehmigungspflicht für großflächige Photovoltaikanlage)

Leitsatz

1. Die Errichtung von großflächigen Photovoltaikanlagen auf der Metallständerkonstruktion ehemaliger Gewächshäuser ist kein nach § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO genehmigungsfreies Vorhaben.

2. Etwas anderes kann gelten, wenn es sich um so genannte gebäudeintegrierte Photovoltaikanlagen in Dachflächen von Gebäuden handelt.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 27. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Verfügung, mit der die Bauaufsichtsbehörde des Antragsgegners unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Einstellung der Bauarbeiten an den ehemaligen Gewächshäusern auf einem im Außenbereich in S... gelegenen Grundstück angeordnet hat. Das Grundstück hat eine Gesamtfläche von ca. 47.666 m². Auf ihm befindet sich eine große Anzahl von Gewächshäusern eines ehemaligen Gemüsekombinats, die seit 20 Jahren nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden. Die Bauaufsichtsbehörde stellte im September 2011 fest, dass der Antragsteller mit der Ausführung seines Bauvorhabens zur Errichtung von großflächigen Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) zur Erzeugung von Strom begonnen hat. Die komplette Dacheindeckung aus Glas und die Seitenelemente der Gewächshäuser wurden entfernt. Die vorhandene Metallständerkonstruktion der Gewächshäuser blieb erhalten. Sie wurde teilweise mit neuen Fundamenten zur Aussteifung und Abstützung versehen. Ferner wurde ein 4 x 3 m großer Technikcontainer unter anderem für einen Transformator errichtet. Auf der Ständerkonstruktion sollen die Module der PV-Anlagen, Kunststoffnetze aus Polyethylen und Trapezbleche angebracht werden. Unter dieser Konstruktion will der Antragsteller Kulturheidelbeeren züchten. Die Pflanzen sind dazu bereits teilweise angepflanzt worden. Das Verwaltungsgericht hat den gegen die Baueinstellungsverfügung vom 15. September 2011 und die Androhung eines Zwangsgeldes gerichteten vorläufigen Rechtsschutzantrag des Antragstellers abgelehnt. Hiergegen wendet er sich mit seiner Beschwerde.
II.
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Der Senat kann offen lassen, ob die Beschwerde insoweit zulässig ist, als sich der Antragsteller der Sache nach gegen die Baueinstellungsverfügung wendet, obwohl er nicht innerhalb eines Monats nach der am 9. November 2011 erfolgten Zustellung der angegriffenen Entscheidung den nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO geforderten bestimmten Antrag gestellt hat. Dies ist ausdrücklich erst nach Ablauf der Begründungsfrist am 7. Februar 2012 geschehen. Gleichwohl spricht vieles dafür, dass ein solcher innerhalb der Monatsfrist gestellter ausdrücklicher Antrag hier ausnahmsweise entbehrlich sein könnte, da aufgrund der innerhalb der Begründungsfrist am 7. Dezember 2011 eingereichten Beschwerdebegründung das Rechtsschutzziel des Antragstellers in Bezug auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Baueinstellungsverfügung festgestellt werden kann (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 146 Rn. 29 m.w.N.).
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Die Beschwerde ist allerdings unzulässig, soweit der Antragsteller mit seinem Antrag vom 7. Februar 2012 der Sache nach auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die in der Verfügung vom 15. September 2011 enthaltene Zwangsgeldandrohung begehrt. Dieser Antrag wurde erst nach Ablauf der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO gestellt. Der Beschwerdebegründung vom 7. Dezember 2011 kann nicht entnommen werden, dass auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung Rechtsschutzziel des Antragstellers ist.
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2. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Der angefochtene Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die im Bescheid vom 15. September 2011 enthaltene Baueinstellungsverfügung abgelehnt hat, ist nicht aus den von dem Antragsteller dargelegten und allein zu prüfenden Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zu beanstanden.
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a) Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die auf der Rechtsgrundlage des § 73 Abs. 1 Nr. 1 BbgBO erlassene Baueinstellungsverfügung rechtmäßig ist, weil der Antragsteller mit einem nach § 54 BbgBO genehmigungspflichtigen Bauvorhaben entgegen § 68 Abs. 1 Nr. 1 BbgBO begonnen hat, obwohl die erforderliche Baugenehmigung nicht vorliegt. Das Verwaltungsgericht ist hierbei im Ergebnis zutreffend zu der Bewertung gelangt, dass das Bauvorhaben des Antragstellers zur Errichtung von großflächigen PV-Anlagen auf der Metallstahlkonstruktion der ehemaligen Gewächshäuser als Unterkonstruktion kein nach § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO genehmigungsfreies Vorhaben ist. Das Vorbringen des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe stattdessen von einer genehmigungsfreien Aufdachanlage im Sinne der vorgenannten Norm ausgehen müssen, weil die auf der Stahlständerkonstruktion geplanten Kollektorenplatten selbst eine Dachfläche darstellten und zudem ein Kunststoffnetz ein textiles Dach bilde, welches die Kulturheidelbeeren vor Sonneneinstrahlung und sonstiger Witterung schütze, rechtfertigt keine Änderung der angefochtenen Entscheidung.
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Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage greift die in § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO geregelte Ausnahme von der Pflicht, die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen vor ihrer Ausführung genehmigen zu lassen, bei dem Bauvorhaben des Antragstellers nicht ein.
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Nach § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO bedürfen die Errichtung oder Änderung folgender technischer Gebäudeausrüstungen keiner Baugenehmigung: Sonnenkollektoren, Solarenergie- und Photovoltaikanlagen, die mit einem Abstand von nicht mehr als 0,20 m an Dach- oder Außenwandflächen angebracht oder mit einer Gesamtfläche von nicht mehr als 10 m² und einer Bauhöhe von nicht mehr als 0,60 m auf Flachdächern aufgestellt werden.
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Unstreitig greift die 2. Alternative dieser Norm bei dem Vorhaben des Antragstellers nicht ein, weil die PV-Anlagen nicht auf Flachdächern aufgestellt werden sollen und in ihrer Gesamtfläche 10 m² erheblich überschreiten.
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Auch die 1. Alternative des § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO ist nach summarischer Prüfung im Ergebnis nicht gegeben. Dabei bedarf es in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner abschließenden Entscheidung, ob der Begründungsansatz des Verwaltungsgerichts trägt, wonach hier kein genehmigungsfreies Vorhaben vorliege, weil die Dachflächen der ehemaligen Gewächshäuser vollständig abgebaut worden seien und die PV-Anlagen nicht „an Dachflächen“ angebracht würden (aa). Das Vorhaben des Antragstellers weist jedenfalls nicht die für die Baugenehmigungsfreiheit der Errichtung oder Änderung von PV-Anlagen nach § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO erforderliche funktionale Gebäudeabhängigkeit einer Anlage der technischen Gebäudeausrüstung auf, die an ein Gebäudedach angebracht sein muss (bb).
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aa) Der Antragsteller greift die Begründung des Verwaltungsgerichts, § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO greife hier nicht, weil die Dachflächen der Gewächshäuser vollständig abgebaut worden seien und die PV-Anlagen nicht „an Dachflächen“ angebracht würden, mit dem Kernargument an, die Solarmodule der PV-Anlagen stellten selbst eine Dachfläche dar. Nach summarischer Prüfung der Rechtslage erscheint es möglich, dass die Regelung des § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO, nach der die Baugenehmigungsfreiheit von PV-Anlagen voraussetzt, dass sie „an“ Dachflächen angebracht werden, sich nicht nur auf Anlagen an oder auf Dachflächen (vgl. Reimus/Semtner/Langer, BbgBO, 3. Aufl. 2009, § 55 Rn. 18) bezieht, sondern sich auch auf so genannte gebäudeintegrierte PV-Anlagen erstreckt. Zwar spricht die Norm von PV-Anlagen „an Dach- oder Außenwandflächen“ und verwendet damit nicht die umfassende Formulierung „in, an und auf Dach- und Außenwandflächen“, wie sie z.B. in § 62 Abs. 1 Nr. 3 a) BauO Bln oder § 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB (i.d.F. vom 22. Juli 2011, BGBl. I S. 1509) enthalten ist. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm und des Umstandes, dass auch gebäudeintegrierte PV-Anlagen wie die anderen in § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO genannten Anlagen eine Technologie sind, die im Interesse des Klima- und Umweltschutzes der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien dient, könnte jedoch eine weite Auslegung geboten sein. Bei diesen Anlagen ersetzt die PV-Anlage die Dacheindeckung, es werden also die Dachelemente eines Gebäudes durch die PV-Anlage ersetzt, weshalb das Erscheinungsbild des Gesamtgebäudes und damit auch das Orts- bzw. Landschaftsbild in der Regel optisch weniger stark beeinflusst werden als bei herkömmlichen, auf die Dachflächen montierten Anlagen. Auch die Entstehungsgeschichte der Norm spricht nicht gegen eine solche Auslegung, denn der Gesetzgeber wollte durch die Neufassung des § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO (vom 14. Juni 2008, GVBl. I S. 172) den Anwendungsbereich der Genehmigungsfreistellung erweitern. Es sollen nicht nur unmittelbar an der Wand- und Dachfläche angebrachte Anlagen genehmigungsfrei sein, sondern es soll der Spielraum von Befestigungskonstruktionen erhöht werden, die nicht mehr als 0,20 m an Dach- oder Außenwandflächen angebracht sind (vgl. Landtag Brandenburg, Drs. 4/6401, Anlage S. 7 f.). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber damit gebäudeintegrierte PV-Anlagen, die Teil der Dachfläche sind, von der Genehmigungsfreiheit ausnehmen wollte, sind nicht ersichtlich. Bestätigt wird diese Auslegung von § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO in der Tendenz auch durch die vom Antragsteller angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der für die Einspeisevergütung für Strom aus PV-Anlagen entschieden hat, dass dem Vorhandensein einer erforderlichen Überdeckung auch dann genügt ist, wenn eine als Dach vorgesehene Anlage zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie mit ihrer Ausbildung als Dach eine zuvor bestehende bauliche Anlage zum Gebäude komplettiert (Urteil vom 17. November 2010 - VIII ZR 277/09 -, BGHZ 187, 311, juris Ls. 3 und Rn. 15).
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bb) Selbst wenn man die vorgenannte Rechtsfrage dahingehend beantwortet, dass auch in Dach- und Außenwandflächen von Gebäuden integrierte PV-Anlagen unter § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO fallen, hat der Antragsteller nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechend substantiiert dargelegt, dass sein Vorhaben zur Errichtung der Anlagen auf der Metallständerkonstruktion der ehemaligen Gewächshäuser eine Anlage der technischen Gebäudeausrüstung ist, die an dem Dach eines Gebäudes angebracht ist.
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Obwohl § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO für die Genehmigungsfähigkeit von selbständigen Einzelvorhaben (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1 BbgBO) zur Errichtung von PV-Anlagen das Merkmal der Gebäudeabhängigkeit der Anlage (anders § 62 Abs. 1 Nr. 3 BauO Bln, der zwischen Solaranlagen in, an und auf Dach- und Außenwandflächen und gebäudeunabhängigen Solaranlagen differenziert) nicht ausdrücklich nennt, enthält die Norm Anforderungen, aus denen sich das Erfordernis der funktionalen Gebäudeabhängigkeit der PV-Anlagen herleiten lässt. Sie schränkt die Genehmigungsfreiheit von Einzelvorhaben zur Errichtung oder Änderung insbesondere von PV-Anlagen auf Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung ein (vgl. Philipp, LKV 2011, 208). Die PV-Anlage muss also ähnlich wie andere Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung, etwa eine Feuerungsanlage, eine Blockheizkraftanlage oder eine Wärmepumpe (vgl. § 55 Abs. 3 Nr. 1, 7 und 8 BbgBO) einen funktionalen Zusammenhang zum Gebäude haben, also seiner technischen Ausrüstung dienen. Danach ist es für die Genehmigungsfreiheit der PV-Anlage erforderlich, dass sie an einem Gebäude angebracht ist, das vorrangig anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie dient, denn Gebäude sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 BbgBO selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Dient die Unterkonstruktion der PV-Anlage hingegen nicht vorrangig dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen, fehlt es an der für die Genehmigungsfreiheit nach § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO erforderlichen Gebäudeabhängigkeit der Anlage. Bestätigt wird dies auch durch den Sinn und Zweck der Regelungen über genehmigungsfreie Vorhaben nach § 55 Abs. 3 BbgBO. Selbständige Einzelvorhaben werden danach genehmigungsfrei gestellt, wenn ihre Prüfung etwa unter sicherheitsrechtlichen Aspekten, aus Gründen des Erscheinungsbildes des Gesamtgebäudes und damit mittelbar auch des Orts- bzw. Landschaftsbildes, des Flächenverbrauchs oder der Unterschreitung einer quantitativen oder qualitativen Bagatellgrenze in einem präventiven bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren entbehrlich erscheint (vgl. dazu Reimus/Semtner/Langer, a.a.O. § 55 Rn. 1 f.). Entsprechend ist die durch das Gesetz zur Änderung der Brandenburgischen Bauordnung vom 14. Juni 2008 erfolgte Neufassung des § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO u.a. damit begründet worden, dass größere Aufbauten auf Dächern das Erscheinungsbild des Gesamtgebäudes und damit das Ortsbild beeinflussen. Werden PV-Anlagen an Dach- und Außenwandflächen angebracht, deren vorrangiger Zweck der Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen im Sinne von § 2 Abs. 2 BbgBO ist, ist aufgrund der funktionellen Zuordnung der Anlage zu dem Gebäude eine zusätzliche präventive Kontrolle des selbständigen Einzelvorhabens durch die Bauaufsicht entbehrlich. Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung des Gebäudes selbst unterliegt nämlich grundsätzlich bereits einem bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren. Ein solches ist bei gebäudeintegrierten PV-Anlagen entbehrlich, weil durch deren Errichtung auf oder in den Dachflächen eines Gebäudes kein zusätzlicher Flächenbedarf entsteht und zudem das Erscheinungsbild des Gesamtgebäudes und damit das Ortsbild bzw. Landschaftsbild nicht wesentlich berührt wird. Fehlt es dagegen an der Gebäudeabhängigkeit der PV-Anlage, etwa weil sie auf einer Unterkonstruktion angebracht werden soll, die nicht vorrangig dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen dient, nähert sie sich funktional einer unabhängigen Solaranlage, die, wie etwa eine Freilandanlage, aufgrund ihrer Höhe und Größe, ihrer Auswirkungen auf das Landschaftsbild und des zusätzlichen Flächenverbrauchs der präventiven Prüfung und Kontrolle in einem bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren bedarf.
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Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen hat der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung nicht hinreichend dargelegt, dass sein Vorhaben die für die Genehmigungsfreiheit nach § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO erforderliche Gebäudeabhängigkeit aufweist. Er hat trotz des gegenteiligen Vorbringens des Antragsgegners nicht dargetan, dass die geplanten PV-Anlagen auf den Ständern der ehemaligen Gewächshäuser Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung sind. Aus der von dem Antragsgegner in das Verfahren eingeführten standsicherungstechnischen Stellungnahme des Ingenieurs M... vom 15. Februar 2011 geht hervor, dass bei dem Vorhaben des Antragstellers die komplette Dacheindeckung des ehemaligen Gewächshauses mit Glas entfernt werden und das Gewächshaus nach Aussagen des Bauherrn künftig nicht als solches, sondern nur als Unterkonstruktion der PV-Anlagen genutzt werden soll. Damit wird nicht das Dach eines Gebäudes, das dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen dient, sondern die Metallkonstruktion eines ehemaligen Gebäudes als Unterkonstruktion der Anlage verwendet. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, er wolle unter den Solarmodulen und dem Kunststoffnetz Kulturheidelbeeren züchten und die Abdeckung diene deren Schutz vor Tieren und extremen Wetterlagen. Abgesehen davon, dass bei summarischer Prüfung erhebliche Zweifel daran bestehen, ob die Überdeckung durch die PV-Anlage tatsächlich dem Schutz der Kulturheidelbeeren als Sache dient, weil diese für gutes Wachstum und Ausbildung volles Sonnenlicht brauchen (vgl. u.a. ) und durch die Überdeckung auch von natürlichen Niederschlägen abgeschnitten werden, wäre der Schutz der Pflanzen auch nicht vorrangiges Ziel der baulichen Anlage, sondern allenfalls nachrangiger Nebenzweck, denn die Ständeranlage dient in erster Linie der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie durch die auf der Metallkonstruktion aufliegenden PV-Module. Das Vorhaben entspricht der Sache nach daher der Errichtung einer gebäudeunabhängigen Solaranlage und bedarf aufgrund seiner Größe und seines Flächenverbrauchs ähnlich wie eine Freianlage der präventiven Prüfung und Kontrolle durch ein bauaufsichtliches Genehmigungsverfahren.
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Da das Vorhaben des Antragstellers bereits nicht genehmigungsfrei ist, weil die Voraussetzungen des § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO nicht erfüllt sind, bedarf es keiner Entscheidung, ob - wie der Antragsgegner vorgetragen hat - die Errichtung der Anlage auf der Metallständerkonstruktion der Gewächshäuser darüber hinaus auch eine nach § 54 BbgBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung eines landwirtschaftlichen Betriebes ist (vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 20. September 2010 - 7 B 985/10 -, ZUR 2011, 23, juris)
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b) Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragsgegner das ihm nach § 73 Abs. 1 BbgBO zukommende Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt hat.
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Bei dem Ermessen der Bauaufsichtsbehörde über den Erlass einer Baueinstellungsverfügung handelt es sich um ein auf die Beseitigung einer Störung gerichtetes intendiertes Ermessen, das regelmäßig auf die Unterbindung der formell rechtswidrigen Arbeiten gerichtet ist. Nur dann, wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung als möglich erscheinen lassen, läge ein rechtsfehlerhafter Gebrauch des Ermessens vor, wenn sie diese nicht erwogen hätte (vgl. u.a. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 23. Mai 2011 - OVG 4a N 34.11 -, juris, Rn. 10). Eine hinreichende Ermessensbetätigung ist daher in der Regel bereits dann gegeben, wenn die Bauaufsichtsbehörde auf den formellen Baurechtsverstoß hinweist und das Einschreiten zur Sicherung der Ordnungsfunktion des formellen Baurechts als geboten ansieht (vgl. Reimus/Semtner/Langer, a.a.O., § 73 Rn. 6).
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Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
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Die Rüge des Antragstellers, eine Ermessensausübung habe nicht stattgefunden, geht fehl. Der Antragsgegner hat in dem angegriffenen Bescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für ein Eingreifen der Bauaufsichtsbehörde erfüllt sind und hierzu bereits die formelle Illegalität der Baumaßnahme ausreicht. Ferner hat er vermerkt, dass ein Verstoß gegen eine öffentliche-rechtliche Norm zugleich eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt und deshalb die sofortige Einstellung der Bauarbeiten erforderlich ist.
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Auch der Einwand des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass hier die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB greife, sein Vorhaben also materiell legal sei, rechtfertigt keine Änderung des angegriffenen Beschlusses. Für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung reicht die formelle Illegalität der Baumaßnahme grundsätzlich aus, weshalb es in der Regel keiner Prüfung bedarf, ob das formell illegal verwirklichte Vorhaben genehmigt werden kann (vgl. u.a. OVG Bln, Beschluss vom 19. November 1996 - OVG 2 S 26.96 -, LKV 1997, 366, juris Rn. 20; Reimus/Semtner/Langer, a.a.O., § 73 Rn. 6 m.w.N.). Der Antragsteller hat nicht hinreichend dargetan, dass die Errichtung der PV-Anlagen auf der Ständerkonstruktion der im Außenbereich gelegenen ehemaligen Gewächshäuser offensichtlich materiell genehmigungsfähig ist, also eine eindeutige Sach- und Rechtslage vorliegt. Sein Hinweis auf § 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB geht fehl. Im Außenbereich ist ein Vorhaben danach zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es der Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden dient, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist. Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens des Antragstellers ist danach bauplanungsrechtlich keineswegs offensichtlich. Auch insofern stellt sich die Frage, ob die PV-Anlage auf der Ständerkonstruktion der ehemaligen Gewächshäuser noch einem zulässigerweise genutzten Gebäude dient und ob - sofern man noch von einem Gebäude ausginge - die PV-Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet wäre, was der näheren Prüfung im Baugenehmigungsverfahren bedarf (vgl. dazu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: Januar 2012, § 35 Rn. 59 m).
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Die von dem Antragsteller behauptete Existenzgefährdung durch die Baueinstellungsverfügung ist nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO substantiiert dargelegt. Er macht insoweit geltend, er habe erhebliche Investitionen getätigt, die Kulturheidelbeeren würden mangels der „richtigen energetischen Versorgung“ verkommen und seien insbesondere nicht vor Frost und Tieren geschützt. Damit hat er bereits den rechtlichen Ansatz seiner Rüge nicht hinreichend dargetan. Insbesondere wird nicht substantiiert aufgezeigt, dass das Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde zur Sicherung der Ordnungsfunktion des formellen Baurechts die Berufsfreiheit des Antragstellers aus Art. 12 Abs. 1 GG oder das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG in ungerechtfertigter Weise verletzt. Der Antragsgegner hat überdies unwidersprochen darauf hingewiesen, dass das Vorhaben des Antragstellers nur ein Nebenbetrieb seines landwirtschaftlichen Hauptbetriebes in N... ist. Der Antragsteller hat überdies nicht dargetan und glaubhaft gemacht, in welcher Höhe er bereits irreversible Investitionen getätigt hat, die von der Baueinstellungsverfügung betroffen sind und dass die Baueinstellungsverfügung kausal für die behauptete existenzgefährdende Lage seines Betriebes wäre. Unsubstantiiert ist auch die Behauptung, die Kulturheidelbeeren verkämen in Ermangelung einer energetischen Versorgung. Durch die geplante PV-Anlage soll elektrischer Strom erzeugt werden. Es hätte daher näherer Darlegungen bedurft, ob und wie der Strom aus der PV-Anlage eingesetzt werden soll, z.B. zur Wärmeerzeugung oder zum Betrieb von Bewässerungspumpen, und weshalb es nicht möglich ist, zumindest vorübergehend einen eventuellen Strombedarf zur Versorgung der Kulturheidelbeeren aus dem Stromnetz zu entnehmen. Es fehlt zudem eine nähere Darlegung dazu, dass die Kulturheidelbeeren nicht auf andere Weise als durch die Errichtung der PV-Anlage vor Frost und Einwirkung von Tieren geschützt werden können.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 1.5, 9.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (DVBl 2004 S. 1525), wobei der Senat der erstinstanzlichen Wertfestsetzung folgt.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).