Mittwoch, 12. Juli 2017

Projektmanagementleistung und unerlaubte Rechtsberatung

Projektmanagementleistungen sind häufig in engem Zusammenhang mit rechtlichen Themenstellungen zu erbringen, insbesondere wenn Leistungen des Vertragsmanagements geschuldet sind.
Gemäß dem derzeit noch gültigen Art. 1 § 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten (einschließlich der Rechtsberatung) nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde eine Erlaubnis erteilt worden ist. Zweck der Bestim-
mung ist der Schutz des Rechtsuchenden vor einer ungenügenden und
unsachgerechten Beratung und Vertretung.

Nach der derzeit bestehenden Gesetzeslage kann die Besorgung einzelner fremder Rechtsangelegenheiten nach Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG zulässig sein, sofern kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmen für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen, die
mit dem Geschäft ihres Gewerbebetriebes in unmittelbarem Zusammenhang stehen.

Der BGH grenzt eine in unmittelbarem Zusammenhang stehende Tätigkeit von einer selbständigen Aufgabe wie folgt ab:
„Hieraus ist zu entnehmen, dass es sich bei der Rechtsbesorgung, die nach Art. 1 § 5 RBerG wegen ihres unmittelbaren Zusammenhangs mit einer bestimmten anderen Berufstätigkeit erlaubnisfrei bleiben soll, um eine der eigentlichen Berufstätigkeit zugeordnete, sie nur ergänzende Nebentätigkeit (Hilfstätigkeit) handeln muss. Sie darf nicht zu einem Hauptteil der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit erhoben werden.“
Ist die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten der einzige Geschäftsbereich des Beraters, ist von einer erlaubnispflichtigen Rechtsberatung auszugehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Rentenberatung liegt keine erlaubnispflichtige Rechtsberatung vor, wenn die Hauptaufgabe der Rentenberatung andernfalls nicht ordnungsgemäß zu erbringen ist.
Besondere Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung zwischen erlaubnisfreier Nebentätigkeit und erlaubnispflichtiger Haupttätigkeit bei zusammengesetzten Leistungen, wie sie häufig bei Projektmanagementverträgen vorkommen. Hierzu hat der BGH entschieden:
„Die im Rahmen des Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG unter anderem erforderliche Beurteilung, ob die in den Verträgen vereinbarten rechtsbesorgenden Hilfs- oder Nebentätigkeiten für die anderen vertraglich geschuldeten Hauptleistungen sind (...), erfordert eine Auslegung der Verträge und eine Abwägung der unterschiedlichen vertraglichen Pflichten...“.

Die Auslegung des Rechtsberatungsgesetzes und insbesondere des Art. 1 § 5 RBerG ist in den vergangenen Jahren zunehmend durch die Rechtsprechung des BGH44 und des Bundesverfassungsgerichts beeinflusst und geprägt worden. Zuletzt hatte der BGH durch Zurück-weisung einer Nichtzulassungsbeschwerde die Auffassung des OLG Köln, welches einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetzes verneint hatte, geteilt. Das OLG Köln hatte zunächst festgestellt, dass der Projektsteuerer fraglos rechtsberatende Tätigkeiten übernommen hatte.

Gleichwohl vermochte es einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz
nicht zu erkennen, da die baufachliche und wirtschaftliche Betreuungstätigkeit insgesamt den Schwerpunkt der Leistungen darstellten und somit keine Hauptleistung der Projektsteuerung betroffen war.
Die Zahl erfolgreicher Verfassungsbeschwerden von gewerblichen oder freiberuflichen Unternehmern und Medienunternehmen gegen Einschränkungen ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 GG) durch die von den Gerichten vorgenommene Auslegung des Rechtsberatungsgesetzes
nimmt zu. Auch das Verbot unentgeltlicher Rechtsberatung durch Volljuristen hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich in Frage gestellt.
Angesichts dieser Entwicklung, der Deregulierungsbestrebungen der Europäischen Kommission im Bereich des freien Dienstleistungsverkehrs sowie der seit einigen Jahren in der Öffentlichkeit verstärkt erhobenen Forderung, das Gesetz einer grundlegenden Überprüfung
zu unterziehen, sah das Bundesjustizministeriums („BMJ“) Bedarf, das Rechtsberatungsgesetz durch ein neues Rechtsdienstleistungsgesetz abzulösen.
Mit einem Anfang September 2004 publizierten Diskussionsentwurf zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts stellte das BMJ die geplanten Änderungen durch ein Rechtsdienstleistungsgesetz (nachfolgend auch „RDG-E“ genannt) vor. Am 23 August 2006 hat die Bundesregelung den Gesetzentwurf der nicht der Zustimmung des Bundesrats bedarf,
beschlossen. Das Gesetz ist Mitte 2007 in Kraft treten. Nach dem Gesetzentwurf
verbleibt es grundsätzlich bei dem Beratungsmonopol der Rechtsanwälte. Der Rechtsrat als „Nebenleistung“ soll jedoch in bestimmten Fällen in weiterem Umfang als bisher zulässig sein.
Die erlaubnisfreien Nebenleistungen werden in § 5 Abs. 1 RDG-E
geregelt, welcher folgenden Wortlaut hat:
„Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen oder gesetzlich geregelten Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild oder zur vollständigen Erfüllung der mit der Haupttätigkeit verbundenen gesetzlichen oder
vertraglichen Pflichten gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.“

Nach heutiger Rechtslage ist es dem Projektsteuerer auch nicht gestattet, die rechtliche Beratung des Auftraggebers durch Mitarbeiter der eigenen Rechtsabteilung oder durch die Hinzuziehung externer Anwälte zu erbringen, solange er diese Leistungen im Außenverhältnis
als eigene ausführt. Diese Rechtslage dürfte sich durch § 5 Abs. 3 RDG-E ändern. Danach ist es dem Dienstleistenden künftig möglich, in allen Fällen, in denen eine Rechtsdienstleistung nicht lediglich
Nebenleistung ist, sondern gleichberechtigt neben anderen Dienstleistungen steht, die Rechtsdienstleistung gleichwohl als Teil seines eigenen Leistungsangebots zu erbringen, in dem er zur Erfüllung seiner spezifisch rechtsberatenden oder rechtsbesorgenden Vertragspflichten
einen Rechtsanwalt einschaltet.
Übernimmt ein Projektsteuerer erlaubnispflichtige Rechtsberatungsleistungen, führt dies im Zweifel zur Nichtigkeit des Vertrages (§§ 134, 139 BGB). Konsequenz der Nichtigkeit ist, dass der Projektsteuerer seinen Vergütungsanspruch verliert. Bereicherungsansprüche
bestehen ihm regelmäßig nicht zu, da davon auszugehen ist, dass er den Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz kannte (§ 814 BGB).

Zu beachten ist, dass Projektsteuerer hinsichtlich Rechtsberatungsleistungen keinen Haftpflichtversicherungsschutz genießen. Folglich besteht regelmäßig keine ausreichende Haftungsgrundlage für Schadensersatzansprüche.

©  Marc Husmann   Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.