Freitag, 15. September 2017

Wohnungseigentum: Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Ersatz der Kosten für die Installation einer eigenen Heizungsanlage

LG Aurich 4. Zivilkammer, Urteil vom 29.01.2010, 4 S 261/09
§ 21 Abs 4 WoEigG, § 670 BGB, § 683 BGB

Verfahrensgang

vorgehend AG Cloppenburg, 14. August 2009, Az: 26 C 2/09 (XXII), Urteil

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Cloppenburg - 26 C 2/09 - vom 14.08.2009 geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.257,53 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2008 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 2/5 und der Beklagten zu 3/5 auferlegt.
4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
5. Gegen die Entscheidung wird die Revision zugelassen.
6. Der Streitwert wird auf 10.325,95 € festgesetzt.

Gründe

1
Die Parteien sind Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage E.weg A und B in Cloppenburg, bestehend aus zwei Wohnungseigentumseinheiten gemäß der Teilungserklärung vom 05.07.1990. Die Beklagte hat ihre Einheit gemäß Teilungserklärung vom 15.06.1995 untergeteilt in zwei Wohnungseigentumseinheiten und eine davon veräußert. Die Teilungserklärung vom 05.07.1990 sieht in § 1 Abs. 3g die Errichtung einer kompletten Zentralheizung für jede Wohnung gesondert vor. Tatsächlich wurden die drei Wohnungen von einer Zentralheizung in der Wohnung der Beklagten versorgt. Über deren Nutzung kam es zu Streitigkeiten. Die Beklagte verlangte die Errichtung einer eigenen Heizungsanlage. Die Klägerin ließ sich schließlich eine eigene Heizungsanlage installieren. Die dafür entstandenen Kosten in Höhe von 10.325,95 € klagt sie gegen die Beklagte ein. Von der Darstellung der übrigen tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO abgesehen.
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Die Klägerin hat in I. Instanz beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.325,95 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2008 sowie nicht streitwerterhöhende Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 837,52 € zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Amtsgericht Cloppenburg hat durch Urteil vom 14.08.2009 die Klage abgewiesen, weil keine Anspruchsgrundlage ersichtlich sei.
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Gegen das der Klägerin am 21.08.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 16.09.2009 eingelegte Berufung, die nach Verlängerung der Berufungsfrist bis zum 02.11.2009 am 31.10.2009 begründet worden ist.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Amtsgerichts Cloppenburg vom 14.08.2009 - Aktenzeichen 26 C 2/09 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.325,95 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2008 sowie nicht streitwerterhöhende Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 837,52 € zu zahlen.
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Ferner beantragt sie den Erlass eines Versäumnisurteils, weil die Beklagte zum Verhandlungstermins am 15.01.2010 trotz ordnungsgemäßer Ladung - nachgewiesen durch Empfangsbekenntnis der Beklagten vom 30.12.2009 - unentschuldigt nicht erschienen ist.
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet, so dass insoweit die Beklagte gem. § 331 ZPO durch Versäumnisurteil zu verurteilen ist. Im übrigen sind die Klage und die Berufung unbegründet, so dass insoweit durch Endurteil zu entscheiden ist.
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Die Klägerin hatte aus § 21 Abs. 4 WEG gegen die Beklagte grundsätzlich einen Anspruch auf die erstmalige Herstellung des ordnungsgemäßen Zustands der Wohnungseigentumsanlage gem. § 1 Ziffer 3g der Teilungserklärung vom 05.07.1990, d. h., auf Herstellung einer kompletten gesonderten Zentralheizung für ihre Wohnung (vgl. Niedenführ, WEG, 8.A. § 21 RN 84). Diesen Anspruch konnte sie indes nicht eigenmächtig umsetzen, da die Herstellung des ordnungsgemäßen Zustands der Wohnungseigentumsanlage eine Verwaltungsmaßnahme ist, die grundsätzlich den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zusteht, § 21 Abs. 1 WEG. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte ging daher grundsätzlich nur auf Mitwirkung zu einer entsprechenden Beschlussfassung der Gemeinschaft gem. § 23 WEG, wobei dann der gefasste Beschluss auf Umbau der Heizung gemäß Teilungserklärung vom Verwalter der Anlage durch Auftragsvergabe hätte umgesetzt werden müssen (vgl. Niedenführ, WEG, 8. Auflage, § 21 Rdnr. 84).
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Die der Klägerin für die eigenmächtig veranlasste Installation der Heizungsanlage entstandenen Kosten sind daher grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Etwas anderes gilt ausnahmsweise aber dann, wenn die von der Klägerin durchgeführte Maßnahme den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hat, d. h., die Gemeinschaft die von der Klägerin installierte Heizungsanlage zu den gleichen Kosten sowieso hätte installieren lassen müssen. Der Anspruch der Klägerin folgt für diesen Fall aus Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 683, 670 BGB (vgl. Niedenführ, a. a. O., Rdnr. 23).
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Nach dem Klägervortrag ist davon auszugehen, dass die von der Klägerin installierte Anlage von der Wohnungseigentümergemeinschaft zu den gleichen Kosten sowieso hätte installiert werden müssen, so dass grundsätzlich ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht. Dieser Anspruch ist jedoch grundsätzlich nicht gegen die anderen Wohnungseigentümer zu richten, die auch gemäß § 10 Abs. 8 WEG nur nach dem Verhältnis ihres Miteigentumsanteils haften würden, sondern gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, den teilsrechtsfähigen Verband gem. § 10 Abs. 6, 7 WEG, sofern der Verband über entsprechendes Verwaltungsvermögen verfügt (vgl. Niedenführ, a.a.O., § 21 RN 21). Nach dem Klägervorbringen gibt es kein Verwaltungsvermögen.
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Mithin haftet die Beklage auf Erstattung, aber nicht für die gesamten Kosten für die Installation der Heizungsanlage, sondern nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil in Höhe von 606/1000stel an den Gesamtkosten, nach der sich gem. § 8 Abs. 1 der Teilungserklärung die Verteilung der Kosten der Gemeinschaft richtet.
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Diese Verpflichtung der Beklagten bleibt davon unberührt, dass die Beklagte - was ohne Zustimmung der Klägerin möglich war (vgl. Bärmann WEG, 10.A., § 2 RN 93ff) - ihr Wohnungseigentum durch Teilungserklärung vom 15.06.1992 in zwei Wohnungseigentumseinheiten untergeteilt hat (vgl. Niedenführ, a. a. O., § 8 Rdnr. 29 und Bärmann, WEG, 10. Auflage, § 2 Rndr. 111). Denn ihr untergeteiltes Wohnungseigentum ist aufgrund der dinglichen Wirkung der Teilungserklärung von 1990 ( 10 Abs. 3 WEG) mit allen Rechten und Pflichten dieser Teilungserklärung belastet, also auch mit der Verpflichtung zur Lastentragung entsprechend dem Miteigentumsanteil zu 606/1000. Dass von diesem Miteigentumsanteil durch Unterteilung ein Teil abgeteilt und einem weiteren untergeteilten Wohnungseigentum zugeordnet ist, ist ohne Belang. Auch dieses ist mit den Pflichten der Teilungserklärung von 1990 belastet und zwar uneingeschränkt und nicht anteilig, was bereits aus der Teilungserklärung von 1990 folgt.
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Die Beklagte haftet mithin für die Kosten der Installation der Heizung in der Wohnung der Klägerin nach dem Kostenverteilungsschlüssel in § 8 Abs. 1 der Teilungserklärung vom 05.07.1990 zu 606/1000stel. 606/1000stel der Installationskosten in Höhe von 10.325,95 € sind 6.257,53 €. In dieser Höhe sind die Klage und die Berufung schlüssig begründet, so dass insoweit die Beklagte durch Versäumnisurteil zu verurteilen ist. Im übrigen sind die Klage und die Berufung unbegründet. Unbegründet ist auch der geltend gemachte Anspruch auf Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 837,52 €, denn eine Anspruchsgrundlage dafür ist nicht ersichtlich. Insbesondere besteht kein Anspruch aus Verzug, da die geltend gemachten Kosten bereits durch das verzugsbegründende Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin vom 28.05.2008 entstanden sind.
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Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 10, 713 und 543 Abs. 1 Ziffer 1 Abs. 2 ZPO. Die Frage der uneingeschränkten Haftung jeden Teils des untergeteilten Wohnungseigentums für alle Verpflichtungen aus der ersten Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum hat grundsätzliche Bedeutung.