Mittwoch, 15. November 2017

Stilllegung einer Gasfeuerstätte

VGH München, Beschluss v. 20.03.2017 – 22 CS 17.341

Stilllegung einer Gasfeuerstätte


Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

1
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die angeordnete Stilllegung einer Gasfeuerstätte.
2
Mit Bescheid des Landratsamtes München vom 11. August 2016 wurde der Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs und Androhung unmittelbaren Zwangs verpflichtet, bestimmte Bereiche eines in seinem Eigentum stehenden Reiheneckhauses am 9. September 2016 von 10:00 Uhr bis 11:00 Uhr für den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zugänglich zu halten, um eine mit Bescheid vom 21. April 2016 angeordnete und für sofort vollziehbar erklärte Feuerstättenschau durchführen zu können. Einen Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 21. April 2016 lehnte das Bayerischen Verwaltungsgerichts München mit Beschluss vom 5. Juli 2016 (M 1 S. 16.2144) ab. Ein weiterer Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO bezüglich der gegen den Bescheid vom 11. August 2016 gerichteten Klage (M 1 K 16.4120) blieb gleichfalls ohne Erfolg (Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16.1.2017 - M 1 S. 16.4122); der Antragsteller hat hierauf Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof eingelegt (22 CS 17.290).
3
Mit Bescheid vom 15. November 2016 bestätigte das Landratsamt die Stilllegung der Gasfeuerstätte im Anwesen des Antragstellers durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und verpflichtete ihn unter Anordnung des Sofortvollzugs, deren Betrieb bis zum Nachweis der Betriebssicherheit durch Vorlage eines Feuerstättenbescheids beim Landratsamt zu unterlassen.
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Über eine gegen diesen Bescheid erhobene Klage des Antragstellers wurde noch nicht entschieden (M 1 K 16.5663). Das Verwaltungsgericht lehnte einen in Bezug auf diese Klage gestellten Antrag des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 17. Januar 2017 ab.
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Mit seiner Beschwerde gegen den zuletzt genannten Beschluss vom 17. Januar 2017 verfolgt der Antragsteller sein Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes weiter.
6
Der Antragsteller macht im Wesentlichen geltend, sowohl die Sachverhaltsdarstellung wie auch dessen rechtliche Bewertung im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17. Januar 2017 seien fehlerhaft. Seit November 2011 habe zwar keine Feuerstättenschau mehr stattgefunden. Allerdings werde im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar dargelegt, inwieweit deswegen eine Gefahr für das Eigentum des Antragstellers oder der Allgemeinheit bestehen sollte. Der Antragsteller habe die Durchführung einer Feuerstättenschau nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern lediglich dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger ein Haus- und Zutrittsverbot erteilt, vor dem Hintergrund einer unsachgemäßen Behandlung sowie von mehrfachen Sachbeschädigungen in Bezug auf die Heizungsanlage des Antragstellers. Das sehr weit gefasste und ohne Nachweis einer konkreten Gefahrensituation eingeräumte Betretungsrecht nach dem Schornsteinfeger-Handwerksgesetz - SchfHwG begegne verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch habe der Antragsteller die Feuerungsanlage bereits vor Jahren stillgelegt, sodass von dieser keine Gefahr ausgehen könne.
7
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten im vorliegenden Verfahren sowie im Verfahren 22 CS 17.290.
II.
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Die Beschwerde ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
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1. Die Beschwerde ist zulässig. Zwar hat der Antragsteller keinen förmlichen Antrag gestellt. Dem Antragserfordernis nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO wird jedoch bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass aus der Beschwerdebegründung vom 24. Februar 2017 unzweifelhaft hervorgeht, dass er mit der Beschwerde sein Rechtsschutzziel einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (M 1 K 16.5663) in vollem Umfang weiter verfolgt (vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 146 Rn. 21 m.w.N.).
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2. Die Beschwerde ist unbegründet.
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Aus den Darlegungen des Antragstellers (vgl. zu deren Maßgeblichkeit § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) ergibt sich nicht, dass die Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO durch die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts unzutreffend gewesen wäre. Dies gilt insbesondere für die Bewertung des Verwaltungsgerichts, wonach die Klage gegen den Bescheid vom 15. November 2016 aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird, da dieser Bescheid nach summarischer Prüfung rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).
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Der Antragsteller macht geltend, dass der Erlass der angefochtenen Stilllegungsanordnung nicht erforderlich gewesen sei. Eine von der Feuerstätte ausgehende Gefahr sei nicht dargelegt worden; diese sei seit Jahren nicht mehr betriebsbereit. Der Antragsteller hat damit nicht wie geboten unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung die Gründe dargelegt, aus denen die angefochtene Entscheidung abzuändern ist (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO a.E.). Darlegen bedeutet „etwas erläutern“, „näher auf etwas eingehen“ oder „etwas substantiieren“ (vgl. z.B. Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 73 m.w.N.). Ausgehend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts muss der Beschwerdeführer aufzeigen, wo und weshalb diese aus seiner Sicht nicht tragfähig und überprüfungsbedürftig ist. Dies setzt voraus, dass er den Streitstoff prüft, sichtet, rechtlich durchdringt und sich mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses befasst (Guckelberger, a.a.O., § 146 Rn. 76 m.w.N.). Daran fehlt es hier.
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Das Verwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung (Beschlussabdruck S. 6) gemäß § 117 Abs. 5 VwGO analog auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug genommen. In dieser Begründung heißt es u.a., die Stilllegung der Gasfeuerstätte des Antragstellers werde auf Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO angeordnet, da sie zur Vermeidung einer Gefährdung im öffentlichen Interesse erforderlich sei. Feuerstätten, die nicht stillgelegt seien, müssten gemäß Art. 40 Abs. 1 BayBO betriebs- und brandsicher sein. Mit Durchführung einer Feuerstättenschau durch den zuständigen Bezirksschornsteinfeger sei gewährleistet, dass der Zustand der Feuerstätte überprüft und so ein ordnungsgemäßer Betrieb sichergestellt werde. Dabei könnten eventuell bestehende Mängel festgestellt und auf deren Beseitigung gedrängt werden. Alle Versuche, die Feuerstättenschau beim Antragsteller durchzuführen, seien erfolglos geblieben. Da die Betriebssicherheit der betreffenden Feuerstätte bisher nicht habe festgestellt werden können, seien die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Anordnung zur Stilllegung der Gasfeuerstätte gegeben. Diese Maßnahme sei nach Abwägung des diesem Einzelfall zu Grunde liegenden Sachverhalts geboten. Diesen Erwägungen ist der Antragsteller nicht im oben ausgeführten Sinne substantiiert entgegen getreten.
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a) Der Antragsteller hat die grundsätzliche Möglichkeit, die Stilllegungsanordnung im vorliegenden Fall auf die Befugnisnorm des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 1 BayBO zu stützen, nicht in Frage gestellt. In diesem Beschluss ist hierauf daher nicht weiter einzugehen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
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Die Stilllegungsanordnung wurde nicht mit einer konkreten, von der Feuerstätte des Antragstellers ausgehenden Gefahr begründet, wie dieser meint. Maßgeblich war vielmehr das seit November 2011 unstreitige Unterbleiben einer Feuerstättenschau mit der Folge, dass in diesem Zeitraum die für Art. 40 Abs. 1 BayBO relevante Betriebs- und Brandsicherheit nicht durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger überprüft werden konnte. Dass dies grundsätzlich nicht ausreichen soll, um nach den oben genannten Vorschriften der Bayerischen Bauordnung gegen den Antragsteller vorzugehen, hat der Antragsteller nicht erläutert.
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b) Der Antragsteller wendet sinngemäß ein, er sei nicht verpflichtet gewesen, die Feuerstättenschau durch den für ihn zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zu dulden. Dem kann nicht gefolgt werden. Diese Verpflichtung bestand für ihn kraft Gesetzes, im Übrigen auch kraft sofort vollziehbaren Bescheids. Der Antragsteller war als Eigentümer des betreffenden Grundstücks gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 SchfHwG verpflichtet, dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zur Durchführung der Feuerstättenschau nach § 14 Abs. 1 SchfHwG Zutritt zu gestatten. Das Erfordernis der Feuerstättenschau entfällt erst mit einer dauerhaften Stilllegung, die der Betreiber anzeigen müsste (§ 1 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG). Dies setzt bei Feuerstätten für gasförmige Brennstoffe voraus, dass die Gaszufuhr durch Verschluss der Gasleitungen dauerhaft unterbunden ist (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 KÜO), so dass die Wiederinbetriebnahme einen mehr als nur unerheblichen Zeit- und Materialaufwand verursachen würde (vgl. Schira, SchfHwG, 2. Aufl. 2015, § 1 Rn. 18). Dies kann hier nicht angenommen werden. Der Antragsteller hat in der Beschwerdebegründung lediglich ohne Nachweis behauptet, seine Anlage sei „seit Jahren“ nicht mehr betriebsbereit, weil er sie selbst „stillgelegt“ habe.
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Der Antragsteller hat nicht konkret dargelegt, inwieweit dieses Betretungsrecht verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen könnte. Allein eine aus Sicht des Antragstellers weite Fassung der Befugnis in § 1 Abs. 3 SchfHwG begründet keine solchen Bedenken. Durch die Bezugnahme auf die im Gesetz definierten Aufgaben des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers wird das Betretungsrecht zudem von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 und § 15 SchfHwG). Ferner enthält die Kehr- und Überprüfungsordnung - KÜO - Maßgaben für die Durchführung der Feuerstättenschau, die dem Schutz der Rechte des betroffenen Eigentümers dienen (vgl. § 3 Abs. 1 und 3 KÜO).
18
Weiter steht dem Antragsteller, wie das Verwaltungsgericht in Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 25.1.2011 - 22 ZB 09.799 - Rn. 7) bereits im Beschluss vom 5. Juli 2016 - M 1 S. 16.2144 - Rn. 22 angenommen und im angefochtenen Beschluss (Beschlussabdruck S. 6) wiederholt hat, keine „Auswahl- bzw. Tauschmöglichkeit“ bezüglich der Person des die Feuerstättenschau durchführenden bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers zu. Die Bestellung eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers bezieht sich grundsätzlich nur auf einen Bezirk (§ 10 Abs. 1 Satz 2 SchfHwG). Der Gesetzgeber hat abschließend als Ausnahmefall bestimmt, dass bei vorübergehender Verhinderung die zeitweise Aufgabenwahrnehmung durch einen anderen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger angeordnet werden kann (§ 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SchfHwG).
19
Unabhängig davon, dass der Antragsteller in der Beschwerdebegründung nur behauptet hat, der zuständige bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger habe Schäden an seinem Eigentum verursacht, würde dieser Umstand gegebenenfalls nichts an dessen Bestellung und damit ausschließliche Zuständigkeit für den Bezirk, in dem sich das Grundstück des Antragstellers befindet, ändern. Zwar ist der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger kraft Gesetzes verpflichtet, seine Aufgaben und Befugnisse ordnungsgemäß und gewissenhaft nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik auszuführen (§ 18 Abs. 1 SchfHwG). Bei Verstößen kommen Aufsichtsmaßnahmen nach § 21 Abs. 3 SchfHwG in Betracht, bei wiederholten und schweren Verstößen die Aufhebung der Bestellung nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG (vgl. Schira, a.a.O., § 18 Rn. 2). Nach der gesetzlichen Konzeption wird der Problematik fachlich nicht ordnungsgemäßer Amtsführung nicht durch den Ausschluss des betroffenen Bezirksschornsteinfegers aus dem Verwaltungsverfahren, sondern durch mit disziplinarischen Mitteln durchsetzbare Berufspflichten Rechnung getragen (vgl. auch BVerwG, U.v. 17.12.2015 - 7 C 5.14 - GewArch 2016, 389/391 Rn. 26 a.E.).
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c) Der Antragsteller hat auch keine durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Stilllegungsanordnung geltend gemacht.
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Insbesondere bestand aus Gründen der Verhältnismäßigkeit kein Vorrang weiterer Versuche, die angeordnete Durchführung der Feuerstättenschau auf dem Anwesen des Antragstellers mithilfe von Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen. Im angefochtenen Bescheid vom 15. November 2016 wird nachvollziehbar dargestellt, dass entsprechende bisherige Versuche erfolglos geblieben sind. Danach hat entweder der Antragsteller den Zugang verweigert, oder die Zugänglichkeit der Feuerstätte war bei Anwendung unmittelbaren Zwangs durch Öffnung der Haustüre durch die Polizei aufgrund von im betreffenden Flur lagernden Gegenständen unmöglich. Vor diesem Hintergrund versprach eine weitergehende Anwendung von Zwangsmitteln keinen zeitnahen Erfolg.
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Zudem hängt es vom Antragsteller selbst ab, wann die Wirkung der angefochtenen Stilllegungsanordnung gegebenenfalls endet. Diese Anordnung steht unter der auflösenden Bedingung des Nachweises der Betriebssicherheit durch Vorlage eines Feuerstättenbescheides beim Landratsamt (Nr. 1 des Bescheids vom 15.11.2016).
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Im Übrigen macht der Antragsteller selbst geltend, dass die Stilllegungsverfügung für ihn keinen gravierenden Eingriff darstellt. Dafür spricht gerade auch der Vortrag des Antragstellers, dass die betreffende Feuerstätte ohnehin bereits „seit Jahren“ nicht mehr betriebsbereit sei.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

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Der Streitwert bemisst sich nach § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.