Mittwoch, 16. August 2017

Anspruchsverjährung, Werklohnanspruch, VOB-Bauvertrag, Bauleistungsabnahme,

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 30.09.2015 – 6 O 488/07


Titel:

Anspruchsverjährung, Werklohnanspruch, VOB-Bauvertrag, Bauleistungsabnahme, Rechnungsvorlage, Einspruch, Versäumnisurteil, Zwangsvollstreckungsmaßnahme


Gründe

LG Nürnberg-Fürth
Endurteil vom 30.09.2015
Aktenzeichen: 6 O 488/07
1. Das Versäumnisurteil vom 18.04.2007 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Auf den Inzidentantrag der Beklagten hin wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 8.771,07 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.07.2007 zu zahlen.
3. Die durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 18.04.2007 veranlassten Kosten trägt die Beklagte. Im Übrigen trägt die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 8.245,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung noch offenen Werklohns. Die Beklagte fordert ihrerseits Zahlungen gemäß § 717 Abs. 2 ZPO zurück, die im Hinblick auf das gegen sie ergangene Versäumnisurteil geleistet wurden.
Die Klägerin betreibt einen Haustechnikbetrieb für Heizung, Lüftung, Sanitär. Die Beklagte errichtet unter anderem schlüsselfertige Wohnhäuser.
Unter dem 25.05.2005 bzw. 06.06.2005 schlossen die Parteien jeweils einen Vertrag über die Erbringung von Heizungs- und Sanitärinstallation durch die Klägerin in Bezug auf das Bauvorhaben Einfamilienhaus ... in R.
Unter dem 10.10.2005 bzw. 13.10.2005 schlossen die Parteien jeweils einen Vertrag über die Erbringung von Heizungs- und Sanitärinstallation durch die Klägerin in Bezug auf das Bauvorhaben Einfamilienhaus ... in A.
Am 07.12.2005 erfolgte die Abnahme beim Bauvorhaben ... Zu diesem Bauvorhaben stellte die Klägerin (unter anderem) die Rechnungen Nr. 244/05 und 245/05.
Am 09.03.2006 erfolgte die Abnahme beim Bauvorhaben ... Zu diesem Bauvorhaben stellte die Klägerin (unter anderem) die Rechnungen 328/05, 7/06, 36/06 und 71/06.
Mit Schreiben vom 03.08.2006 mahnte die Klägerin bei der Beklagten offenen Werklohn in Höhe von 8.245,11 € (302,01 € + 650,00 € + 3.100,00 € + 4.095,10 € + 148,00 € - 50,00 €) an.
Unter dem 08.09.2006 ging der Mahnantrag der Klägerin über einen Betrag von 8.245,11 € („Handwerkerleistung gem. Handwerkerrechn. 03.08.06 vom 02.11.05 bis 28.03.06“) beim Amtsgericht - Mahngericht - Coburg ein. Der Mahnbescheid wurde am 13.09.2006 erlassen und der Beklagten am 16.09.2006 zugestellt. Der Widerspruch der Beklagten ging am 19.09.2006 bei Gericht ein. Mit am 26.10.2006 beim Amtsgericht Coburg eingegangenem Schriftsatz vom 25.10.2006 wurde die Abgabe des Rechtsstreits an das Landgericht Nürnberg-Fürth beantragt mit dem weiteren Antrag, die Beklagte zur Zahlung von 8.245,11 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheids zu verurteilen. Die Klägerin machte damit noch offenen Werklohn für die Heizungs- und Sanitärinstallationsarbeiten bei den Bauvorhaben ... und ... geltend.
Mit am 09.11.2006 bei Gericht eingegangener Klageschrift erhob die Beklagte des vorliegenden Verfahrens vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth gegen die Bauherren ... Klage auf Zahlung von noch offenen Werklohn in Höhe von 34.167,08 € aus dem Bauvorhaben Einfamilienhaus ..., A. (Az. 9 O 9719/06, in der Folge: das Parallelverfahren).
Am 08.01.2007 wurde das Mahnverfahren an das Landgericht Nürnberg-Fürth abgegeben und ging dort am 15.01.2007 ein (Az. 9 O 488/07, später 6 O 488/07).
Im weiteren Verfahrensverlauf wurde mit Verfügung vom 06.03.2007 Termin zur Güteverhandlung und für den Fall des Nichterscheinens einer Partei oder der Erfolglosigkeit der Güteverhandlung unmittelbar anschließender Haupttermin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf 18.04.2007. Die Ladung wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 02.04.2007 zugestellt.
Zu dem Termin am 18.04.2007 erschien auf Beklagtenseite niemand. Im Termin erging deshalb auf Antrag der Klägerin Versäumnisurteil, worin die Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin einen Betrag von 8.245,11 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.09.2006 zu bezahlen.
Das Versäumnisurteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 24.04.2007 zugestellt. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 03.05.2007 ging am 04.05.2007 der Einspruch der Beklagten bei Gericht ein.
In der mündlichen Verhandlung vom 06.06.2007 erging Beschluss, wonach die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € einstweilen eingestellt wird.
Nach diversen vergeblichen Pfändungsversuchen bei der C.-Bank A., zu der die Beklagte Geschäftsverbindungen unterhielt, konnte die Klägerin eine weitere Bankverbindung der Beklagten bei der E.-Bank, Nürnberg, ausfindig machen, welche die Beklagte nicht im üblichen Geschäftsverkehr verwendete, und erwirkte dafür am 14.06.2007 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Die Klägerin erhielt am 11.07.2007 8.771,07 € (Hauptforderung 8.245,11 € + Zinsen und Kosten 525,96 €). In einem Schreiben der E.-Bank eG-KG vom 11.07.2007 an den klägerischen Prozessbevollmächtigten (B II) heißt es hierzu:
„Zwangsvollstreckungssache Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen Firma ... GmbH über Euro 8.245,11 zzgl. Zinsen und Kosten, hier: Überweisung in Höhe von Euro 8.771,07
Sehr geehrter Herr ..., in Erfüllung Ihres obigen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses haben wir im Auftrag der Pfändungsschuldnerin einen Betrag von Euro 8.771,07 inkl. Zinsen bis zum 12.07.2007 und Kosten auf Ihr Konto Nr. 1094204 bei der Bank ... überwiesen. Wir betrachten den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss somit für erledigt.“
In einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 12.07.2007 an den klägerischen Prozessbevollmächtigten (B III) heißt es hierzu:
„[…] Die Zahlung des Betrages in Höhe von € 8.771,07 erfolgte durch den Drittschuldner auf der Basis des von Ihrer Mandantin erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ohne Zutun unserer Mandantin. Diese Zahlung erfolgte also im Wege der Zwangsvollstreckung.
Ihre Mandantin hat das Ziel der von ihr eingeleiteten Zwangsvollstreckung damit offensichtlich erreicht, wir fordern Ihre Mandantin aus diesem Grund hiermit namens und im Auftrag unserer Mandantin auf, unverzüglich spätestens jedoch bis 13.07.2007, 10:00 Uhr, sämtliche Konten unserer Mandantin, auch bei der C-Bank, freizugeben. […]“
In der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2007 beantragten beide Parteien das Ruhen des hiesigen Verfahrens. Hintergrund war nach dem Vermerk im Sitzungsprotokoll, dass im Parallelverfahren von den dort beklagten Eheleuten ... Mängel am Gewerk der Klägerin des vorliegenden Verfahrens geltend gemacht wurden. Es erging noch in diesem Termin folgender gerichtlicher Beschluss: „Das Ruhen des Verfahrens wird angeordnet.“
Im Januar 2010 erhielt die Klägerin eine Aufforderung zur schriftlichen Zeugenaussage der Staatsanwaltschaft A. /Kriminalpolizei A. Darin wurde mitgeteilt, dass gegen ... als Geschäftsführer der ... ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der „Insolvenzverfahrensverschleppung u. a.“ anhängig ist. Die Klägerin musste Angaben machen zum Abschluss der Bauverträge, Zahlungen, insbesondere Verspätungen bei Zahlungen bzw. Nichtzahlungen, Vollstreckung etc.
Am 04.03.2010 fand im Parallelverfahren ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt. In diesem Termin wurde der Rechtsstreit umfassend durch unwiderruflich abgeschlossenen Prozessvergleich beendet.
Im Frühsommer 2015 erfuhr die Klägerin von dritter Seite, dass das Parallelverfahren beendet wurde.
Mit am 29.05.2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 28.05.2015 beantragt die Klägerin, das vorliegende Verfahren wieder aufzunehmen.
Von dem Vergleichsschluss im Parallelverfahren erfuhr die Klägerin erst durch die gerichtliche Mitteilung im hiesigen Verfahren vom 26.06.2015.
Der Ausgang des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen ... ist der Klägerin bis heute nicht bekannt.
Zu keinem Zeitpunkt wurde über das Vermögen der Beklagten ein Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Klägerin behauptet, dass die Zahlung der 8.771,07 € im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt ist.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass aufgrund der von ihr betriebenen Zwangsvollstreckung hinsichtlich Hauptsache und Zins nur noch die im Versäumnisurteil zugesprochenen Kosten sowie die weiteren, durch den Einspruch entstandenen Kosten offen waren und triftige Gründe, das Verfahren weiter zu betreiben, deshalb nur die Beklagte haben konnte. Es wäre in deren Interesse gelegen, wenn sie irgendwelche (tatsächlich nie bestehenden) Ansprüche der Familie ... an dem betreffenden Gewerk gegenüber der Klägerin geltend gemacht hätte. Sie habe im Gegensatz dazu triftige Gründe zum Abwarten gehabt. Aufgrund der Anfrage der Staatsanwaltschaft /Kriminalpolizei, die eindeutig ihr Gewerk und ihre Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten betraf, habe sie von Unterbrechungen der Verfahren bzw. von Zahlungsunfähigkeit bzw. Abwicklung der Beklagten ausgehen können.
Der Schadensersatzanspruch gemäß § 717 Abs. 2 ZPO scheitere bereits daran, dass der behauptete und tatsächlich nicht bestehende Aufhebungsgrund (Anspruchsverjährung) erst nach der Vollstreckung entstanden und daher nicht zu berücksichtigen sei. Im Übrigen wäre der Anspruch auch verwirkt, weil die Beklagte aufgrund des Beschlusses vom 06.07.2007 Gelegenheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung erhalten habe, ohne hiervon zu irgendeiner Zeit Gebrauch zu machen. Sie habe es mithin auf die Vollstreckung ankommen lassen. Die Beklagte habe es in der Hand gehabt, nach dem Abschluss des Parallelverfahrens das hiesige Verfahren weiter zu betreiben, dies aber wohlweislich unterlassen, weil sie offensichtlich durch die Vollstreckung keinen Schaden erlitten habe. Ein Schaden sei, insbesondere unter Berücksichtigung des Parallelverfahrens, nicht eingetreten und werde auch nicht substantiiert behauptet.
Die Klägerin beantragt zuletzt:
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Az. 9 O 488/07, wird aufrechterhalten.
Die Beklagte beantragt zuletzt:
Das Versäumnisurteil wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
Für den Fall der Klageabweisung beantragt die Beklagte ferner:
Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte € 8.771,07 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8%-Punkten über dem Basiszinssatz pro Jahr ab 12.07.2007 zu bezahlen.
Die Klägerin beantragt:
Der Eventualantrag wird abgewiesen.
Die Beklagte behauptet, dass der Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 04.07.2007 der Streit verkündet wurde. Die Zahlung der 8.771,07 € sei zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt.
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Sie ist der Ansicht, dass Verjährung vorliegt, weil der Rechtsstreit seit der Anordnung des Ruhens des Verfahrens nicht weiterbetrieben wurde. Dies sei ein den Parteien zuzurechnender Stillstand. Aufgrund der Streitverkündung gegenüber der Klägerin im Parallelverfahren habe diese die Möglichkeit gehabt, sich zu beteiligen und den Prozessverlauf zu beobachten. Dass die Klägerin hiervon nicht Gebrauch machte, liege nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten. Deshalb könne die Klägerin auch nicht mit dem Argument gehört werden, es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, die Klägerin über den Vergleich zu unterrichten. Der unterbliebene Beitritt sei eine grob fahrlässige Verhaltensweise gewesen. Aufgrund des Einspruchs gegen das Versäumnisurteil habe die Klägerin nicht davon ausgehen können, das Geld behalten zu dürfen. Es habe also sehr wohl für die Klägerin einen triftigen Grund zur Fortsetzung des Verfahrens gegeben. Andernfalls wäre es auch nicht nachvollziehbar, weshalb das Verfahren nun seitens der Klägerin wieder aufgerufen wurde. Das gegen den Beklagten-Geschäftsführer geführte Ermittlungsverfahren habe mit dem streitgegenständlichen Verfahren nichts zu tun.
Wegen des weiteren Vortrags wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 18.04.2007, 06.06.2007, 19.12.2007 und 30.07.2015.
Eine förmliche Beweisaufnahme erfolgte nicht. Die Akte 9 O 9719/06, Landgericht Nürnberg-Fürth, wurde beigezogen. Das Gericht erteilte mit Verfügung vom 07.07.2015 einen förmlichen Hinweis (Bl. 97 der Akte).
Entscheidungsgründe
A.
Auf den zulässigen Einspruch (I.) war das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage wegen mittlerweile eingetretener Anspruchsverjährung abzuweisen (II.). Der Eventual-Inzidentantrag der Beklagten auf Rückzahlung der im Jahr 2007 im Hinblick auf das Versäumnisurteil geleisteten Zahlungen hat Erfolg (III.).
I.
Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 18.04.2007 ist zulässig.
Der Einspruch erfolgte nicht nur form-, sondern auch fristgerecht. Das Versäumnisurteil wurde dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 24.04.2007 zugestellt. Einspruch wurde mit am 04.05.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz des neuen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 03.05.2007 eingelegt (vgl. Bl. 33-40 der Akte).
II.
Das Versäumnisurteil ist gemäß § 343 Satz 2 ZPO aufzuheben und die Klage abzuweisen. Denn die in dem Versäumnisurteil titulierte Werklohnforderung ist zwischenzeitlich verjährt (1. und 2.).
1. Die Verjährungsfrist hinsichtlich des streitgegenständlichen Werklohnanspruchs lief schon vor dem Jahr 2015 ab (a. bis c.).
a. Der Lauf der Verjährungsfrist begann teils am 31.12.2005, teils am 31.12.2006.
Der Vergütungsanspruch des Unternehmers verjährt auch beim VOB-Bauvertrag gemäß § 195 BGB in drei Jahren (vgl. Werner /Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. 2015, Rn. 2836). Der Unternehmer ist auch im VOB-Bauvertrag grundsätzlich vorleistungspflichtig. Sein Werklohn kann also grundsätzlich nur nach einer Abnahme der Bauleistung fällig werden. Im Gegensatz zum BGB-Bauvertrag setzt die VOB /B neben der Abnahme aber die Vorlage einer prüffähigen Rechnung voraus (vgl. Werner /Pastor a. a. O. Rn. 2836).
Abnahme erfolgte bezüglich der beiden streitgegenständlichen Bauvorhaben am 07.12.2005 und am 09.03.2006. Die Rechnungen für das Bauvorhaben ..., zu denen kein konkretes Rechnungsdatum bekannt ist, tragen die Endziffer „05“, wurden also offensichtlich noch im Jahr 2005 gestellt. Die Rechnungen zum Bauvorhaben ..., zu denen ebenfalls kein konkretes Rechnungsdatum bekannt ist, tragen überwiegend die Endziffer „06“, wurden also überwiegend offensichtlich erst im Jahr 2006 gestellt. Beginn des Fristlaufs war somit hinsichtlich der Rechnungen aus 2005 am 31.12.2005, 24 Uhr, und hinsichtlich der Rechnungen aus 2006 am 31.12.2006, 24 Uhr.
b. Der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist war bis längstens 04.09.2010 gehemmt gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 Satz 1 BGB (aa. bis cc.).
aa. Die Klägerin leitete das Mahnverfahren noch im Jahr 2006 ein. Bereits am 08.01.2007 wurde das Verfahren an das Landgericht Nürnberg-Fürth abgegeben.
bb. Mit Beschluss vom 19.12.2007 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Dadurch endete indes für den überwiegenden Teil der streitgegenständlichen Werklohnansprüche nicht gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB die verjährungshemmende Wirkung des Klageverfahrens, obwohl auch die Klägerin dieser Vorgehensweise durch Antragstellung zugestimmt hatte. Denn wenn für das Untätigbleiben des Berechtigten ein triftiger und für den anderen Teil erkennbarer Grund, ist die Vorschrift des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB unanwendbar. Ein rechtlich zwingender Grund ist nicht erforderlich. Es genügt ein prozesswirtschaftlicher Grund für das Zuwarten, so wenn die Parteien den Ausgang eines Strafverfahrens abwarten (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Aufl. 2015, § 204 Rn. 47). Nichts anderes kann für den vorliegenden Fall gelten, jedenfalls soweit der Ausgang des Parallelverfahrens abgewartet wurde. In diesem sah sich der hier beklagte Bauträger, der offenen Werklohn einklagte, Mängelrügen der Bauherrn ausgesetzt, die er im vorliegenden Verfahren selbst gegen die hiesige Klägerin als ausführenden Handwerker erhob. Dieses Motiv ist im Vorspann zum gerichtlichen Beschluss zum Ruhen des Verfahrens auch klar zum Ausdruck gebracht. Aus Gründen der Prozessökonomie lag es damit nahe, den Ausgang dieses Parallelverfahrens abzuwarten.
Umgekehrt gilt aber auch, dass die Vorschrift des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB von vornherein, also vom ersten Tag des Ruhens des Verfahrens an, anwendbar war, soweit vorliegend Ansprüche streitgegenständlich sind, die keinen Sachbezug zum Parallelvorhaben aufweisen, namentlich die Werklohnansprüche in Bezug auf das Bauvorhaben Frauenknecht/Schlosser.
cc. Der triftige Grund für das Ruhen des Verfahrens endete jedoch - und zugleich war der Anwendungsbereich des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB auch für die Ansprüche mit Sachbezug zum Parallelverfahren eröffnet, als das Parallelverfahren am 04.03.2010 durch Prozessvergleich umfassend und unwiderruflich beendet wurde. Fortan bestand kein triftiger Grund mehr dafür, das vorliegende Verfahren nicht weiter zu betreiben. Daraus folgt unter Berücksichtigung der 6-Monats-Frist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB, dass die verjährungshemmende Wirkung des Klageverfahrens selbst für die Ansprüche mit Sachbezug zum Parallelverfahren am 04.09.2010 endete.
Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, dass nach der auf der Grundlage des Versäumnisurteils betriebenen Zwangsvollstreckung nur noch die im Versäumnisurteil festgelegte Kostentragung und die durch den Einspruch entstandenen weiteren Kosten offen waren und deshalb nur noch die Beklagte triftige Gründe hatte, das Verfahren weiter zu betreiben. Mit anderen Worten war nach der klägerischen Ansicht also die zügige Fortsetzung des Prozesses nach der Beendigung des Parallelprozesses die vornehmliche Aufgabe der Beklagten. Dieser Sichtweise kann schon im Ausgangspunkt nicht gefolgt werden. Es verhält sich gerade umgekehrt: Die Klägerin erhob Klage, um sich für einen nach ihrer Ansicht noch offenen Werklohn einen endgültig /dauerhaft wirkenden Titel zu beschaffen. Dieses Ziel erreichte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt. Es war offenkundig, dass das Versäumnisurteil, zumal nach dem eingelegten Einspruch, nur ein rein vorläufig wirkender Titel ist. Es bestand damit die ganze Zeit über das ureigene Interesse der Klägerin an der Erlangung eines endgültig /dauerhaft wirkenden Titels fort. Es lag mithin die ganze Zeit über im ureigenen Interesse der Klägerin, ein wachsames Auge auf das Schicksal des Parallelverfahrens zu haben, um zu gegebener Zeit die Fortsetzung des eigenen Verfahren zur Erlangung des begehrten endgültig /dauerhaft wirkenden Titels veranlassen zu können. Für jeden Anspruchsteller gilt der das Zivilrecht prägende Grundsatz: Das Zivilrecht ist für die Wachsamen geschrieben (ius civilis vigilantibus scriptum est). Es besteht vorliegend keine Veranlassung zu einer abweichenden Bewertung. Das Gericht nimmt auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen auch keine Pflicht der Beklagten zur ungefragten Information über den Ausgang des Parallelprozesses an, obwohl die Beklagte dort selbst Partei war. Eine solche Unterrichtungspflicht der Beklagten war, was denkbar gewesen wäre, auch nicht Gegenstand einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten. Es blieb daher dabei, dass die Klägerin sich um die für ihren Prozesserfolg wesentlichen Umstände selbst hätte kümmern müssen.
Der Klägerin war es auch ohne weiteres zumutbar, sich zumindest zwei Mal im Jahr nach dem Stand des Parallelverfahrens zu erkundigen. Die Beklagte des vorliegenden Verfahrens hatte ihr im Parallelverfahren mit Schriftsatz vom 04.07.2007 den Streit verkündet (vgl. Bl. 73-76 der Akte 9 O 9719/06). Diese Streitverkündungsschrift wurde der Klägerin des vorliegenden Verfahrens am 11.07.2007 zugestellt. Sie hätte daher im Parallelverfahren beitreten und sich jederzeit über den Verfahrensstand informieren können. Akteneinsichtsgesuche ihrerseits wären aber wohl selbst dann bewilligt und Sachstandsanfragen wären wohl auch dann beantwortet worden, wenn sie dem Rechtsstreit nicht beigetreten wäre. Noch einfacher wäre es indes gewesen, sich in regelmäßigen Abständen bei der Beklagten des vorliegenden Verfahrens nach dem Stand des Parallelverfahrens zu erkundigen. Die Beklagte wäre zu wahrheitsgemäßer Auskunft verpflichtet gewesen. Aus Falschangaben hätte die Beklagte keine Vorteile, gerade in Angelegenheiten der Anspruchsverjährung, zulasten der Klägerin ziehen können (§ 242 BGB). Denkbar wären auch Sachstandsanfragen an das Gericht im vorliegenden Verfahren im Hinblick auf den Stand des Parallelverfahrens gewesen. Stattdessen blieb die Klägerin nach Aktenlage vom Zeitpunkt der Anordnung des Ruhens des Verfahrens im Jahr 2007 bis zum Wiederaufruf der Sache im Jahr 2015 über mehr als 7 (!) Jahre hinweg passiv und zeigte kein Interesse, weder am vorliegenden Verfahren noch am Parallelverfahren.
Die Klägerin dringt auch nicht durch mit ihrem Verweis auf ein gegen den Geschäftsführer der Beklagten geführtes strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Insolvenzverfahrensverschleppung u. a., in dem sie im Januar 2010 zu einer schriftlichen Zeugenaussage aufgefordert wurde, im Hinblick auf ihre Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten und auch auf ihr streitgegenständliches Gewerk. Die Klägerin hätte dies vielmehr unschwer zum Anlass nehmen können, um sich in beschriebener Weise nach dem Stand des Parallelverfahrens zu erkundigen. Sie hätte dann erkennen können, dass ihre Vermutung einer Zahlungsunfähigkeit /Abwicklung der Beklagten und der Verfahrensunterbrechungen unzutreffend ist. Bei einer Einsichtnahme in die Akten des Parallelverfahrens hätte die Klägerin erkennen können, dass das Verfahren ungehindert fortgesetzt wird und seit 05.01.2010 Termin auf den 04.03.2010 bestimmt ist. In diesem Termin wurde dann auch der prozessbeendigende Vergleich geschlossen.
Das Gericht musste in dieser Sache, wie auch die Klägerin nicht behauptet, auch nicht von Amts wegen tätig werden. Nach zutreffender Ansicht ist es dem Gericht sogar verwehrt, das Ruhen des Verfahrens von Amts wegen wieder aufzunehmen (vgl. BeckOK ZPO /Jaspersen, ZPO, Stand 01.06.2015, § 251 Rn. 9). Nur dies wird dem für das Zivilrecht zentralen Grundsatz der Parteidisposition des Zivilverfahrens gerecht.
c. Zum Zeitpunkt des Eingangs des klägerischen Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens bei Gericht am 29.05.2015 war die dreijährige Verjährungsfrist nach den vorstehenden Ausführungen für alle Ansprüche schon seit längerer Zeit abgelaufen.
2. Die Beklagte erhob auch die Einrede der Verjährung (vgl. Schriftsatz vom 02.07.2015, Seite 2, Bl. 96 der Akte).
III.
Der Eventual-Inzidentantrag der Beklagten auf Rückzahlung von 8.771,07 €, die der Klägerin im Hinblick auf das gegen die Beklagte ergangene Versäumnisurteil zuflossen, hat Erfolg (1. und 2.).
1. Der Inzidentantrag ist zulässig.
Der Schadensersatzanspruch kann in einer selbstständigen Klage, im Wege der Widerklage oder - wie hier - im Wege des Inzidentantrags bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden (vgl. MüKoZPO /Götz, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 717 Rn. 22-24). Der Anspruch kann gemäß § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch, wie hier, in dem anhängigen Rechtsstreit zur Hauptsache geltend gemacht werden.
Der Eventualantrag ist zulässig, es liegt eine zulässige innerprozessuale Bedingung vor. Bedingungseintritt ist aufgrund der im vorliegenden Endurteil erfolgten Aufhebung des Versäumnisurteils und Klageabweisung gegeben.
2. Der Inzidentantrag ist auch begründet, weil die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 717 Abs. 2 ZPO in vollem Umfang erfüllt sind (a. bis h.).
a. An die Klägerin erfolgte eine Zahlung in Höhe von 8.771,07 € zu einem Zeitpunkt, als die Klägerin bereits Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse erwirkt hatte, die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen also bereits hinreichend konkretisiert waren. Deshalb kann auch offen bleiben, ob die Zahlung dann selbst durch die Beklagte erfolgte, wie diese meint, oder durch einen Drittschuldner der Beklagten, wie die Klägerin meint. Es liegt damit entweder eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme im Sinne des § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO oder zumindest eine Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO vor.
b. Das Versäumnisurteil vom 18.04.2007 als vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil im Sinne des § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO wird mit vorliegendem Urteil aufgehoben.
c. Entgegen der klägerischen Ansicht liegt ein Schaden vor, und zwar in Höhe von 8.771,07 €.
Die Ersatzpflicht des Gläubigers erstreckt sich auf die Wiederherstellung des früheren Zustands durch Rückgabe alles dessen, was der Schuldner gezahlt oder geleistet hat (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 717 Rn. 6). Der Schaden ist daher hier der gesamte an die Klägerin auf der Grundlage des Versäumnisurteils geleistete Geldbetrag in Höhe von 8.771,07 €. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es für die Schadensbemessung nicht auf andere Umstände an, insbesondere nicht auf die Existenz bzw. Nicht-Existenz etwaiger Mängelrechte der Beklagten gegen die Klägerin bzw. der Bauherren Schuster gegenüber der Beklagten.
d. Der Schadensersatzanspruch ist auch nicht infolge Mitverschuldens der Beklagten zu kürzen.
Mitwirkendes Verschulden des Schuldners bei der Schadensentstehung im Sinne des § 254 BGB ist grundsätzlich zu berücksichtigen (vgl. MüKoZPO /Götz a. a. O. § 717 Rn. 19).
Vorliegend ist jedoch kein anspruchsbegründendes Mitverschulden der Beklagten ersichtlich.
Von vornherein kann Mitverschulden entgegen der klägerischen Ansicht nicht darauf gestützt werden, dass die Beklagte es war, die durch Verstreichenlassen der Klageerwiderungsfrist den Erlass des Versäumnisurteils provozierte. Zum einen beruhte der Erlass des Versäumnisurteils nicht auf dem Verstreichenlassen der Klageerwiderungsfrist, sondern auf dem Nichterscheinen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung. Zum anderen war die Flucht der Beklagten in die Säumnis ein legitimes Mittel der Prozessführung. Träfe die Ansicht der Klägerin zu, wäre im Ergebnis bei einem rechtmäßig ergangenen Versäumnisurteil ein Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO stets zu verneinen. Dieses Ergebnis steht nicht im Einklang mit dem Wortlaut des § 717 Abs. 2 ZPO, der ausnahmslos für alle für vorläufig vollstreckbaren Titel gilt, und wird auch, soweit ersichtlich, von niemandem vertreten.
Weiter greift auch nicht der Einwand durch, dass der Beklagten anzurechnen ist, dass sie es auf die Vollstreckung ankommen ließ und nicht, wie es ihr aufgrund richterlichen Beschlusses möglich gewesen wäre, einen Geldbetrag von 10.000,00 € zur Sicherheit hinterlegte zur Einstellung der Zwangsvollstreckung. Das Ziel der klägerischen Argumentation wird für das Gericht nicht deutlich. Die Klägerin steht jetzt nicht schlechter als bei einer Sicherheitsleistung durch die Beklagte in Höhe von 10.000,00 €. In beiden Fällen kann die Klägerin im Endergebnis kein Geld der Beklagten behalten. Bei einer Sicherheitsleistung hätte sie nie Geld erhalten, in der vorliegenden Situation muss sie das erhaltene Geld zurückgeben.
Ein anspruchsminderndes Mitverschulden ergibt sich auch nicht aus der unterbliebenen zeitnahen Unterrichtung der Klägerin durch die Beklagte über den Ausgang des Parallelverfahrens. Eine Pflicht bzw. Obliegenheit der Beklagten zur ungefragten Information der Klägerin über den Ausgang des Parallelverfahrens bestand nicht (siehe II. 1. b. cc.).
e. Die Vorschrift des § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil der zur Aufhebung des Versäumnisurteils führende Grund - die mittlerweile eingetretene Verjährung des klageweise geltend gemachten Anspruchs - erst lange Zeit nach dem Erlass des Versäumnisurteils und nach dem Geldeingang bei der Klägerin entstanden ist.
Der Grund für die Aufhebung des Urteils spielt für den Zurechnungszusammenhang keine Rolle (vgl. MüKoZPO /Götz a. a. O. § 717 Rn. 17; Zöller-Herget a. a. O. § 717 Rn. 10). Es kommt immer auf die objektive Lage an und nicht darauf, ob der Gläubiger damit rechnen konnte, dass der Titel im weiteren Verfahren aufgehoben wird. Dementsprechend kann der Zurechnungszusammenhang auch dann nicht verneint werden, wenn die Aufhebung auf einer erst nach dem Erlass der Entscheidung und nach der Vollstreckung entstandenen Einwendung beruht. Zwar war die aufgehobene Entscheidung hier ursprünglich materiell richtig, der Vollstreckungsdurchgriff auf dieser Grundlage stand also im Einklang mit dem materiellen Recht. Doch ist allein entscheidend, wie die Rechtslage letztlich zu beurteilen ist. Vor Rechtskrafteintritt muss der Gläubiger immer gewärtigen, dass die ihm günstige Entscheidung aufgehoben wird, und zwar auch aufgrund neuen Tatsachenvortrags (vgl. MüKoZPO /Götz a. a. O. § 717 Rn. 17; a.A.: Zöller-Herget a. a. O. § 717 Rn. 3; Musielak ZPO /Lackmann, 12. Aufl. 2015, § 717 Rn. 10). Eine gegenteilige Sichtweise ist auch nicht mit dem Wortlaut des § 717 Abs. 2 ZPO vereinbar, der keine, und schon überhaupt keine so weitreichende, Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift vorsieht. Nur die hier vertretene Ansicht steht auch im Einklang mit dem Normzweck des § 717 Abs. 2 ZPO. Die Vorschrift führt nach dem Verständnis des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 03.07.1997, IX ZR 122/96, Rz. 17, zit. nach juris) auf den allgemeinen Rechtsgedanken zurück, dass der Gläubiger aus einem noch nicht endgültigen Titel auf eigene Gefahr vollstreckt. Nach einer Aufhebung oder Änderung des nur vorläufigen Urteils, das den Gläubiger zur vorzeitigen Vollstreckung berechtigte, soll der daraus folgende Schaden des Schuldners ausgeglichen werden. Es handelt sich um eine schuldunabhängige Risikohaftung des Gläubigers. Soweit die Klägerin bemüht ist, aus diesem Urteil Argumente für die Gegenansicht herzuleiten, kann das Gericht nicht folgen. Es fehlt schon an der Vergleichbarkeit der Fallkonstellationen. Vorliegend ist die Existenz eines Anspruchs gemäß § 717 Abs. 2 ZPO in Streit. In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um die ganz anders gelagerte Frage, inwieweit gegen einen unstreitig bestehenden Schadensersatzanspruch gemäß § 717 Abs. 2 ZPO aufgerechnet werden kann.
f. Der Anspruch der Beklagten gemäß § 717 Abs. 2 ZPO ist auch nicht verjährt.
Es fehlt schon an einer wirksamen Erhebung der Verjährungseinrede, weil die Klägerin ausdrücklich nur die Verwirkung - und nicht auch die Verjährung - des Anspruchs geltend macht. Beruft sich der Schuldner auf Verwirkung, so ist darin jedenfalls bei einem Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Einrede der Verjährung enthalten (vgl. Palandt-Ellenberger a. a. O. § 214 Rn. 2 m. w. N. aus der BGH-Rspr.).
Zudem liegt auch objektiv keine Anspruchsverjährung vor. Gemäß § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist zwar der Anspruch auf Schadensersatz, wenn er wie hier in dem anhängigen Rechtsstreit geltend gemacht wird, als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. Der Verjährungsbeginn wird jedoch durch die Vorschrift des § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht vorgezogen (vgl. MüKoZPO /Götz a. a. O. § 717 Rn. 24). Der Verjährungsbeginn richtet sich vielmehr nach § 199 BGB; entscheidend ist die positive Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich des aufhebenden Urteils (vgl. Zöller-Herget a. a. O. § 717 Rn. 14).
g. Der Anspruch, der erst mit vorliegendem, das Versäumnisurteil aufhebenden Endurteil entsteht, ist entgegen der klägerischen Ansicht auch nicht verwirkt.
h. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 Abs. 2 BGB i. V. m. § 717 Abs. 2 Satz 2 2. HS ZPO.
Die Vorschrift des § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO führt zu einer Vorverlegung des Zinsbeginns (vgl. MüKoZPO /Götz a. a. O. § 717 Rn. 24). Zinsbeginn ist mit dem Erhalt des Geldbetrags am 11.07.2007.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 344 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt hinsichtlich der Beklagten aus § 709 Sätze 1 und 2 ZPO, hinsichtlich der Klägerin aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
C.
Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung gelten die Vorschriften der §§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO. Hinsichtlich des Inzidentantrags gilt § 45 Abs. 1 Satz 3 ZPO. Der Gebührenstreitwert erhöht sich wegen wirtschaftlicher Identität des Schadensersatzanspruchs mit der Klageforderung nicht.

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