Grundbuchrecht: Prüfung der Wirksamkeit einer Bevollmächtigung zur unentgeltlichen Übertragung durch das Grundbuchamt
Tenor
- Die
Beschwerde der Antragstellerin vom 14. März 2013 gegen die
Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – vom 4. März 2013
(GZ: W… Blatt 1700-13) - wird zurückgewiesen.
- Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 1000 €
Gründe
- I.
- 1
- Eingetragene
Eigentümerin im Grundbuch von W… Blatt 1700 ist die M… GmbH mit Sitz in
B…. Mit Schreiben vom 14. Februar 2013 beantragte der Notar … unter
Überreichung seiner Urkunde 1739/2012 die Eintragung der
Eigentumsänderung von der Antragstellerin zu Gunsten des Erwerbers zum
Alleineigentum. In dem Übertragungsvertrag trat für die als Überlasser
bezeichnete Antragstellerin als vollmachtlose Vertreterin die
Notargehilfin M… R… auf. In II der Urkunde heißt es, dass der Überlasser
den maßgeblichen Grundbesitz an die Gemeinde W… (Erwerber) überträgt.
Eine Gegenleistung des Erwerbers ist im Vertrag nicht vorgesehen.
- 2
- Der
Notar legte ferner eine von Herrn P… E… mit Datum vom 29. Oktober 2012
unterzeichnete Genehmigungserklärung vor, die sich auf die von M… R… in
der UR-Nr. 1739/2012 des Notars … abgegebenen Erklärungen bezog. In der
beigefügten UR-Nr. 1701/2012 der Notarin N… beglaubigte diese, dass die
Unterschrift hinsichtlich der zuvor bezeichneten Genehmigung von dem ihr
von Person bekannten P… E… eigenhändig vor ihr vollzogen wurde. In der
Urkunde heißt es ferner, dass P… E… aufgrund der bei der
Unterschriftsbeglaubigung in Urschrift vorliegenden Vollmacht UR-Nr.
1551/2004 vom 21. September 2004 der Notarin N… für die Antragstellerin
gehandelt hat, die nach Kenntnis der Erschienenen und nach Kenntnis der
Notarin bis zum Tag der Unterschriftsbeglaubigung nicht widerrufen sei.
Die Vollmacht werde in beglaubigter Kopie der Urkunde beigefügt.
Beigefügt war tatsächlich allerdings die Vollmacht UR-Nr. 1214/2009 vom
13. August 2009 und nicht die UR-Nr. 1551/2004 der Notarin N…. In der
UR-Nr.1214/2009 ist als Vollmachtgeberin Frau H… K…,
alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der M… GmbH aufgeführt,
von deren Alleinvertretungsberechtigung sich die Notarin nach Einsicht
in die entsprechenden Handelsregister am selben Tag überzeugt hat. Die
P… E… erteilte Vollmacht hat u. a. folgenden Inhalt:
- 3
- Absatz 2
- 4
- „Der
Vollmachtnehmer soll ermächtigt sein, jede Rechtshandlung im
Grundstücksverkehr, welche ich als Geschäftsführerin der vorgenannten
Firma selbst vornehmen könnte … für mich und in meinem Namen mit
rechtsverbindlicher Kraft vorzunehmen“.
- 5
- Absatz 3
- 6
- „Der
Bevollmächtigte ist berechtigt, Grundbesitz im Namen der Firma zu
erwerben und zu verkaufen. …..die Auflassung zu erklären und alle zur
Durchführung des Vertrages erforderlichen und zweckmäßigen Erklärungen
und Bewilligungen abzugeben und entgegenzunehmen“.
- 7
- Dem Vollmachtnehmer wird ferner gestattet, Grundpfandrechte zu bewilligen.
- 8
- Absatz 3
- 9
- „Der
Bevollmächtigte darf auch einen abgeschlossenen Kaufvertrag ändern,
ergänzen und aufheben sowie neue Kaufverträge abschließen“.
- 10
- Mit
Zwischenverfügung vom 04. März 2013 teilte das Grundbuchamt mit, dass
die Vertretungsmacht nicht hinreichend nachgewiesen sei. Die Vollmacht
berechtige zum Verkauf, nicht aber zur Schenkung bzw. Übertragung ohne
Gegenleistung. Im Übrigen sei die Vertretungsmacht des Vollmachtgebers
nicht nachgewiesen. Zur Behebung dieser Mängel werde eine Frist von
einem Monat gesetzt.
- 11
- Gegen
diese Zwischenverfügung hat die Antragstellerin Beschwerde unmittelbar
beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingelegt und diese damit
begründet, dass die Vollmacht zu jeder Rechtshandlung im
Grundstücksverkehr ermächtige, somit auch Schenkungen und Übertragungen
ohne Gegenleistungen abdecke. Die weiteren Ausführungen seien keine
Einschränkungen, sondern darüber hinausgehende Konkretisierungen. Auch
sei die Vertretungsmacht durch die UR-Nr. 1214/2009 der Notarin N…
hinreichend nachgewiesen.
- II.
- 12
- Die
gemäß § 71 GBO zulässige Beschwerde, über die der Senat ohne
Abhilfeentscheidung des Grundbuchamtes befinden durfte (Demharter,
Grundbuchordnung, 28. Aufl. 2012, § 75 Rn. 1), bleibt in der Sache ohne
Erfolg. Das Grundbuchamt hat die beantragte Eintragung zu Recht
abgelehnt.
- 13
- Das
Grundbuchamt hat die Wirksamkeit einer Bevollmächtigung zu prüfen, und
zwar nicht nur die Wirksamkeit der ursprünglichen Erteilung der
Vollmacht, sondern auch deren Fortbestand zum Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der maßgeblichen Erklärung. Das Grundbuchamt hat die
Wirksamkeit einer Vollmacht und den Umfang der Vertretungsmacht auch
dann selbständig zu prüfen, wenn der Urkundsnotar die Vollmacht für
ausreichend angesehen hat (Demharter, a.a.O., § 19 Rn. 74). Diesen
Maßstab zu Grunde gelegt hat das Grundbuchamt die beantragte Eintragung
zu Recht abgelehnt.
- 14
- Dabei
kann dahinstehen, ob die Vollmacht hinreichend belegt worden ist. Dem
Grundbuchamt muss die Vollmachtsurkunde in der Form des § 29 Abs. 1 GBO,
mithin grundsätzlich in Urschrift oder Ausfertigung vorgelegt werden.
Die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Vollmachtsurkunde kann aber
genügen, wenn der beurkundende Notar bescheinigt, die Vollmachtsurkunde
habe ihm in Urschrift oder Ausfertigung vorlegen. Dass dies geschehen
ist und der Zeitpunkt der Vorlage müssen sich aus der Bescheinigung des
Notars ergeben (OLG Karlsruhe, BWNotZ 1992, 102, juris Rn 21, 22;
Demharter, a.a.O., § 19 Rn 80). Diesen Anforderungen dürften die mit dem
Eintragungsantrag beigebrachten Unterlagen unter Berücksichtigung des §
32 GBO grundsätzlich genügen, wobei jedoch klärungsbedürftig ist, dass
der UR- Nr. 1701/2012 nicht die in Bezug genommene UR-Nr. 1551/2004
beigefügt ist, sondern die UR-Nr. 1214/2009. Bei der Urkunde aus dem
Jahr 2004 dürfte gegebenenfalls auch zu erwägen sein, bis zu welchem
Zeitabstand die Annahme einer fortbestehenden Vollmacht gerechtfertigt
ist (vgl. OLG Karlsruhe, BWNotZ 1992, 102).
- 15
- Das
Grundbuchamt hat jedenfalls im Hinblick auf den Umfang der Vollmacht zu
Recht die begehrte Eintragung verweigert. Die hier in Rede stehende
Vollmacht ermächtigt in Absatz 2 den Vollmachtnehmer zu jeder
Rechtshandlung im Grundstücksverkehr, erfasst nach dem Wortlaut somit
auch Schenkungen und unentgeltliche Übertragungen. Andererseits ist im
dritten Absatz 3 ausdrücklich der Erwerb und Verkauf von Grundbesitz
angesprochen, was nach dem Wortlaut gegen Unentgeltlichkeit spricht.
Auch Absatz 4 spricht ausdrücklich von Kaufverträgen. Das Verhältnis
dieser Regelungsbereiche zueinander und ihr Sinn sind unklar, der Umfang
der Vollmacht ist daher im Wege der Auslegung nach Maßgabe der §§
133,157 BGB zu ermitteln, wobei wegen der bestehenden Missbrauchsgefahr
grundlegend eine einschränkende Auslegung zu erfolgen hat, und zwar auch
bei einer Generalvollmacht
(allg. M.; vgl. etwa RGZ 143, 196; Staudinger-Schilken, BGB,
Neubearbeitung 2009, § 167 Rn. 83 ff.; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1990,
931). Dieses zu Grunde gelegt ist der Auffassung der Beschwerdeführerin,
Absatz 3 enthalte keine Einschränkung, sondern lediglich eine
Konkretisierung der umfassenden Vollmacht, nicht zu folgen. Ganz
abgesehen davon, dass es einer solchen Konkretisierung bei einer
umfassenden Vollmacht nicht bedurfte, ihr Sinn und Zweck somit unklar
ist, hätte bei einer solche Konkretisierung die Verwendung des Wortes
„insbesondere“ nahegelegen, um deutlich zu machen, dass es eben nicht um
eine Einschränkung, sondern nähere Konkretisierung geht.
- 16
- Die
Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Gesetz §
131 Abs. 1 Nr. 1 KostO; eine Entscheidung über die Erstattung
außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.
- 17
- Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO.