Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
Der Beklagte wird verurteilt, den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
Tatbestand:
2
Die Klägerin
ist ein deutschlandweit tätiger – nach § 3 UmwRG anerkannter –
Umweltverband, der seinen Schwerpunkt im Bereich der Luftreinhaltung
hat. Sie begehrt die Änderung des 2012 durch die Bezirksregierung
Düsseldorf erlassenen Luftreinhalteplans Düsseldorf 2013 zwecks
Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes
für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) im Stadtgebiet der Beigeladenen.
3
Zu Stickstoffdioxid heißt es im Einführungskapitel unter Ziff. 1.3.2 (S. 14 f.) des vorgenannten Luftreinhalteplans:
4
„Als Reizgas mit stechend-stickigem Geruch wird NO2
bereits in geringen Konzentrationen wahrgenommen. Die Inhalation ist
der einzig relevante Aufnahmeweg. Die relativ geringe Wasserlöslichkeit
des NO2 bedingt, dass der Schadstoff nicht in den oberen
Atemwegen gebunden wird, sondern auch in tiefere Bereiche des Atemtrakts
(Bronchiolen, Alveolen) eindringt.Stickstoffdioxid kann die menschliche
Gesundheit nachhaltig schädigen. Eine Erhöhung der
Stickstoffdioxid-Konzentration in der Außenluft führt zu einer
Verschlechterung der Lungenfunktion und einer Erhöhung der Häufigkeit
von infektionsbedingten Atemwegserkrankungen wie Husten oder Bronchitis.
Pro Zunahme der NO2-Belastung um 10 µg/m³ muss mit einem
Anstieg der Häufigkeit von Bronchitis-Symptomen oder des Auftretens von
Bronchitis um ca. 10 % gerechnet werden.Besonders betroffen sind vor
allem gesundheitlich vorgeschädigte Personen mit Atemwegserkrankungen
sowie Kinder und Jugendliche. Aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
die Sterblichkeit nehmen in der Bevölkerung mit ansteigender
Stickstoffdioxidkonzentration zu.Für Stickstoffdioxid konnten bisher
keine Schwellenwerte für die Konzentration ermittelt werden, unterhalb
derer eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden kann. Allerdings
tragen auch vergleichsweise geringfügige Reduzierungen der Belastungen
zu einer Verbesserung des Gesundheitsschutzes bei.Die „Feinstaub
Kohorten Studie Frauen NRW“ weist darauf hin, dass sich mit einer
Zunahme der NO2-Konzentration um 16 µg/m³ eine Zunahme der
allgemeinen Sterblichkeit um 17 % ergab. Der Anstieg der spezifischen
Mortalität für die Todesursache Herz-Kreislauf-Erkrankung war mit mehr
als 50 % am engsten mit der Zunahme von NO2 assoziiert.“
5
Der
Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013, der den ersten Luftreinhalteplan für
das gesamte Stadtgebiet der Beigeladenen (von 2008) fortschreibt und
ersetzt, stellt (in Kapitel 2 „Überschreitung von Grenzwerten“) unter
Ziff. 2.3 (S. 23 f.) tabellarisch und textlich den Trend der NO2-Jahresmittelwerte
im Untersuchungsgebiet von 2003 bis 2011 dar. Am Messpunkt
Corneliusstraße sei der Jahresmittelwert bis zum Jahr 2008 (bis auf
Werte über 70 µg/m³) kontinuierlich angestiegen und seit 2009 – also
nach dem In-Kraft-Setzen des Luftreinhalteplans 2008 – rückläufig (2010
und 2011 noch deutlich über 60 µg/m³). Hingegen sei am Messpunkt
Merowingerstraße (auch wegen verbesserter Messtechnik) kein Rückgang zu
verzeichnen.
6
In Kapitel 3
enthält der geltende Luftreinhalteplan eine Ursachenanalyse und in
Kapitel 4 eine Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung der
Belastung. Kapitel 5 beinhaltet die fortgeschriebenen sowie die neuen
Maßnahmen der Luftreinhalteplanung wie insbesondere die Förderung der
Elektromobilität und des Radverkehrs (M 5/35 und 5/68), die flächenhafte
Vergrößerung der Umweltzone (M 5/49), die Grüne Umweltzone ab dem
1. Juli 2014 (M 5/50), den Einsatz von emissionsgeminderten Baumaschinen
(M 5/67) und Anreize zur ÖPNV-Nutzung (M 5/69). Kapitel 6 enthält die
Prognose der Belastung unter Berücksichtigung der geplanten Maßnahmen;
dort heißt es unter Ziff. 6.2 (S. 144 f.), dass sowohl für die
Cornelius- als auch für die Merowingerstraße zwar Immissionsreduktionen
zu erwarten seien, eine Einhaltung des NO2-Grenzwertes im
Prognosejahr 2015 aber für keine der beiden Messpunkte prognostiziert
werde. In Kapitel 7 werden Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der
Luftqualität aufgelistet, darunter der Wegfall der staatlichen Förderung
von Dieselkraftstoff, die Änderung der Besteuerung von Dienstwagen und
die Förderung der Nachrüstung von SCRT-Filtersystemen im Bereich der
ÖPNV-Flotten.
7
Die Messwerte
entwickelten sich an der Corneliusstraße (DDCS) ausweislich der
„Kurzfassungen Jahreskenngrößen“ des Landesamtes für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz (LANUV) NRW auf dessen Internetseite seit 2012 wie
folgt:
8
DDCS 2012 64 µg/m³ 2013 61 µg/m³ 2014 60 µg/m³ 2015 59 µg/m³
9
Vor diesem
Hintergrund wandte sich die Klägerin Mitte August 2015 an die
Bezirksregierung Düsseldorf. Sie rügte, dass die bislang ergriffenen
Maßnahmen offenkundig nicht ausreichend seien und beantragte, den für
Düsseldorf geltenden Luftreinhalteplan unverzüglich so zu ändern, dass
dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung
des NO2-Grenzwertes im gesamten Stadtgebiet enthalte.
10
Der
Staatssekretär des Umweltministeriums (MKULNV) NRW betonte in seinem
Antwortschreiben, dass der erforderliche Gesundheitsschutz für die
Anwohner noch nicht sichergestellt sei und weitere Minderungsmaßnahmen
zu ergreifen seien. Derzeit würden auf der Ebene der Landesregierung
alle erfolgversprechenden legislativen und sonstigen Maßnahmen geprüft.
Die Bezirksregierung Düsseldorf listete in ihrem Schreiben an die
Klägerin vom 11. September 2015 eine Reihe von Maßnahmen des
Luftreinhalteplans 2013 (wie beispielsweise die Förderung der
Elektromobilität und des Radverkehrs und die Attraktivitätssteigerung
des ÖPNV) nebst Umsetzungsstand auf und verwies auf weitere Maßnahmen
der Beigeladenen außerhalb des Luftreinhalteplans (wie beispielsweise
die Entwicklung eines Dach-, Fassaden- und Innenhofbegrünungsprogramms).
Abschließend versicherte sie, dass sie gemeinsam mit den Kommunen alle
ihr möglichen Maßnahmen zur weiteren Verringerung der NO2-Belastung ergreifen werde.
11
Die Klägerin hat am 18. November 2015 Klage erhoben.
12
Zu deren
Begründung führt sie aus: Aus dem europäischen Recht folge eine
Ergebnisverpflichtung des Beklagten. Seit dem 1. Januar 2010 müsse der
Grenzwert für Stickstoffdioxid eingehalten werden; etwaige
Überschreitungszeiträume seien so kurz wie möglich zu halten. Alle
ergriffenen Maßnahmen müssten sich an dem Ziel der schnellstmöglichen
Grenzwerterreichung messen lassen. Die anhaltende Überschreitung (auch)
in Düsseldorf sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen in
diesem Sinne nicht „geeignet“ seien. Es bestehe eine Pflicht zum
Ergreifen aller objektiv möglichen Maßnahmen; eine Verengung auf
finanzierbare bzw. verhältnismäßige Maßnahmen sei unzulässig. Jedenfalls
seien an die Verhältnismäßigkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen
allenfalls geringfügige Anforderungen zu stellen. Auch könne sich ein
Planungsträger nicht damit rechtfertigen, dass von anderen Rechtsträgern
effektivere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Erforderlich sei eine
umfassende Gesamtplanung. Diesen Maßstäben werde der Luftreinhalteplan
Düsseldorf 2013 nicht gerecht, zumal in dem Plan selbst von einer
Überschreitung der Werte auch noch im Jahr 2015 ausgegangen werde. Bis
wann mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen die Grenzwerte eingehalten
werden können, werde nicht angegeben. Dennoch beziehe sich der Beklage
in seinen Antwortschreiben von September 2015 im Wesentlichen auf die
bisherigen Maßnahmen. Weder stelle er eine Fortschreibung der Planung in
Aussicht noch intensiviere er bestehende Bemühungen deutlich. Als
mögliche Maßnahme, mit denen der Grenzwert deutlich schneller
eingehalten werden könnte, sei beispielsweise die Förderung des ÖPNV in
Gestalt des kostenlosen ÖPNV, eines Bürgertickets oder eines günstigen
Jahrestickets anzuführen. Auch könnten deutlichere Anreize für den
Umstieg auf emissionsarme Fortbewegungsmittel (u. a. Car-Sharing,
Radverkehr und Elektromobilität) gesetzt und zur Gegenfinanzierung eine
City-Maut in Betracht gezogen werden. Des Weiteren könne an eine
Reduzierung der Parkraummöglichkeiten, an Geschwindigkeitsreduzierungen,
an eine schadstoffarme Taxiflotte und eine Ausstattung der Busflotte
mit SCRT-Filtern gedacht werden. Auch sei die Eingrenzung des
LKW-Durchfahrtverkehrs zu nennen. Letztlich seien für eine spürbare
Senkung der Stickoxidbelastung deutliche Reduzierungen der
Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich.
Dies könne durch eine Verschärfung der Umweltzone durch die Blaue
Plakette bzw. durch zeitlich und sachlich beschränkte Fahrverbote
umgesetzt werden. Während für die Blaue Plakette sicherlich die
35. BImSchV geändert werden müsse, seien Fahrverbote auch schon heute
bundesrechtlich möglich.
13
Die Klägerin beantragt,
14
den
Beklagten zu verurteilen, den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 so zu
ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen
Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.
15
Der Beklagte beantragt,
16
die Klage abzuweisen.
17
Er wirft
zunächst die Frage nach der Klagebefugnis und einer möglichen Präklusion
der Klägerin (gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG) auf, weil diese im Rahmen
des 2012 durchgeführten Beteiligungsverfahrens zu dem in Rede stehenden
Luftreinhalteplan keine Stellungnahme abgegeben hat.
18
Die Klage sei
auch unbegründet, denn er – der Beklagte – habe alle rechtlich
zulässigen Maßnahmen aufgenommen, um den Zeitraum einer Überschreitung
von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu
halten. Hinsichtlich der Auswahl der konkreten in den Plan
aufzunehmenden Maßnahmen stehe der planaufstellenden Behörde ein
Ermessensspielraum zu. Bei der Planung sei nicht allein auf die
Geeignetheit der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der
Grenzwerte abzustellen; vielmehr habe die Planung unter Berücksichtigung
der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen wie insbesondere
dem Interesse am Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung, der Aspekte der
Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen und der verkehrsrechtlichen
Interessen sowie der privaten Interessen zu erfolgen. Die in Betracht
kommenden Maßnahmen müssten auch verhältnismäßig sein, insbesondere dem
Verursacherprinzip entsprechen und nicht auf einen Schlag zur
Zielerreichung führen. Zwar komme dem Schutz der Gesundheit der Menschen
vor Luftverunreinigungen ein großes Gewicht zu, er sei andererseits
aber kein absolutes, Vorrang vor allen anderen Interessen genießendes
Ziel. Der Gestaltungsspielraum der planaufstellenden Behörde könne
weiter durch eine Zuständigkeitsverteilung auf mehrere Behörden für in
Betracht kommende Maßnahmen beschränkt sein. Insgesamt könne die
Luftreinhalteplanung als lokales Koordinationsinstrument die
Gesetzgebung nicht ersetzen und bewege sich in engen kompetenziellen
Grenzen. So setzten beispielsweise die Anpassung des Dieselsteuersatzes
an den von Benzin oder die Schaffung der Möglichkeit für die Kommunen,
die Umweltzonen für Diesel-PKWs (auch für solche bis zur
Schadstoffklasse Euro 5) zu sperren, Rechtsänderungen auf Bundesebene
voraus, die von den Bundesländern nur angeregt, aber nicht selbst
vorgenommen werden könnten. Auch müssten die Maßnahmen dem in § 45
Abs. 2 BImSchG verankerten Ziel eines integrierten Umweltschutzes
Rechnung tragen, also die Auswirkungen auf die gesamte Umwelt beachtet
werden. Gemessen an diesen Vorgaben sei der Maßnahmenkatalog des
Luftreinhalteplans Düsseldorf 2013 rechtlich nicht zu beanstanden, zumal
er sich nicht nur auf die NO2-Belastung, sondern auch auf
die PM10-Belastung beziehe; die für PM10 geltenden Grenzwerte würden
bereits eingehalten.Hinsichtlich der einzelnen Vorschläge des Klägers
führt der Beklagte Folgendes aus:Durch LKW-Durchfahrtsverbote würden
entlastete Hauptverkehrslinien für andere Verkehre attraktiver, da der
Verkehr hier schneller fließen könne. Angesichts des hohen Dieselanteils
und der Tatsache, dass ein LKW Platz für zwei bis drei PKWs schaffe,
müsse es nicht zu einer Emissionsminderung kommen. Durch Ausweichverkehr
könne es überdies zu verlängerten Fahrwegen und damit zu einem Anstieg
der Gesamt-Emissionen und somit der städtischen Hintergrundbelastung
kommen. Die Ausdehnung des LKW-Routenkonzepts von 2005 sei geprüft
worden. Für die Corneliusstraße und die Merowingerstraße sei ein
LKW-Verbot mit „Lieferverkehr frei“ angeordnet; eine Ausdehnung auf die
Ludenbergerstraße komme mangels Alternativroute nicht in Betracht. Der
Förderung des ÖPNV messe der Beklagte ausweislich des ÖPNVG NRW und der
Planungen zum Rhein-Ruhr-Express RRX eine große Rolle bei. Allerdings
seien die Einwirkungsmöglichkeiten der Bezirksregierungen hinsichtlich
der finanziellen Förderung begrenzt. Vorgaben grundsätzlicher Art an die
ÖPNV-Aufgabenträger stießen an die Grenzen des Tarifrechts (des
§ 39 PBefG). Auch seien die bisherigen praktischen Erfahrungen mit einem
kostenfreien ÖPNV oder einem kostengünstigen Bürgerticket nicht
einheitlich; jedenfalls gebe es eine Fülle von kostengünstigen Tickets
und damit umfassende Anreize, um die Nutzung weitergehend zu fördern.
Die Ausstattung der Busflotte mit SCRT-Filtern stoße an finanzielle und
zum Teil auch technische Grenzen. Für die neuen Busse gelte seit Januar
2014 ohnehin die Abgasstufe Euro VI, sodass die Minderungssysteme über
die Fahrzeugflottenmodernisierungen sukzessive eingeführt würden. Die
Rheinbahn habe in der Vergangenheit verschiedene, zum Teil sehr
kostenintensive Technologien untersucht bzw. in Praxisversuchen
getestet, um neue und umweltschonende Technologien zum Einsatz bringen
zu können. Seit 2004 sei sie bestrebt, auf der Corneliusstraße
ausschließlich die Busse mit dem höchsten technischen Abgasstandard
einzusetzen. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von
Tempo 30 (Unfallschwerpunkte) sei auf den in Rede stehenden
innerörtlichen Vorfahrtstraßen nicht gegeben. Auch der Umsetzung der
verkehrsbeschränkenden Maßnahmen „City-Maut“ und „zeitlich und sachlich
beschränkte Fahrverbote“ stünden grundsätzliche rechtliche und
tatsächliche Probleme entgegen. Für die „City-Maut“ gebe es bislang
keine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich der Fahrverbote sei zu
beachten, dass nur die in der StVO abgebildeten oder die vom Bund im
Verkehrszeichenkatalog (VzKat) veröffentlichten oder die durch
Verkehrsblattverlautbarung zugelassenen Verkehrszeichen angeordnet
werden dürften. Ein Verkehrszeichen, das sämtliche Informationen zu
alternierenden Verkehrsverboten enthalte, sei bislang nicht
veröffentlicht worden. Aus diesem Grund könnten Fahrverbote derzeit nur
durch das Zeichen 250 StVO („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) in
Kombination mit den entsprechenden Zusatzzeichen angeordnet werden.
Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, dass die Obersten
Straßenverkehrsbehörden der Länder neue Zusatzzeichen genehmigen
könnten. Allerdings sehe das Verkehrsministerium (MBWSV) NRW aus Gründen
der Übersichtlichkeit und Verkehrssicherheit sowie zur Wahrung der
Rechtssicherheit davon ab, die entsprechenden Zusatzzeichen zur
Anordnung von zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverboten zu
genehmigen, denn das vorgenannte Zeichen 250 StVO müsste mit einer
Vielzahl von Zusatzzeichen und zumal am Standort des Zeichens 270.1 StVO
(„Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher
Luftverunreinigungen in einer Zone“) versehen werden; eine solche
Häufung von Verkehrs- und Zusatzzeichen an einer Stelle würde eine
Informationsüberfrachtung darstellen, die mit den
straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sei.
Zudem verstoße die Einführung eines alternierenden Verkehrsverbotes für
Fahrzeuge mit geraden / ungeraden Kennziffern gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil Benzinfahrzeuge davon gleichermaßen
betroffen seien, obwohl Dieselfahrzeuge ca. Faktor 10 – im Stadtverkehr
bis zu Faktor 20 – mehr emittierten als benzinbetriebene Fahrzeuge. Auch
ein Verkehrsverbot für Dieselkraftfahrzeuge sei unverhältnismäßig, weil
eine entsprechende Sperrung der Innenstädte Handel, Bau, Gewerbe,
Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum
Erliegen brächte, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert
würde. Zu bedenken sei auch die über das eigentliche Zentrum der Städte
hinausgehende Größe der Umweltzonen in NRW; wollte man das
Verkehrsverbot auf kleinere Bereiche beschränken, so müssten diese
zunächst (nach landeseinheitlichen Kriterien) festgelegt und zusätzlich
ausgeschildert werden. Mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge sei ein
solches Verkehrsverbot nicht kontrollierbar. Zwecks Vermeidung von
Verlagerungseffekten müssten zudem Alternativrouten mit „entspannter“
lufthygienischer Belastung ausgeschildert werden; unter diesem
Gesichtspunkt scheide der Lastring: Südring und Dorotheenstraße als
Alternativroute für die Corneliusstraße aus. Die Blaue Plakette müsse
durch den Bund in der 35. BImSchV verankert werden; die geforderte
Aufnahme eines Passus in den Luftreinhalteplan, nachdem der Beklagte
eine Bundesratsinitiative mit einem konkreten Verordnungsentwurf zur
Änderung der 35. BImSchV auf den Weg bringen solle, sei als konkrete
Maßnahme nicht geeignet, weil sie der planaufstellenden Behörde von
vorneherein nicht zu Gebote stehe. Schließlich verweist der Beklagte auf
das durch die Beigeladene eingeholte Gutachten des Ingenieurbüros
M. zur „Ermittlung von NO2-Minderungspotenzialen für
die Situation auf der Düsseldorfer Corneliusstraße /
Luftqualitätsstation DDCS“ von Mai 2016 („Anlage 7“ in der Beiakte
Heft 4).
19
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
20
Wegen der
weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakten nebst Beiakten Bezug genommen.
21
Entscheidungsgründe:
22
Die Klage hat Erfolg, denn sie ist zulässig (I.) und begründet (II.).
23
I.Durch die
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zum Luftreinhalteplan
Darmstadt) ist die Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage, des
konkret gestellten Antrags sowie der (aus § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO
folgenden) Klagebefugnis der Klägerin geklärt.
24
Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 -, juris Rn. 18 ff., 52 ff. und 38 ff.
25
Die Klägerin
ist auch nicht wegen mangelnder Mitwirkung an dem 2012 durchgeführten
Beteiligungsverfahren zu dem in Rede stehenden Luftreinhalteplan gemäß
§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG präkludiert. Dabei kann die Auseinandersetzung
über die Reichweite des Urteils des Europäischen Gerichtshofs
26
vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 -, juris Rn. 77 ff.,
27
zu den
Präklusionsregelungen in § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 S. 3 VwVfG
unerörtert bleiben, denn das Bundesverwaltungsgericht hat in der
vorgenannten Entscheidung deutlich gemacht, dass der Anwendungsbereich
des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nicht im Wege der Analogie auf Art. 9
Abs. 3 Aarhus-Konvention erstreckt werden könne.
28
Vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 30 ff.
29
Vor diesem
Hintergrund kann erst recht eine den Rechtsschutz beschränkende
Vorschrift wie § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG nicht zu Lasten der Klägerin zur
Anwendung gebracht werden. Überdies fehlt es an der dort genannten
Tatbestandsvoraussetzung der Berechtigung zur Beteiligung in einem
Verfahren nach § 1 Abs. 1 (UmwRG), denn die Aufstellung oder Änderung
von Luftreinhalteplänen und die zugehörige Öffentlichkeitsbeteiligung
nach § 47 Abs. 5 und 5a BImSchG ist weder eine Entscheidung im Sinne von
§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG i. V. m. § 2 Abs. 3 UVPG noch fällt sie
unter § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UmwRG.Schließlich weist die Klägerin zu
Recht darauf hin, dass es ihr nicht um einen Angriff auf den
Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013, sondern um das Unterlassen einer
Dynamisierung des Luftreinhalteplans, also um einen neuen geänderten
Plan gehe.
30
II.Die Klage
ist auch begründet, denn die Klägerin hat gegen den Beklagten einen
Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans für die Beigeladene
dahingehend, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur
schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten
Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ enthalten muss.
31
Nach § 47
Abs. 1 S. 1 BImSchG, der Art. 23 Abs. 1 UAbs. 1 der Richtlinie
2008/50/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008
über Luftqualität und saubere Luft für Europa in nationales Recht
umsetzt, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan
aufzustellen, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1
(BImSchG) festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter
Toleranzmargen überschritten werden. Die Maßnahmen eines
Luftreinhalteplans müssen nach § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG geeignet sein,
den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden
Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
32
Gemäß Art. 13
Abs. 1 UAbs. 2 i. V. m. Anhang XI Buchst. B der vorgenannten
Richtlinie, der durch § 48a Abs. 1 BImSchG i. V. m. § 3 Abs. 2 der 39.
BImSchV in nationales Recht umgesetzt wird, beträgt der über ein
Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 40 µg/m³.
Nach der oben angeführten Richtlinienbestimmung ist die Frist zur
Einhaltung dieses Grenzwertes seit dem 1. Januar 2010 abgelaufen.
33
Die NO2-Belastung
im Stadtgebiet der Beigeladenen ist zwar rückläufig, lag aber sowohl im
Jahre 2014 mit 60 µg/m³ (Messstationen DDCS und DBIL) als auch 2015 mit
59 µg/m³ (Messstation DDCS) deutlich über dem seit mehr als
sechseinhalb Jahren geltenden Grenzwert von 40 µg/m³.
34
Im Hinblick
auf diese andauernde Überschreitung ergibt sich aus Art. 23 Abs. 1
UAbs. 2 S. 1 RL 2008/50/EG, § 47 Abs. 1 S. 1 und 3 und § 27 Abs. 2 S. 1
Nr. 1 der 39. BImSchV die Pflicht des Beklagten, in den
Luftreinhalteplan geeignete Maßnahmen aufzunehmen, um den Zeitraum der
Nichteinhaltung so kurz wie möglich zu halten. Die Schadstoffbelastung
der Luft soll im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes
möglichst schnell auf das ausweislich des Immissionsgrenzwertes als noch
zumutbar erachtete Ausmaß zurückgeführt werden. An diesem
Minimierungsgebot muss sich die Entscheidung der Behörde ausrichten; es
ist zugleich rechtlicher Maßstab für die angesichts der
Gestaltungsspielräume der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle.
Das Gebot, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst
schnell zu beenden, fordert eine Bewertung der zur Emissionsminderung
geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine
zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele. Daraus kann sich eine
Einschränkung des planerischen Ermessens ergeben, wenn allein die Wahl
einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte
erwarten lässt. Auch insoweit wird aber nicht vorausgesetzt, dass die zu
ergreifenden Maßnahmen auf einen Schlag zur Zielerreichung führen;
vielmehr kann auch hier – nach Maßgabe des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – ein Vorgehen in mehreren Stufen
vorgesehen werden.
35
Vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 59.
36
Der Zeitraum,
der erforderlich ist, um die Überschreitung so kurz wie möglich zu
halten, lässt sich dabei nicht abstrakt bestimmen. Er hängt von den
jeweiligen örtlichen Umständen und den erforderlichen Maßnahmen ab. Der
Zeitraum kann kürzer oder länger sein, je nachdem, wie viel Zeit die
Umsetzung der Maßnahmen im Einzelfall erfordert. Ob die zuständige
Behörde ihren Verpflichtungen nachgekommen ist, lässt sich aber nur dann
feststellen, wenn hinter der Planung ein Gesamtkonzept steht, das die
Einhaltung der Werte zum Ziel hat. Es reicht nicht aus, sich in der
Planung nur mit einzelnen Maßnahmen zu beschäftigen und dabei offen zu
lassen, wann das Gesamtziel auf Grund welcher Maßnahmen erreicht sein
wird. Sollte es punktuell mittelfristig rechtlich oder tatsächlich nicht
möglich sein, das Ziel zu erreichen, wäre auch das in einem
Luftreinhalteplan darzustellen.
37
Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 22. Oktober 2014 - 1 K 154/12 -, juris Rn. 49.
38
Ein
Luftreinhalteplan ist erst dann effektiv, wenn er allen für die
Reinhaltung der Luft (mit)verantwortlichen Stellen geeignete
Handlungsoptionen aufzeigt, deren Wirksamkeit bewertet und so Grundlage
dafür ist, sich für die eine(n) oder andere(n) Maßnahme(n) zu
entscheiden, mit der absehbaren Folge, dass die Grenzwerte fristgemäß
eingehalten werden.
39
Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 30. Juni 2015 - 4 K 97/15.WI -, Rn. 94.
40
Den
beschriebenen Anforderungen genügt der Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013
nicht (mehr). In Bezug auf das vorliegend allein streitgegenständliche
Reizgas Stickstoffdioxid vermisst die Kammer ein (auch die Zeit ab dem
laufenden Jahr berücksichtigendes) Gesamtkonzept, dass alle effektiven –
rechtlich oder tatsächlich nicht von vorneherein ausgeschlossenen –
Maßnahmen auflistet, bewertet und über deren (Nicht)Umsetzung
entscheidet; insbesondere fehlt auch die Angabe von konkreten
Zeithorizonten hinsichtlich der Einhaltung des Grenzwertes.
41
Der
Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 beschränkt sich in zeitlicher Hinsicht
darauf, für das „Prognosejahr 2015“ sowohl in der Corneliusstraße
(DDCS: 64 µg/m³) als auch in der Merowingerstraße (DBIL: 62 µg/m³) zwar
zu erwartende Immissionsreduktionen, jedoch keine Einhaltung des NO2-Grenzwertes
zu konstatieren (vgl. Ziff. 6.2, S. 144 f.). Über das „Zieljahr 2015“
hinausgehende zeitliche Überlegungen, wann denn der Jahresmittelwert von
40 µg/m³ eingehalten werden könne, lassen sich auch der
„Zusammenfassung“ (vgl. Ziff. 8, S. 154 f.) nicht entnehmen; hier ist
lediglich davon die Rede, dass die Einhaltung (…) die planaufstellenden
Behörden und die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen auch
weiterhin vor große Herausforderungen stelle.
42
In dem
Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013, der durchaus beachtliche Maßnahmen
zur Senkung der vom Straßenverkehr ausgehenden Schadstoffemissionen wie
die Grüne Umweltzone enthält, fehlt allerdings eine differenzierte
Auseinandersetzung mit der besonderen Problematik von Dieselfahrzeugen,
die unstreitig (gegenüber benzinbetriebenen Fahrzeugen) überproportional
an der Überschreitung des NO2-Grenzwertes beteiligt sind.
Zwar enthält Kapitel 7 Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der
Luftqualität, darunter den Wegfall der staatlichen Förderung von
Dieselkraftstoff (Ziff. 7.1, S. 149 f.), die Änderung der Besteuerung
von Dienstwagen (Ziff. 7.2, S. 150 f.) und die Förderung der Nachrüstung
von SCRT-Filtersystemen im Bereich der ÖPNV-Flotten (Ziff. 7.7,
S. 153). Diese stehen jedoch im Kontext weiterer Regelungen auf
europäischer und nationaler Ebene. Effektive – in der Zuständigkeit des
Beklagten bzw. der Beigeladenen selbst liegende – Maßnahmen zur
Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen werden
hingegen gar nicht erst ernsthaft in den Blick genommen, obwohl dem
Beklagten die Sachlage ausweislich der oben angeführten Ziff. 7.1 des
Luftreinhalteplans schon 2012 hinreichend bewusst war.
43
Jedenfalls
die im September 2015 allgemein bekannt gewordene Problematik betreffend
die Emissionen von Dieselfahrzeugen, die als solche für die
Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzwerte irrelevant ist,
44
vgl. VG München, Urteil vom 21. Juni 2016 - M 1 K 15.5714 -, juris Rn. 30,
45
muss den
Beklagten nunmehr allerdings zu einer aktuellen Bestandsaufnahme und
Prüfung auch einschneidenderer Maßnahmen in Bezug auf Dieselfahrzeuge
veranlassen, die deren hohem Verursachungsanteil (vgl. § 47 Abs. 4S. 1
BImschG) hinreichend Rechnung tragen. Diese Auseinandersetzung hat in
einem geänderten bzw. fortgeschriebenen Luftreinhalteplan selbst zu
erfolgen, denn die besonders effektive Maßnahme in Gestalt des von der
Klägerin geforderten (beschränkten) Fahrverbots für (bestimmte)
Dieselfahrzeuge ist rechtlich (und tatsächlich) nicht von vorneherein
ausgeschlossen, wie letztlich auch der Beklagte schriftsätzlich und in
der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat.
46
Dass
Beschränkungen des Straßenverkehrs mit dieselbetriebenen Fahrzeugen
immense Minderungspotenziale beinhalten, ergibt sich ohne Weiteres aus
dem von der Beigeladenen beauftragten und von dem Beklagten vorgelegten
Gutachten des Ingenieurbüros M. zur „Ermittlung von NO2-Minderungspotenzialen für die Situation auf der Düsseldorfer Corneliusstraße / Luftqualitätsstation DDCS“ von Mai 2016.
47
Auf die –
unstreitig – fehlende Kompetenz des Beklagten zur Einführung einer
Blauen Plakette (im Rahmen der 35. BImSchV), die sicherlich hinsichtlich
Bundeseinheitlichkeit und Kontrollierbarkeit die bessere Lösung wäre,
kann sich dieser gerade angesichts der auch ihn treffenden staatlichen
Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG (vor Beeinträchtigungen der
körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit) nicht mit Erfolg
berufen. Denn die gegenwärtigen bundesrechtlichen Regelungen erlauben
dem Beklagten und bzw. zusammen mit der Beigeladenen schon heute die
Anordnung von Fahrverboten für (bestimmte) Dieselfahrzeuge.
48
Durchgreifende
rechtliche Bedenken gegen das von der Klägerin zur Umsetzung
vorgeschlagene Zeichen 251 aus der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot
für Kraftwagen) mit entsprechendem – auf (bestimmte) Dieselfahrzeuge
bezogenem – Zusatzzeichen hat weder der Beklagte vorgetragen noch sind
diese sonst ersichtlich.
49
Dass das
genannte Verbotszeichen als solches zum (abschließenden)
bundesrechtlichen Katalog der Verkehrszeichen gehört, ist ebenso
offensichtlich wie der Umstand, dass es zur Umsetzung von in einem
Luftreinhalteplan vorgesehenen Verkehrsbeschränkungen im Rahmen des § 40
Abs. 1 S. 1 BImSchG (wie auch die Zeichen 253, 255, 260 und das 2007
eingeführte Zeichen 270.1 zur Ausweisung einer Umweltzone) in Betracht
kommt.
50
Vgl. nur
Scheidler in Feldhaus: Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar,
2. Auflage, Stand der 192. Akt. Juni 2016, § 40 BImSchG Rn. 31; Fisahn /
Raschke in Kotulla: Bundes-Immissionsschutz-gesetz, Kommentar und
Vorschriftensammlung, Stand der 20. Lfg. Mai 2016, § 40 Rn. 18 Fn. 2.
51
Bei den
Zusatzzeichen, die gemäß § 39 Abs. 3 S. 1 StVO ebenfalls Verkehrszeichen
sind, fehlt im Katalog der Verkehrszeichen – VzKat – (Anhang zu § 39
StVO) in Teil 8 („Zusatzzeichen“) ein auf (bestimmte) Dieselfahrzeuge
zugeschnittenes Exemplar. Mangels abschließender Aufzählung der
Zusatzeichen steht es dem Verkehrsministerium des Beklagten (MBWSV NRW)
jedoch – wie in der mündlichen Verhandlung durch diesen nochmals
ausdrücklich bestätigt – frei, für Nordrhein-Westfalen andere als die in
dem vorgenannten Verzeichnis aufgeführten Zusatzzeichen zu genehmigen.
52
Vgl. Janker /
Hühnermann in Burmann / Heß / Hühnermann / Jahnke / Janker:
Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 24. Auflage 2016, § 39 StVO Rn. 7 und
die dort (vor Beginn der Kommentierung des § 39 StVO) abgedruckten VwV -
StVO zu §§ 39 bis 43 Rn. 46 („ … Abweichungen von dem in diesem
Verzeichnis aufgeführten Zusatzzeichen sind nicht zulässig; andere
Zusatzzeichen bedürfen der Zustimmung der zuständigen obersten
Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle.“).
53
Könnte
demnach das Zeichen 251 mit einem Zusatzzeichen „Diesel“ versehen
werden, so ist es Aufgabe des Beklagten, etwaige – aus Gründen der
Verhältnismäßigkeit (§ 47 Abs. 4 S. 1 BImSchG) gebotene – Beschränkungen
auf bestimmte Dieselfahrzeuge (mit schlechterem Emissionsverhalten)
durch eine allgemein verständliche und widerspruchsfreie Formulierung
zum Ausdruck zu bringen.
54
Wieso
zusätzlich zu dem vorgenannten Verkehrszeichen nebst eindeutigem
Zusatzzeichen eine „entsprechende Rechtsverordnung des Bundes nach § 40
Abs. 3 BImschG benötigt wird“, erschließt sich der Kammer nicht. Denn
mit der 35. BImSchV existiert bereits eine derartige Regelung der
Ausnahmen von Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 BImSchG, die sich nicht
etwa auf Umweltzonen beschränkt.
55
Vgl. Knauff in Führ: Gemeinschaftskommentar zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, 2016, § 40 Rn. 37.
56
Neben § 2
Abs. 3 der 35. BImSchV, der bestimmte Kraftfahrzeuge (wie beispielsweise
Krankenwagen und Arztwagen mit entsprechender Kennzeichnung) unabhängig
von der Kennzeichnung mit einer Plakette von (allen) in einem
Luftreinhalteplan vorgesehenen Verkehrsverboten ausnimmt, ist
insbesondere § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV anzuführen: Nach dieser
Vorschrift kann die zuständige Behörde den Verkehr mit von
Verkehrsverboten im Sinne des § 40 Abs. 1 BImSchG betroffenen Fahrzeugen
von und zu bestimmten Einrichtungen zulassen, soweit dies im
öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn dies zur Versorgung der
Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen notwendig
ist, oder überwiegende und unaufschiebbare Interessen Einzelner dies
erfordern, insbesondere wenn Fertigungs- und Produktionsprozesse auf
andere Weise nicht aufrechterhalten werden können. Ausnahmen nach dieser
Bestimmung werden durch Verwaltungsakt, auch in Form der
Allgemeinverfügung, zugelassen.
57
Vgl. Knauff
in Führ, a. a. O., § 40 Rn. 51; Amtliche Begründung zur Ersten
Änderungsverordnung in BR-Drucks. 819/07, abgedruckt in Feldhaus, a. a.
O., 35. BImSchV.
58
Zusammen mit der Ermächtigung zu Ausnahmen in § 40 Abs. 1 S. 2 BImSchG, die durch die 35. BImSchV erweitert wird,
59
vgl. Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Kommentar, 11. Auflage 2015, § 40 Rn. 39,
60
steht damit
ein hinreichendes Instrumentarium zur Verfügung, um der Befürchtung des
Beklagten zu begegnen, durch eine Sperrung der Innenstädte würden
Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und ÖPNV (Linienbusse) mit
unabsehbaren Folgen zum Erliegen gebracht, wenn sie nicht durch
Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würde. Es versteht sich von selbst,
dass die Ausnahmequote in alle Überlegungen im Rahmen der Änderung bzw.
Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu etwaigen neuen Maßnahmen von
vorneherein – (wie auch beim Gutachten des Ingenieurbüros M. )
gerade bei der Bestimmung der Minderungspotenziale – einzubeziehen ist.
61
Gleiches gilt
für die Frage, für welche Bereiche ein derartiges (beschränktes)
Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge – gegebenenfalls nach noch
festzulegenden landeseinheitlichen Kriterien – in Betracht kommt. Dabei
sind nicht nur hinsichtlich des Reizgases Stickstoffdioxid mögliche
Verlagerungseffekte zu berücksichtigen und zu bewerten.
Selbstverständlich kann es nicht Ziel der Überlegungen sein, nur für
eine bessere Luftqualität im Umfeld der Messstelle DDCS in der
Corneliusstraße zu sorgen; vielmehr sind in diese (auch hinsichtlich
eventueller Ausweichstrecken) alle in den Karten im jährlichen
Luftmessbericht der Beigeladenen ausgewiesenen „NO2-Problemabschnitte“
der Hauptverkehrsstraßen einzubeziehen. Maßnahmen zur Entlastung einer
Straße, die Verlagerungseffekte mit sich bringen, sind – wie im Rahmen
des integrierten Umweltschutzes im Sinne des § 45 Abs. 2 Buchst. a)
BImSchG – nicht von vorneherein ausgeschlossen,
62
vgl. Jarass, a. a. O., § 45 Rn. 13,
63
dürfen aber keinesfalls dazu führen, dass der Grenzwert an anderer Stelle noch weiter als bisher überschritten wird.
64
Vgl. VG Sigmaringen, a. a. O., Rn. 53.
65
Mit dem
Argument der mangelnden Kontrollierbarkeit eines solchen Verkehrsverbots
„mangels Kennzeichnung der Dieselfahrzeuge“ vermag der Beklagte nicht
durchzudringen. Zwar wäre auch unter diesem Gesichtspunkt eine
systemkonforme Erweiterung der 35. BImSchV um eine Blaue Plakette
sicherlich vorzugswürdig, aber die Felder 14 („Bezeichnung der
nationalen Emissionsklasse“, z. B. EURO4) und P.3 („Kraftstoffart oder
Energiequelle“ z. B. DIESEL) der Zulassungsbescheinigungen (Teil I)
erlauben schon heute ohne Weiteres eine eindeutige und schnelle
Zuordnung.
66
Schließlich
scheint der Kammer unter Berücksichtigung der Vorgabe „schnellstmöglich“
sowie der in dem vorliegenden Verfahren seitens des Beklagten bereits
angestellten Überlegungen ein zeitlicher Orientierungsrahmen für die
Änderung bzw. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Düsseldorf 2013 von
etwa einem Jahr angemessen zu sein.
67
III.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.
68
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.
69
Vgl. zur
Beschränkung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf die Kosten
entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO auch bei der hier vorliegenden
Konstellation einer Leistungsklage auf Änderung eines
Luftreinhalteplans: VG Hamburg, Urteil vom 5. November 2014 - 9 K
1280/13 -, juris Rn. 53 m. w. N.
70
IV.Die
Berufung wird nach § 124a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3
VwGO zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung und
bedarf zur Wahrung der Rechtseinheit einer Klärung. Aus diesem Grund ist
auch die Sprungrevision gemäß § 134 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO zuzulassen. Dies gilt vor allem für die Frage der
inhaltlichen Anforderungen an einen Luftreinhalteplan hinsichtlich der
Auseinandersetzung mit einem möglichen Verkehrsverbot für (bestimmte)
Dieselfahrzeuge im Spannungsfeld der bundesrechtlichen Vorgaben des
Immissionsschutz- und Straßenverkehrsrechts.