Dienstag, 11. Juli 2017

Sicherheitskennzeichnung – Flucht- und Rettungspläne

Es besteht ein Bedarf für die Normung eines Systems zur Vermittlung von Fluchtwegen in baulichen Anlagen, das sich auf die Benutzung möglichst weniger Worte zur Verständigung beschränkt.
Die Zunahme des internationalen Handels, des Verkehrs und der Mobilität von Arbeitskräften erfordert eine einheitliche Kommunikation von Sicherheitsinformationen für die Benutzer von baulichen Anlagen.

Die Anwendung dieser Internationalen Norm soll helfen, Gefahren zu minimieren. Durch Schulungen und Unterweisungen soll eine mögliche Verwirrung in Notfällen verringert werden.
In der ISO 7010 sind die Sicherheitszeichen, Sicherheitsfarben und spezifische Gestaltungsgrundsätze festgelegt. Unter Berücksichtigung dieser Grundlagen legt diese Internationale Norm eine einheitliche Darstellung fest für den Verlauf von Fluchtwegen, die zu Notausgängen führen sowie für den Standort von Brandbekämpfungs- und Erste-Hilfe-Einrichtungen in der Nähe der Fluchtwege.
Flucht- und Rettungspläne sind ein wesentlicher Bestandteil der Sicherheitsausstattung einer baulichen Anlage und spielen eine wichtige Rolle für die Brandschutzdokumentation. Flucht- und Rettungspläne sind ein notwendiger Bestandteil des Sicherheitsleitsystems einer baulichen Anlage (siehe ISO 16069).

Allgemeines
Vor der Erstellung eines Planes sind im Rahmen der Brandschutzmaßnahmen die wesentlichen Punkte
festzulegen, die in den Flucht- und Rettungsplänen dargestellt werden sollen. In die Flucht- und Rettungspläne
sollen die Informationen einfließen, die sich aus der Prüfung folgender Unterlagen bzw. Sachverhalte
ergeben:
a) Brandschutzhandbücher und -dokumentationenN1) sowie Brandschutzmaßnahmen;
b) aktuelle Grundriss- und Grundstückzeichnung(en), aus denen die Besonderheiten ersichtlich sind. Diese
Zeichnungen sind durch eine Begehung/Besichtigung zu überprüfen;
c) Verlauf der Fluchtwege;
d) Dokumentation über Evakuierungsmaßnahmen, unter Berücksichtigung der zu erwarteten Menschenbewegungen.
Dokumentation über die zu erteilenden Anweisungen sowie die Art, wie diese Anweisungen
zu erteilen sind;
e) Standorte der Brandbekämpfungseinrichtungen und Alarmierungssysteme;
f) Standorte der Notfallausrüstungen und Evakuierungshilfen;
g) erforderliche Maßnahmen, die im Notfall durchgeführt werden müssen;
h) sichere Bereiche (Zufluchtsorte) und Sammelstellen.
Flucht- und Rettungspläne sollen den Menschen helfen, sich selbst über die Fluchtwege in einer baulichen
Anlage zu informieren. Auf diese Weise ergänzt der Flucht- und Rettungsplan das Sicherheitsleitsystem einer
baulichen Anlage (siehe ISO 16069).
5 Gestaltungsgrundlagen
Der Flucht- und Rettungsplan soll in Übereinstimmung mit der Evakuierungsstrategie erstellt werden und die
speziellen Bedürfnisse der Nutzer einer baulichen Anlage oder eines Teils davon berücksichtigen.
Folgende Anforderungen müssen von einem Flucht- und Rettungsplan erfüllt werden:
a) Der genaue Standort des Betrachters muss angegeben werden.

b) Flucht- und Rettungspläne müssen farbig angelegt sein.
c) Der Maßstab für den Flucht- und Rettungsplan ist abhängig von der Größe der baulichen Anlage, des
darzustellenden Detaillierungsgrades und des vorgesehenen Anbringungsortes des Flucht- und Rettungsplanes.
Die folgenden Mindestmaßstäbe sind anzuwenden:
- 1:250 für große bauliche Anlagen;
- 1:100 für kleine und mittlere bauliche Anlagen;
- 1:350 für Pläne, die in einzelnen Räumen angebracht werden.
Für detaillierte Elemente wie Treppen oder Flure darf ein größerer Maßstab gewählt werden, um diese
Elemente hervorzuheben oder um die Platzierung von Sicherheitszeichen auf dem Flucht- und
Rettungsplan zu ermöglichen. Bei mehreren Flucht- und Rettungsplänen für dieselbe bauliche Anlage
sollte für alle Pläne der gleiche Maßstab gewählt werden. Für spezielle Bereiche der baulichen Anlage,
z. B. Parkplätze oder technische Bereiche, können andere Maßstäbe gewählt werden, um freie Flächen
zu berücksichtigen.
d) Alle Flucht- und Rettungspläne einer baulichen Anlage müssen einheitlich im Layout dargestellt werden.
e) Damit die Flucht- und Rettungspläne gut sichtbar und lesbar sind, müssen sie unter Allgemeinbeleuchtung
vertikal mit mindestens 50 lx ausgeleuchtet werden. Wird bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung
eine Sicherheitsbeleuchtung eingesetzt, müssen Flucht- und Rettungspläne aus gewöhnlichen (nicht
langnachleuchtenden) Materialien oder aus langnachleuchtenden Materialien vertikal mit mindestens 5 lx
ausgeleuchtet werden. Ist keine Sicherheitsbeleuchtung vorhanden oder ist ein langnachleuchtendes
Sicherheitsleitsystem nach ISO 16069 vorhanden, dürfen Flucht- und Rettungspläne aus langnachleuchtenden
Materialien verwendet werden. In allen Fällen muss das langnachleuchtende Material
mindestens der Klasse C nach ISO 17398 entsprechen.
f) Um Sicherheitsfarben auf den Plänen erkennen zu können, muss der Mindestwert für das Lichtspektrum
Ra ≥ 40 sein. Der Leuchtkörper darf diesen nicht wesentlich schmälern. Sind Flucht- und Rettungspläne
aus langnachleuchtenden Materialien hergestellt, sind sie durch weiße Leuchtstofflampen anzuregen.
Niederdrucknatriumlampen dürfen nicht verwendet werden.
g) Der Hintergrund der Flucht- und Rettungspläne muss in der Sicherheitsfarbe Weiß oder nachleuchtend
Weiß nach ISO 3864-1:2002, Tabelle 4, angelegt sein.
h) Die Mindestgröße für einen Flucht- und Rettungsplan beträgt 297 mm × 420 mm (A3). Davon ausgenommen
sind Flucht- und Rettungspläne zur Anbringung in einzelnen Räumen. In diesem Fall darf die
Größe des Plans auf 210 mm × 297 mm (A4) verringert werden. Eine Toleranz von 5 % ist zulässig.
i) Flucht- und Rettungspläne müssen immer auf dem neuesten Stand sein.
j) Die Ausrichtung des angebrachten Planes muss aus der Sicht des Betrachters lagerichtig sein, sodass
Objekte zur Linken des Betrachters im Plan links dargestellt sind und Objekte zur Rechten des
Betrachters im Plan rechts dargestellt sind.
k) Sind Erste-Hilfe- und Brandbekämpfungseinrichtungen auf dem Plan ausgewiesen, so müssen
Sicherheitszeichen verwendet werden, die denen in der baulichen Anlage und denen der ISO 7010
entsprechen. N2)
l) Flucht- und Rettungspläne müssen eine Legende haben.
m) Flucht- und Rettungspläne müssen eine Standardüberschrift haben mit den Worten „Flucht- und
Rettungsplan“ in der/den Landessprache(n).
n) In Flucht- und Rettungsplänen müssen Sammelstellen entweder im Detailplan oder im Übersichtsplan
dargestellt werden.

Größe der Elemente des Flucht- und Rettungsplanes
Folgende Anforderungen müssen von einem Flucht- und Rettungsplan erfüllt werden:
a) Auf Flucht- und Rettungsplänen dargestellte Informationen müssen aus der vorgesehenen Erkennungsweite
gut lesbar sein. Die Mindesthöhe der Buchstaben muss 2 mm betragen. Es sollten Schrifttypen
gewählt werden, die bei der vorgesehenen Erkennungsweite eine optimale Lesbarkeit gewährleisten.
b) Die Mindesthöhe der Überschrift muss 7 % des Flucht- und Rettungsplanes betragen, bezogen auf die
kürzere Blattseite. Die Buchstabenhöhe muss mindestens 60 % der Höhe der Überschrift betragen.
Beispiele sind in Tabelle 1 aufgeführt.
c) Die Sicherheitszeichen auf Flucht- und Rettungsplänen müssen eine Mindesthöhe von 7 mm aufweisen.
d) Die Linienbreite zur graphischen Darstellung der Wände der baulichen Anlage muss mindestens 1,6 mm
betragen. Innere Trennwände sind durch Linienbreiten von mindestens 0,6 mm darzustellen. Werden
Einzelheiten auf dem Plan ausgewiesen (z. B. Treppen, Regale, Fenster), so sind diese mit einer
Linienbreite von mindestens 0,15 mm darzustellen.
Bei der Darstellung von langen Fluchtkorridoren sollten architektonische Details oder Ausstattung so
angegeben werden, dass der Nutzer eine Vorstellung von dem Maßstab bzw. der Entfernung erhält.


7 Inhalte und Darstellung
7.1 Überschrift
Jeder Flucht- und Rettungsplan muss eine Überschrift haben. Für die Überschrift kann sowohl Groß- als auch
Kleinschreibung verwendet werden.
7.2 Übersichtsplan
Jeder Flucht- und Rettungsplan muss einen Übersichtsplan enthalten; ausgenommen hiervon sind die Fluchtund
Rettungspläne, in denen der Flucht- und Rettungsplan einer baulichen Anlage selbst bereits eine
Übersicht darstellt.
Ein Übersichtsplan muss folgende Einzelheiten enthalten:
a) die Sammelstelle(n);
b) den Gesamtplan der baulichen Anlage/des Grundstückes, wobei der vom Detailplan betroffene Bereich
zu markieren ist;
c) eine vereinfachte Darstellung der Umgebung (z. B. Straßen, Parkplätze, andere bauliche Anlagen).
Die Größe des Übersichtsplanes darf 10 % der Fläche des Flucht- und Rettungsplanes nicht überschreiten.

7.3 Detailplan
Der Detailplan muss folgende Einzelheiten enthalten:
a) den Grundriss des relevanten Teils der baulichen Anlage, der so abgeändert wird, dass
⎯ unwichtige Einzelheiten entfernt sind,
⎯ alle wichtigen Bestandteile hervorgehoben sind,
⎯ die Lesbarkeit und Verständlichkeit verbessert wird,
⎯ der Plan nach dem Standort des Betrachters lagerichtig dargestellt ist,
b) alle Notausgänge sowie horizontale und vertikale Fluchtwege. Wenn Richtungsanweisungen von einem
spezifischen Standort aus gegeben werden, so haben diese Richtungsinformationen mit einem Pfeil des
Typs D nach ISO 3864-3 zu erfolgen (siehe Bild 1).



c) den Standort des Betrachters („Sie befinden sich hier“);
d) Treppen;
e) alle Vorrichtungen zur Evakuierung von Personen mit Behinderungen;
f) Standort und Art der Geräte für die erste Brandbekämpfung sowie Notfall- und Rettungsausrüstung z. B. Brandmelder, Feuerlöscher, Wandhydranten/Löschschläuche, Erste-Hilfe-Einrichtungen;
Kann der tatsächliche Anbringungsort der Sicherheitszeichen wegen des angewendeten Maßstabes nicht dargestellt werden, so dürfen die Sicherheitszeichen im nächstgelegenen freien Bereich platziert werden, wobei mittels einer Hinweislinie auf den tatsächlichen Anbringungsort verwiesen wird (siehe Bild A.1).
g) Aufzüge als architektonisches Element.


7.4 Regeln für das Verhalten im Brandfall und bei Unfällen

Flucht- und Rettungspläne sind immer mit Regeln für das Verhalten im Brandfall und bei Unfällen auszurüsten.
Diese Verhaltensregeln dürfen direkt auf dem Flucht- und Rettungsplan dargestellt werden oder in
dessen Nähe angebracht werden.

7.5 Legende

Die Legende ist auf dem Flucht- und Rettungsplan darzustellen. Sie hat die Bedeutung der im Flucht- und Rettungsplan angewendeten Sicherheitszeichen, der graphischen Symbole und des Farbcodes zu erläutern. Beispiele sind im Anhang A dargestellt.

7.6 Sonstige Informationen
Folgende Informationen müssen auf dem Flucht- und Rettungsplan angegeben sein:

a) Planersteller,
b) Name der baulichen Anlage,
c) Geschossbezeichnung,
d) Datum der Planerstellung und Revisionsnummer,
e) Plannummer.

7.7 Farbgestaltung
7.7.1 Fluchtwege

Richtungspfeile müssen in der Sicherheitsfarbe Grün nach ISO 3864-1 dargestellt werden. Fluchtwege müssen in einem helleren Grün hervorgehoben werden, um einen ausreichenden Kontrast zu den Pfeilen zu erhalten.

ANMERKUNG Bei Verwendung von langnachleuchtenden Materialien können graphische Methoden wie Halbtöne oder Schraffierungen eingesetzt werden, damit die Richtungspfeile der Fluchtwege im Dunkeln sichtbar sind.

7.7.2 Sicherheitszeichen

Die Sicherheitszeichen müssen in Sicherheitsfarben nach ISO 3864-1 dargestellt werden.

7.7.3 Standort
Der Standort muss in der Sicherheitsfarbe Blau nach ISO 3864-1 dargestellt werden.

7.7.4 Hintergrundfarbe
Die Farbe des Hintergrundes muss Weiß oder nachleuchtend Weiß nach ISO 3864-1 sein.

7.7.5 Darstellung von Teilen der baulichen Anlage
Die Umrisslinie von Teilen der baulichen Anlage muss in Schwarz dargestellt werden.

7.7.6 Überschrift
Die Überschrift muss in der Sicherheitsfarbe Grün und der Kontrastfarbe nach ISO 3864-1 dargestellt werden.

7.7.7 Text
Die normale Textfarbe muss Schwarz sein. Zur besonderen Hervorhebung dürfen andere Farben verwendet werden.

8 Materialien
Flucht- und Rettungspläne müssen aus Materialien gefertigt werden, die den Umgebungseinflüssen am  Anbringungsort für die erwartete Nutzungsdauer widerstehen (z. B. lichtbeständig und feuchtigkeitsbeständig).
Falls erforderlich, sind die Haltbarkeitsmerkmale nach den Verfahren der ISO 17398 zu prüfen.

9 Anbringung und Standort
Flucht- und Rettungspläne sind so anzubringen, dass sie sich von der Umgebung deutlich abheben und sichergestellt ist, dass sie für den vorgesehenen Nutzer zugänglich und gut lesbar sind.
Die Flucht- und Rettungspläne müssen dauerhaft befestigt werden. Die Pläne müssen angebracht werden:

a) an Stellen, an denen die Nutzer der baulichen Anlage sich über die Fluchtmöglichkeiten informieren können;
b) an strategischen Stellen des Fluchtweges, z. B.:
⎯ an den Hauptzugängen zu den Geschossen,
⎯ in der Nähe von Aufzügen und Treppen,
⎯ in jedem Zimmer, z. B. in Hotelzimmern,
⎯ an geeigneten Versammlungsorten, z. B. Cafeterias, Bürozentren, Treffpunkten,
⎯ an Flurgabelungen und Abzweigungen.


10 Prüfung und Überarbeitung
Flucht- und Rettungspläne sind in regelmäßigen Zeitabständen zu prüfen, um zu gewährleisten, dass sie gut lesbar, gut erkennbar, verständlich und aktuell sind.
Jede Veränderung der baulichen Anlage oder der Brandschutz- und Notfallmaßnahmen muss zu einer
Überprüfung und erforderlichenfalls zu einer Überarbeitung der Flucht- und Rettungspläne führen.







©  Marc Husmann   Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.