Dienstag, 20. Februar 2018

Grundbuchrecht: Prüfung der Wirksamkeit einer Bevollmächtigung zur unentgeltlichen Übertragung durch das Grundbuchamt

Grundbuchrecht: Prüfung der Wirksamkeit einer Bevollmächtigung zur unentgeltlichen Übertragung durch das Grundbuchamt


Tenor




Die Beschwerde der Antragstellerin vom 14. März 2013 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – vom 4. März 2013 (GZ: W… Blatt 1700-13) - wird zurückgewiesen.



Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 1000 €

Gründe




I.
1
Eingetragene Eigentümerin im Grundbuch von W… Blatt 1700 ist die M… GmbH mit Sitz in B…. Mit Schreiben vom 14. Februar 2013 beantragte der Notar … unter Überreichung seiner Urkunde 1739/2012 die Eintragung der Eigentumsänderung von der Antragstellerin zu Gunsten des Erwerbers zum Alleineigentum. In dem Übertragungsvertrag trat für die als Überlasser bezeichnete Antragstellerin als vollmachtlose Vertreterin die Notargehilfin M… R… auf. In II der Urkunde heißt es, dass der Überlasser den maßgeblichen Grundbesitz an die Gemeinde W… (Erwerber) überträgt. Eine Gegenleistung des Erwerbers ist im Vertrag nicht vorgesehen.


2
Der Notar legte ferner eine von Herrn P… E… mit Datum vom 29. Oktober 2012 unterzeichnete Genehmigungserklärung vor, die sich auf die von M… R… in der UR-Nr. 1739/2012 des Notars … abgegebenen Erklärungen bezog. In der beigefügten UR-Nr. 1701/2012 der Notarin N… beglaubigte diese, dass die Unterschrift hinsichtlich der zuvor bezeichneten Genehmigung von dem ihr von Person bekannten P… E… eigenhändig vor ihr vollzogen wurde. In der Urkunde heißt es ferner, dass P… E… aufgrund der bei der Unterschriftsbeglaubigung in Urschrift vorliegenden Vollmacht UR-Nr. 1551/2004 vom 21. September 2004 der Notarin N… für die Antragstellerin gehandelt hat, die nach Kenntnis der Erschienenen und nach Kenntnis der Notarin bis zum Tag der Unterschriftsbeglaubigung nicht widerrufen sei. Die Vollmacht werde in beglaubigter Kopie der Urkunde beigefügt. Beigefügt war tatsächlich allerdings die Vollmacht UR-Nr. 1214/2009 vom 13. August 2009 und nicht die UR-Nr. 1551/2004 der Notarin N…. In der UR-Nr.1214/2009 ist als Vollmachtgeberin Frau H… K…, alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der M… GmbH aufgeführt, von deren Alleinvertretungsberechtigung sich die Notarin nach Einsicht in die entsprechenden Handelsregister am selben Tag überzeugt hat. Die P… E… erteilte Vollmacht hat u. a. folgenden Inhalt:


3
Absatz 2
4
„Der Vollmachtnehmer soll ermächtigt sein, jede Rechtshandlung im Grundstücksverkehr, welche ich als Geschäftsführerin der vorgenannten Firma selbst vornehmen könnte … für mich und in meinem Namen mit rechtsverbindlicher Kraft vorzunehmen“.


5
Absatz 3
6
„Der Bevollmächtigte ist berechtigt, Grundbesitz im Namen der Firma zu erwerben und zu verkaufen. …..die Auflassung zu erklären und alle zur Durchführung des Vertrages erforderlichen und zweckmäßigen Erklärungen und Bewilligungen abzugeben und entgegenzunehmen“.


7
Dem Vollmachtnehmer wird ferner gestattet, Grundpfandrechte zu bewilligen.


8
Absatz 3
9
„Der Bevollmächtigte darf auch einen abgeschlossenen Kaufvertrag ändern, ergänzen und aufheben sowie neue Kaufverträge abschließen“.


10
Mit Zwischenverfügung vom 04. März 2013 teilte das Grundbuchamt mit, dass die Vertretungsmacht nicht hinreichend nachgewiesen sei. Die Vollmacht berechtige zum Verkauf, nicht aber zur Schenkung bzw. Übertragung ohne Gegenleistung. Im Übrigen sei die Vertretungsmacht des Vollmachtgebers nicht nachgewiesen. Zur Behebung dieser Mängel werde eine Frist von einem Monat gesetzt.


11
Gegen diese Zwischenverfügung hat die Antragstellerin Beschwerde unmittelbar beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingelegt und diese damit begründet, dass die Vollmacht zu jeder Rechtshandlung im Grundstücksverkehr ermächtige, somit auch Schenkungen und Übertragungen ohne Gegenleistungen abdecke. Die weiteren Ausführungen seien keine Einschränkungen, sondern darüber hinausgehende Konkretisierungen. Auch sei die Vertretungsmacht durch die UR-Nr. 1214/2009 der Notarin N… hinreichend nachgewiesen.



II.
12
Die gemäß § 71 GBO zulässige Beschwerde, über die der Senat ohne Abhilfeentscheidung des Grundbuchamtes befinden durfte (Demharter, Grundbuchordnung, 28. Aufl. 2012, § 75 Rn. 1), bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Grundbuchamt hat die beantragte Eintragung zu Recht abgelehnt.


13
Das Grundbuchamt hat die Wirksamkeit einer Bevollmächtigung zu prüfen, und zwar nicht nur die Wirksamkeit der ursprünglichen Erteilung der Vollmacht, sondern auch deren Fortbestand zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der maßgeblichen Erklärung. Das Grundbuchamt hat die Wirksamkeit einer Vollmacht und den Umfang der Vertretungsmacht auch dann selbständig zu prüfen, wenn der Urkundsnotar die Vollmacht für ausreichend angesehen hat (Demharter, a.a.O., § 19 Rn. 74). Diesen Maßstab zu Grunde gelegt hat das Grundbuchamt die beantragte Eintragung zu Recht abgelehnt.


14
Dabei kann dahinstehen, ob die Vollmacht hinreichend belegt worden ist. Dem Grundbuchamt muss die Vollmachtsurkunde in der Form des § 29 Abs. 1 GBO, mithin grundsätzlich in Urschrift oder Ausfertigung vorgelegt werden. Die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Vollmachtsurkunde kann aber genügen, wenn der beurkundende Notar bescheinigt, die Vollmachtsurkunde habe ihm in Urschrift oder Ausfertigung vorlegen. Dass dies geschehen ist und der Zeitpunkt der Vorlage müssen sich aus der Bescheinigung des Notars ergeben (OLG Karlsruhe, BWNotZ 1992, 102, juris Rn 21, 22; Demharter, a.a.O., § 19 Rn 80). Diesen Anforderungen dürften die mit dem Eintragungsantrag beigebrachten Unterlagen unter Berücksichtigung des § 32 GBO grundsätzlich genügen, wobei jedoch klärungsbedürftig ist, dass der UR- Nr. 1701/2012 nicht die in Bezug genommene UR-Nr. 1551/2004 beigefügt ist, sondern die UR-Nr. 1214/2009. Bei der Urkunde aus dem Jahr 2004 dürfte gegebenenfalls auch zu erwägen sein, bis zu welchem Zeitabstand die Annahme einer fortbestehenden Vollmacht gerechtfertigt ist (vgl. OLG Karlsruhe, BWNotZ 1992, 102).


15
Das Grundbuchamt hat jedenfalls im Hinblick auf den Umfang der Vollmacht zu Recht die begehrte Eintragung verweigert. Die hier in Rede stehende Vollmacht ermächtigt in Absatz 2 den Vollmachtnehmer zu jeder Rechtshandlung im Grundstücksverkehr, erfasst nach dem Wortlaut somit auch Schenkungen und unentgeltliche Übertragungen. Andererseits ist im dritten Absatz 3 ausdrücklich der Erwerb und Verkauf von Grundbesitz angesprochen, was nach dem Wortlaut gegen Unentgeltlichkeit spricht. Auch Absatz 4 spricht ausdrücklich von Kaufverträgen. Das Verhältnis dieser Regelungsbereiche zueinander und ihr Sinn sind unklar, der Umfang der Vollmacht ist daher im Wege der Auslegung nach Maßgabe der §§ 133,157 BGB zu ermitteln, wobei wegen der bestehenden Missbrauchsgefahr grundlegend eine einschränkende Auslegung zu erfolgen hat, und zwar auch bei einer Generalvollmacht (allg. M.; vgl. etwa RGZ 143, 196; Staudinger-Schilken, BGB, Neubearbeitung 2009, § 167 Rn. 83 ff.; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1990, 931). Dieses zu Grunde gelegt ist der Auffassung der Beschwerdeführerin, Absatz 3 enthalte keine Einschränkung, sondern lediglich eine Konkretisierung der umfassenden Vollmacht, nicht zu folgen. Ganz abgesehen davon, dass es einer solchen Konkretisierung bei einer umfassenden Vollmacht nicht bedurfte, ihr Sinn und Zweck somit unklar ist, hätte bei einer solche Konkretisierung die Verwendung des Wortes „insbesondere“ nahegelegen, um deutlich zu machen, dass es eben nicht um eine Einschränkung, sondern nähere Konkretisierung geht.


16
Die Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Gesetz § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO; eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.


17
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO.