Eine unberechtigte Insolvenzantragstellung stellt eine Verletzung der gesellschaftlichen Treupflicht dar
Leitsätze:
1. Stellt der Gesellschafter einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts Insolvenzantrag gegen die Gesellschaft und wird
durch die Insolvenzeröffnung die Gesellschaft aufgelöst (§ 728 I 1 BGB),
so wird hierdurch die Erfüllung des Gesellschaftszwecks endgültig
vereitelt. Bestand für die Insolvenzantragstellung unter
Berücksichtigung aller Umstände kein Anlass, so stellt sie eine die
gesellschaftliche Treuepflicht verletzende und den Gesellschafter zum
Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft verpflichtende Handlung dar
(§§ 280 I, 705 BGB). (amtlicher Leitsatz)
2. Es stellt eine Pflichtwidrigkeit dar, wenn
eine zwischen den Gesellschaftern streitige Frage, nämlich wer zur
Vertretung der Gesellschaft befugt ist, nicht durch Herbeiführung eines
förmlichen Gesellschafterbeschlusses oder durch Klageerhebung geklärt
wird, und anstelle dessen eine Insolvenzantrag für die Gesellschaft
gestellt und damit die Erfüllung des Gesellschaftszwecks endgültig
verweigert wird.Tenor
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I, 40 O 25677/10, vom 08.05.2014 wird zurückgewiesen.
II.
Auf die Anschlussberufung der Beklagten
wird das Endurteil des Landgerichts München I, 40 O 25677/10, vom
08.05.2014 teilweise abgeändert.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass
die Klägerin im Rahmen der Schlussverteilung im Insolvenzverfahren über
das Vermögen der … 84.442,02 Euro schuldet.
Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.
III.
1. Von den Gerichtskosten erster Instanz
und von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Beklagten
erster Instanz trägt die Klägerin 80%, die Beklagte trägt 20%. Die
außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten erster Instanz trägt
die Beklagte.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Klägerin 93%, die Beklagte trägt 7%.
3. Die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer ... und … in beiden Instanzen trägt die Klägerin.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die
Parteien dürfen die Vollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 110% der jeweils vollstreckbaren Forderung abwenden, wenn
nicht die vollstreckende Partei bzw. die Streithelfer zuvor Sicherheit
leisten in Höhe von 110% der jeweils zu vollstreckenden Forderung.
V.
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
1
I. Gegenstand der Klage und der
Widerklage sind eine Vielzahl von Ansprüchen sowie Gegenansprüchen im
Zusammenhang mit der Bebauung des Grundstücks … in … mit einem aus drei
Wohneinheiten bestehenden Wohnhaus.
2
Die Klägerin und die Beklagte sind
Schwestern. Der Drittwiderbeklagte erster Instanz ist der Ehemann der
Klägerin. Die Streithelfer sind die ehemalige Insolvenzverwalterin der
im Tenor genannten … (fortan: …) und der im Rahmen des
Insolvenzverfahrens für die Grundstücksbewertung bestellte Gutachter.
3
Die Parteien des Rechtsstreits sind
Gesellschafter der … An der Gesellschaft sind die Klägerin und ihr
Ehemann zu je 1/6, die Beklagte und Frau … zu je 1/3 beteiligt. Die
Klägerin, die Beklagte, … sowie drei weitere Schwestern der Parteien
(Frau .., Frau .. und Frau ..) sind bzw. waren Gesellschafterinnen der
ursprünglichen Grundstücksgemeinschaft … (Bestand) (fortan:
Bestand-...). Am 16.12.2006 fand eine Gesellschafterversammlung der …
statt, in der ausweislich des Protokolls der Versammlung über die
Grundstückstrennung des der … gehörenden Grundstücks … gesprochen wurde.
Hierbei wurde erörtert, einen Teil des Grundstücks abzutrennen und den
abgetrennten Teil mit einem Neubau, bestehend aus drei Wohneinheiten, zu
bebauen.
4
Die Trennung erfolgte letztlich durch
notariellen Vertrag vom 27.04.2007. Der den Neubau betreffende
Grundstücksteil wurde mit dem notariellem Vertrag auf die Klägerin zu
1/6, auf die Beklagte zu 1/3, auf den Ehemann der Klägerin zu 1/6 und
auf Frau … zu 1/3 als Miteigentümer der … übertragen.
5
Ziffer II des notariellen Vertrages
lautet auszugsweise: „Zweck dieser neu gebildeten Gesellschaft ist die
gemeinsame Bebauung des Grundstücks … der Gemarkung … S. und dessen
Aufteilung in Wohnungseigentum, das auf die Gesellschafter verteilt
werden soll. Die Grundstücksgemeinschaft, bestehend aus den vorgenannten
Personen, führt die Bezeichnung „Grundstücksgemeinschaft …. Weitere
Regelungen über das Gesellschaftsverhältnis sollen derzeit nicht
getroffen werden. Der Notar hat auf die Geltung der gesetzlichen
Regelungen hingewiesen und die Vereinbarung eines individuellen
Gesellschaftsvertrags empfohlen.“ Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag
wurde nicht geschlossen. Auch unterhält die … kein Gesellschaftskonto.
Bauverträge in erheblichem Umfang wurden bereits im Sommer 2007
unterzeichnet (z. B. Anlagen K5, K7-9 ). Als Geschäftsbesorgerin für die
… traten die Klägerin und ihr Ehemann auf. Anfangs leistete die
Beklagte Zahlungen zum Ausgleich der an die Gesellschaft gestellten
Rechnungen in Höhe von rund 22.000,-- Euro. Seit Ende 2007 leistete die
Beklagte keine Zahlungen mehr.
6
Mit Schreiben ihrer jetzigen
Prozessbevollmächtigten vom 19.03.2008 wendete sich die Beklagte an die
Klägerin und an den Drittwiderbeklagten. Das Schreiben endet mit den
Worten (Anlage B3): „Bitte haben Sie Verständnis, dass unsere Mandantin
bis zur vollständigen Auskunftserteilung darauf bestehen muss, dass ohne
ihre Zustimmung keine weiteren Aufträge erteilt bzw. sonstige
rechtsgeschäftliche Erklärungen abgegeben werden. Wir müssen sicherlich
nicht darauf hinweisen, dass Sie keine rechtsgeschäftliche
Vertretungsmacht für die Gesellschaft haben.“
7
Ursprünglich waren Gegenstand der Klage
ausschließlich Ansprüche, die an die Klägerin mit Vereinbarung vom
28.12.2010 (Anlage K1) durch ihren Ehemann abgetreten waren, sowie
weitere Ansprüche der … gemäß Abtretungsvereinbarung vom 08.11.2011
(Anlage K21). Schließlich ließ sich die Klägerin mit Vereinbarung vom
16.03./19.03.2012 auch Ansprüche der Masse gegen die Beklagte von der
Insolvenzverwalterin abtreten (Anlage K26).
8
Mit am 31.01.2011 beim Amtsgericht
München eingegangenem Antrag der Klägerin, des Drittwiderbeklagten und
von Frau … wurde beantragt, über das Vermögen der … das
Insolvenzverfahren zu eröffnen; die Eröffnung erfolgte mit Beschluss des
Insolvenzgerichts vom 10.08.2011.
9
Die Klägerseite hat vorgetragen,
spätestens bei dem Notarvertrag vom 27.04.2007 sei zwischen den
Beteiligten der … vereinbart worden, dass der Drittwiderbeklagte,
gegebenenfalls auch die Klägerin, zur Vertretung der …
alleinvertretungsberechtigt sein sollten. Es sei vereinbart gewesen,
dass kein Gesellschaftsvermögen begründet werde, sondern dass jeder
Gesellschafter berechtigt sein solle, Forderungen Dritter gegen die
Gesellschaft zu begleichen und hierfür im Innenverhältnis der
Gesellschafter den Aufwendungsersatz zu suchen. Alternativ sei
vereinbart gewesen, dass Rechnungen Dritter anteilig durch die
Gesellschafter unmittelbar beglichen würden.
10
Die Klägerin hat diesbezüglich
vorgetragen, ihr Ehemann habe Gesamtaufwendungen in Höhe von 369.906,05
Euro übernommen. Hiervon schulde die Beklagte entsprechend ihrem
Gesellschaftsanteil 1/3, die die Klägerin zunächst mit der Klage geltend
gemacht hat.
11
Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat
die Klägerin sich auf den Standpunkt gestellt, die Beklagte habe durch
ihr gesellschaftsfeindliches Verhalten verursacht, dass Insolvenzantrag
habe gestellt werden müssen. Insoweit macht die Klägerin eine Vielzahl
weiterer Schadenspositionen geltend, für die die Beklagte einzustehen
habe; im Einzelnen wird insoweit auf die Klageerweiterungsschriftsätze
vom 28.03.2012 (Bl. 178 d. A.) und vom 04.07.2012 (Bl. 278 d. A.),
neugefasst durch Schriftsatz vom 26.11.2013 (Bl. 465 d. A.) Bezug
genommen.
12
In erster Instanz hat die Klägerin deshalb beantragt festzustellen,
dass die Beklagte im Rahmen der
Schlussverteilung nach § 199 Satz 2 InsO im Insolvenzverfahren über das
Vermögen der Grundstücksgemeinschaft … i. L., AG München 1506 IN 352/11,
- der Klägerin 126.876,90 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 121.511,58 Euro seit
24.12.2010 und aus 2.296,79 Euro seit 15.01.2011 sowie aus 3.068,53 Euro
seit Rechtshängigkeit schulde,
- der Klägerin aus deren eigenem und von
den Mitgesellschaftern abgetretenem Recht weitere 25.246,33 Euro
zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit Rechtshängigkeit schulde,
- der Klägerin aus von der
Insolvenzverwalterin mit Vereinbarung vom 16./19.03.2012 abgetretenem
Recht aus 714.000,-- Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit die
Erstattung der der Klägerin für die Rechtsverfolgung der ihr von der
Insolvenzverwalterin abgetretenen Ansprüche entstandenen, nicht
anderweitig erstattungsfähigen Kosten und aus dem Rest 80% schulde,
- der Klägerin aus von der
Insolvenzverwalterin mit Vereinbarung vom 16./19.03.2012 abgetretenem
Recht aus bis drei Monate nach erfolgter Schlussverteilung von monatlich
ab April 2012 bis einschließlich September 2014 4.433,-- Euro und ab
Oktober 2014 4.200,-- Euro jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz die Erstattung der der Klägerin
für die Rechtsverfolgung der ihr von der Insolvenzverwalterin
abgetretenen Ansprüche entstandenen, nicht anderweitig
erstattungsfähigen Kosten und aus dem Rest 80% schulde,
- der Klägerin aus von der
Insolvenzverwalterin mit Vereinbarung vom 16./19.03.2012 abgetretenem
Recht sämtliche aus der Masse beglichenen Kosten dieses
Insolvenzverfahrens dem Grunde nach insoweit schulde, dass zunächst die
von der Klägerin für die Rechtsverfolgung der ihr von der
Insolvenzverwalterin abgetretenen Ansprüche entstandenen, nicht
anderweitig erstattungsfähigen Kosten und aus dem Restbetrag 80% zu
zahlen sind,
- im Rahmen der vorgenannten
Schlussverteilung und nach deren Durchführung jeweils persönlich der
Klägerin und sämtlichen Mitgesellschaftern der GbR für sämtliche
Ansprüche im Zusammenhang mit der Erhebung einer Zweckentfremdungsabgabe
aufgrund der Zweckentfremdung des Wohnhauses … durch die
Landeshauptstadt München oder für entsprechende Schadensersatzansprüche
der Insolvenzmasse der … oder deren Gesellschafter allein hafte,
- und dass sie jeweils persönlich der
Klägerin und sämtlichen Mitgesellschaftern der … dem Grunde nach
verpflichtet sei, den jeweils persönlichen Einkommenssteuernachteil zu
erstatten, den die Gesellschafter der … aufgrund des Umstands, dass die
Immobilie der … und die Immobilien der … veräußert worden sind, in
Zukunft erleiden werden.
13
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
14
Die Beklagte hat erstinstanzlich
bestritten, dass der Drittwiderbeklagte bzw. die Klägerin betreffend die
… alleinvertretungsberechtigt gewesen seien. Des Weiteren hat die
Beklagte in Abrede gestellt, dass die Klägerin bzw. deren Zedent die
klageweise geltend gemachten Aufwendungen getätigt hätten, hilfsweise,
dass diese Aufwendungen erforderlich gewesen seien. Die Insolvenz habe
die Klägerseite herbeigeführt, für Schäden sei die Beklagte daher nicht
haftbar.
15
Widerklagend stellt die Beklagte sich auf
den Standpunkt, durch die unberechtigte, jedenfalls verfrühte
Insolvenzantragstellung habe die Klägerseite schuldhaft die Insolvenz
der … herbeigeführt, sie schulde daher Ersatz des hierdurch entstandenen
Schadens. Diesbezügliche Ansprüche seien durch die Insolvenzverwalterin
der … mit Vereinbarung vom 14./18.12.2011 (Anlage B 13) an die Beklagte
abgetreten worden,
16
Erstinstanzlich hat die Beklagte daher beantragt,
- die Widerbeklagte und den
Drittwiderbeklagten zu verurteilen, der … zu Händen aller Gesellschafter
diverse Auskünfte zu erteilen (im Einzelnen wird verwiesen auf die
Schriftsätze vom 28.06.2011, Bl. 98 d. A., vom 15.12.2011 (Bl. 160 d.
A.), vom 15.12.2011 (Bl. 161 d. A.) und vom 15.11.2013 (Bl. 458 d. A.),
jeweils auch auf die dort enthaltenen Teil-Erledigterklärungen)
- sowie diese zu verurteilen, an die
Beklagte und Widerklägerin 118.837,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem EZB-Basiszinssatz hieraus seit Zustellung der
erweiterten Widerklage zu bezahlen.
17
Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte haben beantragt, die Widerklage abzuweisen.
18
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen
Urteil vom 08.05.2014 festgestellt, dass die Beklagte im Rahmen der
Schlussverteilung über das Vermögen der … der Klägerin 126.876,90 Euro
zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 121.511,58 Euro seit 24.12.2010 und aus 2.296,79 Euro seit
05.01.2011 sowie aus 3.068,53 Euro seit 05.12.2011 schuldet. Im Übrigen
hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat außerdem die Widerklage
und Drittwiderklage in den drei nicht für erledigt erklärten Punkten
abgewiesen.
19
Hiergegen richten sich die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten.
20
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt zuletzt,
die Widerklage und Drittwiderklage insgesamt abzuweisen, sowie weiter:
(II)
21
Es wird festgestellt, dass die Beklagte
im Rahmen der Schlussverteilung nach § 199 Satz 2 InsO im
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Grundstücksgemeinschaft …. GbR
i. L., AG München 1506 IN 352/11, der Klägerin aus deren eigenem und von
den Mitgesellschaftern abgetretenem Recht weitere 25.24633 € Euro
zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit Rechtshängigkeit schuldet.
(III)
22
Es wird festgestellt, dass die Beklagte
im Rahmen der Schlussverteilung nach § 199 Satz 2 InsO im
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Grundstücksgemeinschaft … GbR
i. L., AG München 1506 IN 352/11, der Klägerin aus von der
Insolvenzverwalterin mit Vereinbarung vom 16./19.03.2012 abgetretenem
Recht aus 714.000,-- Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit die
Erstattung der der Klägerin für die Rechtsverfolgung der ihr von der
Insolvenzverwalterin abgetretenen Ansprüche entstandenen, nicht
anderweitig erstattungsfähigen Kosten und aus dem Rest 80% schuldet.
(IV)
23
Es wird festgestellt, dass die Beklagte
im Rahmen der Schlussverteilung nach § 199 Satz 2 InsO im
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Grundstücksgemeinschaft … GbR
i. L., AG München 1506 IN 352/11, der Klägerin aus von der
Insolvenzverwalterin mit Vereinbarung vom 16./19.03.2012 abgetretenem
Recht aus bis drei Monate nach erfolgter Schlussverteilung von monatlich
ab April 2012 bis einschließlich September 2014 4.433,-- Euro und ab
Oktober 2014 4.200,-- Euro jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz die Erstattung der der Klägerin
für die Rechtsverfolgung der ihr von der Insolvenzverwalterin
abgetretenen Ansprüche entstandenen, nicht anderweitig
erstattungsfähigen Kosten und aus dem Rest 80% schuldet.
(V)
24
Es wird festgestellt, dass die Beklagte
im Rahmen der Schlussverteilung nach § 199 Satz 2 InsO im
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Grundstücksgemeinschaft … GbR
i. L., AG München 1506 IN 352/11, der Klägerin aus von der
Insolvenzverwalterin mit Vereinbarung vom 16./19.03.2012 abgetretenem
Recht sämtliche aus der Masse beglichene Kosten dieses
Insolvenzverfahrens dem Grunde nach insoweit schuldet, dass zunächst die
von der Klägerin für die Rechtsverfolgung der ihr von der
Insolvenzverwalterin abgetretenen Ansprüche entstandenen, nicht
anderweitig erstattungsfähigen Kosten und aus dem Restbetrag 80% zu
bezahlen sind.
(VI)
25
Es wird festgestellt, dass die Beklagte
im Rahmen der Schlussverteilung nach § 199 Satz 2 InsO im
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Grundstücksgemeinschaft … GbR
i. L., AG München 1506 IN 352/11, und nach dessen Durchführung jeweils
persönlich der Klägerin und sämtlichen Mitgesellschaftern der
Grundstücksgemeinschaft … GbR i.L. für sämtliche Ansprüche im
Zusammenhang mit der Erhebung einer Zweckentfremdungsabgabe aufgrund der
Zweckentfremdung des Wohnhauses … durch die Landeshauptstadt München
oder für entsprechende Schadensersatzansprüche der Insolvenzmasse der
Grundstücksgemeinschaft … GbR i.L., AG München 1506 IN II 353/11, gegen
die Insolvenzmasse der Grundstücksgemeinschaft … GbR i.L. oder deren
Gesellschafter allein haftet.
(VII)
26
Es wird festgestellt, dass die Beklagte
im Rahmen der Schlussverteilung nach § 199 Satz 2 InsO im
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Grundstücksgemeinschaft … GbR
i. L., AG München 1506 IN 352/11, und nach dessen Durchführung jeweils
persönlich der Klägerin und sämtlichen Mitgesellschaftern der
Grundstücksgemeinschaft … GbR i.L. dem Grunde nach verpflichtet ist, den
jeweils persönlichen Einkommenssteuernachteil zu erstatten, den die
Gesellschafter der Grundstücksgemeinschaft … GbR aufgrund des Umstands,
dass die Immobilie der Grundstücksgemeinschaft … GbR und die Immobilien
der Grundstücksgemeinschaft … GbR i.L. veräußert worden sind, in Zukunft
erleiden werden.
(VIII)
27
Die Beklagte wird verurteilt, an die
Klägerin € 700.000,- zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
28
Die Beklagte verfolgt ihre
erstinstanzlich erhobenen Auskunftsansprüche nicht weiter,reduziert den
bezifferten Zahlungsantrag und beantragt zuletzt, die Klage abzuweisen
sowie weiter:
Auf die Widerklage hin wird die Klägerin,
Widerbeklagte und Berufungsklägerin verurteilt, 84.442,02 Euro an die
Beklagte, Widerklägerin und Berufungsbeklagte zu bezahlen.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass in die
Schlussbilanz der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes
Grundstücksgemeinschaft … in Insolvenz aufzunehmen ist, dass die
Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsklägerin der Gesellschaft einen
Schadensersatzbetrag in Höhe von 84.442,02 Euro für die Kosten des
Insolvenzverfahrens schuldet.
29
Im Übrigen beantragen die Parteien, das jeweils gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen.
30
Hinsichtlich des sonstigen in der zweiten
Instanz erhobenen Vorbringens wird auf die hier gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen
Verhandlung vom 14.01.2015 verwiesen. Im Übrigen wird verwiesen auf den
Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
II.
A
31
Zum erstinstanzlich erhobenen Zahlungsanspruch der Klägerin :
32
Zutreffend hat das Landgericht
dahingehend entschieden, dass die Beklagte den ausgeurteilten Betrag
schuldet; die hiergegen gerichtete Anschlussberufung der Beklagten war
daher insoweit zurückzuweisen.
33
1. Der Anspruch der Klägerin - aus abgetretenem Recht - folgt dem Grunde nach aus §§ 713, 670 BGB.
34
a) Unstreitig haben die Klägerin und ihr
Ehemann diejenigen Aufträge zur Durchführung des Bauvorhabens erteilt,
die die streitgegenständlichen Forderungen der Vertragsgegner ausgelöst
haben, deren - streitige - Begleichung dem Grunde und der Höhe nach
letztlich Gegenstand des Rechtsstreits ist.
35
b) Hierzu waren die Klägerin und der Drittwiderbeklagte befugt i. S. v. § 710 BGB.
36
aa) Die Beklagte hat hierzu vorgetragen,
es sei keine gesellschaftsvertragliche Regelung getroffen worden; zur
Vertretung der … seien daher nur alle Gesellschafter gemeinschaftlich
befugt gewesen gem. § 709 Abs. 1 BGB, so dass die Klägerseite die
Gesellschaft nicht wirksam habe verpflichten können.
37
bb) Demgegenüber hat die Klägerseite
vorgebracht, es sei eine stillschweigende, jedenfalls formlose
Vereinbarung dahingehend getroffen worden, dass der Drittwiderbeklagte
als alleingeschäftsführungsbefugter Gesellschafter zur Vertretung der
Gesellschaft im Außenverhältnis zur Vertretung der Gesellschaft befugt
gewesen sein sollte gem. § 710 Abs. 1 BGB. Diese Vereinbarung habe die
Beklagte nicht im Nachhinein einseitig aufkündigen können.
38
cc) Der Senat folgt der Auffassung der Klägerseite.
39
Das Landgericht hat nach Durchführung der
Beweisaufnahme, nämlich Vernehmung der Zeuginnen …, … und … darauf
erkannt, dass das klägerische Vorbringen zutrifft (LGU 15 ff).
40
Hiergegen hat die Beklagte in ihrer
Berufungsbegründung keinerlei durchgreifende Rügen erhoben; das
Erkenntnis das Landgerichts bindet daher insoweit den Senat, §§ 520 Abs.
3 S. 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
41
Das Landgericht ist von einer
zutreffenden rechtlichen Grundlage aus (LGU 16) unter Würdigung der
Aussagen der vernommenen Zeuginnen (LGU 17-19) und unter hinreichender
Beachtung der Urkundenlage (LGU 15 und 18) zu dem Ergebnis gelangt, dass
der Klägerin Einzelvertretungsbefugnis, dem Drittwiderbeklagten
umfassende Generalvollmacht erteilt worden
sei. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es dabei nicht darauf
an, ob dem Drittwiderbeklagten - wie das Landgericht meint - Vollmacht
(167 Abs. 1 BGB) erteilt worden ist, oder ob er - zutreffenderweise -
wegen seiner Gesellschafterstellung als alleingeschäftsführungsbefugter
Gesellschaftergeschäftsführer anzusehen ist (§ 710 Abs. 1 BGB). Denn in
beiden Fällen hat der Drittwiderbeklagte die Rechtsmacht, die
Gesellschaft - wie von Klägerseite vorgetragen - wirksam zu verpflichten
(§ 164 Abs. 1 S. 1 bzw. § 714 BGB).
42
Die Angriffe der Berufung gegen die landgerichtliche Beweiswürdigung bleiben demgegenüber ohne Erfolg.
43
Zutreffend ist zwar die Auffassung der
Beklagten, aus dem Geschäftsgebaren der - nur teilweise
personenidentischen - … lasse sich nicht herleiten, dass eine
vergleichbare Regelung, nämlich die Alleinvertretungsbefugnis eines
Gesellschafters bzw. eines Bevollmächtigten, auch für die … gelten
müsse. Hiervon geht aber auch das Landgericht nicht aus.
44
Es ist vielmehr auf den unstreitigen
Umstand abzustellen, dass bei dem Notartermin vom 27.04.2007 (Anlage B
1) sämtliche an der … beteiligten Personen einschließlich des
Drittwiderbeklagten anwesend waren. Allen Handelnden waren somit die
Verhältnisse innerhalb der … bekannt und bewusst.
45
Vor diesem Hintergrund stellt es keinen
berufungsrechtlich relevanten Verstoß gegen Denkgesetze dar, wenn sich
das Landgericht von der Überlegung hat leiten lassen, dass die
Beteiligten auch für die … eine Regelung herbeiführen wollten, die im
hier interessierenden Zusammenhang derjenigen der … möglichst nahe
kommt. Dies gilt insbesondere angesichts des gleichfalls unstreitigen
Umstandes, dass Gegenstand der neuen Gesellschaft die Errichtung eines
Gebäudes, also ein umfangreiches Bauvorhaben sein sollte. Gerade hier
sind schnelle Entscheidungen häufig vonnöten, so dass sich ein
aufwendiges Verfahren - etwa zur Meinungsbildung innerhalb der
Gesellschaft - eher verbietet.
46
Hiernach ist die landgerichtliche Beweiswürdigung nicht zu beanstanden und bindet somit - wie dargestellt - den Senat.
47
Die Zusammenkunft aller handelnden
Personen bei dem genannten Notartermin stellt im Übrigen die
beklagtenseits vermisste Gesellschafterversammlung der … dar.
48
Dem Beweisergebnis steht auch nicht
entgegen, dass eine bezifferte Beitragspflicht unstreitig nicht
festgelegt wurde und dass der Gesellschafter zur Erhöhung eines Beitrags
nicht verpflichtet ist, § 707 BGB. Denn das Landgericht hat - wiederum
den Senat bindend - darauf erkannt, dass sich die - freilich nicht von
vornherein feststehende - Höhe des Beitrags aus den Zahlungen auf die
Handwerkerrechnungen ergibt (LGU 20). Das Landgericht durfte dabei
darauf abstellen, dass allen Beteiligten bewusst war, dass ein Bauwerk
errichtet werden sollte, dass hierbei Zahlungen zu erbringen sein würden
und dass - mangels vorhandenem liquiden Gesellschaftsvermögen - diese
Zahlungen von den Gesellschaftern zu erbringen waren.
49
Der auf jeden Gesellschafter entsprechend
seiner Beteiligung an der Gesellschaft entfallende Anteil an diesen
Zahlungen stellt zugleich seine - sich fortlaufend steigernde, aber dem
Grunde nach zu Beginn festgelegte - Beitragspflicht iSv § 706 BGB dar.
50
Entgegen der Auffassung der Beklagten
steht diesem vom Landgericht festgestellten Beweisergebnis nicht
entgegen, dass damit der einzelne, nicht vertretungsbefugte
Gesellschafter rechtlos gestellt würde. Denn die Beitragspflicht (in
Gestalt des Aufwendungsersatzes) bezieht sich nur auf solche Zahlungen,
die der Geschäftsführer „für erforderlich halten“ darf (§ 713 BGB), so
dass eine beliebige Inanspruchnahme ausgeschlossen und die
Beitragspflicht der Höhe nach auf die zur Herstellung des Bauwerks
notwendigen Kosten beschränkt ist.
51
c) Dass der Drittwiderbeklagte seine hier
streitgegenständlichen Ansprüche auf Aufwendungsersatz wirksam an die
Klägerin abgetreten hat (Vereinbarung vom 28.10.2010, K 1 vgl. hierzu
LGU 21 oben) abgetreten hat, stellt die Beklagte im Rahmen ihrer
Berufungsbegründung nicht in Abrede. Gleiches gilt für die Abtretung der
Ansprüche der Mitgesellschafterin … (Vereinbarung vom 08.11.2011, K 21;
vgl. hierzu LGU 24 unten).
52
2. Eine Pflichtverletzung der
Klägerseite, die zur Herabsetzung des beklagtenseits geschuldeten
Betrags oder zum Ausschluss des klägerischen Anspruchs führen könnte,
ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht festzustellen.
Unbehelflich ist die Ausführung in ihrer Berufung (Bl. 16 unten f = Bl.
591 f d. A.), es sei Aufgabe der Klägerseite gewesen, die
Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens und den Finanzbedarf festzulegen,
mit den Gesellschaftern abzustimmen und zu beschließen. Wie dargestellt,
haben die Gesellschafter das Bauvorhaben ohne diese Kautelen in Angriff
genommen. Woraus eine Verpflichtung der Klägerseite herrühren sollte,
eine Zustimmung der Beklagten, die mit diesem Vorgehen einverstanden
war, vor Baubeginn einzuholen, ist weder dargestellt noch ersichtlich.
Auch die Beklagte hat dem Hinweis des Notars („Der Notar hat auf die
Geltung der gesetzlichen Regelungen hingewiesen und die Vereinbarung
eines individuellen Gesellschaftsvertrags empfohlen“, vgl. Anlage B 1)
nicht Rechnung getragen.
53
3. Das Landgericht hat die klägerseits
geltend gemachten Aufwendungen des Drittwiderbeklagten und der
Mitgesellschafterin … in insgesamt ausgeurteilter Höhe für nachgewiesen
und für i. S. d. § 713 BGB erforderlich erachtet (LGU 21 bis 23 und 24
unten). Hiergegen finden sich keine Berufungsangriffe der Beklagten.
54
4. Im Ergebnis zu Unrecht wendet die Beklagte ein, der fragliche Anspruch richte sich gegen die Gesellschaft.
55
Während des Bestehens der Gesellschaft
kann jeder Gesellschafter den Ersatz von Aufwendungen (hierzu gehört
auch - wie hier - die Begleichung von Gesellschaftsverbindlichkeiten)
verlangen (BGH v. 22.02.2011 - II ZR 158/09, Rn. 11); dieser Anspruch
richtet sich aber gegen die Gesellschaft, nicht - wie hier geltend
gemacht - gegen die Gesellschafter. Andererseits kann der
Anspruchsteller dann gegen die Mitgesellschafter Rückgriff nehmen, wenn
der Gesellschaft keine freien Mittel zur Verfügung stehen, eine
Befriedigung aus der Gesellschaftskasse also nicht möglich ist (a. a. O.
Rn. 13). Dies war hier der Fall; unstreitig verfügte die Gesellschaft
über kein Konto und auch sonst nicht über liquide Mittel.
56
Ist allerdings die Gesellschaft
aufgelöst, gilt die sogenannte Durchsetzungssperre: die Ansprüche des
Gesellschafters werden zu lediglich unselbstständigen Rechnungsposten,
die als solche in die Schlussbilanz einzustellen sind (BGH a. a. O., Rn.
14; BGH v. 03.04.2006 - II ZR 40/05, Rn. 17); eine Ausnahme von der
Durchsetzungssperre kommt bei bloßen Zahlungsansprüchen - wie hier -
nicht in Betracht (BGH v. 04.12.2012 - II ZR 159/10, Rn. 44).
57
Im vorliegenden Fall wurde die
Gesellschaft aufgelöst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über
ihr Vermögen gemäß Beschluss vom 10.08.2011. Die ursprüngliche, auf
Zahlung gerichtete Klage wäre ohne weiteres umzudeuten gewesen in eine
auf Feststellung gerichtete Klage, dass die klägerischen Forderungen in
die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen sind (BGH v. 06.11.2012 -
II ZR 176/12, Rn. 38; v. 22.05.2012 - II ZR 3/11 Rn. 36); der in erster
Instanz erfolgten Umstellung der Klageanträge hätte es daher nicht
bedurft (BGH a. a. O.).
58
Vorliegend bedarf es der Aufstellung
einer gesonderten Schlussbilanz indessen nicht; nach - von den Parteien
nicht in Frage gestellter - Mitteilung des nunmehrigen
Insolvenzverwalters vom 14.11.2013 ist das Insolvenzverfahren mit
Befriedigung aller Gläubiger zu 100% durchgeführt worden. Der Abschluss
des Insolvenzverfahrens ist nur noch vom Ausgang des vorliegenden
Rechtsstreits abhängig (Bl. 447 d. A.).
59
Hiernach wird der Insolvenzverwalter nur
noch die Schlussverteilung gem. § 199 InsO vorzunehmen haben. Hierbei
wird zu berücksichtigen sein, dass der Klägerin gegen die Beklagte die
ausgeurteilte Summe zusteht, diese ihr also aus dem auf die Beklagte
entfallenden Anteil am verbleibenden Überschuss vorweg auszuschütten
ist.
B
60
Das Feststellungsbegehren sowie der zweitinstanzlich erhobene Zahlungsantrag der Klägerin sind unbegründet.
61
1. Diese Begehren gründen sämtlich auf
dem Vorbringen der Klägerin, die Beklagte habe durch ihr unkooperatives
Verhalten, insbesondere aber dadurch, dass sie sich dem klägerischen
Verlangen nach anteiligem Aufwendungsersatz widersetzt habe, die
Klägerseite zur Stellung des Insolvenzantrages vom 31.01.2011 genötigt.
Hiermit habe letztlich die Beklagte die Insolvenz der … herbeigeführt
und damit der Gesellschaft und indirekt auch den Gesellschaftern - näher
bezeichnete - Schäden zugefügt.
62
Dies trifft nicht zu. Ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 705 BGB der Klägerseite gegen die Beklagte besteht nicht.
63
Maßgeblich ist, dass die Klägerseite in
Kenntnis des Umstandes, dass entgegen dem Rat des Notars ein
schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen wurde, in
Kenntnis des Umstandes, dass die Beklagte jedenfalls seit dem Schreiben
ihres nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 19.03.2008 (Anlage B 3)
die Auffassung vertrat und vertritt, die Gesellschaft werde nur durch
alle Gesellschafter gemeinsam vertreten, sowie trotz des Umstandes, dass
die vorliegende (Zahlungs-)Klage mit Schriftsatz vom 30.12.2010 erhoben
worden war, unstreitig am 31.01.2011 gegen die Gesellschaft
Insolvenzantrag gestellt hat.
64
Hiermit hat sich die Klägerseite (hier:
die Klägerin, der Drittwiderbeklagte und Frau … als Antragsteller des
Insolvenzantrags) ihrerseits in hohem Maße gesellschaftswidrig (§ 280
Abs.1 BGB) verhalten.
65
Denn mit der auf den Antrag der
Klägerseite gestützten Insolvenzeröffnung wurde die Gesellschaft
aufgelöst, § 728 Abs. 1 S. 1 BGB. Hiermit wurde gleichzeitig der
Gesellschaftszweck, nämlich die Durchführung des Bauvorhabens, endgültig
vereitelt. Zur Stellung des Insolvenzantrages bestand indes kein
Anlass. Zwar war die Gesellschaft ausweislich des von der Beklagten
vorgelegten Insolvenzgutachtens (Anlage B 9) vom 09.08.2011
zahlungsunfähig, was einen Insolvenzgrund darstellt, § 17 Abs. 1 InsO.
Andererseits bestanden zum damaligen Zeitpunkt im Verhältnis zum
Gesamtvolumen des Vorhabens relativ geringfügige fällige Forderungen von
nur rund 23.000 € (Bl. 7 des Gutachtens B 9). Außerdem besteht eine
Pflicht zur Insolvenzantragstellung bei einer aus natürlichen Personen
bestehenden Personengesellschaft gerade nicht, arg. § 15 a Abs. 1 S. 2
InsO. Überdies können auch Interessen der Dritt-Gläubiger den
Insolvenzantrag nicht rechtfertigen; diese sind durch die persönliche
Haftung der Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft hinreichend
geschützt.
66
Vor allem aber hätte es der Klägerseite oblegen, Klarheit über die Rechtslage innerhalb der Gesellschaft zu schaffen.
67
Im Kern reduzierte sich der Streit der
Parteien darauf, ob der Drittwiderbeklagte alleinvertretungsberechtigt
ist, oder ob im Gegenteil die im gegnerischen Schriftsatz vom 19.03.2008
(B3) vertretene Rechtsauffassung zutrifft. Diese Frage konnte - wie
geschehen - im vorliegenden Rechtsstreit geklärt werden. Überzeugende
Gründe dafür, dieser Klärung trotz erfolgter Klageerhebung im
vorliegenden Rechtsstreit durch Insolvenzantragstellung zuvorzukommen,
sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
68
Die Klärung der zwischen den Parteien
aufgeworfenen Rechtsfrage, nämlich wer zur Vertretung der Gesellschaft
befugt ist, hätte die Klägerin herbeiführen können und müssen, sei es
durch Durchführung der hier ursprünglich erhobenen Zahlungsklage, sei es
durch Herbeiführung eines förmlichen Gesellschafterbeschlusses über die
Vertretungsregelung, sei es durch Vorbereitung und Abschluss eines
Gesellschaftsvertrages. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass sowohl
Gesellschafterbeschluss als auch Gesellschaftsvertrag der Mitwirkung
aller Gesellschafter bedürfen, und dass nicht abzusehen war, ob die
Beklagte hierbei - ggfs.: mit welchem Ergebnis - mitwirken würde. Dies
hindert aber nicht, ein pflichtwidriges Verhalten der Klägerseite
festzustellen. Denn erst bei endgültiger Weigerung der Beklagten an der
von ihr zu fordernden Mitwirkung oder bei zumindest erstinstanzlichem
Obsiegen der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit hätte sich für die
Klägerseite ernstlich die Frage gestellt, ob angesichts fehlender
liquider Mittel der Gesellschaft die Stellung eines Insolvenzantrages in
Frage kommt. Dies hat die Klägerseite indes nicht getan. Sie hat
vielmehr trotz relativ geringfügiger fälliger Forderungen Dritter einen
Insolvenzantrag gestellt und hiermit die Erfüllung des
Gesellschaftszwecks endgültig verweigert. Dass die Klägerin (und ihr
Ehemann) diesen geringen Forderungsbestand nicht gekannt hätten, also
nicht gewusst hätten, dass die Stellung eines Insolvenzantrages nicht
geboten war, ist klägerseits nicht vorgetragen worden. Durch die
Insolvenzantragstellung hat die Klägerin die Erfüllung des
Gesellschaftszwecks endgültig vereitelt; sie hat hiermit die
gesellschaftliche Treuepflicht verletzt und sich somit gem. §§ 280 Abs.
1, 705 BGB der Gesellschaft gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht
(Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 705 Rn. 27).
69
All dies wiegt umso schwerer, als auch
der Klägerseite bewusst war, dass man dem Rat des Notars, einen
schriftlichen Gesellschaftsvertrag abzuschließen, nicht nachgekommen
war. Es musste daher für die Klägerseite auf der Hand liegen, dass der
beklagtenseits eingenommene Rechtsstandpunkt nicht per se abwegig war;
vielmehr konnte der Streit der Parteien erst durch eine umfangreiche
Beweisaufnahme geklärt werden. Insoweit tritt der Senat der
Rechtsauffassung des Landgerichts bei, dass angesichts der vormals
unklaren Rechtslage der Beklagten kein Vorwurf zu machen ist, sie also
nicht schuldhaft gehandelt hat, wenn sie die Alleinvertretungsbefugnis
der Klägerseite in Abrede stellte.
70
2. Unerheblich ist in diesem
Zusammenhang, dass die Klägerin durch die Insolvenzverwalterin
abgetretene Ansprüche der Masse geltend macht. Die Abtretung datiert vom
16./19.03.2012 (Anlage K 26), also nach der Abtretung ähnlicher oder
identischer Ansprüche durch die Insolvenzverwalterin an die Beklagte
(14./18.12.2011, Anlage B 13). Ob die Abtretung an die Klägerseite
deshalb ins Leere geht und die Klage schon deshalb unbegründet ist, kann
dahinstehen; der Senat hält aber dafür, dass beide Abtretungen
unterschiedliche Ansprüche (zum einen gegen die Klägerin, zum anderen
gegen die Beklagte) betreffen.
71
Denn wegen des in Ziff 1) dargestellten
Fehlverhaltens (Insolvenzantragstellung zur Unzeit) ist es nämlich der
Klägerseite jedenfalls verwehrt, sich im Wege der Auseinandersetzung mit
der Beklagten auf einen Drittforderungscharakter der abgetretenen
Ansprüche zu berufen, zumal die Klägerin ausweislich ihrer
Antragstellung in erster und zweiter Instanz Feststellung bzw. Leistung
nicht etwa zugunsten der Masse, sondern zu eigenen Gunsten begehrt.
C
72
Zur Widerklage und Drittwiderklage:
73
1. Ausweislich der Antragstellung im
Berufungsverfahren verfolgt die Klägerin die erstinstanzlich abgewiesen
Anträge gegen den Drittwiderbeklagten nicht weiter; die erstinstanzlich
erfolgte Drittklageabweisung ist damit rechtskräftig.
74
2. Auch die erstinstanzlichen Anträge auf Auskunft werden nicht weiterverfolgt.
75
3. Der in verminderter Höhe
weiterverfolgte Anspruch auf Zahlung ist im Hilfsantrag begründet;
insoweit war auf die Anschlussberufung der Beklagten das
landgerichtliche Urteil abzuändern.
76
a) Die Beklagte stützt ihren Antrag auf
Zahlung der Kosten, die der Masse für die Insolvenzverwaltervergütung
entstanden sind, auf die Abtretung durch die Insolvenzverwalterin an die
Beklagte vom 14./18.12.2011 (Anlage B 13). Diese Abtretung ist wirksam.
Zwar hat die Insolvenzverwalterin mit Vereinbarung vom 16./19.03.2012
(Anlage K 26), also danach, Ansprüche an die Klägerseite abgetreten, und
zwar ausdrücklich auch den „Schadensersatz für die Kosten des
Insolvenzverfahrens“. Auch die frühere Abtretung an die Beklagte
bezeichnet aber explizit von der Beklagten in Erwägung gezogene „Kosten
des Insolvenzverfahrens“ (Bl. 3 vorletzter Abs.). Es kommt daher nicht
darauf an, ob die Insolvenzverwalterin insoweit den identischen Anspruch
zweimal abgetreten hat (s.o. lit. B Ziff. 2); allenfalls geht die
Abtretung an die Klägerseite ins Leere.
77
b) Die Höhe der fraglichen Kosten (hier: Insolvenzverwaltervergütung iHv 84.442,02 € ) ist zwischen den Parteien nicht streitig.
78
c) Der Anspruch der Masse, abgetreten an
die Beklagte, auf Erstattung dieser Kosten folgt aus §§ 280 Abs.1, 705
BGB. Unstreitig hat die Klägerin (neben dem Drittwiderbeklagten und der
Mitgesellschafterin …) am 31.01.2011 einen Insolvenzantrag gegen die …
gestellt. Hiermit hat die Klägerin sich gegenüber der Gesellschaft
schadensersatzpflichtig gemacht. Zur Begründung wird im Einzelnen auf
die vorstehenden Ausführungen (s.o. lit. B Ziff. 1) verwiesen.
79
d) Der Gesellschaft, nunmehr der Masse,
steht daher ein abtretbarer Anspruch auf Erstattung derjenigen Schäden
zu, die ihr durch die nicht gerechtfertigte Insolvenzantragstellung
entstanden sind. Hierzu gehören jedenfalls die Kosten für die Vergütung
der Insolvenzverwalterin; diese Kosten wären nicht angefallen, wenn die
Klägerseite nicht Insolvenzantrag gestellt hätte und wenn nicht -
hierauf beruhend - das Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre.
80
Ein Anspruch der Beklagten selbst besteht
dagegen nicht; der Insolvenzantrag schädigt nicht ihr Vermögen
unmittelbar, sondern direkt nur das Vermögen der Gesellschaft. Deshalb
war nicht dem Haupt-, wohl aber dem Hilfsantrag der Anschlussberufung zu
entsprechen.
D
1. Kosten:
81
a) Hinsichtlich der Kosten erster Instanz
war die Entscheidung des Landgerichts - ausgehend von dem nicht
angefochtenen Streitwertbeschluss vom 08.05.2014 (Bl. 532 d. A.) -
grundsätzlich aufrechtzuerhalten mit der Ausnahme, dass die
außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten insgesamt der
Beklagten aufzuerlegen waren, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Unterliegen des
Drittwiderbeklagten ist geringfügig, weil es nur die vom Landgericht
als „anerkannt“ bezeichneten (tatsächlich: beklagtenseits für erledigt
erklärten, Bl. 138 und 161 d. A.) Teile des Auskunftsanspruchs (LGU 30
Ziff. 2 b; LGU 31 Ziff. 4 d) betrifft.
82
b) In zweiter Instanz obsiegt die
Klägerin mit 126.876,90 €, somit mit 7% des Gesamtstreitwerts. Sie hat
daher 93% der Kosten des Rechtsstreits zu tragen, die Beklagte 7%, §§ 91
Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 2 S. 1 ZPO.
83
c) Die Kosten der Nebenintervention hat die Klägerin zu tragen, § 101 Abs. 1 ZPO.
84
2. Vorläufige Vollstreckbarkeit:
85
§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
86
3. Die Revision war nicht zuzulassen, da
Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Weder hat die
Rechtssache grundlegende Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die
Umstände des Einzelfalls.