Formelle Unwirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung mit Heizkostenabrechnung
Leitsätze:
1. Bestehen unterschiedliche
Mietvertragsformulare bezüglich der umlagefähigen Betriebskosten, so ist
gemäß § 305c Abs. 2 BGB das für den Mieter günstigste
Mietvertragsformular maßgebend. Der Vermieter trägt die Beweislast für
eine anderslautende vertragliche Vereinbarung. (Rn. 11) (redaktioneller
Leitsatz)
2. Ist in der Betriebskostenabrechnung auch die
Heizkostenabrechnung enthalten, so genügt es nicht, in der Abrechnung
lediglich das Ergebnis der Heizkostenabrechnung anzugeben. Diese
Abrechnung ist formell unwirksam, da bezüglich der Heizkosten das
Ergebnis rechnerisch nicht nachvollzogen werden kann. (Rn. 13 – 17)
(redaktioneller Leitsatz)
3. Sind die Heizkosten der überwiegende Anteil
der Abrechnung, und erreichen die anderen Betriebskostenpositionen nicht
die Höhe der Vorauszahlungen, so ist dadurch die gesamte
Betriebskostenabrechnung formell unwirksam. (Rn. 18) (redaktioneller
Leitsatz)
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das
Urteil des Amtsgerichts Schwabach vom 18.02.2016, Az. 5 C 1395/15,
abgeändert und wie folgt gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird festgesetzt auf 1.495,97 €.
Tatbestand
I.
1
Das Amtsgericht Schwabach hat die
Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.496,79 € Nachzahlung aus der
Betriebskostenabrechnung 2014 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit 16.06.2015 sowie außergerichtliche
Anwaltskosten in Höhe von 201,71 € nebst Zinsen zu bezahlen.
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In Höhe von 30,03 € hat es die Klage abgewiesen.
3
Das Amtsgericht Schwabach kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger von der Beklagten für die Nebenkostenabrechnung
2014 vom 08.05.2015 eine Nachzahlung von 1.495,79 € verlangen könne.
Das Amtsgericht ging dabei davon aus, dass von den beiden vorgelegten
Mietvertragsexemplaren dasjenige die vertragliche Vereinbarung zwischen
den Parteien wiedergibt, das bei den verbrauchsabhängigen Kosten unter
den Nebenkosten Nr. 4 bis 7 durch Kreuze unkenntlich gemacht wurde und
mit einer Vorauszahlung von 120,00 € versehen war. Wegen der
Einzelheiten wird auf das Mietvertragsexemplar Blatt 33, 34 d.A. Bezug
genommen. Das Amtsgericht stellt dabei im Wesentlichen darauf ab, dass
Unklarheiten in den mietvertraglichen Vereinbarungen zu Lasten des
Verwenders gehen.
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Das Amtsgericht rechnet sodann aus der unter dem Datum vom 08.05.2015 erstellten Nebenkostenabrechnung
lediglich die Kosten der Außenanlage, welche ausweislich der Abrechnung
auf die Beklagte in Höhe von 30,03 € umgelegt wurde, aus der Abrechnung
heraus.
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Ferner lässt es das Amtsgericht dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich die Heizkostenabrechnung der ist als Anlage Nebenkostenabrechnung der Beklagten mit übermittelt hat, da es der Auffassung ist, dass sich aus der Nebenkostenabrechnung
als solcher ein Gesamtverbrauch für die Heizung und der anteilige
Verbrauch der Beklagten ergebe, was für die formelle Richtigkeit
ausreichend sei. Anhaltspunkte für eine materielle Unrichtigkeit lägen
nicht vor. Das Amtsgericht verneint ferner den Einritt des Tatbestandes
einer Verwirkung im Hinblick auf das Nichtabrechnen der Betriebskosten
in der Vergangenheit durch den jeweiligen Vermieter und verneint auch
eine konkludente Vertragsänderung dahingehend, dass sich die Parteien
auf eine Nettomiete geeinigt hätten.
6
Gegen das ihrem
Prozessbevollmächtigten am 23.02.2016 zugestellte Urteil legte die
Beklagte mit Schriftsatz vom 10.03.2016, eingegangen am 11.03.2016,
Berufung ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 18.03.2016.
7
Die Kammer nimmt hinsichtlich des
Berufungsvorbringens und der gestellten Berufungsanträge Bezug auf die
Schriftsätze der Beklagtenpartei vom 18.03.2016 sowie vom 25.04.2016
nebst vorgelegter Anlagen sowie vom 02.05.2016 und auf die Schriftsätze
der Klagepartei vom 13.04.2016 und vom 26.04.2016.
8
In der öffentlichen Sitzung des
Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.10.2016 haben die Parteien unstreitig
gestellt, dass die Heizkostenabrechnung der ist der der Beklagten
seitens des Klägers übermittelten Nebenkostenabrechnung für das Jahre 2014 nicht beigefügt war.
Entscheidungsgründe
II.
9
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
10
Die Berufung ist auch in vollem Umfang begründet.
1.
11
Die Kammer teilt die rechtliche
Auffassung des Amtsgerichts, dass im konkreten Fall zu Lasten des
Verwenders (des Vermieters) davon auszugehen ist, dass diejenige
mietvertragliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem
Voreigentümer der Klagepartei geschlossen wurde, die für die Beklagte
günstiger ist, da Unklarheiten bei der Verwendung von Formularverträgen
zu Lasten des Verwenders gehen. Die Beweislast für eine anderslautende
Vereinbarung läge beim Vermieter; diesen Nachweis konnte er nicht
führen. Daher hat im streitgegenständlichen Fall dasjenige Formular
Anwendung zu finden, das eine Umlage der Betriebskosten lediglich für
die Bereiche Wasserverbrauch, zentrale Wärmeversorgung und
Warmwasserversorgung vorsieht.
12
Das amtsgerichtliche Urteil sieht das
ausweislich der Urteilsgründe genauso, setzt sich dann aber mit der
eigenen Begründung in Widerspruch, indem es lediglich die Kosten für die
Außenanlagen herausrechnet.
2.
13
Im Ergebnis kann jedoch vorliegend
dahinstehen, welche mietvertragliche Vereinbarung im Hinblick auf die
Umlage von Nebenkosten in dem streitgegenständlichen Mietverhältnis
gelten soll und auch die Frage der Verwirkung ist vorliegend nicht
entscheidungserheblich, da jedenfalls die zur Prüfung stehende Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2014 aus formellen Gründen unwirksam ist. Unstreitig lag der Nebenkostenabrechnung
lediglich die Abrechnung der Firma Dettling vom 01.04.2015 (Bl. 18
d.A.) und gerade nicht die Heizkostenabrechnung der ista bei. Aus dieser
Nebenkostenabrechnung vom 08.05.2015
ergibt sich für die Position Heizkosten aber nicht der Umlageschlüssel.
Angegeben ist unter der Rubrik „Verteilerschlüssel“ lediglich das Wort
Heizkosten und sodann die Gesamtkosten und der Anteil, der auf die
Beklagte entfällt.
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Dies entspricht aber nicht einer formell
ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung. Denn formal ordnungsgemäß ist
eine Abrechnung dann, wenn sie fünf Voraussetzungen erfüllt. Sie muss
enthalten:
- -
- die Zusammenstellung der Gesamtkosten,
- -
- die Angabe und ggf. Erläuterung der zugrundegelegten Umlageschlüssel,
- -
- die Berechnung des Anteils des Mieters,
- -
- den Abzug der Vorauszahlungen des Mieters,
- -
- die gedanklich und rechnerische Verständlichkeit
(siehe hierzu Langenberg in
Schmidt/Futterer, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 556 BGB, Rd-Nr. 333 bis
344; Langenberg/Zehelein in Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und
Heizkostenrecht, 8. Auflage 2016, § 556 BGB, Rd-Nr. 125 bis 131).
15
Auch in der Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 14.02.2012, VIII ZR 207/11, führt dieser aus,
dass regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen sind: „Eine
Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und – soweit zum
Verständnis erforderlich – die Erläuterung der zugrundegelegten
Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug
der Vorauszahlungen des Mieters“ (BGH VIII ZR 207/11 vom 14.02.2012
m.w.N.).
16
Auch aus der Entscheidung des
Bundesgerichtshofes vom 20.01.2016, VIII ZR 93/15, folgt nichts anderes.
Dort hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich aufgeführt, dass die
regelmäßig aufzunehmenden Mindestangaben diejenigen sind, die bereits in
der Entscheidung vom 14.02.2012 aufgezählt wurden. Lediglich zu den
bereinigten Gesamtkosten führt der Bundesgerichtshof in dieser
Entscheidung aus, dass es nicht zu den Voraussetzungen einer formell
ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung gehört, diejenigen
Zwischenschritte offenzulegen, mit denen der Vermieter aus
kalenderjahresübergreifenden Abrechnungen eines Versorgers, die auf das
abzurechnende Kalenderjahr entfallenden Betriebskosten ermittelt. Bei
sogenannten bereinigten Kosten bedürfe es für die formelle
Ordnungsgemäßheit einer Nebenkostenabrechnung
keiner zusätzlichen Angaben zu den Betriebskosten der gesamten
Wohnanlage oder zu den Gesamtkosten einschließlich nicht umlagefähiger
Kostenanteile und der Erläuterung insoweit angewendeter Rechenschritte.
Dies trifft aber den vorliegenden Fall nicht, sondern dort geht es
vielmehr darum, dass es neben der Nennung der Gesamtkosten und des auf
den Mieter entfallenden Anteils an der Benennung eines Umlageschlüssels,
mit dem der Anteil des Mieters errechnet wurde, fehlt. Es ist für den
Mieter daher nicht rechnerisch nachvollziehbar, ob sein Anteil richtig
berechnet wurde.
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Aus diesen Gründen ist die streitgegenständliche Nebenkostenabrechnung im Hinblick auf die Position Heizkosten formell unwirksam.
18
Da die Heizkosten vorliegend den weit überwiegenden Anteil der Nebenkostenabrechnung
ausmachen und die übrigen geltend gemachten Nebenkosten nicht den
Betrag der Vorauszahlungen erreichen, handelt es sich auch nicht um den
Fall einer teilweisen formellen Unwirksamkeit, sondern die
Betriebskostenabrechnung ist insgesamt davon betroffen.
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Aus diesem Grunde können die weiteren
rechtlichen Streitpunkte der Parteien, die Frage der Umlage von
Nebenkosten und die Frage der Verwirkung, dahinstehen.
20
Der Kläger kann aus der formell unwirksamen Betriebskostenabrechnung 2014 keine Zahlungen der Beklagten fordern.
21
Das amtsgerichtliche Urteil war daher auf die Berufung der Beklagten hin aufzuheben und die Klage war abzuweisen.
III.
22
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO.
23
Der Kläger hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
24
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, 711, 713 ZPO.
25
Die Revision war nicht zuzulassen, da
aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles die Sache keine
grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder
die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts nicht erfordern, § 543 ZPO.